Leo N. Tolstoi über die „Schönheit der Menschen des Friedens“ und den Ungehorsam

Ein neuer Sammelband „Verweigert das Töten!“

Buchcover – Das Töten verweigern

Die folgende ausführliche Buchvorstellung passt vielleicht zum morgigen Vortrag von Peter Bürger im Bürgerzentrum Alte Synagoge in Meschede um 19 Uhr. Siehe dazu auch hier im Blog: https://www.schiebener.net/wordpress/peter-buerger-no-peace-no-future-ohne-frieden-keine-zukunft/

(Gastbeitrag Tolstoi-Friedensbibliothek)

——————–

Leo N. Tolstoi: Das Töten verweigern
Texte über die Schönheit der Menschen des Friedens und den Ungehorsam.
Neu ediert von Peter Bürger und Katrin Warnatzsch.
(Tolstoi-Friedensbibliothek: Reihe B, Band 3). Norderstedt: BoD 2023.
(ISBN 978-3-7519-1925-8 ; Paperback; 292 Seiten; 12,90 Euro)
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe auf der Verlagsseite:
https://www.bod.de/buchshop/das-toeten-verweigern-leo-n-tolstoi-9783751919258

——————–

Ein in diesem Frühling vorgelegter Sammelband der von deutschen Pazifist:innen betreuten Friedensbibliothek erschließt alle verstreuten Schriften des Russen Leo N. Tolstoi (1828-1910) zur Verweigerung des militärischen Mordhandwerks – soweit von ihnen gemeinfreie Übersetzungen vorliegen, außerdem Texte aus dem dichterischen Werk des Schriftstellers sowie Darstellungen zur Geschichte der Gegner des Soldatendienstes in Russland.

Tolstoi betätigte sich in seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten gezielt als „Wehrkraft-Zersetzer“. Die unmissverständliche Botschaft in einer kleinen Flugschrift aus dem Jahr 1901 wider die offizielle Dienstanweisung der Armee richtet sich an die schon „unter den Waffen Stehenden“ und lautet:

„Soldat, du hast schießen, stechen, marschieren gelernt, man hat dich Lesen und Schreiben gelehrt, nach dem Exerzierplatz und zur Truppenschau geführt, vielleicht auch hast du einen Krieg mitgemacht, mit Türken und Chinesen gekämpft und alles ausgeführt, was dir befohlen wurde; es ist dir wohl nie in den Kopf gekommen, dich zu fragen, ob es gut oder böse ist, was du tust. … Wenn du in Wahrheit Gottes Willen erfüllen willst, kannst du nur eines tun, den schmachvollen und gottlosen Beruf eines Soldaten abwerfen und bereit sein, alle Leiden, welche dir dafür auferlegt werden, geduldig zu ertragen.“

In einem zweiten „Denkzettel für Offiziere“ führt Tolstoi gegenüber den Vorgesetzten aus:

„Ihr könnt immer aus eurer Stellung austreten. Wenn ihr aber nicht aus ihr austretet, so tut ihr dies nur deshalb, weil ihr vorzieht, in Widerspruch mit eurem Gewissen zu leben und zu wirken, als auf einige weltliche Vorteile zu verzichten, die euch euer ehrloser Dienst gewährt. Vergesst nur, dass ihr Offiziere seid, und denkt daran, dass ihr Menschen seid, und ein Ausweg aus eurer Lage wird sich sofort vor euch auftun. Dieser Ausweg ist der beste und ehrenvollste: versammelt die Abteilung, die ihr kommandiert, tretet vor sie hin und bittet die Soldaten um Verzeihung für alles das Böse, das ihr ihnen durch Täuschung zugefügt habt, und hört auf, Soldat zu sein.“

Indessen lässt sich in einer Gesamtschau aller Quellen aufzeigen, dass der „Alte von Jasna Poljana“ nur solche angehenden Verweigerer ermutigt hat, die aus einer inneren Gewissheit heraus – ohne Blick auf Außenwirkung, Beifall oder fremde Erwartungen – bereit waren, Schritte zu gehen, die eine bittere Verfolgung bis hin zum Letzten nach sich ziehen können.

Beichte“ eines soldatischen Mörders

Leo Nikolajewitsch Tolstoi – der weltberühmte Dichter von „Krieg und Frieden“ – kannte Militär und Krieg nur zu gut aus eigener Anschauung. Im Frühjahr 1851 hatte er seinen ältesten Bruder Nikolaj auf der Rückreise zu dessen Regiment in den Kaukasus begleitet, später dort und dann auch im Krimkrieg (1853-1856) als Soldat gekämpft, zuletzt wegen sogenannter Tapferkeit eine Beförderung zum Leutnant erhalten und erst im März 1856 sein im November des gleichen Jahres angenommenes Abschiedsgesuch vorbereitet. Die frühen literarischen Arbeiten lassen z. T. schon eine nonkonforme – jedenfalls nicht staatstragende – Betrachtungsweise der Menschenschlächterei auf den „Feldern der Ehre“ erkennen. Beim Zeitschriftenabdruck von „Anna Karenina“ kam es bereits zu Problemen, weil der Dichter dem Kriegsprojekt gegen das Osmanische Reich (1877-1878) seinen Beifall versagte.

„Leo N. Tolstoi über die „Schönheit der Menschen des Friedens“ und den Ungehorsam“ weiterlesen

Peter Bürger: „No peace – no future – Ohne Frieden keine Zukunft“

Donnerstag, 27.04.2023, Beginn 19.00 Uhr in der Alten Synagoge in Meschede
Veranstalter: Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL)

Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL) lädt ein zum Vortrag am Donnerstag, den 27. April um 19 Uhr in der Alten Synagoge Meschede. Der Abend steht unter dem Thema „No peace – no future“.

(Pressemitteilung der SBL)

Die These des Referenten: Ohne Ringen um eine neue Weltfriedensordnung kann es keine Zukunft für nach die uns kommenden Generationen geben. Denn was bedeutet die Zementierung des militärischen Denkens im 3. Jahrtausend unserer Zeitrechnung? Sie verurteilt alle Bemühungen, die unvorstellbaren Leiden auf dem Globus infolge der Klimakatastrophe abzumildern und ein Abdanken des homo sapiens in Schande (oder kollektivem Selbstmord) noch irgendwie abzuwenden, zur Vergeblichkeit.

Der Militärkomplex verschlingt endlose Milliarden. Er gehört – im Verein mit einer aggressiven, rücksichtslosen Form des Wirtschaftens – zur Dogmatik eines zerstörerischen Zivilisationskurses. Sofern es der menschlichen Gattung nicht gelingt, sich aus den Fängen der von ihr selbst hervorgebrachten Heilslehre des Militärischen zu befreien, sind Problemlösungen im Zusammenhang mit der menschengemachten ökologischen Krise auf dem Lebensraum Erde nicht einmal denkbar. Eine Wahl ist zu treffen: Militär- und Konkurrenzlogik oder Klimaschutz-Kooperation des ganzen Erdkreises. Beides geht nie und nimmer zusammen.

Tauben im Flug (Foto: Bernd Schaller)

Wohlgemerkt: Selbst wenn sich alle Länder zur totalen Abrüstung entscheiden (Abschaffung jeglicher Kriegsindustrie) und die Waffen allüberall schweigen würden, wäre das Grauen für künftige Generationen noch lange nicht abgewendet. Doch wenn wir beim Kurs einer neuen „Weltkriegsordnung“ bleiben, kommt das Grauen mit zwangsläufiger Sicherheit und zwar den schlimmsten Prognosen entsprechend.

Denn: Weltfrieden ist die unerlässliche Mindestvoraussetzung bzw. Rahmenbedingung für jede vorstellbare Lösung oder Entschärfung der ökologischen Krise. In einer von Militärlogik durchdrungenen Welt der Menschen, so haben die letzten Jahrzehnte gezeigt, sind nicht einmal bescheidene Weichenstellungen für einen neuen Weg – eine grundlegend andere Zivilisationsrichtung – zu bewerkstelligen. Vonnöten ist deshalb ein radikales Friedensvotum, welches uns das Geschick der ganzen Gattung vor Augen stellt. Hierfür schlägt der Referent den Begriff „Pazifismus im zivilisatorischen Ernstfall“ vor.

Über den Referenten

Der Referent Peter Bürger (Foto: Bernd Schaller)

Der Theologe und Publizist Peter Bürger (Jg. 1961) ist Autor mehrere historischer, kultureller und theologischer Studien. Seit dem 18. Lebensjahr gehört er der internationalen katholischen Bewegung pax christi an. Während seiner Mescheder Zivildienstzeit 1980/81 hatte ihn dort die legendäre Friedensarbeiterin Irmgard Rode (1911-1989) für diese Organisation gewonnen. Als Mitarbeiter des Ökumenischen Instituts für Friedenstheologie votiert er für einen „Pazifismus im Ernstfall der Zivilisation“.

Für seine drei Kriegsfilmstudien „Napalm am Morgen“, „Kino der Angst“ und „Bildermaschine für den Krieg“ wurde P. Bürger 2006 mit dem „Bertha-von-Suttner-Preis“ (Film & Medien) ausgezeichnet. Im Jahr 2016 vertrat er zusammen mit Wiltrud Rösch-Metzler die deutsche Sektion von pax christi auf der Internationalen katholischen Friedenskonferenz „Nonviolence and Just Peace“ in Rom.

Umleitung: Corona-Lockdown, Klima-Angst, Rechte gegen Klimaschutz, ChatGPT, „Konflikte“ in der DASA, der Streik und mehr…

Blick nach oben: Wrestling zweier Baumgiganten? Oder was seht ihr? (foto: zoom)

Corona-Lockdown: Nicht alles schlecht … nd

Mentale Gesundheit: „‚Klimaangst‘ ist eine rationale Reaktion“ … klimareporter

„Rechtsextreme und Rassisten wehren sich gegen Klimaschutz, weil er ihre Privilegien in Frage stellt“: Ein Interview mit dem Soziologen und Rechtsextremismusforscher Matthias Quent … klimafakten

Anti-Pizza-Koalition: Die ÖVP verrät in Niederösterreich ihre Wähler und koaliert mit fanatischen Rechtsextremisten … misik

Is ChatGPT a threat or an opportunity for journalism? Five AI experts weigh in … reutersinstitute

Albert Einstein und Max Planck im Nationalsozialismus: Wie wäre die Wissenschaftsgeschichte wohl verlaufen, wenn Max Planck (1858-1947) Altphilologie oder Musik statt Physik studiert hätte? Lust und Talent hätte er allemal für diese Gebiete gehabt. Später würde er seinen Sohn Erwin (Cello) und seinen Freund Albert Einstein (1879-1955; Geige) auf dem Klavier begleiten … scilogs

Verkehrsbetriebe, Flughäfen und Häfen sind zum Streik aufgerufen: Am kommenden Montag werden die Warnstreiks im öffentlichen Dienst ausgeweitet … nordstadtblogger

Ausstellung in der Dortmunder DASA knöpft sich „Konflikte“ vor: Diese Ausstellung beginnt buchstäblich bei Adam und Eva – präsent durch eine Gemälde-Reproduktion. Am biblischen Anbeginn der Menschheit erleben sie, wie unversehens Sünden und damit Konflikte in die Welt geraten … revierpassagen

Futter für die Beratungsindustrie: Stadt Hagen zahlt Millionen für Gutachten … doppelwacholder

Kreistag trifft sich wieder im Kreishaus in Meschede: Am Freitag (24.03.) findet die erste Sitzung des Kreistags in diesem Jahr statt. Nachdem diese Sitzungen pandemiebedingt in den letzten Jahren nach Olsberg oder Bigge verlegt wurden, trifft sich der Kreistag nun wieder im Sitzungssaal des Kreishauses in Meschede. Beginn der öffentlichen Sitzung ist um 15 Uhr … sbl

Leo Tolstoi und die Todesstrafe

Ein Band der neuen Friedensbibliothek vereinigt Texte „Über die Unmöglichkeit des Gerichtes und der Bestrafung der Menschen untereinander“ – Das Geleitwort stammt von Eugen Drewermann

Umschlagbild von Texte gegen die Todesstrafe (Band TFb_B001)

Seit Februar 2023 sind Lesesaal und Publikationsreihe des pazifistischen Editionsprojekts „Tolstoi-Friedensbibliothek“ eröffnet. Ziel ist die allgemeine Zugänglichkeit der gemeinfreien Übersetzungen von Tolstois pazifistischen, sozialethischen und religiösen (bzw. theologischen) Schriften.

(Eine Information der Tolstoi-Friedensbibliothek.de)

Initiative und Konzeption gehen auf Peter Bürger zurück, der im Ökumenischen Institut für Friedenstheologie mitarbeitet. Er betreut in Kooperation mit Ingrid von Heiseler die Edition. Zu den ständig Mitarbeitenden gehören außerdem Katrin Warnatzsch und Bodo Bischof. Weitere Textpat:innen haben die Erfassung oder Korrektur einzelner Titel übernommen. Zum Kreis der Beratenden gehören Eugen Drewermann, Ullrich Hahn, Prof. Thomas Nauerth und Dr. Marco Sorace.

Als Kooperationspartner:innen bei der Vermittlung des Projektes wirken mit: Internetseite „Kirche & Weltkrieg“, Geschäftsführender Vorstand des Versöhnungsbundes, Graswurzelrevolution, Lebenshaus Schwäbische Alb e.V., Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK), Ökumenisches Institut für Friedenstheologie, pax christi-Diözesanverband Münster und Solidarische Kirche im Rheinland.

Ein Sammelband „Texte gegen die Todesstrafe: Über die Unmöglichkeit des Gerichtes und der Bestrafung der Menschen untereinander“ eröffnet die Reihe B der Tolstoi-Friedensbibliothek und ist als Lesebuch konzipiert.

In seinem Geleitwort schreibt Eugen Drewermann: „… Der Protestantismus Luthers verblieb in der Schizophrenie der Zwei-Reiche-Lehre, mit welcher Augustinus in der Zeit nach Konstantin das Christentum in eine staatstragende Religion verwandelte: die Menschen, weil sie böse sind, benötigen den Staat als Notverordnung Gottes; deshalb kann man nicht nur, man muß als Christ Soldat und Richter sein. So etwas sagen bis hinein in unsere Tage alle Kirchen. Die aufgeklärten Geister aber glauben, ganz ohne Gott und Christus auskommen zu können; sie glauben an die Wissenschaft und an den Fortschritt der geschichtlichen Vernunft und weigern sich, das Anwachsen der staatlich und gesellschaftlich verordneten militärischen, juridischen und sozialen Grausamkeiten anzuerkennen und anzugehen. Kirche und Staat bilden gemeinsam ein unmenschliches System der Lüge, der Gewalt und einer selbstgerechten Ungerechtigkeit. Diese Evidenz gewann Tolstoi aus der Botschaft Jesu und richtete sie aufrüttelnd und befreiend in der Sprache eines Dichters und in dem Anspruch eines Propheten an jeden Einzelnen nicht anders als auch an die Allgemeinheit.“

Projektseite: www.tolstoi-friedensbibliothek.de
(Alle Publikationen sind hier in digitaler Form kostenfrei abrufbar)

Der neue Buchband:
Leo N. Tolstoi: Texte gegen die Todesstrafe. Über die Unmöglichkeit des Gerichtes und der Bestrafung der Menschen untereinander. (= Tolstoi-Friedensbibliothek, Reihe B, Band 1; Hg. P. Bürger). Norderstedt: BoD 2023.
(ISBN: 9783741289392, Paperback: 224 Seiten, Ladenpreis 9,99 Euro, Geleitwort von Eugen Drewermann).
Leseprobe und Bestellmöglichkeit hier beim Verlag:
https://www.bod.de/buchshop/texte-gegen-die-todesstrafe-leo-n-tolstoi-9783741289392

Umleitung: Drei Jahre Corona, Handgranaten bei Reichsbürgern, Tantra-Masseurin auf Russland-Trip, soziale Ungleichheit, Steckersolar, E-Fuels, Einstein und eine Depeche Mode Coverband

Immer noch im Einsatz – Coronatest: Nasenabstrich, vier Tropfen in die kleine Öffnung, 15 Minuten warten, heute negativ (foto: zoom)

Drei Jahre Corona: Die Illusion der Normalität … blaetter

Razzien: Waffenarsenale mit Handgranaten bei Reichsbürgern ausgehoben … endstationrechts

Illustre Reisegruppe: Tantra-Masseurin begleitete AfD-Landtagsabgeordnete bei Trip nach Russland … doppelwacholder

Der Skandal der Ungleichheit: Es braucht endlich einen entschlossenen Kampf gegen die neue soziale Schieflage … misik

Überregulierung von Steckersolaranlagen: Balkonkraftwerke stecken weiter in Bürokratie fest … klimareporter

Quaschning erklärt: E-Fuels … klimareporter

“Der liebe Gott würfelt nicht!” Einstein und der Determinismus … scilogs

Musik und Sightseeing in Berlin: eine Depeche Mode Cover Band namens „Forced To Mode“ … schwenke

Es zieht sich…

Blick auf Siedlinghausen (foto: zoom)

In einem dieser vielen Häuser schreibe ich an diesem Blog. Außerdem verfasse ich gerade Absagen, denn die Bronchitis nervt mich auch am Tag 11 hartnäckig und unerbittlich. Spazierengehen funktioniert zum Glück inzwischen. Die frische Luft tut gut. Da stecke ich auch niemanden an, insbesondere wenn ich alleine über den getauten und erneut gefrorenen Restschnee stolpere.

Keine Veranstaltungen, was ich schade finde. Gerade heute Abend wäre wieder eine Ausstellungseröffnung im Hallenberger Kump gewesen. Keine Bilder, keine Fragen, keine Antworten, kein Bericht.

Die Teilnahme an der Fridays-For-Future-Demo am morgigen Freitag wackelt ebenfalls, aber sie findet immerhin draußen statt. Das Ansteckungsrisiko ist somit gering. Falls ich fit bin, bin ich da.

Solange gucke ich jetzt aus einem der Fenster eines der vielen Häuser auf dem Bild oben und sehe das Kreuz auf dem Krähenstein, manchmal sogar abends mit Beleuchtung.

Gleich bin ich oben und genieße den Ausblick. (foto: zoom)

Andersherum: Wenn ich da oben am Kreuz auf dem Käppelchen (Krähenstein) stehe, kann ich das Haus mit dem Fenster, hinter dem ich an diesem Blog werkele, sehen.

Die allgegenwärtigen Kreuze im Sauerland halten mich seit über 25 Jahren in einer fortwährenden Rekursion gefangen, mich den armen Atheisten und Agnostiker. Fragt mich lieber nicht, was in den Klassenzimmern der säkularen Schulen hängt. Aber ihr kennt die Antwort: INRI

Landgericht Traunstein: Verfahren gegen Ex-Papst nach dessen Tod nicht unterbrochen

Wortwolke in Form einer Kirche

Das Missbrauchsverfahren vor dem Landgericht gegen den verstorbenen Papst emeritus Benedikt XVI. ist nicht unterbrochen. Das Landgericht teilt mit, dass an die Stelle des verstorbenen Beklagten die Erben treten.

(Pressemitteilung CORRECTIV)

Essen, 02. Januar 2023. Das Verfahren zur Verantwortung im Missbrauchsskandal gegen den Ex-Papst ist durch dessen Tod nicht unterbrochen, so heißt es in einem Schreiben des Landgerichts Traunstein, das CORRECTIV, dem BR und der Zeit vorliegt. Das Verfahren gehe weiter, da der verstorbene Ex-Papst „durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wurde. An die Stelle des verstorbenen Beklagten treten dessen Erben.“ Der Rechtsanwalt Andreas Schulz, der den Kläger Andreas Perr vertritt, sieht nun im Missbrauchsverfahren Papst Franziskus als den Rechtsnachfolger des Beklagten, da der verstorbene Papst emeritus Benedikt den Vatikan als Erbe eingesetzt habe. 

„Nun muss Papst Franziskus entscheiden, ob er sich hinter der Immunität versteckt, oder ob er der Wahrheitsfindung Geltung verschafft“, sagt Rechtsanwalt Schulz, „für das Verfahren hat Papst Franziskus nun die Möglichkeit, die Archive des Vatikans zu öffnen und damit endlich für Transparenz zu sorgen“. Einblicke in die geheimen Vatikanakten könnten die Verantwortlichen für die Vertuschung der Missbrauchsfälle klar benennen.

Im Juni hatte der Berliner Rechtsanwalt Andreas Schulz für Andreas Perr, einem Opfer des notorischen Missbrauchstäters Peter H. aus der oberbayerischen Gemeinde Engelsberg/Garching an der Alz, eine Feststellungsklage eingereicht, wie CORRECTIV, BR und Zeit exklusiv berichteten. Das Erzbistum München und Freising hatte H. trotz bekannter Übergriffe und einer Verurteilung immer wieder in Gemeinden als Priester eingesetzt.  

Die Klage richtet sich neben dem kürzlich verstorbenen Papst Emeritus Benedikt XVI. auch gegen das Erzbistum München und Freising, den Kardinal Friedrich Wetter und den ehemaligen Priester Peter H.. Der Anwalt will für seinen Mandanten erreichen, dass das Gericht den „Ersatz eines entstandenen Schadens“ festgestellt, der durch den Missbrauch verursacht wurde. Der ehemalige Priester H. hatte in den 1990er Jahren den Kläger sexuell missbraucht. In einem geheimen Kirchenurteil wurde dem verstorbenen Ex-Papst bereits eine Pflichtverletzung vorgeworfen.

Umleitung: Ausnahmsweise Religion, Antisemitische Anschläge, Querdenkerbesuche, Bußgeld für Meta, Klage gegen Twitter, die letzten Überlebenden, Straßenbahn in Hagen und die Walking Dead.

Bäume rechts und links. In der Mitte ein Fußweg, der auf eine Kirche zuzustreben scheint.
Vor elf Tagen schien die Sonne in der Ruhraue bei Bigge. Den heutigen Tag vergessen wir mal. (foto: zoom)

Aus der Benediktinerabtei in Meschede: Impuls am Dienstag der Ersten Adventswoche (29.11.2022) … koenigsmuenster

NRW: Antisemitische Anschläge in Essen und Bochum … endstationrechts

Hausbesuch? Ein wie ich finde unfassbarer Vorgang, der nicht unkommentiert bleiben darf: Für Montag, den 28. November, haben Dortmunder Querdenker, namentlich der sogenannte „Demokratischer Widerstand Dortmund“, eine Demonstration angemeldet. So weit, so normal. Wäre da nicht der Umstand, dass diese, so mein Verständnis der mir bekannten Straßennamen, direkt an meinem Wohnhaus vorbeiführt … gedankensplitter

Die letzten Überlebenden: Ausstellung erinnert an die nationalsozialistische Vernichtung – Konzert von „Bejarano und Microphone Mafia“ im Keuninghaus … nordstadtblogger

Klage gegen Twitter & DGB-Debatte: Wann sind Medienunternehmen gut genug? … scilogs

Meta kassiert dritthöchstes DSGVO-Bußgeld: Weil es die Telefonnummern und E-Mailadressen von Nutzer:innen unzureichend geschützt hat, soll Meta 265 Millionen Euro Strafe zahlen … netzpolitik

ÖPNV in Hagen: Gutachten empfiehlt Straßenbahn … doppelwacholder

The Walking Dead: das Ende einer Ära (ohne Spoiler) … unkreativ

Umleitung: Banken, Paulskirche, rechte Immobilien, Iran, Primärenergie, van Gogh, Steinwache, Online-Vortrag des Friedenspreisträgers Serhij Zhadan und zum Schluss ein wenig Schadenfreude.

Das Frankfurter Bankenviertel überwältigt die Paulskirche im Vordergrund (foto: zoom)

Als ich das Foto des Frankfurter Bankenviertels vom Turm des Doms aus aufgenommen habe, ist mir die Paulskirche nicht weiter aufgefallen. Die riesigen Bankentürme im Hintergrund und die verzwergte Paulskirche als Ort der verlorenen bürgerlichen 48er-Revolution im Vordergrund drängen mich fast zum Ausmalen von schwülstigen Bildern à la die Macht des Geldes und die Ohnmacht der Demokratie, aber ich lasse es sein und schaue mich auf fremden Websites und Blogs um. Vielleicht ist ja etwas Interessantes dabei.

Extrem rechte Immobilie im Burgenlandkreis reaktiviert: In seiner Zeit als AfD-Politiker nutzte André Poggenburg das Gelände rund um sein Rittergut in Stößen in Sachsen-Anhalt für Feste seiner Partei. Nun dient es den Machern des extrem rechten Magazins „Compact“ als beliebter Veranstaltungsort … endstationrechts

Die Islamische Republik Iran in der Krise? Auch aufgrund der neuen, digitalen Medien fiebern Millionen Iraner:innen mit weiteren Heldinnen wie der Sportlerin Elnaz Rekabi, die in Seoul mutig ohne Kopftuch kletterte. Ein Protestsong des – mittlerweile verhafteten, derzeit wieder freien – Sängers Shervin Hajipour wurde zur Hymne des verzweifelten Aufstandes … scilogs

Deutsche Firma in Aufbau des abgeschotteten Internets im Iran verstrickt: Ein deutsches Unternehmen aus Meerbusch in Nordrhein-Westfalen ist zusammen mit dem iranischen Internetunternehmen ArvanCloud in den Aufbau eines abgeschotteten Internets im Iran verwickelt. Das zeigen gemeinsame Recherchen von Correctiv, taz und netzpolitik.org … netzpolitik

Die Märchenerzählung mit dem Primärenergieverbrauch: Erneuerbare Energien könnten nie den Primärenergieverbrauch in Deutschland decken, verbreiten Energiewendekritiker immer wieder. Sie halten damit die Erzählung am Leben, hundert Prozent Ökoenergie seien für das Industrieland Deutschland gar nicht möglich … klimareporter

Van Gogh – The Immersive Experience: Einer der Künstler, deren Namen wirklich jeder kennt, dürfte van Gogh sein. Der 1853 geborene Niederländer wird die Malerei beeinflusst haben, wie kaum ein anderer Künstler seiner Zeit … unkreativ

30 Jahre Mahn- und Gedenkstätte Steinwache in Dortmund: Diskussionsveranstaltung, Workshop und Ausstellungs-Präsentation … nordstadtblogger

Online-Lesung und Dialog mit dem Preisträger des Friedenspreises 2022: Eine kostenlose Online-Lesung mit Dialog zwischen Stephan Detjen, Chefkorrespondent des Deutschlandfunks und dem Preisträger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2022 Serhij Zhadan veranstaltet die Volkshochschule Hagen (VHS) in Kooperation mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels am Montag, 24. Oktober, von 19 bis 20.30 Uhrdoppelwacholder

Nötigung im Straßenverkehr: ich kann meine Schadenfreude nicht verhehlen …. polizeihsk

Landgericht beginnt Vorverfahren gegen den Ex-Papst

Grafik-Tool: wortwolken.com

Essen, 26.09.2022. Das Landgericht Traunstein hat ein zivilrechtliches Vorverfahren in einem Missbrauchsfall der katholischen Kirche eingeleitet. Die Feststellungsklage vor einem Zivilgericht richtet sich auch gegen Papst Emeritus Benedikt XIV., dem eine Mitverantwortung vorgeworfen wird.

(Pressemitteilung von CORRECTIV)

Das Landgericht Traunstein beginnt das Vorverfahren für eine Feststellungsklage gegen den Papst Emeritus Benedikt XVI. sowie gegen das Erzbistum München und Freising, den Kardinal Friedrich Wetter und den ehemaligen Priester Peter H. zu. CORRECTIV, dem Bayerischen Rundfunk und der Zeit liegen Unterlagen vor, wonach der ehemalige Papst Benedikt XVI. eine „Notfrist“ von einem Monat hat, die anderen Beklagten von zwei Wochen haben, um „die Absicht der Vereidigung anzuzeigen“.

Im Juni hatte der Berliner Rechtsanwalt Andreas Schulz für ein Opfer des notorischen Missbrauchstäters Peter H. aus der oberbayerischen Gemeinde Engelsberg/Garching an der Alz die zivilrechtliche Feststellungsklage eingereicht, wie CORRECTIV, BR und Zeit exklusiv berichteten.

Der Anwalt will für seinen Mandanten erreichen, dass das Gericht den „Ersatz eines entstandenen Schadens” in einem Zivilprozess feststellt, der durch den Missbrauch verursacht wurde. Damit würde vor einem weltlichen Gericht über die Verantwortung innerhalb der Kirche entschieden, auch wenn Fälle des Missbrauchs schon verjährt sind.

Der ehemalige Priester H. hatte in den 1990er Jahren den Kläger sexuell missbraucht. Der Kläger war Messdiener bei dem Täter H., der die Tat in einem geheimen Kirchenurteil bereits eingestanden hatte. In dem Urteil wurde dem Ex-Papst zudem eine Pflichtverletzung vorgeworfen.

Erzbistum setzte verurteilten Täter als Priester ein

H., der ursprünglich aus dem Bistum Essen stammt, wurde bereits wegen Kindesmissbrauch 1980 von Essen nach München versetzt, durfte aber weiter in Gemeinden mit Kindern tätig sein. Zu der Zeit der Versetzung war Joseph Ratzinger Erzbischof von München und für die Versetzung in die bayerische Gemeinde mitverantwortlich.

Recherchen zeigten, dass H. auch in der bayerischen Gemeinde bis in die 1990er Jahre Jugendliche missbraucht hat. Da die bisher bekannten Taten strafrechtlich verjährt sind, geht es in diesem Zivilprozess nun um die Anerkennung des entstandenen Schadens und damit um die Mitverantwortung der Bischöfe. 

Ein Missbrauchsgutachten, das das Erzbistum München in Auftrag gegeben hatte, stellte im Januar für die damaligen Verantwortlichen des Erzbistums München und Freising sowie für den Kardinal Wetter „Beihilfe zum sexuellen Missbrauch“ fest. Ratzinger ließ damals über seine Anwälte mitteilen, dass er auch als Erzbischof von München und Freising nichts von der Vorgeschichte des Priester H. gewusst habe. 

Sollte die Frist versäumt werden, kann das Gericht auf Antrag des Klägers ein „Versäumnisurteil“ verhängen. Vor dem Landgericht besteht Anwaltspflicht, daher müssen sich die Beklagten von einem Anwalt vertreten lassen.


Über CORRECTIV
CORRECTIV wurde 2014 gegründet und ist das erste spendenfinanzierte Recherchezentrum in Deutschland. Als vielfach ausgezeichnetes Medium steht CORRECTIV für investigativen Journalismus. Die Redaktion bringt systematische Missstände ans Licht und will Veränderung anstoßen. Mit unabhängigen Recherchen und Faktenchecks schafft sie das informative Fundament für Debatten und Meinungsbildung und stärkt eine demokratische und offene Zivilgesellschaft.