Petition des Landesverbandes nordrhein-westfälischer Geschichtslehrer: mindestens 8 Stunden Geschichtsunterricht in NRW

Der Fortschritt lässt sich durch einen Blick in die Vergangenheit ermessen. Leute, studiert Geschichte! (archivfoto: zoom)

Ich bin eigentlich kein großer Freund von Online-Petitionen, aber irgendwo muss man ja anfangen, bevor man dann mit Mistforken vor den Landtag zieht.

Der Landesverband nordrhein-westfälischer Geschichtslehrer (haben die auch Lehrerinnen?) fordert in einer Petition mehr Geschichtsunterricht in NRW, sowie mindestens acht Stunden für das neue G9.

Der Petitionstext könnte meiner Meinung nach zwar etwas ausführlicher und auch für die gemeine Leserin/den gemeinen Leser verständlicher formuliert sein, aber die Petition selbst erscheint mir unterstützenswert.

Lest selbst:

„Wir fordern die Festlegung auf mindestens 8 Stunden Geschichtsunterricht in der Sekundarstufe I des G9-Gymnasiums und sehen diese Forderung auch für alle anderen weiterführenden Schulformen! Eine einseitige Stärkung der ökonomischen Bildung an nordrhein-westfälischen Schulen ist kontraproduktiv. Die geplante Beschneidung der Stundenzahl ist angesichts der Wichtigkeit der historischen Bildung in heutigen Zeiten nicht mehr hinnehmbar. Nordrhein-Westfalen muss den letzten Platz im bundesweiten Vergleich bezüglich der Anzahl an Geschichtsstunden endlich abgeben!“

Von mir aus könnte es auch auf jeder Stufe der Sek I, zwei Stunden historische Bildung = 12 Stunden geben. Das von der NRW-Landesregierung auf Druck der Wirtschaft eingeführte Fach „Wirtschaft“ knabbert leider weiter an der Stundentafel.

Dieses Fach „Wirtschaft“ ist unnötig, weil ökonomische Aspekte und Zusammenhänge in den Fächern Politik, Sozialwissenschaften, Arbeitslehre, Geschichte, Geographie, Gesellschaftslehre ohnehin abgebildet sind.

Wie will man beispielsweise „Geschichte verstehen“ ohne die wirtschaftlichen Zusammenhänge des jeweils betrachteten Zeitraums zu kennen?

Die Bedeutung der Ökonomie ist in der Gegenwart, also dem, was später einmal Geschichte sein wird, augenfällig und unbestritten, warum sollte es in der zur Geschichte gewordenen Vergangenheit anders gewesen sein?

Ich schweife ab.

Die „Wichtigkeit der historischen Bildung in heutigen Zeiten“ ist für mich, auch angesichts des Erstarkens nationalistischer und faschistischer Bewegungen in Deutschland, aber auch europa- und weltweit, einleuchtend.

Die Petition habe ich gerade hier unterschrieben:

https://www.change.org/p/landesregierung-nrw-mindestens-8-stunden-geschichtsunterricht-in-nrw

Alfred Schenk und Ludger Humbert: Geplante Änderungen der Stundentafeln für weiterführende Schulen widersprechen einstimmigem Beschluss des Landtages Nordrhein-Westfalen und dem Koalitionsvertrag

Stellungnahme der Fachgruppe Informatische Bildung in Nordrhein-Westfalen (FG IBN) der Gesellschaft für Informatik (GI) – Bezug: Vierte Verordnung zur Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I (MSB 2018) als Hintergrund für die parlamentarische Diskussion.

Man darf sich vom Titel der Stellungnahme nicht täuschen lassen. Es ist nicht kompliziert. Den Verfassern Alfred Schenk und Ludger Humbert geht es um die Einführung eines Pflichtfachs Informatik an sämtlichen weiterführenden Schulen Nordrhein-Westfalens, also Hauptschulen, Realschulen, Sekundarschulen, Gymnasien.

„macht Euch mal klar, dass zwei von drei Themen Informatik + Informatiksysteme betreffen wir haben seit 50 Jahren das Schulfach Informatik in NRW und es ist immer noch ein Wahlfach… Mit dem #PflichtfachInformatik können wir die notwendige informatische Mündigkeit voranbringen…“

twittert Ludger Humbert, Professor für die Didaktik der Informatik an der Universität Wuppertal, und seit Jahren unermüdlicher Kämpfer für ein Pflichtfach Informatik ab dem ersten Schuljahr.

Die Situation ist folgendermaßen:

  • Das Land Nordrhein-Westfalen kehrt zu G9 zurück.
  • In diesem Zusammenhang wird die Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I (APO-SI) angepasst und überarbeitet.
  • Das Schulfach Informatik findet sich in keiner der vorgelegten
    Stundentafeln.

Statt dessen plant die neue NRW-Regierung die Einführung des Fachs Wirtschaft, welches in den bereits vorhandenen Fächern (Gesellschaftslehre, Geschichte, Arbeitslehre, Politik etc.) schon zu Genüge abgebildet wird bzw. sollte.

Die Position der Fachgruppe Informatische Bildung ist eindeutig:

„Auffällig an der Überarbeitung / den Änderungsvorschlägen für die APO-SI ist aus Sicht der Fachgruppe Informatische Bildung Nordrhein-Westfalen, dass bei der notwendigen Überarbeitung aller Stundentafeln für die Sekundarstufe I als verbindliche Vorgaben für alle Schulformen der weiterführenden Schulen offensichtlich verabsäumt wurde, das allgemeinbildende Schulfach Informatik zu berücksichtigen.

Dieser Fehler muss korrigiert werden. Informatik findet als Schulfach in Nordrhein-Westfalen bereits seit 1969 ununterbrochen statt. Wir können also auf eine 50jährige erfolgreiche Tradition des Unterrichts im Schulfach Informatik zurückblicken. Über diese Zeitspanne konnte das Angebot quantitativ und qualitativ durchaus erweitert werden: Leistungskurse in der gymnasialen Oberstufe sind möglich und viele weiterführende Schulen richteten im Wahlpflichtbereich / Differenzierungsbereich Informatikkurse ein. Die Durchschnittsnoten im Zentralabitur belegen, dass der Unterricht im Schulfach Informatik zu ausgesprochen bemerkenswert guten Abiturnoten führt (QUA-LiS NRW 2015; QUA-LiS NRW 2017).

Nur durch die explizite, verbindliche Aufnahme des Schulfachs Informatik für alle Schülerinnen und Schüler in die Stundentafeln aller allgemeinbildenden Schulen wird ein verbindlicher Lernort für die informatische Allgemeinbildung durch in Informatik qualifizierte Lehrpersonen, die das Schulfach Informatik unterrichten, eingerichtet.

Informatische Allgemeinbildung läßt sich nur durch einen verbindlichen Lernort im Schulfach Informatik erreichen.

Es ist nicht möglich, informatische Gegenstände – also informatische Methoden und Inhalte – »nebenbei« oder als »Abfallprodukt« der Nutzung von Informatiksystemen bildend aufzuschließen. Damit Kinder und Jugendliche ihre eigene Zukunft gestaltend in ihre eigenen Hände nehmen können, benötigen sie fundierte Informatikgrundlagen.

Die Grundlagen können nur durch qualifizierten und qualifizierenden Unterricht in dem für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtenden Schulfach Informatik geschaffen werden. Nur so kann »digitale Bildung« gelingen, denn die fachliche Grundlage beruht auf Erkenntnissen der Informatik.

Dem muss durch eine durchgängige Verankerung des Schulfachs Informatik in der gesamten Bildungskette Rechnung getragen werden.

Informatik muss explizit mit zwei Unterrichtsstunden pro Schuljahr in die Stundentafeln aller weiterführenden Schulen aufgenommen werden.

Die gesamte Stellungnahme kann als PDF bei der Uni Wuppertal oder hier im Blog gelesen, heruntergeladen, diskutiert und weitergegeben werden.

Ludger Humbert: Wenn jetzt nicht das #PflichtfachInformatik eingefordert wird, wann dann?