„NS-Verbrechen an Zwangsarbeitern im Sauerland 1945 – LWL gräbt nach Spuren der über 200 Ermordeten“.

Pressetermin am Freitag, 8. März 2019 um 11 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses in Warstein (Dieplohstraße 1).

Am 20., 21. und 22. März 1945 erschossen und erschlugen deutsche Soldaten 208 völlig wehr- und arglose sowjetische und polnische Männer, Frauen und Kinder, die sie zu diesem Zweck aus zwei „Ostarbeiterlagern“ (der Schule in Suttrop im damaligen Landkreis Lippstadt, Amt Rüthen, und dem „Ostarbeiterlager Herrenberg“, heute „Sauerlandhalle“ in Warstein im damaligen Landkreis Arnsberg) unter falschen Vorwänden, also heimtückisch, herausgeholt hatten.

(Näheres siehe Datei „Pressetermin am Freitag, 8. März 2019 um 11 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses in Warstein (Dieplohstraße 1)“ auf
https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2019/02/142.-Pressetermin-am-8.3.2019-um-11-Uhr.pdf)

Nach den drei Massakern an drei aufeinander folgenden Tagen im Langenbachtal, im Körtlinghausener Forst und auf der Eversberger Kuhwiese (Landkreis Meschede) wurde das „Gemeinschaftslager Herrenberg“ mit mehreren hundert Menschen in Brand gesetzt und brannte bis auf die Grundmauern nieder; den französischen Kriegsgefangenen gelang es, ihre sowjetischen Kameraden, die hinter eigens für sie verrammelten Türen zu verbrennen drohten, zu befreien.

Nach den Funden von 1945 (1), 1947 (2) und 1964 (3) – von denen mir bisher niemand sagt, was mit ihnen gemacht wurde bzw. wo sie geblieben sind – findet nun ein Pressetermin zu den Funden von 2018 statt:

„NS-Verbrechen an Zwangsarbeitern im Sauerland 1945 LWL gräbt nach Spuren der über 200 Ermordeten“.

So steht es auf der Seite des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (4). Und weiter:

„Die Forscher stießen sowohl auf die persönlichen Habseligkeiten der Opfer, als auch auf die Werkzeuge der Täter. Die Funde zeugen nicht nur von den letzten Stunden im Leben der Ermordeten, sondern geben auch Aufschlüsse über den genauen Ablauf der grausamen Taten.

Vor Ort berichten wir über die neuesten Recherche-Ergebnisse und zeigen Ihnen eine Auswahl der archäologischen Funde.“ (4)

Es stünden „zur Verfügung Matthias Löb, LWL-Direktor, Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, LWL-Kulturdezernentin, Dirk Wiese, Russlandbeauftragter der Bundesregierung, Dr. Thomas Schöne, Bürgermeister Stadt Warstein, Christoph Weber, Bürgermeister Stadt Meschede, Dr. Manuel Zeiler, LWL-Archäologie für Westfalen, und Dr. Marcus Weidner, LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte.“

Text: Die „verschwundene“ Stele am Friedhof der 57 Ermordeten (5)

„Im Anschluss an den Termin im Rathaus besuchen wir einen der drei Tatorte in Suttrop. Ein Teil der Opfer war hier bestattet und wurde 1964 auf den Waldfriedhof ,Fulmecke’ in Meschede umgebettet. Der Friedhof ist die dritte Station des Pressetermins. Die Stadt Meschede plant eine Umgestaltung der Kriegsgräberstätte, die erinnerungspolitisch und historisch außergewöhnlich ist.“

Text: Grabstein von Valentina und Nina Woronina; siehe „Eine Familie stirbt“ (6)

„Ein Teil der Opfer war hier bestattet.“ Warum kann ich solche Formulierungen kaum mehr ertragen? 57 Ermordete waren dort in Einzelgräbern begraben und eine Stele sprach von Mord. 1964 wurden sie durch den „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ nach Meschede „umgebettet“, wo kein Einzelgrab mehr von ihnen zu sehen ist.

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Anmerkungen:

(1) siehe die Eidesstattliche Erklärung des Bürgermeisters von Suttrop vom 7.9.1946 (2.2.0.1/82413822, ITS Digital Archive, Bad Arolsen)
(2) siehe die Exhumierungsberichte von Dr. Petrasch vom 28. und 29.3.1947 [2.2.0.1/82416675 (2 Seiten) und 82416678 (1 Seite)] sowie des Amtsdirektors von Meschede vom 31.3.1947 [2.2.0.1 / 82416677 (2 Seiten)]
(3) „Nachlässe der ermordeten sowjetischen Zwangsarbeiter gefunden: 1945, 1947, 1964 und 2018. Aus den Prozeßakten (Arnsberger Prozeß von 1957/1958)“
https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2018/12/133.-Nachl%C3%A4sse-ermordeter-sowjetischer-Zwangsarbeiter-1945-1947-1964-2018.pdf
(4) https://www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=47233
(5) „Eine ,verschwundene’ Stele ruft. ,Ein Fund größeren Ausmaßes’“
https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2018/12/130.-Habseligkeiten.pdf
(6) http://www.zug-der-erinnerung.eu/download/137.%20Eine%20Familie%20stirbt.pdf; zum „Zug der Erinnerung“ siehe https://www.youtube.com/watch?v=FtVY2oES4G4

Bücher zur Vorbereitung auf den 8. März 2019 in Warstein, Suttrop und Meschede:

1. Peter Bürger / Jens Hahnwald / Georg D. Heidingsfelder: „Sühnekreuz Meschede. Die Massenmorde an sowjetischen und polnischen Zwangsarbeitern im Sauerland während der Endphase des 2. Weltkrieges und die Geschichte eines schwierigen Gedenkens“; Norderstedt 2016 (edition leutekirche sauerland 3; erweiterte Buchausgabe von „Zwischen Jerusalem und Meschede“)

2. Nadja Thelen-Khoder: „Der ,Franzosenfriedhof’ in Meschede. Drei Massaker, zwei Gedenksteine, eine „Gedenktafel“ und 32 Grabsteine. Dokumentation einer Spurensuche“; (Norderstedt 2018 (edition leutekirche sauerland 14).

Das letzte Kapitel als eigene Datei „XII. Gewissen heißt ,conscience’“ auf http://upgr.bv-opfer-ns-militaerjustiz.de/uploads/Dateien/Pbab2018/NTK2018-XII.Gewissen-heisst-conscience.pdf

Wochenrückblick: Darüber hätte ich schreiben wollen … Kein Mensch ist illegal, Lehrer-Streik, Schneekanonen gegen Klimawandel in Winterberg.

Ich schau dir in …. (foto: zoom)

Da ich in dieser Woche kaum etwas für das Blog geschrieben habe, versuche ich, mich mit einem kleinen Wochenrückblick wieder ins Spiel zu bringen.

Es begann in Bonn mit einem Gartenzwerg. Ich empfehle die Ausstellung „Deutsche Angst“ im Haus der Geschichte in Bonn. Den Gartenzwerg habe ich am Ende der Dauerausstellung geerntet.

Dieser Zwerg am Ende der deutschen Geschichte hat mir sehr gefallen. (foto: zoom)

Auf der Arbeit gab es ziemlich viel Stress. Trotzdem habe ich am Mittwoch gestreikt und bin zum Demonstrieren nach Dortmund gefahren.

Streik-Demo in Dortmund so la la mit 500 Leuten (foto: zoom)

Die Gewerkschaft fordert 6% mehr Lohn und Gehalt und hat es geschafft, die „6“ auf den Friedensplatz zu bringen. Um die Aufnahme zu machen, bin ich kreativ in die Höhe gekrabbelt.

Immerhin ist es den Lehrerinnen und Lehrern gelungen eine „6“ auf den Friedensplatz zu stellen. (foto: zoom)

Am Donnerstag habe ich das WDR 5 Stadtgespräch im Oversum in Winterberg besucht: „Schneekanonen gegen Klimawandel“. Ihr solltet euch die Aufzeichnung anhören. Meine Meinung zu der Veranstaltung werde ich (hoffentlich) demnächst im Blog veröffentlichen.

Da sind sie von links nach rechts: Judith Schulte-Loh (Moderation), Michael Beckmann (Tourismusdirektor), Karsten Schwanke (Meteorologe), Ralf Roth (Natursport-Experte), Dirk Jansen (BUND). (foto: zoom)

In ein paar Tagen mehr.

Flashback: Feuer, Pfeife … Rauchen kann tödlich sein.

Drei Dinge braucht der … (foto: zoom)

Wer kennt noch den alten Werbespruch des dänischen Pfeifen- und Tabakherstellers Stanwell?

Beim „Window-Shopping“ und „Window-Hopping“ hat es am Wochenende geklingelt: Feuer, Pfeife, Stanwell …

Die Erinnerung an das tödliche Hobby.

Als Jugendlicher besaß ich eine ansehnliche Sammlung von Pfeifen. Wir fanden es ziemlich cool, auf unseren Radtouren im Moselweinberg sitzend Pfeife zu rauchen und dazu ein oder zwei Flaschen glykolsüßer Spätlese zu leeren.

Heute bin ich Nichtraucher und die Pfeifensammlung ist „getrasht“ – eigentlich schade.

Pfeifen, Pfeifen, Pfeifen … Verführung (foto: zoom)

Umleitung: Vom Resonanzraum der Hemmungslosigkeit über das Coming Out eines Pfarrers zu Funkes „agilem Ticker“ und mehr …

Abendbummel durch die Bonner Innenstadt (foto: zoom)

Das Bild oben ist eine winzige Beute unseres Wochenendausflugs nach Bonn.

Schon zum vierten oder fünften Mal habe ich das Haus der Geschichte besucht und bin immer noch nicht gelangweilt. Es wird also ein nächstes Mal geben. Alles weitere später, dafür heute ein paar Lesehinweise. Es sollte für jede/n etwas dabei sein.

Resonanzraum der Hemmungslosigkeit: Das Web als Hass- und Einsamkeitsmaschine … endoplast

Der WTF der Woche geht an: Trump … unkreativ

Pfarrer Bernd Mönkebüscher: Außergewöhnlich ehrliche und offene Worte über seine Homosexualität … sauerlandkurier

AfD-„Arbeitnehmer“ in der Krise: Unter den drei Gruppen, die von sich behaupten, Arbeitnehmerinteressen in der AfD zu vertreten, ist sie die kleinste: Nun steckt AidA offenbar tief in der Krise … bnr

Funkes „agile Ticker“: Die Nebelbomben der Verlage. Wenn Verlage Stellen abbauen und sparen, dann traut sich kaum einer, einfach Tacheles zu reden. Stattdessen ist blumig von Fokussierung, Verbesserung, Modernisierung die Rede – so wie diese Woche bei Funke. Zeit für Hans Hoff, sich beim SWR zu entschuldigen … dwdl

Funke-Betriebsräte: Das war zynisch, Frau Becker … charly&friends

Sportgeschichte als bedrohte Public History: „Sportgeschichte ist ein ideales Vehikel, um historische und gesellschaftsrelevante Fragen öffentlich zu vermitteln. Sport begeistert, wird ökonomisch immer bedeutender und ist in den Medien omnipräsent. Sportgeschichte als kulturelles Erbe jedoch fristet zumindest in der Schweiz ein Mauerblümchendasein. Unterfinanzierte oder heroisierende Museen und wenig Präsenz im Schulunterricht bilden jedoch Chancen für neue Formen der Public History“ … publicHistory

Größter Holzhandel weit und breit: Grabstätte führt auf die Spuren einer Dortmunder Wirtschafts-Dynastie … revierpassagen

NPP165 mit Anke Domscheit-Berg zum NetzDG: „Dann mach doch kein Facebook.“ … netzpolitik

Bunt, schrill, witzig und schräg: „The Rocky Horror Show“ zurück auf der Hagener Bühne … doppelwacholder

Zu guter Letzt: Hermes – oder – Es wird wohl nie ankommen … schwenke

Umleitung: RitmuS in Siedlinghausen, Greta Thunberg und der Hass in unserer Gesellschaft, Rechtsextremismus, Korruption in Europa, Selfie-Journalismus, Burn-out und mehr …

Kolpinghaus Siedlinghausen: seit dem 14. Dezember betreiben Pedro Lopes und sein Team das Restaurant „RitmuS“. (foto: zoom)

Seit Mitte Dezember hat das Kolpinghaus in Siedlinghausen einen neuen Pächter für den Gastronomiebetrieb gefunden. „RitmuS“ heißt das neue portugiesische Restaurant im Herzen meines Wohnorts.

Da ich dort bislang erst ein Mal zum Kegeln war und ein zweites Mal an einer Geburtstagsgesellschaft teilgenommen habe, kann ich noch nichts über das Restaurant im „Alltagsbetrieb“ sagen. Sobald wir den „Stresstest“ gemacht haben, folgt die Rezension.

Jetzt zu den Lesehinweisen, wie stets eklektisch und ad hoc ausgewählt.

Klimawandel – Greta Thunberg in eigener Sache: Recently I’ve seen many rumors circulating about me and enormous amounts of hate. This is no surprise to me. I know that since most people are not aware of the full meaning of the climate crisis (which is understandable since it has never been treated as a crisis) a school strike for the climate would seem very strange to people in general.
So let me make some things clear about my school strike … Greta Thunberg auf Facebook

Der Hass in unserer Gesellschaft: Ich würde gerne wissen, woher er kommt. Dieser Haß auf alles und jeden, diese mangelnde Toleranz, dieses sich beißwütig auf die Schwachen stürzen. Am Beispiel von Greta sieht man sehr schön, wie kaputt unsere Gesellschaft ist … unkreativ

Rechtsextremismus: AfD-„Flügel“ wähnt sich im Aufwind … bnr

Demokratie: Wir veröffentlichen das Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD … netzpolitik

Neue Broschüre „Terror in Hohenlimburg: der Pogrom am 10.11. 1938“ … doppelwacholder

Korruption in Europa: Noch eine hässliche Seite der EU … postvonhorn

Gegen Selfie-Journalismus und für Recherche: Laudatio auf Henning Steiner, Journalistenpreis Informatik … welchering

Historische Identität und Migration: Welche Rolle spielt Geschichte für die Identität von Kindern mit Migrationshintergrund? Im Oktober 2018 führte ich zu dieser Frage eine quantitative Vorstudie unter den Schüler*innen zweier Wiener Mittelschulen mit außergewöhnlich hohem Migrant*innenanteil (über 90 Prozent) durch … publicHistory

Alte Produktkataloge: Alte Produktkataloge sind nicht nur spannend durchzuschauen, sondern sind auch ein immenser Datenschatz: Welche Produkte waren verfügbar? Wie teuer waren diese? Was war gerade neu und aufregend? Und was wollten die Leute haben? Was war aufregend? … schmalenstroer

Warum man Burn-out nicht als Modeerscheinung abtun sollte: Kritik an einer Aufklärungsinitiative der Daimler und Benz Stiftung … scilogs

Kunsttagebuch: Die Überforderung. Ist der, der ein Kunstwerk erschafft, der, der er im Augenblick ist oder könnte er bereits der sein, der er erst zukünftig werden würde, um seine Kunst schaffen und ihr Ausdruck verleihen zu können? … endoplast

Geld, Produktionen und Zeit – von allem etwas weniger: Intendant Olaf Kröck stellt Programm der Ruhrfestspiele vor … revierpassagen

Laudatio zum Anglizismus des Jahres 2018: Gendersternchen … sprachlog

Alte Heimat: Dinslakens Menschen bewegte – Ein wenig Schnee…, Wolf GW954f, … andreashaab

100 Jahre Waldorfschule 2019: Alan Poseners Waldorf-Propaganda im Deutschlandfunk Kultur

Das zweite Goetheanum in Dornach (1928 bis heute), Südansicht (foto: „Wladyslaw“, wikimedia, (CC BY-SA 3.0))

Der Deutschandfunk Kultur lädt den Journalisten Alan Posener (Die Welt, Axel Springer SE) zum Gespräch ein, um den 100. Geburtstag der Waldorfschule zu feiern. Was dieser dabei sagte, entsetzte hpd-Autor Andreas Lichte.

(Der Artikel ist zuerst auf der Website des Humanistischen Pressedienstes erschienen.)

„Hat Posener das wirklich gesagt?“, frage ich mich. Ich kann es nicht fassen und versuche eine Inhaltsangabe – frei, aus dem Gedächtnis –, es geht ja um „Schule“, und das ist doch eine gute Übung, Prüfung …:

  1. Bildung sollte privatisiert werden,
  2. weil Waldorfschulen besser als öffentliche Schulen sind:
  3. Waldorfschulen fördern das Individuum,
  4. deswegen waren sie im Nationalsozialismus verboten.

Boah! Was für ein Blödsinn! Aber meine Inhaltsangabe ist korrekt, wie ich beim Vergleich mit Deutschlandfunk Kultur Der Mensch im Mittelpunkt“ feststelle. Ich höre mir den Beitrag auch noch einmal an: „Dieser Individualismus (der Waldorfschulen) rekurriert auf das humboldtsche Bildungsideal“, schwärmt Posener im O-Ton.

„Individualismus“? In der Waldorfschule? Bei meiner Ausbildung zum Waldorflehrer fiel mir dieser Merksatz ein: „In der Waldorfschule steht für jeden eine Schublade offen.“

In einem Interview mit dem Bildungswissenschaftler Prof. Dr. Stefan T. Hopmann frage ich danach, Zitat:

„Lichte: Die Waldorfschulen werben damit, Kinder ‚individuell‘ zu fördern. Sehen Sie hier einen Widerspruch zu der in der Waldorfpädagogik verbindlichen ‚Jahrsiebtelehre‘ (Rudolf Steiners esoterische Einteilung der Individualentwicklung des Menschen in Abschnitte von 7 Jahren)?

Prof. Hopmann: Waldorfschulen wollen nicht im allgemein üblichen Sinne ‚individualisieren‘, d. h. die je einzigartige Persönlichkeit eines Kindes achten. Vielmehr werden entsprechend den Waldorflehren die Kinder unterschiedlichen Charaktertypen, Entwicklungsstufen, Seeleneigenschaften usw. zugeordnet, denen sich dann die jeweilige pädagogische Behandlung unterordnen soll. Gehörst du zum Typ A, richtet sich die Behandlung nach Verfahren B usw. Man kann das recht gut kennenlernen, wenn man sich ansieht, wie Rudolf Steiner selbst in seinen Lehrerkonferenzen Einzelfälle analysierte. Es ging ihm nicht um konkrete Individuen, sondern darum, jedes Kind in eine anthroposophische Kategorie zu pressen.“

Wenn es in der Waldorfschule keinen „Individualismus“ gibt, kann das auch nicht der Grund dafür sein, dass Waldorfschulen „im Nationalsozialismus verboten waren“. Waren sie das überhaupt? Alle Privatschulen wurden im Laufe der Zeit im „Dritten Reich“ verboten. Die Waldorfschulen bestanden durch nationalsozialistische Protektion aber länger als andere Privatschulen …

Posener übernimmt hier Propaganda, die über Jahrzehnte von der Anthroposophie und den Waldorfschulen verbreitet wurde – das immer wiederkehrende Muster ist: „Die Waldorfschulen waren im Nationalsozialismus verboten …“, gedacht, oder ausgesprochen weiter: „… die Anthroposophie war im Widerstand gegen den Nationalsozialismus!“

„Widerstand“? In meinem Artikel „Anthroposophie und Nationalsozialismus: ‚Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft‘“ habe ich die Forschungsergebnisse des Historikers Prof. Peter Staudenmaier zur Geschichte der Anthroposophie im Verhältnis zum Nationalsozialismus zusammengefasst. Hier ein Auszug daraus:

„(…) Anthroposophen arbeiteten in allen für sie wichtigen Praxisfeldern mit nationalsozialistischen Organisationen zusammen:

  • Waldorfschulen: „Das Motto der Waldorfbewegung im ‚Dritten Reich‘ lautete: ‚Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft.‘1 Ihrer Selbstdarstellung zufolge lieferte die anthroposophische Pädagogik einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau des neuen Deutschlands durch ‚die Pflege des völkischen Gedankens und die Betonung des Wesens und der Aufgaben des deutschen Geistes‘ und stand damit ‚im Einklang mit der Grundgesinnung des nationalsozialistischen Staates‘.2,3
  • Anthroposophische Medizin: „Die Vereinigung anthroposophischer Ärzte stellte eine Hauptstütze der NS-treuen ‚Reichsarbeitsgemeinschaft für eine Neue Deutsche Heilkunde dar‘. 4
  • „Biologisch-dynamische“ Landwirtschaft: „1935 wurde der ‚Reichsverband für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise‘ korporatives Mitglied der nationalsozialistischen ‚Deutschen Gesellschaft für Lebensreform‘ (Motto: ‚Die Weltanschauung der Deutschen Lebensreformbewegung ist der Nationalsozialismus‘).5 (…)“

Der von Prof. Staudenmaier durchgesehene Artikel ist bei Google auf Platz 1 der Suchergebnisse, wenn man „Waldorfschule Nationalsozialismus“, „Anthroposophie Nationalsozialismus“, „Waldorfschule Nazi“ oder ähnliches abfragt.

Weshalb also hat Posener diese schnelle Internet-Recherche nicht gemacht? Zu seinen Gunsten gehe ich davon aus, dass Posener absichtlich anthroposophische Propaganda verbreitet.


Weitere Artikel des Humanistischen Pressedienstes zu „100 Jahre Waldorfschule 2019“:


  1. Vgl. z. B. Bund der Waldorfschulen, „Wesen und Aufgaben der Waldorfschulen“ vom 2.3.1935 (BArch, R 4901, Nr. 2519, Bl. 243).
  2. (ebd., Bl. 255)
  3. Peter Staudenmaier, „Der deutsche Geist am Scheideweg: Anthroposophen in Auseinandersetzung mit völkischer Bewegung und Nationalsozialismus“, in: Uwe Puschner/Clemens Vollnhals (Hrsg.), „Die völkisch-religiöse Bewegung im Nationalsozialismus. Eine Beziehungs- und Konfliktgeschichte“,Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2012, Seite 482. „Der deutsche Geist am Scheideweg: Anthroposophen in Auseinandersetzung mit völkischer Bewegung und Nationalsozialismus“ im folgenden abgekürzt als „Staudenmaier“
  4. Staudenmaier, Seite 481
  5. Staudenmaier, Seite 489. Weiter Staudenmaier: „Mit Bartsch und seinem Kollegen Franz Dreidax wurden zwei prominente Anthroposophen in den Führerrat der Gesellschaft aufgenommen. Anthroposophische Beiträge erschienen regelmäßig in der Zeitschrift ‚Leib und Leben‘ der Gesellschaft. Bartsch konnte 1937 zutreffend behaupten, ‚dass sich die führenden Männer der Demeter-Bewegung rückhaltlos mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen dem nationalsozialistischen Deutschland zur Verfügung gestellt haben‘.“

Petition des Landesverbandes nordrhein-westfälischer Geschichtslehrer: mindestens 8 Stunden Geschichtsunterricht in NRW

Der Fortschritt lässt sich durch einen Blick in die Vergangenheit ermessen. Leute, studiert Geschichte! (archivfoto: zoom)

Ich bin eigentlich kein großer Freund von Online-Petitionen, aber irgendwo muss man ja anfangen, bevor man dann mit Mistforken vor den Landtag zieht.

Der Landesverband nordrhein-westfälischer Geschichtslehrer (haben die auch Lehrerinnen?) fordert in einer Petition mehr Geschichtsunterricht in NRW, sowie mindestens acht Stunden für das neue G9.

Der Petitionstext könnte meiner Meinung nach zwar etwas ausführlicher und auch für die gemeine Leserin/den gemeinen Leser verständlicher formuliert sein, aber die Petition selbst erscheint mir unterstützenswert.

Lest selbst:

„Wir fordern die Festlegung auf mindestens 8 Stunden Geschichtsunterricht in der Sekundarstufe I des G9-Gymnasiums und sehen diese Forderung auch für alle anderen weiterführenden Schulformen! Eine einseitige Stärkung der ökonomischen Bildung an nordrhein-westfälischen Schulen ist kontraproduktiv. Die geplante Beschneidung der Stundenzahl ist angesichts der Wichtigkeit der historischen Bildung in heutigen Zeiten nicht mehr hinnehmbar. Nordrhein-Westfalen muss den letzten Platz im bundesweiten Vergleich bezüglich der Anzahl an Geschichtsstunden endlich abgeben!“

Von mir aus könnte es auch auf jeder Stufe der Sek I, zwei Stunden historische Bildung = 12 Stunden geben. Das von der NRW-Landesregierung auf Druck der Wirtschaft eingeführte Fach „Wirtschaft“ knabbert leider weiter an der Stundentafel.

Dieses Fach „Wirtschaft“ ist unnötig, weil ökonomische Aspekte und Zusammenhänge in den Fächern Politik, Sozialwissenschaften, Arbeitslehre, Geschichte, Geographie, Gesellschaftslehre ohnehin abgebildet sind.

Wie will man beispielsweise „Geschichte verstehen“ ohne die wirtschaftlichen Zusammenhänge des jeweils betrachteten Zeitraums zu kennen?

Die Bedeutung der Ökonomie ist in der Gegenwart, also dem, was später einmal Geschichte sein wird, augenfällig und unbestritten, warum sollte es in der zur Geschichte gewordenen Vergangenheit anders gewesen sein?

Ich schweife ab.

Die „Wichtigkeit der historischen Bildung in heutigen Zeiten“ ist für mich, auch angesichts des Erstarkens nationalistischer und faschistischer Bewegungen in Deutschland, aber auch europa- und weltweit, einleuchtend.

Die Petition habe ich gerade hier unterschrieben:

https://www.change.org/p/landesregierung-nrw-mindestens-8-stunden-geschichtsunterricht-in-nrw

Nebel im August

Gestern lief der hervorragende Film „Nebel im August“ von Kai Wessel im Fernsehen, den es schon lange als DVD zu kaufen gibt.

DVD mit Begleitheft (fotos: thelen-khoder)

Der DVD liegt ein Begleitheft bei.

Zeittafel 1933 – 1945

Gedreht wurden die Szenen in Schlaf- und Speisesaal in der „Westfälischen Klinik für Psychiatrie“ in Warstein, kurz LWL-Klinik, der ehemaligen ,Provinzialheilanstalt Warstein“ und „Provinzialheilstätte Stillenberg“.[1]

Dr. Werner Veithausen (Sebastian Koch) und Schwester Sophia (Fritzi Haberlandt) © Studiocanal / Bernd Spauke
Still aus „Nebel im August“

Von Warstein aus wurden 1575 Menschen u.a. nach Weilmünster und Hadamar deportiert, von denen die ersten 21 Juden waren.[2]

Es folgten u.a. Ernst Putzki aus Hagen und Natalia Tarutina („Ostarbeiterin“)[3].

Andere „Ostarbeiter“, die bereits selbst an Tuberkulose erkrankt waren, wurden an die „Provinzialheilstätte Stillenberg“ über Arbeitsämter (z.B. in Lüdenscheid und Siegen)vermittelt, um dort mit dieser hochinfektiösen Krankheit als „Küchenhilfe“ oder „Putzhilfe“ zu arbeiten. Einige von Ihnen liegen auf dem „Russischen Ehrenfriedhof des Anstaltsfriedhofes“[4].

Michail Woronin, der ebenfalls dort liegt, gehört auch zum „Franzosenfriedhof“ in Meschede, wo seine Frau Nina und seine Tochter Valentina liegen.[5]

Nebel, nicht nur im August …


und

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[1] „Suttrop II. Zum Russischen Ehrenfriedhof der LWL-Klinik“ auf https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2018/05/65.-Suttrop-II.-Zum-Russischen-Ehrenfriedhof-der-LWL-Klinik.pdf

[2] „ ,Euthanasie’ in Warstein. Der erste Transport: 21 Juden nach Wunstorf“
https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2018/12/131.-Euthanasie-in-Warstein.pdf

[3] „ ,Euthanasie’ in Warstein. Rosa Löwenstein, Ernst Putzki, Pelaheja Babjuk, Anna Ilkiw, Taitjanna Kasa(n)kowa, Natalia Tarutina, Schenja Hunens oder Humena, Katharina Jermakowa, Helena Wendesle oder Wendisla. Neun von 1575 Menschen“
http://www.hpgrumpe.de/ns_verbrechen_an_zwangsarbeitern_suttrop,_warstein,_meschede/139_Neun_von_1575_Menschen.pdf

[4] „Die Grabsteine auf dem ,Russischen Ehrenfriedhof des Anstaltsfriedhofs’“
https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2017/11/Die-Grabsteine-auf-dem-Anstaltsfriedhof-klein.pdf

[5] „Eine Familie stirbt. Die Sterbeurkunden der Familie Woronin (StA Suttrop II und StA Meschede)“
https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2019/01/137.-Eine-Familie-stirbt.pdf

Umleitung: Liebe kann es nicht geben. Von Kunst über Merz zum Antisemitismus, Gelbe Westen in Dortmund und warum soll Gauland eigentlich kein Rechtsextremist sein.

Vom Standort kurz oberhalb der Feuereiche habe ich am Freitag die Bruchhauser Steine geknipst. (foto: zoom)

Die Aufnahme oben habe ich auf dem Weg von Bruchhausen nach Willingen gemacht. Auch wenn man nicht viel Zeit hat, lohnt es sich, das Auto auf dem Parkplatz an der Feuereiche stehen zu lassen und sich ein wenig, mit oder ohne Kamera, durch den Wald treiben zu lassen.

Es folgen ein paar Lesehinweise.

Kunstdefinition:
Kompetenz und Versagen als sich selbst bedingende Gleichzeitigkeit im künstlerischen Prozess … endoplast

Merz bleibt Fritzchen: Was haben sich die Merz-Fans für ihn in die Kurve gelegt! Und was macht er? Er kehrt ihnen den Rücken … postvonhorn

Vom rechten Antisemitismus zum linken Antizionismus: Interview mit dem SYM-Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll … scilogs

„Gauland – kein Rechtsextremist“: warum eigentlich nicht? … blicknachrechts

Gelbe Westen Dortmund – Teil III: Das Schild zeigt sehr deutlich die Bestrebung der Gruppe, sich nicht klar nach Rechts abgrenzen zu wollen. Im Grunde ist es sogar als Einladung an Rechte zu verstehen. Stichwort Querfront. Das funktioniert auch schon, denn Kevin G., der in den letzten Wochen auch an vielen Nazidemos teilgenommen hat, war wiederholt anwesend … gedankensplitter

Die Büchse der Pandora? Deutschland nach 1990. Es scheint eine unendliche Geschichte. Fast dreißig Jahre nach der Vereinigung diskutiert Deutschland über Unterschiede zwischen Ost und West. Nach Jahren der Stille hat der Aufstieg des Rechtspopulismus die Debatten über ostdeutsche “Abweichungen” sowie deren Ursachen erneut angefacht … publicHistory

Trotz Eilantrag in Karlsruhe: Seehofer schafft zentrale Datenbank aller Bürger … netzpolitik

Liebe kann es nicht geben: Johan Simons inszeniert in Bochum „Plattform“ nach dem Roman von Michel Houellebecq … revierpassagen

Das doppelte Cläuschen: SPD-Fraktion macht es sich mit Oberhausen passend … doppelwacholder

Deutlicher Geburtenrückgang im HSK: Die Bedarfssituation für Kindergartenplätze im Kreisgebiet wird sich in den nächsten Jahren voraussichtlich deutlich entspannen. In der letzten Sitzung des Kreisjugendhilfeausschusses wurde eine aktuelle Bedarfsplanung vorgelegt. Daraus geht hervor, dass im für die Kindergartenplanung maßgeblichen Jahreszeitraum vom 02.11.2017 bis zum 01.11.2018 nur noch 1.059 Kinder geboren wurden … sbl

100 Jahre Frauenwahlrecht: Umweltministerin a. D. Barbara Hendricks bei Jubiläumsveranstaltung in Arnsberg

Barbara Hendricks kommt nach Arnsberg. (foto: spd)

Arnsberg. (spd_pm) Es gibt einen wichtigen Grund zum Feiern! Vor genau 100 Jahren, am 12. November 1918, wurde in Deutschland das Wahlrecht reformiert. Endlich erhielten auch Frauen das Recht zu wählen. Das war ein großartiger Meilenstein in der Geschichte der Demokratie.

(Pressemitteilung der SPD HSK)

Am 30. November 1918 trat das Reichswahlgesetz in Kraft. Die Wahl zur verfassungsgebenden Nationalversammlung fand am 19. Januar 1919 statt – erstmalig unter Beteiligung von Frauen als Wählerinnen und Gewählte. Über 80 Prozent der wahlberechtigten Frauen gaben ihre Stimme ab. Der Frauenanteil in der Nationalversammlung lag bei 8,7 Prozent.

Der Frauenanteil ist inzwischen gestiegen, doch leider haben wir auch 100 Jahre nach dem großartigen Kampf der Mütter und Väter des Frauenwahlrechts immer noch keine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in den deutschen Parlamenten. Der Kampf um die Durchsetzung gleicher Rechte muss also weiter gehen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat in den letzten Jahren wichtige Vorhaben durchsetzen können, wie eine Frauenquote für Aufsichtsräte, gesetzliche Regeln für Transparenz bei Löhnen für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern oder aktuell die Einführung der Brückenteilzeit, einem Rechtsanspruch auf die Rückkehr in eine Vollzeitstelle nach befristeter Teilzeit. Auch das Gute-Kita-Gesetz trägt zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei.

Auf Einladung des heimischen Bundestagsabgeordneten, Dirk Wiese, wird die ehemalige Bundesumweltministerin, Frau Barbara Hendricks am 20. Januar 2019 um 11:00 Uhr im Rahmen einer Fraktion vor Ort-Veranstaltung in der Kulturschmiede in Arnsberg zu 100-Jahren Frauenwahlrecht referieren und in einer Diskussion mit den Podiumsmitgliedern Susanne Wilmes von der Frauenberatungsstelle in Meschede, der stellvertretenden Vorsitzende im SPD Unterbezirk Hochsauerland, Margit Hieronymus, und mit Dirk Wiese das Thema weiter beleuchten. Ebenso kann das Publikum Fragen stellen und sich an der Diskussion beteiligen. Im Anschluss besteht dann noch die Möglichkeit zu persönlichen Gesprächen.

Hierzu sind alle Interessierten Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen. Um Anmeldung wird gebeten unter 0291-99 67 13 oder via E-Mail an dirk.wiese.wk@bundestag.de