Ein Film von Andrea Isa, die im Sauerland geboren ist
„Für mich ist die Essenz des Strebens nach Frieden der Satz: „Ich spüre deinen Schmerz trotz meines eigenen.“ –, den ich zum ersten Mal bei einer Veranstaltung der Initiative „Jews and Palestinians for Peace“ hörte, und den im Film verschiedene Frauen in verschiedenen Sprachen sagen.“
Das Video beginnt mit dem Klagelied an den Gott des Krieges. Es ist ein Gedicht der En-hedu-anna, Tochter von Sargon von Akkad. Sie bekleidete das Amt der Hohepriesterin des Mondgottes Nanna in der südmesopotamischen Stadt Ur ca. 2300 vor unserer Zeitrechnung und ist die erste namentlich bekannte Autorin der Geschichte.
Abendveranstaltung der vhs Hochsauerlandkreis am 5. März in Meschede
Sammelt wertvolle Momente und gibt sie weiter: Christof Jauernig (Pressefoto)
Es ist eine Aufbruchsgeschichte – in Worten, Fotografien und Pianoklängen und erlebt, erzählt, fotografiert und eingespielt von Christof Jauernig. In einer Abendveranstaltung der vhs Hochsauerlandkreis am 5. März in Meschede erzählt der frühere Betriebswirt Jauernig, der viele Jahre in Frankfurt am Main als Analyst in einer Unternehmensberatung für Banken arbeitete, vom Mut, sich von seinem ihm fremd gewordenen Beruf und dem täglichen Lauf im Hamsterrad zu verabschieden.
(Pressemitteilung HSK)
Christof Jauernig bricht zu einer sechsmonatigen Rucksackreise durch Südostasien auf – ohne Plan für danach. Die Reise führt ihn, entlang zauberhafter Natur und eindrucksvoller Begegnungen, in eine neue Verbindung mit der Welt, zurück zu sich selbst, und immer weiter hinaus aus dem Gedankenkarussell, hinein in die Fülle des jetzigen Augenblicks.
Der Abend verspricht eine Collage aus Reisefotografien, Texten und Pianoimprovistionen, hier der Fluss Nam Ou, Laos. (Pressefoto)
Nachdem der Referent vor zweieinhalb Jahren bereits mit seinem Programm „Eintausendmal Lebensglück“ in der Alten Synagoge in Meschede zu Gast war, kehrt er nun für einen Abend zurück, um seine Gäste mit auf diese Rucksacktour zu nehmen, aber auch auf seinen inneren Weg, heraus aus der Sinnkrise.
Zu einer großen Auswahl projizierter Reisefotografien rezitiert er Texte, die unterwegs entstanden sind. Sie erzählen von seiner Reise, aber ebenso vom Hören auf die innere Stimme, dem Ausbrechen aus ungesunden Routinen, der Entmachtung von Intellekt und Wertung, der Wiederentdeckung der von Analyse und Bewertung ungetrübten Schönheit der Welt, und davon, jeden Moment zu würdigen. Es entfaltet sich ein Mix aus Fotografien, erzählten Reiseszenen und lyrischen Stimmungsbildern, untermalt von seinen eigens hierfür eingespielten Piano-Improvisationen: ein stimmungsvoller, höchstpersönlicher Abend, der zum Innehalten einlädt und von einer ausführlichen Fragerunde abgerundet wird.
Zeit: Mittwoch, 5. März 2025, um 19:00 Uhr Ort: Bürgerzentrum / Alte Synagoge Meschede Gebühr: 8,00 Euro
Anmeldung bei der Volkshochschule Hochsauerlandkreis telefonisch unter 0291 94-1100 oder über www.vhs-hsk.de
Leitgedanken eines Impulsvortrags zum „Spirituellen Sommer – Sauerland“ im Saal des Esloher Museums am 1. September 2024
Kinder schützen und gestalten die Welt (Foto: Peter Bürger)
Die Geschichte des Lebens auf dieser wunderbaren Erde umfasst 4 Milliarden Jahre. Seit angenommen 300 Millionen Jahren entwickeln sich die Säugetiere, und vielleicht vor 7 Millionen Jahren gab es bei den Primaten einen Scheideweg, der hin zu unserer Spezies, zum Menschen führt. Seit 300.000 Jahren, so der gegenwärtige Forschungsstand, ist der homo sapiens in seiner heutigen Gestalt auf der Bildfläche sichtbar.
(Ein Gastbeitrag von Peter Bürger)
Eine Aufrüstung hin zu aggressiven, sehr zerstörerischen Großgebilden der Menschenwelt hat unter dem Vorzeichen einer männlich dominierten Zivilisationsentwicklung aber erst vor weniger als zehntausend Jahren eingesetzt (Stadtstaaten als Folgeerscheinung der landwirtschaftlichen Revolution; später die Großreiche mit ihrem „Turmbau zu Babel“: Münze – Macht – Militär). Noch nicht einmal 300 Jahre jung ist schließlich die tiefgreifende Umwälzung (in einem Teil der Menschenwelt) aufgrund einer neuartigen Ausbeutung der in kürzester Zeit verpulverten fossilen Energieträger (Kohle, Öl, Gas) im Industrialismus – mit dramatischen Auswirkungen für den ganzen Lebensraum Erde und alle seine Bewohner, auch für die Tiere.
Der qualitativ und quantitativ völlig neuartige „Industrielle Krieg“ der Moderne mit schließlich Abermillionen Toten in zwei Weltkriegen ist ebenfalls kein ewiges Naturphänomen, sondern gehört erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts zur bedrückenden Last des Menschengeschlechts. Förmlich erst seit gestern (1945) gibt es sodann die Methode der atomaren Massenvernichtung, durch welche die Menschheit – und fast alles Lebendige – erstmalig als Ganzes tötbar geworden ist (Günther Anders).
Zuletzt hat die Revolution der elektronischen Datenverarbeitung (bis hin zur „Künstlichen Intelligenz“) für eine Beschleunigung aller die Erde beeinträchtigenden Prozesse gesorgt – eine Beschleunigung, der niemand mehr mit ruhiger Überlegung folgen und gerecht werden kann. Obwohl (oder weil) der Mensch im Vergleich zu allen anderen Lebewesen mit der größten Großhirnrinde ausgestattet ist, zeigt er sich unfähig, die Kurswende zur Abwendung oder Linderung der Erderhitzung einzuleiten. Ausgerechnet wir befinden uns heute auf jenem winzigen, kaum sichtbaren Punkt einer unermesslich langen Zeitleiste des Lebens auf diesem Planeten, der den Ernstfall markiert.
Im Jahr 2014 ließ Papst Franziskus in seinem nach hochkarätiger wissenschaftlicher Expertise ausgearbeiteten Umwelt-Rundschreiben „Laudato Si“ den Erdkreis wissen, wir seien nunmehr die letzte Generation, die durch Handeln den Nachkommenden unvorstellbare Leiden ersparen könne. Das „Gemeinsame Haus“, die Erde, brauche dringend Austausch und Zusammenarbeit der Einen Menschheit jenseits aller Grenzmauern. – Als ein halbes Jahrzehnt später überall die „Fridays for Future“ auf die Straße gingen, wurde den jungen Leuten eine ganz großartige „ökologische Transformation“ versprochen. Trotz alledem: Die Erde wird jetzt nicht etwa im Sinne des Papstes auf Kooperation hin organisiert, sondern unverdrossen nach Maßgabe eines hochgerüsteten Programms Konkurrenz und Konfrontation. (Die militärische Heilslehre hat auch in den letzten Jahrzehnten nur Traurigkeit produziert und auf diese Weise den Konzernen der Todesindustrie Milliardenprofite beschert. Nahezu auf allen Parteitagen und Medienkanälen wird die Kriegsreligion wieder beworben.)
Doch wir – die Heutigen und alle Kinder und Kindeskinder – haben nur diesen einen Heimatplaneten: „Nach dieser Erde wäre da keine, die eines Menschen Wohnung wär.“ Vor knapp 250 Jahren konnte der Dichter Matthias Claudius (1740-1815) seine Leserschaft noch dazu ermuntern, täglich die Freude am eigenen Menschsein zu besingen: „Ich danke Gott, und freue mich / Wie ’s Kind zur Weihnachtsgabe, / Dass ich bin, bin! Und dass ich dich, / Schön menschlich Antlitz! habe.“ Jeder von uns kennt Menschen, die in sich Güte tragen und schön sind. An die Schönheit der GattungMenschals Ganzes vermag aber heute ein Großteil des Publikums nicht mehr zu glauben. Zu offenkundig ist die Übermacht der zerstörerischen und selbstmörderischen Potenzen unserer Spezies geworden.
Es scheint für viele schon ausgemacht zu sein, dass es dereinst kein „gutes Ende“ geben kann und der Mensch schlussendlich ob seiner Hässlichkeit als der große „Erdzerstörer“ abtreten muss – in Schande: „Leben, dieses Wunder unseres Universums, entstand vor vier Milliarden Jahren. Der Mensch … hat es in ganz kurzen Zeit geschafft, das Gleichgewicht der Natur zu gefährden“ (Yann Arthus-Bertrand: Dokumentarfilm „Home“, 2009). Allen Ernstes überlegen sich aberwitzige Zukunftswissenschaftler schon jetzt, wo der homo sapiens im Universum neu ansiedeln könnte, um dann den nächsten Planeten ins Unglück zu stürzen …
Eine Frömmigkeit, die dieses Drama heute nicht in den Mittelpunkt stellt, betreibt Quacksalberei und überzeugt nicht. Jede wahre Religion ist daran zu erkennen, dass sie die Menschen an allen Orten der Erde zusammenbringt (nicht spaltet), eine Befreiung zur Gewaltfreiheit ermöglicht und angetrieben wird nicht von einem Kult des Todesanbetung, sondern von der Liebe zum Leben und zu allem Lebendigen (Erich Fromm).
So bestünde also der Auftrag der Religionen darin, den Traum von einer Menschwerdung des Menschen – der Einzelnen wie auch der Gattung, im Nahen wie im Großmaßstab – unter die Leute zu bringen. Nur zusammen mit anderen können wir die Parole „Es ist ohnehin zu spät“ verlernen und uns einreihen in eine kulturelle Revolte für das Leben.
Der Wegweiser Jesus aus Galiläa hat vor 2000 Jahren die Leute eingeladen zur Kraft der Gewaltfreiheit, zur Festlichkeit und zu einem Gemeinsam-Gewinnspiel ohne Verlierer. Das war sein Widerspruch zum Römischen Imperium, zur damaligen Besatzungsmacht in Palästina. Heute kann es im Großmaßstab nur gute Aussichten für die Menschen und alle Lebewesen geben durch Frauen und Männer, die bezogen auf den ganzen Erdkreis wissen, wie das geht: ein Gemeinsam-Gewinnspiel ohne Verlierer … Es sitzen über kurz oder lang alle im gleichen Boot, das entweder sinkt oder über Wasser bleibt (Leonardo Boff). Wir müssen uns also heute auf ganzer Linie für eine Ökonomie, Ökologie und Kultur des Friedens entscheiden …
Noch mehr Sündenpredigten und womöglich scharfe Umweltgebote im Erwachsenenkatechismus werden die Welt nicht retten. Ja, die menschliche Zivilisation hat sich auf zerstörerische Weise zum Turm von Babel aufgerüstet. Das geschah jedoch nicht aus bösartiger Überheblichkeit, sondern weil das einzige „denkende Säugetier“ auch kollektiv von Angst getrieben wird (Bedeutungslosigkeit, Hunger, Ohnmacht, Verwundbarkeit, Sterblichkeit). Überlebensfähig wäre am Ende aber nur eine Zivilisation von Geliebten, die sich auf Erfahrungen eines rein geschenkten – nicht gekauften – Lebens gründet. Es geht also nicht um „Moral“, sondern um Überwindung der Angst, um ein anderes, schöneres Leben.
Dem Papst liegt es in seiner Umweltenzyklika daran, die Lage auf dem Heimatplaneten klar zu sehen, ohne in starre Trauer zu verfallen. Allein dafür brauchen wir schon Trost und Kräftigung – im Bild der Bibel: die Fähigkeit, Giftschlangen anfassen zu können, ohne selbst vergiftet zu werden. Der oben angerissene Ernstfall der Zivilisation gehört auch deshalb in die Liturgie. Nichts wäre dringlicher in der „Kirchenreform“ als eine Messe für das Leben im dritten Jahrtausend.
Die abschließende Bitte des „Vaterunsers“ soll uns davor bewahren, in ein dunkles Gefühl der Vergeblichkeit zu fallen. Neue Prozessionen könnten uns in Bewegung setzten, um endlich „die nötigen Schritte zu tun“ als Menschen, die die Erde, das Wunder der Geburt und alle Wesen lieben. Wer sonst, wenn nicht die Frommen, sollte der Welt zeigen, dass auch solch ein politisch-wirtschaftliches Handeln möglich ist, bei dem wir über den eigenen Sargdeckel hinaus zu denken vermögen. Die Erde ist – samt all der Gaben auf dem Altar der Erde – ja nicht unser Besitz, sondern Heimat auch für die nach uns Geborenen – und alle Lebewesen.
Der pazifistische Klassiker des Erasmus von Rotterdam liegt als Neuausgabe vor – nebst einem aktuellen Vorwort von Eugen Drewermann
Umschlagbild edition pace
„Alle müssen sich gegen den Krieg verschwören und ihn gemeinsam verlästern“, so ruft uns der Christ und Humanist Erasmus von Rotterdam (gest. 1536) in seiner pazifistischen Hauptschrift „Die Klage des Friedens“ (1517) zu. Der antimilitaristische Schweizer Pfarrer, Theologe und religiöse Sozialist Rudolf Liechtenhan (1875-1947) legte fünf Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg in banger Sorge seine jetzt neu edierte Übersetzung der „Querela Pacis“ vor.
Leo Tolstoi über das Leiden der Tiere und eine Ernährung ohne Töten
Buchumschlag (Tolstoi Friedensbibliothek)
Ein neuer Band des pazifistischen Editionsprojekts „Tolstoi-Friedensbibliothek“ vereinigt Texte des russischen Dichters über den Umgang des Menschen mit Tieren, eine Ernährung ohne Fleischverzehr und den Gebrauch von Rauschmitteln: Der Leinwandmesser (Erzählung 1863/1886); Die erste Stufe (1891, drei verschiedene Übertragungen); Über die Jagd (1890); Warum die Menschen sich betäuben (1890); Die Trunkenheit bei den leitenden Klassen (Übersetzung 1894); u.a. Vollständig enthalten ist in dieser Ausgabe auch die seit über einem Jahrhundert im Handel nicht mehr greifbare Anthologie „Grausame Genüsse“ (Berlin 1895).
(Buchinformation: Tolstoi-Friedensbibliothek)
Tolstois Traktat über die Fleischesser wurde von Mahatma Gandhi in besonderen Leseempfehlungen berücksichtigt. Schon zu Lebzeiten galt der russische Dichter als „Sonne der vegetarischen Welt“. Zu den Aufklärungsschriften über eine Ernährungsweise ohne Töten gehört z.B. die erschütternde Schilderung seines Schlachthaus-Besuchs in Tula am 7. Juni 1891 (Leseprobe nachfolgend).
Für das letzte Lesebuch (1910) hat der „Alte von Jasnaja Poljana“ später die Botschaft der Achtung des Lebens noch einmal folgendermaßen zusammengefasst: „Wir fühlen mit dem Herzen, dass das, wodurch wir leben, das, was wir unser Ich nennen, nicht nur in allen Menschen, sondern auch im Hunde, Pferde, in Mäusen, im Huhn, Sperling und in der Biene … ein und dasselbe ist. … Wer ist dann der Nächste? Hierauf gibt es nur eine Antwort: ‚Frag nicht, wer dein Nächster ist, sondern behandle alle Lebewesen so, wie du selbst behandelt werden möchtest.‘ – Alles Lebende fürchtet Qualen, alles Lebende scheut den Tod; erkenne dich nicht nur im Menschen, sondern in jedem Lebewesen; töte nicht und verursache keine Leiden und Tod. Alles Lebendige will dasselbe wie du: erkenne dich in jedem Lebewesen. – Der Mensch steht nicht deswegen über den Tieren, weil er sie quälen kann, sondern weil er imstande ist, Mitleid mit ihnen zu empfinden …, weil er fühlt, dass in ihnen ein und dasselbe Wesen lebt, wie in ihm selbst. … Die Zeit wird … kommen, und unsere Nachkommen werden sich wundern, dass ihre Vorfahren jeden Tag Millionen Tiere töteten, um sie zu essen, obgleich man sich gesund und schmackhaft, ohne Mord, von Früchten der Erde ernähren kann.“
Leo N. Tolstoi: Grausame Genüsse. Texte über das Leiden der Tiere, eine Ernährung ohne Töten und Betäubungsmittel. (Tolstoi-Friedensbibliothek: Reihe B, Band 14). ISBN-Nummer 978-3-7583-0745-4 ; Paperback; 316 Seiten; Buchausgabe 13,99 Euro. Inhalt und Leseprobe der gesamten Einleitung hier beim Verlag: https://buchshop.bod.de/grausame-genuesse-leo-n-tolstoi-9783758307454
Übersicht und Informationen über die gesamte Reihe (einschließlich der kostenfrei abrufbaren Digitalversionen) auf der Projektseite: www.tolstoi-friedensbibliothek.de
(TFb-Band B014: Leseprobe Seiten 95-102) Leo Tolstoi über seinen Besuch im Schlachthaus von Tula (Für den 7. Juni 1891 vermerkte die damals 26jährige Tatjana, die älteste Tochter Leo Tolstois: „Papa ist heute mit dem Datschenzug nach Tula ins Schlachthaus gefahren und hat uns darüber erzählt. Furchtbar ist das, und ich glaube, Papas Erzählung genügt, um mit dem Fleischessen aufzuhören.“)Ich war vor Kurzem im Schlachthause zu Tula. Es ist, nach dem Beispiel großer Städte, mit allen Einrichtungen versehen, damit die zum Töten bestimmten Tiere so wenig wie möglich gequält werden. Es war an einem Freitag, zwei Tage vor Pfingsten. Eine Menge Vieh war vorhanden.
Veröffentlichung vor 100 Jahren: Joseph Roths Roman „Das Spinnennetz“, der vor hundert Jahren erschienen ist, thematisiert den Aufstieg des Nationalsozialismus und Rechtsextremismus in der Weimarer Republik. Die Charakterzeichnung der Hauptfigur steht für eine Mitläuferfigur. Deren Ideologisierung lässt Verlaufsformen erkennen, welche auch den Rechtsextremismus der Gegenwart prägen … endstationrechts
Greta Thunberg & Antisemitismus in der Umwelt- und Klimaschutzbewegung: während ich eine selbstkritische Auseinandersetzung mit vor allem linkem und israelbezogenem Antisemitismus in Deutschland auch nach dem Documenta15-Desaster beobachte und wo immer möglich unterstütze, postete die schwedische Gründerin von Fridays for Future, Greta Thunberg, einen einseitig gegen die Republik Israel gerichteten Pro-Hamas-Streikaufruf auf Instagram, verbunden mit diesem Selbstbild … scilogs
Abschiebegesetze der Ampel: Die Ampelregierung verkauft ihre neuen Abschiebegesetze als großen Wurf. Doch ihre Wirksamkeit ist fraglich. Mit den Verschärfungen reagiert die Ampel auf eine Debatte, die allein von Stimmungsmache lebt … tagesschau
Sinnlose Grausamkeit: Was bei der Asylpolitik unter den Tisch fällt … frankfurterrundschau
Die Zukunft ist zerhäckselt: Aktivist:innen haben einen holzverarbeitenden Betrieb blockiert. Sie sorgen sich um die einst üppigen Wälder, die dem Klima kaum noch helfen … taz
Zeitungssterben: As smaller newspapers shrink or disappear, it’s easy to romanticize the role they played … propublica
Kunst in der Kurve: Neue Street Art an der Brinkhoffstraße unter dem Dortmunder U … nordstadtblogger
Entwaffnend: Platons „Apologie des Sokrates“, neu übersetzt … revierpassagen
Dass das weiche Wasser in Bewegung
Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt.
Du verstehst, das Harte unterliegt.
Die Zeile stammen aus Bertolt Brechts Gedicht Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration. Es entstand 1938 in Dänemark, während seiner eigenen Emigration aus Nazi-Deutschland. [1]
Die Legende [3] erzählt, wie der Weise Laotse, mit dessen Lehren sich Brecht lange beschäftigt hat, im hohen Alter seine Heimat verlässt, weil er mit den Zuständen dort nicht einverstanden ist. Hier spiegelt sich das Schicksal des alten Philosophen in der Person und den Lebensumständen Bertolt Brechts.
„Als er siebzig war und war gebrechlich Drängte es den Lehrer doch nach Ruh Denn die Güte war im Lande wieder einmal schwächlich Und die Bosheit nahm an Kräften wieder einmal zu. Und er gürtete den Schuh.“
Laotse packt seine wenige Habe zusammen und auf einem Ochsen reitend, der von einem Jungen geführt wird, verlässt er das Land. Am vierten Tag wird er von einem Zöllner aufgehalten, der ihn zunächst fragt, ob er etwas zu verzollen habe. Laotse aber ist arm, was der Junge erklären kann: „Er hat gelehrt.“
Auf die Frage was er denn „rausgekriegt“ habe, antwortet der Junge (s.o):
„Dass das weiche Wasser in Bewegung Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. Du verstehst, das Harte unterliegt.“
Wer wen besiegt, weckt die Neugier des Zöllners, und er bittet den Weisen, seine Lehren niederzuschreiben.
Innerhalb von sieben Tagen, in denen der Zöllner Laotse und dem Knaben Unterschlupf und Verpflegung gewährt, schreiben sie 81 Sprüche nieder, welche sie dem Zöllner überreichen.
Auf diese Weise entstand das Buch Daodejing, quasi als Zoll. Am Ende steht ein Dank an den Zöllner:
„Darum sei der Zöllner auch bedankt: Er hat sie (=die Weisheit) ihm abverlangt.“
Brecht hat sich in gewissen Zügen Laotses selbst porträtiert, insbesondere in seiner Rolle als Emigrant zwischen Ohnmacht und Hoffnung auf den Sieg der guten Sache [2].
Leo N. Tolstoi:Das Töten verweigern Texte über die Schönheit der Menschen des Friedens und den Ungehorsam. Neu ediert von Peter Bürger und Katrin Warnatzsch. (Tolstoi-Friedensbibliothek: Reihe B, Band 3). Norderstedt: BoD 2023. (ISBN 978-3-7519-1925-8 ; Paperback; 292 Seiten; 12,90 Euro) Inhaltsverzeichnis und Leseprobe auf der Verlagsseite: https://www.bod.de/buchshop/das-toeten-verweigern-leo-n-tolstoi-9783751919258
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Ein in diesem Frühling vorgelegter Sammelband der von deutschen Pazifist:innen betreuten Friedensbibliothek erschließt alle verstreuten Schriften des Russen Leo N. Tolstoi (1828-1910) zur Verweigerung des militärischen Mordhandwerks – soweit von ihnen gemeinfreie Übersetzungen vorliegen, außerdem Texte aus dem dichterischen Werk des Schriftstellers sowie Darstellungen zur Geschichte der Gegner des Soldatendienstes in Russland.
Tolstoi betätigte sich in seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten gezielt als „Wehrkraft-Zersetzer“. Die unmissverständliche Botschaft in einer kleinen Flugschrift aus dem Jahr 1901 wider die offizielle Dienstanweisung der Armee richtet sich an die schon „unter den Waffen Stehenden“ und lautet:
„Soldat, du hast schießen, stechen, marschieren gelernt, man hat dich Lesen und Schreiben gelehrt, nach dem Exerzierplatz und zur Truppenschau geführt, vielleicht auch hast du einen Krieg mitgemacht, mit Türken und Chinesen gekämpft und alles ausgeführt, was dir befohlen wurde; es ist dir wohl nie in den Kopf gekommen, dich zu fragen, ob es gut oder böse ist, was du tust. … Wenn du in Wahrheit Gottes Willen erfüllen willst, kannst du nur eines tun, den schmachvollen und gottlosen Beruf eines Soldaten abwerfen und bereit sein, alle Leiden, welche dir dafür auferlegt werden, geduldig zu ertragen.“
In einem zweiten „Denkzettel für Offiziere“ führt Tolstoi gegenüber den Vorgesetzten aus:
„Ihr könnt immer aus eurer Stellung austreten. Wenn ihr aber nicht aus ihr austretet, so tut ihr dies nur deshalb, weil ihr vorzieht, in Widerspruch mit eurem Gewissen zu leben und zu wirken, als auf einige weltliche Vorteile zu verzichten, die euch euer ehrloser Dienst gewährt. Vergesst nur, dass ihr Offiziere seid, und denkt daran, dass ihr Menschen seid, und ein Ausweg aus eurer Lage wird sich sofort vor euch auftun. Dieser Ausweg ist der beste und ehrenvollste: versammelt die Abteilung, die ihr kommandiert, tretet vor sie hin und bittet die Soldaten um Verzeihung für alles das Böse, das ihr ihnen durch Täuschung zugefügt habt, und hört auf, Soldat zu sein.“
Indessen lässt sich in einer Gesamtschau aller Quellen aufzeigen, dass der „Alte von Jasna Poljana“ nur solche angehenden Verweigerer ermutigt hat, die aus einer inneren Gewissheit heraus – ohne Blick auf Außenwirkung, Beifall oder fremde Erwartungen – bereit waren, Schritte zu gehen, die eine bittere Verfolgung bis hin zum Letzten nach sich ziehen können.
„Beichte“ eines soldatischen Mörders
Leo Nikolajewitsch Tolstoi – der weltberühmte Dichter von „Krieg und Frieden“ – kannte Militär und Krieg nur zu gut aus eigener Anschauung. Im Frühjahr 1851 hatte er seinen ältesten Bruder Nikolaj auf der Rückreise zu dessen Regiment in den Kaukasus begleitet, später dort und dann auch im Krimkrieg (1853-1856) als Soldat gekämpft, zuletzt wegen sogenannter Tapferkeit eine Beförderung zum Leutnant erhalten und erst im März 1856 sein im November des gleichen Jahres angenommenes Abschiedsgesuch vorbereitet. Die frühen literarischen Arbeiten lassen z. T. schon eine nonkonforme – jedenfalls nicht staatstragende – Betrachtungsweise der Menschenschlächterei auf den „Feldern der Ehre“ erkennen. Beim Zeitschriftenabdruck von „Anna Karenina“ kam es bereits zu Problemen, weil der Dichter dem Kriegsprojekt gegen das Osmanische Reich (1877-1878) seinen Beifall versagte.
Ein Band der neuen Friedensbibliothek vereinigt Texte „Über die Unmöglichkeit des Gerichtes und der Bestrafung der Menschen untereinander“ – Das Geleitwort stammt von Eugen Drewermann
Umschlagbild von Texte gegen die Todesstrafe (Band TFb_B001)
Seit Februar 2023 sind Lesesaal und Publikationsreihe des pazifistischen Editionsprojekts „Tolstoi-Friedensbibliothek“ eröffnet. Ziel ist die allgemeine Zugänglichkeit der gemeinfreien Übersetzungen von Tolstois pazifistischen, sozialethischen und religiösen (bzw. theologischen) Schriften.
(Eine Information der Tolstoi-Friedensbibliothek.de)
Initiative und Konzeption gehen auf Peter Bürger zurück, der im Ökumenischen Institut für Friedenstheologie mitarbeitet. Er betreut in Kooperation mit Ingrid von Heiseler die Edition. Zu den ständig Mitarbeitenden gehören außerdem Katrin Warnatzsch und Bodo Bischof. Weitere Textpat:innen haben die Erfassung oder Korrektur einzelner Titel übernommen. Zum Kreis der Beratenden gehören Eugen Drewermann, Ullrich Hahn, Prof. Thomas Nauerth und Dr. Marco Sorace.
Als Kooperationspartner:innen bei der Vermittlung des Projektes wirken mit: Internetseite „Kirche & Weltkrieg“, Geschäftsführender Vorstand des Versöhnungsbundes, Graswurzelrevolution, Lebenshaus Schwäbische Alb e.V., Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK), Ökumenisches Institut für Friedenstheologie, pax christi-Diözesanverband Münster und Solidarische Kirche im Rheinland.
Ein Sammelband „Texte gegen die Todesstrafe: Über die Unmöglichkeit des Gerichtes und der Bestrafung der Menschen untereinander“ eröffnet die Reihe B der Tolstoi-Friedensbibliothek und ist als Lesebuch konzipiert.
In seinem Geleitwort schreibt Eugen Drewermann: „… Der Protestantismus Luthers verblieb in der Schizophrenie der Zwei-Reiche-Lehre, mit welcher Augustinus in der Zeit nach Konstantin das Christentum in eine staatstragende Religion verwandelte: die Menschen, weil sie böse sind, benötigen den Staat als Notverordnung Gottes; deshalb kann man nicht nur, man muß als Christ Soldat und Richter sein. So etwas sagen bis hinein in unsere Tage alle Kirchen. Die aufgeklärten Geister aber glauben, ganz ohne Gott und Christus auskommen zu können; sie glauben an die Wissenschaft und an den Fortschritt der geschichtlichen Vernunft und weigern sich, das Anwachsen der staatlich und gesellschaftlich verordneten militärischen, juridischen und sozialen Grausamkeiten anzuerkennen und anzugehen. Kirche und Staat bilden gemeinsam ein unmenschliches System der Lüge, der Gewalt und einer selbstgerechten Ungerechtigkeit. Diese Evidenz gewann Tolstoi aus der Botschaft Jesu und richtete sie aufrüttelnd und befreiend in der Sprache eines Dichters und in dem Anspruch eines Propheten an jeden Einzelnen nicht anders als auch an die Allgemeinheit.“
Der neue Buchband: Leo N. Tolstoi: Texte gegen die Todesstrafe. Über die Unmöglichkeit des Gerichtes und der Bestrafung der Menschen untereinander. (= Tolstoi-Friedensbibliothek, Reihe B, Band 1; Hg. P. Bürger). Norderstedt: BoD 2023. (ISBN: 9783741289392, Paperback: 224 Seiten, Ladenpreis 9,99 Euro, Geleitwort von Eugen Drewermann). Leseprobe und Bestellmöglichkeit hier beim Verlag: https://www.bod.de/buchshop/texte-gegen-die-todesstrafe-leo-n-tolstoi-9783741289392
Das Geburtshaus von Hannah Arendt, Lindener Marktplatz Nr. 2. (foto: zoom)
Ehrlich gesagt hatte ich mich bis heute nicht mit der Tatsache, dass Hannah Arendt am 14. Oktober 1906 in Linden geboren wurde, befasst.
Eher zufällig bin ich auf der anderen Seite der Leine über den Hannah-Arendt-Platz gestolpert.
Straßenschild am Hannah-Arendt-Platz in Hannover (foto: zoom)
Und da stand es: „in Hannover-Linden geboren[…]“. Linden gehört zwar erst seit 1920 zu Hannover, aber so genau hätte es nicht aufs Schild gepasst.
Neugierig habe ich mich auf die Suche gemacht und ziemlich leicht das Geburtshaus am Lindener Marktplatz gefunden.
Dort gibt es zwei Hinweise auf Hannah Arendt am bzw. um das Gebäude. Einmal eine sogenannte Stadttafel. Sie wurde am 4. Dezember 2015, Arendts 40. Todestag, gemeinsam von Oberbürgermeister Stefan Schostok mit dem damaligen Jugend- und Sozialdezernenten Thomas Walter enthüllt [1].
Die Tafel ist auf dem Bild oben links neben den Markisen unter dem Apotheken-A zu erkennen. Noch weiter unten links findet man die Hausnummer „2“ links an der Tür über den Klingeln.
Die Stadttafel heute (foto: zoom)
Der zweite Hinweis auf Hannah Arendt ist ein Fassaden-Portrait, das man durch einen Seiteneingang von der Falkenstraße aus erreichen könnte, wenn die Tür nicht verschlossen wäre. So musste ich durch die schmutzigen Türscheiben fotografieren.
Das Wandbild ist gelungen, der Spruch problematisch (foto: zoom)
Auf seiner Website schildert der Hannoveraner Grafitti- Künstler BeNeR1 die Entstehungsgeschichte[2]:
„Es gibt einen Seiteneingang von der Falkenstraße aus, der auf einen Hinterhof führt. Diesen wollte die Eigentümergemeinschaft schon lange verschönern. Nach einigen Treffen und vielen Entwurfsvorschlägen stand das endgültige Motiv dann fest und ich machte mich an die Umsetzung.
Im Tunnel malte ich regionale Motive aus Linden, unter anderem den Nachtwächterbrunnen auf dem Marktplatz, den Lichtenbergplatz und das Haus selbst nach einem historischen Foto aus den 20er-Jahren. Diese kleineren Gemälde enstanden in Mischtechnik, dass heißt mit Sprühdose, Airbrush-Pistole und sogar Acrylfarbe.
Das große Portrait von Hannah Arendt im Innenhof entstand gemeinsam mit meinem Atelier-Partner Kevin Lasner von KOarts ausschließlich mit Sprühdosen. Neben das Bildnis malten wir ein bekanntes Zitat von Hannah Arendt:
„Niemand hat das Recht zu gehorchen.“
Leider ist das Zitat ein weit verbreitetes Falschzitat[3]. Es liest sich wieder einmal zu schön, um wahr zu sein.
Die ganze Erklärung lest bitte im Blog „Zitatforschung„. Hier ein Ausschnitt:
„Niemand hat das Recht zu gehorchen.“ Hannah Arendt (angeblich)
„Dieses entstellte Zitat stammt aus einem Radio-Gespräch Hannah Arendts mit Joachim Fest aus dem Jahr 1964 und ist ein Falschzitat, weil ein entscheidendes Wort fehlt.“
Richtig wäre: „Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen bei Kant.“
„In dem Interview geht es unter anderem um die Dummheit des sonst intelligenten Adolf Eichmann, wenn er behauptet, er habe sein Leben lang die Moralvorschriften Immanuel Kants befolgt, Kants Pflichtbegriff zu seiner Richtschnur gemacht und aus Pflicht den Befehlen seiner Vorgesetzten gehorcht.“[3]
Hierbei belasse ich es zunächst. Stadtspaziergänge sind anstrengender als Landradtouren (siehe gestern).
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