Anregungen aus einer Haushaltsrede: Verkehrswende als wichtiger Beitrag zum Klimaschutz

In einem Teil der Haushaltsrede der Sauerländer Bürgerliste (SBL) ging es am 10. Dezember 2022 im Kreistag um die Verkehrswende im Zusammenhang mit dem Klimaschutz. Die Überlegungen, Anregungen und Vorschläge der SBL sind diskussionswürdig. Daher veröffentliche ich sie an dieser Stelle.

(Der Beitrag ist in ähnlicher Form in dieser Woche auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

“Ein weiterer wichtiger Bereich des Klimaschutzes, meine Damen und Herren, ist der Verkehr. Ich denke, es wissen alle, dass der individuelle motorisierte Verkehr erheblich zur CO2-Emission beiträgt. Nun ist auch klar, wir werden auf lange Sicht im Sauerland nicht ohne Autos auskommen. Wir brauchen auch Flugzeuge für internationale Strecken. Aber wir müssen versuchen, eine Verkehrswende zu erreichen. Da gab es gestern in Arnsberg im Rat einen kleinen erfreulichen Schritt, als der Rat mit über 60 % beschlossen hat, diese Autobahnplanung am Luerwald vorbei abzulehnen – sehr schön! Aber hier im Kreis setzt man offenbar immer noch auf dieses Autobahnstück und auf das Autobahnstück bei Brilon. Obwohl die Landesstraßenbauverwaltung seit Ende März – wo sie die Route bekannt geben wollte – nichts mehr von sich hören lässt. Wahrscheinlich ist ihr auch bewusst geworden, dass ihre ganzen Rechnungen nicht reell waren. Wenn man eine Kosten-Nutzen-Rechnung macht, aber man bei Straßenbauprojekten alle Planungskosten außen vor lässt, die aber ein Sechstel der Baukosten betragen, und gleichzeitig die Unterhaltskosten für die Brücke vernachlässigt, dann kann das Ganze nicht aufgehen.

Wir würden uns freuen, wenn es hier im Kreis gelingen würde, auch mehr zur Umsetzung dieser Verkehrswende zu tun. Da sind zum einen die Preise und zweitens die Qualität des Angebots im ÖPNV ganz wichtig. Unser Antrag Nr. 3 enthält den Vorschlag, für die Anschlussverbesserung etwas zu tun. Wer sich mit der RLG befasst, weiß, dass die RLG vor einigen Jahren die Anzeigen an den Bahnhöfen übernommen hat. Ich möchte Ihnen das kurz erklären. Da passiert immer weniger. Wenn Sie in Meschede oder Neheim-Hüsten aus dem Zug aussteigen, dann gucken Sie auf den Bus, und gerade wenn Sie auf den Bus zugehen, fährt er los. Der Zug hat fünf Minuten Verspätung. Der Busfahrer fährt strikt nach Fahrplan und manchmal auch eher ab, und dann ist er weg. Dann warten Sie hier im Sauerland – anders als in Berlin – eine Stunde, oder wenn Sie Pech haben, zwei Stunden auf den nächsten Bus. Nun kann natürlich der Bus nicht 20 Minuten warten, aber wenn er ein, zwei Minuten warten würde, wäre das Problem gelöst. Nun gibt es an vielen Bahnhöfen große schwarze Kästen. Dort waren früher mal rote einstellige Ziffern zu sehen. Das waren die Minuten – für jede Richtung -, wo die Zeit bis zur nächsten reellen Ankunft des Zuges angezeigt wurde. Wenn der Busfahrer sah, in einer Minute kommt der Zug, dann hat er gewartet und er hat die Fahrgäste mitgenommen. Die RLG hat seit zwei Jahren den Auftrag, das wieder in Betrieb zu setzen, und sie schafft es nicht, warum auch immer. Sie schafft manches nicht. Also schlagen wir vor, die WFG damit zu beauftragen. Das wäre ein kleiner Beitrag, dieses für Fahrgäste – die meisten von Ihnen kennen das wahrscheinlich nicht so sehr – sehr ärgerliche Erlebnis abzuschaffen. Sie kommen am Bahnhof an und genau in dem Moment fährt der Bus los. Das, meine Damen und Herren, muss nicht sein. Vielleicht haben Sie andere Vorschläge, wie man das Problem lösen kann. Aber es muss gelöst werden, weil es ein wichtiger Beitrag zur Qualität des ÖPNV ist.

Ich glaube, die RLG macht uns ziemlich viel Kummer. Wenn der Geschäftsführer der RLG im September im Wirtschaftsausschuss auftritt und in einem vorbereiteten Vortrag erklärt, eine Fahrt von Brilon nach Soest würde 10 € kosten – wie gesagt, nicht auf spontane Fragen hin – und tatsächlich kostet das 18,80 €, dann zeigt das doch, dass die Bewusstseinslage dort in der Spitze der RLG über die tatsächlichen Fahrpreise nicht besonders ausgeprägt ist. Wenn das nicht genau stimmt, wäre es ja egal, aber sich um das Zweifache zu vertun, ist kein gutes Zeichen.

Noch ein letztes Thema zum Bereich Verkehrswende. Ende August, meine Damen und Herren, gab es in Menden das Südwestfalen-Festival, veranstaltet von der Südwestfalen-Agentur. Sie wissen alle, in den Gremien der Südwestfalen-Agentur sitzen fast nur Abgeordnete einer Partei. Wir sitzen nicht drin. Die Südwestfalen-Agentur hat den Professor Knie nach Menden eingeladen – ein renommierter Wissenschaftler, der auch in Funk und Fernsehen zu sehen ist – mit Ideen zur Verkehrswende. Außer, dass er am Wissenschaftszentrum Berlin tätig ist – was auch renommiert ist – hat er noch die gute Eigenschaft, aus Südwestfalen zu stammen. Er kennt sich also hier hervorragend aus. Nachdem wir den Vortrag gehört haben, haben wir beantragt: Lasst uns den Mann doch mal in den Ausschuss einladen. Nur zur Diskussion neuer Ideen zur Verkehrswende, was der Mann auf wissenschaftlicher Basis in vielen anderen Bereichen auch diskutiert. Aber die Verwaltung gibt sich alle Mühe, das zu verhindern, warum auch immer. Es geht nur um Diskussion, nicht um konkrete Beschlüsse von Maßnahmen. Und dann lässt man sogar im Ausschuss den Antrag ablehnen, obwohl der Ausschuss gar nicht dafür zuständig ist, über Tagesordnungsanträge einer Fraktion zu entscheiden. Das geht nicht! Wir haben dem Landrat das vor zwei Wochen noch mitgeteilt. Wir warten noch auf die Antwort. Nur, es muss klar sein, wir müssen bereit sein, weiterzudenken und uns andere Meinungen anzuhören. Und wenn der Mann vorher von der Südwestfalen-Agentur eingeladen wurde, dann kann es ja nicht ganz so schlimm sein. Wer hat panische Angst vor so einem Vortrag?”


Die Grünen an der Abbruchkante: Wo sie regieren, wächst kein Gras mehr – Eine Partei ohne eisernen Willen zu fundamentalen Veränderungen und Mut zu Konfliktbereitschaft

Haben es sich die Grünen in den Liegestühlen am Rande der Abbruchkante bequem gemacht? Braunkohleabbau am Hambacher Forst im Okober 2021. (archivfoto: zoom)

Das Wort Klimaterrorist hat die Jury sprachkritischer Unwortaktion zu Recht zum Unwort des Jahres 2022 erklärt. Es kriminalisiert den demokratischen Widerstand gegen den Braunkohletagebau und andere naturzerstörerische bzw. klimaschädliche Großprojekte, die längst nicht mehr nur von den C- und F-Parteien, sondern auch den Grünen energisch vorangetrieben werden. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre betrat die Öko- und Friedenspartei politisches Terrain und kämpfte für Bürgerrechte und Bürgerbeteiligung. Es war auch die Geburtsstunde der Naturschutzorganisationen. Der Einzug von Petra Kelly, Gert Bastian, Waltraud Schoppe oder Joschka Fischer in die Parlamente sorgte damals dafür, daß Begriffe wie Fortschrittsgläubigkeit, Wachstum und Umweltzerstörung zum Werkzeug der Gesellschafts- und Gesetzeskritik wurde.

Windenergie bei Einhaus, oberhalb von Remblinghausen. Eine noch gründlichere Zerstörung erfährt die Landschaft durch den massiven Ausbau der Windenergie. WKA und Windparks verursachen tiefgreifende Veränderungen des Landschaftsbilds. Früher schwammen die Grünen gegen den Strom; heute verkaufen sie ihn – und ihre Seele gleich mit. (archivfoto: zoom)

Heute ist aus den ehemaligen Ökofundis eine dem Zeitgeist angepasste Gruppierung geworden, die Industriepolitik auf ihre Fahnen schreibt und z. B. den massiven Ausbau der Windkraft trotz brutaler Eingriffe in sensible Naturräume, historisch bedeutsame Kulturlandschaften und sogar ausgewiesene Naturschutzgebiete genehmigen will. Und dieser „Notfallplan“ soll auf Biegen und Brechen durchgesetzt werden, ohne Rücksicht auf Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft und ohne gesetzlich garantierte Einspruchs- und Mitwirkungsrechte von Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen. Für den Bau dieser Anlagen sind lt. Wirtschaftsminister Habeck weder eine Umweltverträglichkeits- noch artenschutzrechtliche Prüfungen vorgesehen. Doch damit nicht genug: Der Windenergiebranche werden keine Ausgleichsmaßnahmen für die Inanspruchnahme von Flächen vorgeschrieben. Sogar die „Bildzeitung“ nahm in einem Beitrag vom 1. Februar Anstoß an der energiepolitischen Geisterfahrt des Ministers.

Auch beim Thema Braunkohleförderung betätigen sich die Grünen als Vollstrecker von Lobbyinteressen.

2021 schien die grüne Welt noch in Ordnung. Alle demonstrierten für den Erhalt des Dorfes Lützerath. (archivfoto: zoom)

Lützerath, der Hambacher Wald oder zuvor Garzweiler II stehen beispielhaft für den erbittert geführten Kampf gegen den Ausverkauf von Heimat, Natur und Landschaft und die Versündigung an den Lebenschancen nachfolgender Generationen. Daß es bei den Demonstrationen in und um das Dorf Lützerath heftige Auseinandersetzungen geben würde, war von vornherein absehbar.

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Umleitung: Rechter Sumpf, Klimakrise, Lützerath, der 10. Todestag der Westfälischen Rundschau sowie die RSA-Verschlüsselung

Haben jetzt schon Geschichte geschrieben: Lützerath und die Klimabewegung im Oktober 2021 (archivfoto: zoom)

Moderner Opferkult der »Vertriebenen«: Das neue »Sudetendeutsche Museum« in München bietet keine Überraschungen. Eine Analyse der Exponate und ihrer Arrangements offenbart jedoch mehr als die Objektbeschreibungen … derrechterand

Wie viele SS-Männer leben noch? Irgendwann demnächst kommt der Tag, an dem der letzte SS-Scherge das zeitliche segnet und keiner wird es mitbekommen. Aber wie viele leben eigentlich aktuell noch? … schmalenstroer

Klimaleugner und Lügner: Zeit daran zu erinnern, wie der RWE-Konzern 2010 einen seiner Topmanager (Fritz Vahrenholt, damals Vorstandsvorsitzender einer RWE-Tochter) haarsträubende Klimaleugnerthesen verbreiten ließ, mit Tatsachenverdrehungen, falschen Zitaten & allen Tricks … spektrum

Der globale CO2-Anstieg: die Fakten und die Bauernfängertricks … spektrum

Klimakrise und Lützerath: Warum RWE jeden Argwohn verdient hat … spiegel

„Lützi geht!“: Die ideale Projektionsfläche für Agitation von Rechtsaußen … endstationrechts

„Die Welt schaut auf Lützerath“: Polizist:innen gehen in Lützerath gegen Demonstrierende vor, sie stecken im Schlamm fest und räumen Baumhäuser. Dank der sozialen Medien sind wir bei alledem mittendrin. Welche Rolle spielen Twitter, Instagram und Co. in diesem Konflikt? … netzpolitik

Vor zehn Jahren starb die „Rundschau“ – ohne Rettungsversuch: Beängstigend rasende Zeit: Zehn Jahre soll das schon wieder her sein, dass am 15. Januar 2013 die damalige WAZ-Gruppe (heute Funke-Mediengruppe) das faktische „Aus“ für die Westfälische Rundschau (WR) verkündet hat? … revierpassagen

IT-Security: Ist RSA gebrochen? … unkreativ

Das Wetter: Radfahren, Bücher und Pilze

Blickrichtung Olsberg: Die erste Radtour im Jahr 2023. (foto: zoom)

Das neue Jahr 2023 beginnt mit Zeitmangel, was man auch an der Zahl der Einträge hier im Blog sehen kann. Dabei gäbe es gerade im Hochsauerland viel zu beschreiben: die verkorkste Ski-Saison, die mangelnde Diskussion über die Zukunft des Tourismus im Sauerland, das unermüdliche Festhalten Winterbergs am Boykott der Energiewende, das Sterben der Wälder, die kahlen Berge…

Ich schiebe das alles weg, lese Bücher, besuche Museen, belege Online-Kurse und springe aufs Fahrrad, sobald das Wetter es erlaubt.

Saisoneröffnung am 7. Januar 2023. Ein sonniger, aber leider viel zu kurzer, für den Januar zu warmer Samstag. Eine Runde über Altenfeld, Elpe, Gevelinghausen, Olsberg, Wulmeringhausen und Brunskappel zurück nach Siedlinghausen. Die Straßen waren wenig befahren, die wenigen Radwege frei von Schnee und Matsch. Fast alle Autofahrenden haben mich vernünftig überholt, bis auf diesen einen Heini, der mich mit seiner schwarzen, flachen Flunder, Modell flotte Oberklasse, in den Gegenverkehr hinein überholte, dabei kaum Abstand hielt und mich beim Einscheren schnitt, um auf der schmalen Landstraße nicht mit dem entgegenkommenden Fahrzeug zusammmenzustoßen. Ein paar Sekunden hinter mir, dem verletzlichen Radfahrer, warten, ist anscheinend zu viel verlangt.

In solchen Momenten schießt der Ärger über das schlechte Radwegenetz im Hochsauerland hoch. Ich meine damit Radwege für den Alltag, sichere, asphaltierte oder zumindest gut gepflegte, vom Autoverkehr getrennte Wege. Ich wiederhole mich.

Der einzig nennenswerte Fortschritt in der Zeit meiner 25 Sauerländer Jahre ist der Bahntrassenradweg zwischen Winterberg und Hallenberg. Ich nutze ihn sehr häufig, aber dazu muss ich erst einmal von Siedlinghausen nach Winterberg kommen.

Der 7. Januar war vielleicht der letzte sonnige Wintertag. Es herrschte trübes, feuchtes Wetter wie ich es als Kind am Niederrhein erlebt habe. Wir sind dort auch bei miesem Wetter Rad gefahren, weil man es einfach konnte: asphaltierte Radwege. Klar, flach ist es dort, anders als im Hochsauerland, aber mit dem Aufkommen der E-Bikes erledigen sich die Anstiege. Ein Hoch auf den technischen Fortschritt.

Regen, Matsch und Nebel. Ich habe gerade den Krimi The Lamplighters von Emma Stonex gelesen. Das Buch hat sehr gute Kritiken, aber das hat mir nicht geholfen. Es ist mir schwer gefallen, in diesem Puzzle aus inneren Monologen die Spur zu halten: die metaphorische Überladung der Leuchttürme mit allen möglichen menschlichen Problemen, die ausufernden Naturbeschreibungen und am Ende die slapstickartige Lösung der Frage nach dem spurlosen Verschwinden dreier Leuchtturmwärter. Ich schließe mich den euphorischen Rezensionen nicht an und gehe spazieren.

Pilze statt einer Schneedecke bei Silbach (foto: zoom)

Pilze bedecken die Wiese am Sportplatz in Silbach. Ein Herbstspaziergang im Winter. Frische Luft. Entspannung. Ich freue mich auf das nächste Buch. Es liegt neben mir: They Knew, von Sarah Kendzior.

Kommunalbefragung zum Klimaschutz in Kommunen – Wuppertal Institut entwickelte im Auftrag des Umweltbundesamtes Online-Umfrage

Welche Klimaschutz-Maßnahmen setzen Kommunen um? Wie viele Klimaschutzmanager*innen gibt es aktuell in Deutschland? Welche Klimaschutz-Ziele setzen sich Kommunen? Wie viele Kommunen kennen ihre Treibhausgas-Emissionen? Dies will eine Online-Umfrage des Umweltbundesamtes herausfinden, die das Wuppertal Institut und das SOKO Institut für Sozialforschung und Kommunikation in Bielefeld entwickelt haben. Alle deutschen Kommunen können an der Umfrage teilnehmen.

(Pressemitteilung Wuppertal Institut)

Ziel der vom Umweltbundesamtes (UBA) beauftragten Befragung ist es, eine möglichst breite und komplette Vorstellung vom Ist-Zustand zu zentralen Aspekten des kommunalen Klimaschutz-Engagements zu erhalten. Die Fragen richten sich insbesondere an zuständige Ansprechpersonen innerhalb der Verwaltungen, wie etwa aus dem Klimaschutz-Management, dem Umwelt-, Hoch- oder Tiefbauamt. Nicht jede Kommune hat spezielles Klimaschutz-Personal. Viele Kommunen haben zwar schon Klimaschutz-Maßnahmen umgesetzt – zum Beispiel durch die Sanierung der Straßenbeleuchtung oder eine besonders erfolgreiche Aktion zum Klimaschutz. Mitarbeitende, die solche Maßnahmen umgesetzt haben, können die Fragen gut beantworten.

Die Teilnahme wird voraussichtlich bis Ende Februar 2023 möglich sein und es ist geplant, die Befragung zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen, um die Daten zu aktualisieren.


Weitere Informationen für die Gemeinden

Kommunalbefragung „Klimaschutz in Kommunen 2023“

Letzte Abfahrt 2022

Kurz vor vier am Rauhen Busch (foto: zoom)

Es war eine ganz schlechte Idee, mal eben noch nach Winterberg hochzufahren, um ein paar Fotos im Skigebiet zu knipsen.

Kaum hatte ich das Auto an den Wasserwerken geparkt, öffnete der Himmel seine Schleusen. Am Skilift Rauher Busch war die Kamera nach kurzem Fußweg nass geregnet und ich hatte Angst um die Elektronik. Kurz ausgelöst, umgedreht und nach Hause gefahren.

Erstaunlich: trotz schlechten Wetters schoben sich die Autokolonnen nach und durch Winterberg. Überwiegend gelbe Nummernschilder, aber auch Hessen, Rheinland, Niedersachsen. Den geplanten Einkauf bei Lidl habe ich kurzentschlossen gecancelt.

Nach Schnee sieht es für die Jahresendzeiturlauber*innen nicht aus. 14° Celsius in Siedlinghausen. Wintermantel gegen Sommerregenjacke getauscht. Sturmwarnung.

Kommt gut rüber. Ich bin dann mal weg.

Das Jahr der ungeschriebenen Blogbeiträge

Am Ende des Jahres eine Radtour um die Insel Föhr (foto: zoom)

Das Jahr der ungeschriebenen Blogartikel geht zu Ende. Bücher, Lesungen, Diskussionsveranstaltungen, Online-Kurse, Museumsbesuche, Reisen, Lokalpolitik – die meisten Dinge blieben unerwähnt.

Dabei war das Jahr 2022 eines der besten. Ich habe bei aller Aufmerksamkeit für die Pandemie-Entwicklung so viel unternommen, wie seit langem nicht mehr und mich trotz alledem nicht mit Corona oder anderen fiesen Viren infiziert (klopf, klopf, klopf).

Meinem Jugend-Idol Kurt Tucholsky bin ich in Rheinsberg ein wenig näher gekommen, habe mir en passant den Trottel von Jan Faktor vorlesen lassen, und weiter ging es mit dem ausgezeichneten Jüdischen Museum in Frankkfurt, dem Hinterlandmuseum in Biedenkopf, dem Museum für Hamburgische Geschichte sowie der Kunsthalle und dazu dem Museum Kunst der Westküste in Alkersum (Föhr).

Am meisten beeindruckt hat mich die Ausstellung EINE STADT WIRD BUNT Hamburg Graffiti History 1980-1999 im Museum für Hamburgische Geschichte, wahrscheinlich weil sie zufällig die Zeit meines Lebens in der Hansestadt umfasst und daher eine große assoziative Kraft entwickelt. Wirklich entdeckt habe ich Graffiti als (Alltags-)Kunstform merkwürdigerweise erst seit ich im Sauerland lebe. In den 80er und 90er Jahren war Graffiti lediglich ein Hintergrundrauschen der Alltagswahrnehmung.

Sei’s drum. Das Jahr 2022 bleibt im Blog eine Leerstelle, gewissermaßen missing in action, also persönlich ein gutes Jahr.

Zu einer sehr beunruhigenden Komponente hat sich der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine entwickelt, und gerade zur Zeit scheint das Putin-Regime die Ukraine in einen dunklen, kalten Winter bomben zu wollen. Entsetzlich. Es würde mich beruhigen, wenn im kommenden Jahr 2023 Putin nicht mehr handlungsfähig sein sollte. Es gibt genug andere Probleme zu lösen; ganz vorne mit dabei die Klimakrise.

Seit Beginn der Pandemie habe ich keine Konzerte und kein Theater besucht, auch im Kino bin ich nicht gewesen. Ob ich im nächsten Jahr ein Kino betreten werde, weiß ich noch nicht, aber ich vermisse das Konzerthaus Dortmund und die Ruhrfestspiele.

Schluss mit dem eklektischen Schreiben. Ich höre mir zum Start in den Tag die verschiedenen Versionen von Eight Miles High an. Die Byrds sind durch, Golden Earring ist dran und Hüsker Dü warten auf ihren Einsatz.

Wyk oder Winterberg?

Am Hafen in Wyk auf Föhr (foto: zoom)

Wenn ich die Webcam-Bilder aus Winterberg und meine Handy-Fotos am Meer vergleiche, fällt meine Wahl dieses Jahr erneut auf die See.

Der Winter hat sich kurz im Hochsauerland blicken lassen, die Schneekanonen wurden euphorisch angeworfen, die Medien schmissen weiße Schneebilder ins Netz und jetzt haben wir Plustemperaturen, Regen, einen schneefreien Kahlen Asten, schmutzig-graue Bänder von Kunstschnee auf grünen Hängen und die kürzesten Tage des Jahres.

Wenn ich zu Hause aus dem Fensters schaue, sehe ich nicht mehr die dunkelgrünen Fichtenwälder meiner ersten Jahre im Hochsauerland, sondern Maisfelder, Weihnachtsbaumkulturen und Kahlschläge.

Nun ja, ein paar Fichten stehen noch, aber nicht mehr lange. Schon nach den großen Stürmen, als die Fichtenplantagen riesige Ausmaße annahmen, hatte ich einen Widerwillen gegen den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer entwickelt. Auf der einen Seite sterben die Wälder und auf der anderen Seite werden kurzlebige Schmuckbäumchen angepflanzt und für ein paar Tage im Jahr geerntet, geschmückt und vernichtet. Ein einträgliches Geschäft für die Waldbauern.

Am Straßenrand stehen immer noch die großen Plakate, die davor warnen, dass Windräder „unsere“ Wälder zerstören. Das Wundersame: Winterberg war bislang stolz darauf, keine Windräder zu haben, aber die Wälder sind trotzdem zerstört.

Eine widersinnige Installation zwischen Brunskappel und Winterberg (archivfoto: zoom)

Der Klimawandel wird auch dem Ski-Sport im Hochsauerland ein Ende bereiten, aber die Politik agiert immer noch wie der Wurmfortsatz der Wintertouristiker*innen.

Ich erinnere mich. Zuerst wurde der Klimawandel geleugnet. Dann wurde behauptet, dass man noch nicht so genau wisse, ob es ihn gebe. Als nun wirklich nicht mehr zu übersehen war, dass auch Winterberg der Klimakatastrophe nicht entkommen würde, hieß es, dass es nicht so schlimm werde wie in den Alpen, ja, dass sogar aufgrund der Westlage mehr Schnee fiele.

Auf keinen Fall Windräder, denn der Strom für die Schneekanonen kommt aus der Steckdose und das Wasser für die Eiskristalle aus dem Wasserhahn.

Schon lange mahnen Naturschützer*innen eine touristische Wende auch im Hochsauerland an, aber die letzte Generation der Skitouristiker*innen hängt starr, wie mit Sekundenkleber befestigt, an ihren Lift-Installationen und Bobbahnen.

Die Wende wird wahrscheinlich erst dann kommen, wenn diejenigen, die das Geld ins Sauerland bringen, dem Skifahren auf Kunstschnee und der zerhackten Landschaft den Rücken kehren.

Umleitung: Blume gegen Twitter, ChatGPT, Twitter vs. Mastodon, Fakten zum Klima und Gedenken an Fritz Weller

Fenster an der Hamburger Kunsthalle (foto: zoom)

Den Prozess Blume gegen Twitter international unterstützen? So geht es: Wie erwartet hat Twitter international seine Niederlage vor dem Landgericht Frankfurt nicht anerkannt, sondern Berufung eingelegt. US-Konzerne setzen häufig auf Zeitgewinn und darauf, dass Klägerinnen und Klägern schlicht die Puste und das Geld ausgehen, wenn der Rechtsstreit in immer neue Instanzen geht … scilogs

ChatGPT – ein Meilenstein der KI-Entwicklung: Im November wurde der Chatbot ChatGPT veröffentlicht. Die Sprach-KI verändert die Arbeit von Lehrenden und Lernenden. Eine Zeitenwende in der Bildung? … forschungundlehre

Irgendwas mit Internet: Twitter vs. Mastodon – ein Rück- und Ausblick … netzpolitik

Was wir heute übers Klima wissen: Ein Faktenpapier zum Stand der Klimaforschung jetzt aktualisiert … klimafakten

Öffentliches Gedenken an Fritz Weller: Sportikone und Widerstandskämpfer gegen die Nazis … nordstadtblogger

Umleitung: Nazis in Hilchenbach, kein grünes Wachstum, globaler CO2-Anstieg, Klimawandel in den Alpen, Zensur in Bayern, ein Mastodon-Leitfaden und sicheres Surfen ohne Tracking

Am Wegrand (foto: zoom)

Neonazi-„Bürgerbüro“ in Hilchenbach vor dem Aus? Über Monate hat die Stadt Hilchenbach versucht, der neonazistischen Miniaturpartei der „Dritte Weg“ eine Immobilie streitig zu machen. Nun könnte das gelungen sein – gleichwohl haben die Neonazis angekündigt, juristisch dagegen vorgehen zu wollen … endstationrechts

»Grünes Wachstum ist Wunschdenken«: Keine privaten Flugreisen, deutlich weniger Fleischkonsum: »Unser Energiehunger muss schrumpfen«, sagt die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann. Im Interview mit »Spektrum.de« erklärt sie, wie eine Welt ohne Wachstum aussehen könnte … spektrum

Der globale CO2-Anstieg: die Fakten und die Bauernfängertricks. Ein immer noch wichtiger Artikel von Stefan Rahmstorf aus dem Jahr 2017 … spektrum

Klimawandel in den Alpen: «Alpenklima» ist eine gemeinsame Publikationsreihe der nationalen Wetterdienste Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Sie zeigt den aktuellen Klimazustand und die wichtigsten klimatologischen Ereignisse in der Alpenregion der drei Länder (Zentral- und Ostalpen) grenzübergreifend auf und ordnet sie in die langjährige Entwicklung ein … dwd

Zensurheberrecht: Wie Bayern gegen Open Data und Energiewende vorgeht … netzpolitik

Tröten über Droysen: ein Mastodon-Leitfaden für Historiker:innen … hypotheses

Sicher surfen ohne Tracking und Werbung: Beim Surfen sind wir nie allein. Unzählige Tracker schauen uns permanent über die Schulter. Bei Digitalcourage erfahren wir, was Tracking ist und wie es unterbinden können … digitalcourage