Ob es die Flüchtlings- und Asylfrage, die Außen- und Europapolitik oder verschiedene Bereiche der Innenpolitik betrifft, wo ein totaler Kurswechsel seit langem überfällig ist, etwa Landwirtschaft, Energie, Verkehr, Umwelt und Soziales: Die Kanzlerin und ihre schwarz-rote Regierung versagen auf ganzer Linie.
Merkels Regierungsstil ist nicht durch Tatendrang und selbstbewußtes, entschlossenes Handeln geprägt, sondern durch eine auf Außendarstellung abzielende Gefälligkeitspolitik – nach dem Motto: Wie gelingt es mir in der Beliebtheitsskala ohne große Anstrengung den Spitzenplatz zu besetzen und meine Wiederwahl zu sichern?
Von der Kanzlerin ist man es ja gewohnt, daß sie sich immer dann zu Wort meldet, wenn die Sterne für sie günstig stehen, und daß sie abtaucht, im Nichtstun verharrt, sobald sie Gegenwind verspürt. Alles hängt immer davon ab, wie sich die Dinge entwickeln. Punkten kann Frau Merkel nur dann, wenn sie denen aus der Seele spricht, die bei uns die Richtlinien der Politik bestimmen. Und das sind immer noch, – jeder weiß das – Wirtschaftsverbände, Reiche und Wohlhabende. Diese erdreisten sich bestehende Gesetze notfalls zu ignorieren und vermeintlich gewinnabträgliche Innovationen zu blockieren.
Notwendige Veränderungen, die unser Land ein großes Stück nach vorne bringen könnten, scheuen Frau Merkel und ihre CDU wie der Teufel das Weihwasser. Man vermißt auf sämtlichen Politikfeldern eine klare Strategie, einen konkreten Plan mit richtungsweisenden Beschlüssen, die sich an den Notwendigkeiten der Zukunft orientieren. Die Kanzlerin und ihre Gefolgsleute haben kein festes Ziel vor Augen, auf das beharrlich hingearbeitet würde, um diese Republik zukunftsfähig und lebenswert zu machen. Daran muß sich aber jede Regierung messen lassen.
Der Politik der Bundeskanzlerin fehlt die notwendige Ernsthaftigkeit; ihre Regierungskunst beschränkt sich auf Symbolik; Substanz ist keine vorhanden. Probleme werden verdrängt oder auf die lange Bank geschoben, damit die Spaßgesellschaft ja nicht darunter leidet. Angela Merkel rührt in allen Töpfen; als politisch interessierter Bürger möchte man aber gern einmal erfahren, was aus all den Ankündigungen zwischenzeitlich geworden ist und welche Intentionen damit verfolgt werden.
Beispiele sind die untragbaren Zustände in der Türkei, die Visa-Freiheit für türkische Staatsbürger und der geplante EU-Beitritt, die sog. Minsk-Vereinbarung, das Maghreb-Abkommen mit Tunesien, Algerien und Marokko im Zusammenhang mit den „sicheren Herkunftsländern“, Syrien; außerdem die bis heute nicht aufgearbeitete NSA-Affäre und – last not least – die so genannten „Panama-Papers“.
Seit langem wissen wir: Deutschland selbst ist eine Steueroase. Das ist der eigentliche Skandal an diesen Papers. Mit den Enthüllungen im Rücken können wir die Minister Maas und Schäuble auf Maßnahmen gegen Geldwäsche in Deutschland verpflichten – Ausgang ungewiss.
Obwohl es sich ja um ein äußerst schwerwiegendes Ereignis von weltumspannender Dimension handelt, das auch Firmen und Einzelpersonen von hohem Rang in unserem Staat einschließt, hört man auch zu diesem Fall kein Wort von führenden Repräsentanten in Berlin.
Und dann wäre da noch die Sache mit VW. Kaum daß damals erste Details bekannt geworden waren, fiel unserer industriehörigen Kanzlerin nichts Besseres ein als in wilder Hast sich schützend vor den mächtigen Autokonzern zu stellen. Mittlerweile verdichten sich die Hinweise, daß die Bundesregierung schon Jahre früher über die kriminellen Praktiken des Autokonzerns informiert war.
Doch nicht nur innenpolitisch, auch in der Außenpolitik sucht sich Merkel die falschen Verbündeten.
Das Regime Erdogan führt unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung Krieg gegen die Kurden. Die Pressefreiheit wurde außer Kraft gesetzt, Oppositionelle wurden in Haft genommen und vieles mehr. Der Begriff „Demokratie“ hat nur noch insofern seine Berechtigung als sie von denen in Anspruch genommen werden kann, die sich Erdogan gegenüber loyal verhalten. Dieser regiert gerade so, wie wir es sonst nur von totalitären Staaten gewohnt sind; und sein Einfluß reicht bis nach Deutschland, wo die Sicherheit von türkischstämmigen Bürgern keineswegs garantiert werden kann.
Was tut die Kanzlerin dagegen? Für sie sind die haarsträubenden Verhältnisse in der Türkei aber noch immer kein Grund, deutliche Kritik zu üben – wohl aus Rücksichtnahme auf das Flüchtlingsabkommen. Und damit nicht genug: Merkel treibt ihre grotesk anmutende Türkei-Politik der Kniefälle geradezu auf die Spitze und denkt sogar darüber nach, die vom Bundestag beschlossene Armenien-Resolution für nichtig zu erklären. Seit heute (3.9.) wissen wir: Merkel ist gegenüber Erdogan eingeknickt. Auch wenn ein Abrücken von der vom Bundestag verabschiedeten Resolution dementiert wird: Es könnte sein, daß es einen vor der Öffentlichkeit geheim gehaltenen Deal mit der Türkei gegeben hat. Anders ist es nicht zu erklären, daß sich die Wogen zwischen beiden Staaten quasi von heute auf morgen geglättet haben. Ein derart unwürdiges Gezerre hat – soviel ich weiß – noch unter keiner Regierung stattgefunden.
Schweigen, Aussitzen und Nachgeben, sich lästige Probleme vom Halse schaffen, vergrößern das Unheil ständig. Jeder andere Bundeskanzler früherer Jahrzehnte, der mit seiner Politik so grandios gescheitert wäre, hätte lange seinen Rücktritt erklärt.
Wer so einfältig ist und vom türkischen Machthaber Entgegenkommen voraussetzt, was dessen Auffassung von Rechtsstaatlichkeit und seinen autoritären Führungsstil betrifft, kann bis zum St. Nimmerleinstag warten; er wird auf Granit beißen und Schiffbruch erleiden. Selbst wenn über eine Wiedereinführung der Todesstrafe in dem kleinasiatischen Staat bisher noch nicht entschieden ist, wäre ein Abbruch der wirtschaftlichen, wenn nicht gar der diplomatischen Beziehungen, angesichts solcher Vorfälle kein abwegiger Gedanke.
Als Reaktion darauf aber so weiterzumachen, als wäre nichts passiert, als hätte man es mit einem lupenreinen Demokraten zu tun, ist völlig inakzeptabel, moralisch verwerflich und provoziert verständlicherweise anhaltende Kritik.








