„Alle müssen den Krieg verlästern“

Der pazifistische Klassiker des Erasmus von Rotterdam liegt als Neuausgabe vor – nebst einem aktuellen Vorwort von Eugen Drewermann

Umschlagbild edition pace

„Alle müssen sich gegen den Krieg verschwören und ihn gemeinsam verlästern“, so ruft uns der Christ und Humanist Erasmus von Rotterdam (gest. 1536) in seiner pazifistischen Hauptschrift „Die Klage des Friedens“ (1517) zu. Der antimilitaristische Schweizer Pfarrer, Theologe und religiöse Sozialist Rudolf Liechtenhan (1875-1947) legte fünf Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg in banger Sorge seine jetzt neu edierte Übersetzung der „Querela Pacis“ vor.

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„Grausame Genüsse“ – aber nicht ohne Alternative

Leo Tolstoi über das Leiden der Tiere und eine Ernährung ohne Töten

Buchumschlag (Tolstoi Friedensbibliothek)

Ein neuer Band des pazifistischen Editionsprojekts „Tolstoi-Friedensbibliothek“ vereinigt Texte des russischen Dichters über den Umgang des Menschen mit Tieren, eine Ernährung ohne Fleischverzehr und den Gebrauch von Rauschmitteln: Der Leinwandmesser (Erzählung 1863/1886); Die erste Stufe (1891, drei verschiedene Übertragungen); Über die Jagd (1890); Warum die Menschen sich betäuben (1890); Die Trunkenheit bei den leitenden Klassen (Übersetzung 1894); u.a. Vollständig enthalten ist in dieser Ausgabe auch die seit über einem Jahrhundert im Handel nicht mehr greifbare Anthologie „Grausame Genüsse“ (Berlin 1895).

(Buchinformation: Tolstoi-Friedensbibliothek)

Tolstois Traktat über die Fleischesser wurde von Mahatma Gandhi in besonderen Leseempfehlungen berücksichtigt. Schon zu Lebzeiten galt der russische Dichter als „Sonne der vegetarischen Welt“. Zu den Aufklärungsschriften über eine Ernährungsweise ohne Töten gehört z.B. die erschütternde Schilderung seines Schlachthaus-Besuchs in Tula am 7. Juni 1891 (Leseprobe nachfolgend).

Für das letzte Lesebuch (1910) hat der „Alte von Jasnaja Poljana“ später die Botschaft der Achtung des Lebens noch einmal folgendermaßen zusammengefasst: „Wir fühlen mit dem Herzen, dass das, wodurch wir leben, das, was wir unser Ich nennen, nicht nur in allen Menschen, sondern auch im Hunde, Pferde, in Mäusen, im Huhn, Sperling und in der Biene … ein und dasselbe ist. … Wer ist dann der Nächste? Hierauf gibt es nur eine Antwort: ‚Frag nicht, wer dein Nächster ist, sondern behandle alle Lebewesen so, wie du selbst behandelt werden möchtest.‘ – Alles Lebende fürchtet Qualen, alles Lebende scheut den Tod; erkenne dich nicht nur im Menschen, sondern in jedem Lebewesen; töte nicht und verursache keine Leiden und Tod. Alles Lebendige will dasselbe wie du: erkenne dich in jedem Lebewesen. – Der Mensch steht nicht deswegen über den Tieren, weil er sie quälen kann, sondern weil er imstande ist, Mitleid mit ihnen zu empfinden …, weil er fühlt, dass in ihnen ein und dasselbe Wesen lebt, wie in ihm selbst. … Die Zeit wird … kommen, und unsere Nachkommen werden sich wundern, dass ihre Vorfahren jeden Tag Millionen Tiere töteten, um sie zu essen, obgleich man sich gesund und schmackhaft, ohne Mord, von Früchten der Erde ernähren kann.“

Leo N. Tolstoi: Grausame Genüsse.
Texte über das Leiden der Tiere, eine Ernährung ohne Töten und Betäubungsmittel.
(Tolstoi-Friedensbibliothek: Reihe B, Band 14).
ISBN-Nummer 978-3-7583-0745-4 ; Paperback; 316 Seiten; Buchausgabe 13,99 Euro.
Inhalt und Leseprobe der gesamten Einleitung hier beim Verlag:
https://buchshop.bod.de/grausame-genuesse-leo-n-tolstoi-9783758307454

Übersicht und Informationen über die gesamte Reihe (einschließlich der kostenfrei abrufbaren Digitalversionen) auf der Projektseite: www.tolstoi-friedensbibliothek.de

(TFb-Band B014: Leseprobe Seiten 95-102)
Leo Tolstoi über seinen Besuch im Schlachthaus von Tula
(Für den 7. Juni 1891 vermerkte die damals 26jährige Tatjana, die älteste Tochter Leo Tolstois: „Papa ist heute mit dem Datschenzug nach Tula ins Schlachthaus gefahren und hat uns darüber erzählt. Furchtbar ist das, und ich glaube, Papas Erzählung genügt, um mit dem Fleischessen aufzuhören.“)Ich war vor Kurzem im Schlachthause zu Tula. Es ist, nach dem Beispiel großer Städte, mit allen Einrichtungen versehen, damit die zum Töten bestimmten Tiere so wenig wie möglich gequält werden. Es war an einem Freitag, zwei Tage vor Pfingsten. Eine Menge Vieh war vorhanden.

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Umleitung: Joseph Roth, Greta Thunberg, Antisemitismus, Migration, Abschiebung, Waldvernichtung, Platons Apologie und mehr

Herbstspaziergang (foto: zoom)

Veröffentlichung vor 100 Jahren: Joseph Roths Roman „Das Spinnennetz“, der vor hundert Jahren erschienen ist, thematisiert den Aufstieg des Nationalsozialismus und Rechtsextremismus in der Weimarer Republik. Die Charakterzeichnung der Hauptfigur steht für eine Mitläuferfigur. Deren Ideologisierung lässt Verlaufsformen erkennen, welche auch den Rechtsextremismus der Gegenwart prägen … endstationrechts

Greta Thunberg & Antisemitismus in der Umwelt- und Klimaschutzbewegung: während ich eine selbstkritische Auseinandersetzung mit vor allem linkem und israelbezogenem Antisemitismus in Deutschland auch nach dem Documenta15-Desaster beobachte und wo immer möglich unterstütze, postete die schwedische Gründerin von Fridays for Future, Greta Thunberg, einen einseitig gegen die Republik Israel gerichteten Pro-Hamas-Streikaufruf auf Instagram, verbunden mit diesem Selbstbild … scilogs

Abschiebegesetze der Ampel: Die Ampelregierung verkauft ihre neuen Abschiebegesetze als großen Wurf. Doch ihre Wirksamkeit ist fraglich. Mit den Verschärfungen reagiert die Ampel auf eine Debatte, die allein von Stimmungsmache lebt … tagesschau

Sinnlose Grausamkeit: Was bei der Asylpolitik unter den Tisch fällt … frankfurterrundschau

Die Zukunft ist zerhäckselt: Ak­ti­vis­t:in­nen haben einen holzverarbeitenden Betrieb blockiert. Sie sorgen sich um die einst üppigen Wälder, die dem Klima kaum noch helfen … taz

Zeitungssterben: As smaller newspapers shrink or disappear, it’s easy to romanticize the role they played … propublica

Kunst in der Kurve: Neue Street Art an der Brinkhoffstraße unter dem Dortmunder U … nordstadtblogger

Entwaffnend: Platons „Apologie des Sokrates“, neu übersetzt … revierpassagen

Das weiche Wasser in Bewegung…

…den mächtigen Stein besiegt (foto: zoom)
Dass das weiche Wasser in Bewegung
Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. 
Du verstehst, das Harte unterliegt.

Die Zeile stammen aus Bertolt Brechts Gedicht Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration. Es entstand 1938 in Dänemark, während seiner eigenen Emigration aus Nazi-Deutschland. [1]

Die Legende [3] erzählt, wie der Weise Laotse, mit dessen Lehren sich Brecht lange beschäftigt hat, im hohen Alter seine Heimat verlässt, weil er mit den Zuständen dort nicht einverstanden ist. Hier spiegelt sich das Schicksal des alten Philosophen in der Person und den Lebensumständen Bertolt Brechts.

„Als er siebzig war und war gebrechlich
Drängte es den Lehrer doch nach Ruh
Denn die Güte war im Lande wieder einmal schwächlich
Und die Bosheit nahm an Kräften wieder einmal zu.
Und er gürtete den Schuh.“

Laotse packt seine wenige Habe zusammen und auf einem Ochsen reitend, der von einem Jungen geführt wird, verlässt er das Land. Am vierten Tag wird er von einem Zöllner aufgehalten, der ihn zunächst fragt, ob er etwas zu verzollen habe. Laotse aber ist arm, was der Junge erklären kann: „Er hat gelehrt.“

Auf die Frage was er denn „rausgekriegt“ habe, antwortet der Junge (s.o):

„Dass das weiche Wasser in Bewegung
Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt.
Du verstehst, das Harte unterliegt.“

Wer wen besiegt, weckt die Neugier des Zöllners, und er bittet den Weisen, seine Lehren niederzuschreiben.

Innerhalb von sieben Tagen, in denen der Zöllner Laotse und dem Knaben Unterschlupf und Verpflegung gewährt, schreiben sie 81 Sprüche nieder, welche sie dem Zöllner überreichen.

Auf diese Weise entstand das Buch Daodejing, quasi als Zoll. Am Ende steht ein Dank an den Zöllner:

„Darum sei der Zöllner auch bedankt: Er hat sie (=die Weisheit) ihm abverlangt.“

Brecht hat sich in gewissen Zügen Laotses selbst porträtiert, insbesondere in seiner Rolle als Emigrant zwischen Ohnmacht und Hoffnung auf den Sieg der guten Sache [2].

Quellen:

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Legende_von_der_Entstehung_des_Buches_Taoteking_auf_dem_Weg_des_Laotse_in_die_Emigration
  2. https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/836695#Inhalt
  3. https://www.gedichte7.de/legende-von-der-entstehung-des-buches-taoteking-auf-dem-weg-des-laotse-in-die-emigration.html

Leo N. Tolstoi über die „Schönheit der Menschen des Friedens“ und den Ungehorsam

Ein neuer Sammelband „Verweigert das Töten!“

Buchcover – Das Töten verweigern

Die folgende ausführliche Buchvorstellung passt vielleicht zum morgigen Vortrag von Peter Bürger im Bürgerzentrum Alte Synagoge in Meschede um 19 Uhr. Siehe dazu auch hier im Blog: https://www.schiebener.net/wordpress/peter-buerger-no-peace-no-future-ohne-frieden-keine-zukunft/

(Gastbeitrag Tolstoi-Friedensbibliothek)

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Leo N. Tolstoi: Das Töten verweigern
Texte über die Schönheit der Menschen des Friedens und den Ungehorsam.
Neu ediert von Peter Bürger und Katrin Warnatzsch.
(Tolstoi-Friedensbibliothek: Reihe B, Band 3). Norderstedt: BoD 2023.
(ISBN 978-3-7519-1925-8 ; Paperback; 292 Seiten; 12,90 Euro)
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe auf der Verlagsseite:
https://www.bod.de/buchshop/das-toeten-verweigern-leo-n-tolstoi-9783751919258

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Ein in diesem Frühling vorgelegter Sammelband der von deutschen Pazifist:innen betreuten Friedensbibliothek erschließt alle verstreuten Schriften des Russen Leo N. Tolstoi (1828-1910) zur Verweigerung des militärischen Mordhandwerks – soweit von ihnen gemeinfreie Übersetzungen vorliegen, außerdem Texte aus dem dichterischen Werk des Schriftstellers sowie Darstellungen zur Geschichte der Gegner des Soldatendienstes in Russland.

Tolstoi betätigte sich in seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten gezielt als „Wehrkraft-Zersetzer“. Die unmissverständliche Botschaft in einer kleinen Flugschrift aus dem Jahr 1901 wider die offizielle Dienstanweisung der Armee richtet sich an die schon „unter den Waffen Stehenden“ und lautet:

„Soldat, du hast schießen, stechen, marschieren gelernt, man hat dich Lesen und Schreiben gelehrt, nach dem Exerzierplatz und zur Truppenschau geführt, vielleicht auch hast du einen Krieg mitgemacht, mit Türken und Chinesen gekämpft und alles ausgeführt, was dir befohlen wurde; es ist dir wohl nie in den Kopf gekommen, dich zu fragen, ob es gut oder böse ist, was du tust. … Wenn du in Wahrheit Gottes Willen erfüllen willst, kannst du nur eines tun, den schmachvollen und gottlosen Beruf eines Soldaten abwerfen und bereit sein, alle Leiden, welche dir dafür auferlegt werden, geduldig zu ertragen.“

In einem zweiten „Denkzettel für Offiziere“ führt Tolstoi gegenüber den Vorgesetzten aus:

„Ihr könnt immer aus eurer Stellung austreten. Wenn ihr aber nicht aus ihr austretet, so tut ihr dies nur deshalb, weil ihr vorzieht, in Widerspruch mit eurem Gewissen zu leben und zu wirken, als auf einige weltliche Vorteile zu verzichten, die euch euer ehrloser Dienst gewährt. Vergesst nur, dass ihr Offiziere seid, und denkt daran, dass ihr Menschen seid, und ein Ausweg aus eurer Lage wird sich sofort vor euch auftun. Dieser Ausweg ist der beste und ehrenvollste: versammelt die Abteilung, die ihr kommandiert, tretet vor sie hin und bittet die Soldaten um Verzeihung für alles das Böse, das ihr ihnen durch Täuschung zugefügt habt, und hört auf, Soldat zu sein.“

Indessen lässt sich in einer Gesamtschau aller Quellen aufzeigen, dass der „Alte von Jasna Poljana“ nur solche angehenden Verweigerer ermutigt hat, die aus einer inneren Gewissheit heraus – ohne Blick auf Außenwirkung, Beifall oder fremde Erwartungen – bereit waren, Schritte zu gehen, die eine bittere Verfolgung bis hin zum Letzten nach sich ziehen können.

Beichte“ eines soldatischen Mörders

Leo Nikolajewitsch Tolstoi – der weltberühmte Dichter von „Krieg und Frieden“ – kannte Militär und Krieg nur zu gut aus eigener Anschauung. Im Frühjahr 1851 hatte er seinen ältesten Bruder Nikolaj auf der Rückreise zu dessen Regiment in den Kaukasus begleitet, später dort und dann auch im Krimkrieg (1853-1856) als Soldat gekämpft, zuletzt wegen sogenannter Tapferkeit eine Beförderung zum Leutnant erhalten und erst im März 1856 sein im November des gleichen Jahres angenommenes Abschiedsgesuch vorbereitet. Die frühen literarischen Arbeiten lassen z. T. schon eine nonkonforme – jedenfalls nicht staatstragende – Betrachtungsweise der Menschenschlächterei auf den „Feldern der Ehre“ erkennen. Beim Zeitschriftenabdruck von „Anna Karenina“ kam es bereits zu Problemen, weil der Dichter dem Kriegsprojekt gegen das Osmanische Reich (1877-1878) seinen Beifall versagte.

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Leo Tolstoi und die Todesstrafe

Ein Band der neuen Friedensbibliothek vereinigt Texte „Über die Unmöglichkeit des Gerichtes und der Bestrafung der Menschen untereinander“ – Das Geleitwort stammt von Eugen Drewermann

Umschlagbild von Texte gegen die Todesstrafe (Band TFb_B001)

Seit Februar 2023 sind Lesesaal und Publikationsreihe des pazifistischen Editionsprojekts „Tolstoi-Friedensbibliothek“ eröffnet. Ziel ist die allgemeine Zugänglichkeit der gemeinfreien Übersetzungen von Tolstois pazifistischen, sozialethischen und religiösen (bzw. theologischen) Schriften.

(Eine Information der Tolstoi-Friedensbibliothek.de)

Initiative und Konzeption gehen auf Peter Bürger zurück, der im Ökumenischen Institut für Friedenstheologie mitarbeitet. Er betreut in Kooperation mit Ingrid von Heiseler die Edition. Zu den ständig Mitarbeitenden gehören außerdem Katrin Warnatzsch und Bodo Bischof. Weitere Textpat:innen haben die Erfassung oder Korrektur einzelner Titel übernommen. Zum Kreis der Beratenden gehören Eugen Drewermann, Ullrich Hahn, Prof. Thomas Nauerth und Dr. Marco Sorace.

Als Kooperationspartner:innen bei der Vermittlung des Projektes wirken mit: Internetseite „Kirche & Weltkrieg“, Geschäftsführender Vorstand des Versöhnungsbundes, Graswurzelrevolution, Lebenshaus Schwäbische Alb e.V., Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK), Ökumenisches Institut für Friedenstheologie, pax christi-Diözesanverband Münster und Solidarische Kirche im Rheinland.

Ein Sammelband „Texte gegen die Todesstrafe: Über die Unmöglichkeit des Gerichtes und der Bestrafung der Menschen untereinander“ eröffnet die Reihe B der Tolstoi-Friedensbibliothek und ist als Lesebuch konzipiert.

In seinem Geleitwort schreibt Eugen Drewermann: „… Der Protestantismus Luthers verblieb in der Schizophrenie der Zwei-Reiche-Lehre, mit welcher Augustinus in der Zeit nach Konstantin das Christentum in eine staatstragende Religion verwandelte: die Menschen, weil sie böse sind, benötigen den Staat als Notverordnung Gottes; deshalb kann man nicht nur, man muß als Christ Soldat und Richter sein. So etwas sagen bis hinein in unsere Tage alle Kirchen. Die aufgeklärten Geister aber glauben, ganz ohne Gott und Christus auskommen zu können; sie glauben an die Wissenschaft und an den Fortschritt der geschichtlichen Vernunft und weigern sich, das Anwachsen der staatlich und gesellschaftlich verordneten militärischen, juridischen und sozialen Grausamkeiten anzuerkennen und anzugehen. Kirche und Staat bilden gemeinsam ein unmenschliches System der Lüge, der Gewalt und einer selbstgerechten Ungerechtigkeit. Diese Evidenz gewann Tolstoi aus der Botschaft Jesu und richtete sie aufrüttelnd und befreiend in der Sprache eines Dichters und in dem Anspruch eines Propheten an jeden Einzelnen nicht anders als auch an die Allgemeinheit.“

Projektseite: www.tolstoi-friedensbibliothek.de
(Alle Publikationen sind hier in digitaler Form kostenfrei abrufbar)

Der neue Buchband:
Leo N. Tolstoi: Texte gegen die Todesstrafe. Über die Unmöglichkeit des Gerichtes und der Bestrafung der Menschen untereinander. (= Tolstoi-Friedensbibliothek, Reihe B, Band 1; Hg. P. Bürger). Norderstedt: BoD 2023.
(ISBN: 9783741289392, Paperback: 224 Seiten, Ladenpreis 9,99 Euro, Geleitwort von Eugen Drewermann).
Leseprobe und Bestellmöglichkeit hier beim Verlag:
https://www.bod.de/buchshop/texte-gegen-die-todesstrafe-leo-n-tolstoi-9783741289392

Hannover, Linden, Hannah Arendt und ein Falschzitat

Das Geburtshaus von Hannah Arendt, Lindener Marktplatz Nr. 2. (foto: zoom)

Ehrlich gesagt hatte ich mich bis heute nicht mit der Tatsache, dass Hannah Arendt am 14. Oktober 1906 in Linden geboren wurde, befasst.

Eher zufällig bin ich auf der anderen Seite der Leine über den Hannah-Arendt-Platz gestolpert.

Straßenschild am Hannah-Arendt-Platz in Hannover (foto: zoom)

Und da stand es: „in Hannover-Linden geboren[…]“. Linden gehört zwar erst seit 1920 zu Hannover, aber so genau hätte es nicht aufs Schild gepasst.

Neugierig habe ich mich auf die Suche gemacht und ziemlich leicht das Geburtshaus am Lindener Marktplatz gefunden.

Dort gibt es zwei Hinweise auf Hannah Arendt am bzw. um das Gebäude. Einmal eine sogenannte Stadttafel. Sie wurde am 4. Dezember 2015, Arendts 40. Todestag, gemeinsam von Oberbürgermeister Stefan Schostok mit dem damaligen Jugend- und Sozialdezernenten Thomas Walter enthüllt [1].

Die Tafel ist auf dem Bild oben links neben den Markisen unter dem Apotheken-A zu erkennen. Noch weiter unten links findet man die Hausnummer „2“ links an der Tür über den Klingeln.

Die Stadttafel heute (foto: zoom)

Der zweite Hinweis auf Hannah Arendt ist ein Fassaden-Portrait, das man durch einen Seiteneingang von der Falkenstraße aus erreichen könnte, wenn die Tür nicht verschlossen wäre. So musste ich durch die schmutzigen Türscheiben fotografieren.

Das Wandbild ist gelungen, der Spruch problematisch (foto: zoom)

Auf seiner Website schildert der Hannoveraner Grafitti- Künstler BeNeR1 die Entstehungsgeschichte[2]:

„Es gibt einen Seiteneingang von der Falkenstraße aus, der auf einen Hinterhof führt. Diesen wollte die Eigentümergemeinschaft schon lange verschönern. Nach einigen Treffen und vielen Entwurfsvorschlägen stand das endgültige Motiv dann fest und ich machte mich an die Umsetzung.

Im Tunnel malte ich regionale Motive aus Linden, unter anderem den Nachtwächterbrunnen auf dem Marktplatz, den Lichtenbergplatz und das Haus selbst nach einem historischen Foto aus den 20er-Jahren. Diese kleineren Gemälde enstanden in Mischtechnik, dass heißt mit Sprühdose, Airbrush-Pistole und sogar Acrylfarbe.

Das große Portrait von Hannah Arendt im Innenhof entstand gemeinsam mit meinem Atelier-Partner Kevin Lasner von KOarts ausschließlich mit Sprühdosen. Neben das Bildnis malten wir ein bekanntes Zitat von Hannah Arendt:

„Niemand hat das Recht zu gehorchen.“

Leider ist das Zitat ein weit verbreitetes Falschzitat[3]. Es liest sich wieder einmal zu schön, um wahr zu sein.

Die ganze Erklärung lest bitte im Blog „Zitatforschung„. Hier ein Ausschnitt:

„Niemand hat das Recht zu gehorchen.“ Hannah Arendt (angeblich)

„Dieses entstellte Zitat stammt aus einem Radio-Gespräch Hannah Arendts mit Joachim Fest aus dem Jahr 1964 und ist ein Falschzitat, weil ein entscheidendes Wort fehlt.“

Richtig wäre: „Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen bei Kant.“

„In dem Interview geht es unter anderem um die Dummheit des sonst intelligenten Adolf Eichmann, wenn er behauptet, er habe sein Leben lang die Moralvorschriften Immanuel Kants befolgt, Kants Pflichtbegriff zu seiner Richtschnur gemacht und aus Pflicht den Befehlen seiner Vorgesetzten gehorcht.“[3]

Hierbei belasse ich es zunächst. Stadtspaziergänge sind anstrengender als Landradtouren (siehe gestern).

Gute Nacht!

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[1] https://www.hannover.de/Wirtschaft-Wissenschaft/Wissenschaft/Initiative-Wissenschaft-Hannover/HANNAH-ARENDT-TAGE/Hannah-Arendt-in-Hannover/Hannah-Arendt-Stadttafel

[2] http://www.bener1.de/fassadengestaltung-geburtshaus-hannah-arendt/

[3] https://falschzitate.blogspot.com/2017/07/niemand-hat-das-recht-zu-gehorchen.html

Heute getauscht: Blau gegen Grau. Dortmunder Zoo.

Es kommt mir vor, als hätte die Schneeeule einen leichten Silberblick. (foto: zoom)

Ab und zu überfällt mich eine Unruhe, und ich halte es im Hochsauerland nicht mehr aus. Heute war es wieder soweit. Kassel, Marburg, Paderborn, Dortmund, Dinslaken?

Paderborn langweilig, Marburg zu klein, Kassel zu oft, Dinslaken zu weit. Die Wahl fiel auf Dortmund und eine romantische Vorstellung von Tieren, die sich nichts sehnlicher wünschen als von mir fotografiert zu werden. Ich falle immer wieder darauf rein. Ab in den Zoo. Aus dem blauen und sonnigen Hochsauerland ins graue Ruhrgebiet.

Tiere in Gefangenschaft machen mich traurig und trübsinnig. Ich sollte mir das ein für alle Male hinter die Ohren schreiben. Nach dem Besuch bleibt stets ein schales Gefühl.

Hinter Gittern (foto: zoom)

Wäre die Welt ohne Großkatzen hinter Gittern kulturell ärmer? Was machen die den ganzen Tag außer fressen, schlafen sowie hin und her tapern?

In Umrissen Kolonialismus? (foto: zoom)

Vielleicht denken wir in naher Zukunft über eingesperrte Tiere aus „fernen Kontinenten“ genau so, wie wir heute über die Menschenzoos und sogenannte Völkerschauen der letzten Jahrhunderte urteilen.

Menschelnd würde ich die Szene euphemistisch „gepflegte Langeweile“ nennen. (foto: zoom)

Wie wäre es, wenn wir begännen, die Tierarten außerhalb der gepflegten Zoos nicht länger auszurotten? Das klappt anscheinend nicht. Ich meine nicht nur augenfällige Großsäuger, sondern auch die Insekten, Würmer, Fische, Spinnen …

Wenn ich das nächste Mal Hummeln unterm Hintern habe, fahre ich lieber zum Rombergpark. Die wunderbaren Bäume dort sind nicht hinter Gittern und Eintritt kostet es auch nicht.

Tiere zum Fotografieren haben wir im Hochsauerland ebenfalls. Beweise demnächst wieder hier im Blog.



Ein Frohes Fest und bleibt gesund!

Do what you love … keine schlechte Maxime, wenn sie denn zur Maxime aller werden könnte. (foto: zoom)

Ich wünsche allen ein Frohes Fest, ob mit oder ohne Glühwein. Die Hauptsache ist, dass ihr gesund bleibt oder werdet, falls es euch erwischt haben sollte.

Der kleine Immanuel prüft gerade noch, ob Do what you love einer Maxime folgt, deren Gültigkeit für alle, jederzeit und ohne Ausnahme akzeptabel wäre, und ob alle betroffenen Personen nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt werden, sondern auch als Zweck an sich.

Im Bild auf lila Hintergrund sieht dies Motto eher unmoralisch aus, aber der kleine Immanuel …

Lasst euch den Weihnachtsbraten/das Weihnachtstofu/die Falafeln/Whatsoever schmecken.

Guten Appetit.

Umleitung: Dem Ego ist nichts heilig, Menschenrechte, ein Kardinal als Verschwörungsmysthiker, Click-Bait mit Neonazis und mehr …

Wanderung mit Abstand (foto: zoom)

Spiritualität auf Abwegen – dem Ego ist nichts heilig: Auch mit Yoga und Achtsamkeitsmeditation holt es sich Bestätigung. Der Psychologe Scott Barry Kaufman hat darin eine neue Form von Narzissmus entdeckt … spektrum

Menschenrechte: Ägypten verurteilt berühmten Blogger Alaa Abd el-Fattah zu fünf Jahren Haft … netzpolitik

Vom Vertuscher zum Verschwörungstheoretiker: Kardinal Müller radikalisiert sich weiter … hpd

Click-Bait bei „Ruhr24“: Wäre ein nach ihm benannter Platz nicht eine „schöne Erinnerung“ an einen Neonazi? … uebermedien

Exponentielle Entwicklungen, oder: sich auf die einfachen pandemischen Dinge besinnen … scilogs

Widerstand heißt lernen und kreativ werden: Jugendliche aus der Nordstadt folgen den Spuren der Edelweißpirat:innen in Dortmund … nordstadtblogger

Szenisch demontiert, musikalisch erhöht: Mozarts römischer Kaiser Titus an der Rheinoper Düsseldorf … revierpassagen

Rederecht für Minderheiten: Am 08.12.2021 wurde in Münster bei Oberverwaltungsgericht (OVG) über eine Klage von 5 Briloner Ratsmitgliedern verhandelt, das Bedeutung auch für viele andere Kommunen in NRW hat … sbl