Die Grünen an der Abbruchkante: Wo sie regieren, wächst kein Gras mehr – Eine Partei ohne eisernen Willen zu fundamentalen Veränderungen und Mut zu Konfliktbereitschaft

Haben es sich die Grünen in den Liegestühlen am Rande der Abbruchkante bequem gemacht? Braunkohleabbau am Hambacher Forst im Okober 2021. (archivfoto: zoom)

Das Wort Klimaterrorist hat die Jury sprachkritischer Unwortaktion zu Recht zum Unwort des Jahres 2022 erklärt. Es kriminalisiert den demokratischen Widerstand gegen den Braunkohletagebau und andere naturzerstörerische bzw. klimaschädliche Großprojekte, die längst nicht mehr nur von den C- und F-Parteien, sondern auch den Grünen energisch vorangetrieben werden. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre betrat die Öko- und Friedenspartei politisches Terrain und kämpfte für Bürgerrechte und Bürgerbeteiligung. Es war auch die Geburtsstunde der Naturschutzorganisationen. Der Einzug von Petra Kelly, Gert Bastian, Waltraud Schoppe oder Joschka Fischer in die Parlamente sorgte damals dafür, daß Begriffe wie Fortschrittsgläubigkeit, Wachstum und Umweltzerstörung zum Werkzeug der Gesellschafts- und Gesetzeskritik wurde.

Windenergie bei Einhaus, oberhalb von Remblinghausen. Eine noch gründlichere Zerstörung erfährt die Landschaft durch den massiven Ausbau der Windenergie. WKA und Windparks verursachen tiefgreifende Veränderungen des Landschaftsbilds. Früher schwammen die Grünen gegen den Strom; heute verkaufen sie ihn – und ihre Seele gleich mit. (archivfoto: zoom)

Heute ist aus den ehemaligen Ökofundis eine dem Zeitgeist angepasste Gruppierung geworden, die Industriepolitik auf ihre Fahnen schreibt und z. B. den massiven Ausbau der Windkraft trotz brutaler Eingriffe in sensible Naturräume, historisch bedeutsame Kulturlandschaften und sogar ausgewiesene Naturschutzgebiete genehmigen will. Und dieser „Notfallplan“ soll auf Biegen und Brechen durchgesetzt werden, ohne Rücksicht auf Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft und ohne gesetzlich garantierte Einspruchs- und Mitwirkungsrechte von Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen. Für den Bau dieser Anlagen sind lt. Wirtschaftsminister Habeck weder eine Umweltverträglichkeits- noch artenschutzrechtliche Prüfungen vorgesehen. Doch damit nicht genug: Der Windenergiebranche werden keine Ausgleichsmaßnahmen für die Inanspruchnahme von Flächen vorgeschrieben. Sogar die „Bildzeitung“ nahm in einem Beitrag vom 1. Februar Anstoß an der energiepolitischen Geisterfahrt des Ministers.

Auch beim Thema Braunkohleförderung betätigen sich die Grünen als Vollstrecker von Lobbyinteressen.

2021 schien die grüne Welt noch in Ordnung. Alle demonstrierten für den Erhalt des Dorfes Lützerath. (archivfoto: zoom)

Lützerath, der Hambacher Wald oder zuvor Garzweiler II stehen beispielhaft für den erbittert geführten Kampf gegen den Ausverkauf von Heimat, Natur und Landschaft und die Versündigung an den Lebenschancen nachfolgender Generationen. Daß es bei den Demonstrationen in und um das Dorf Lützerath heftige Auseinandersetzungen geben würde, war von vornherein absehbar.

Unbestritten: Das Verhalten einiger Aktivisten gibt manchmal Anlaß zur Kritik, weil sie übers Ziel hinausschossen. Die Kernfrage aber lautet: Wer hat es denn durch seine Politik der Konfrontation darauf angelegt, daß diese Leute emotionsgeladen zu tausenden demonstrieren? Wie konnte es so weit kommen, daß die Jugend von heute derart wenig Vertrauen in die Politik, – besser gesagt – in die Politiker hat, die angeblich die Interessen des Volkes vertreten. Die Jugend von heute, obwohl sie ihr ganzes Leben noch vor sich hat, blickt auf eine ungewisse Zukunft.

Die wuchtige Metapher aus dem Hessischen Landbote von 1834 wird auch heute noch gerne zitiert. (archivfoto: zoom)

Tatsache ist, daß der bislang praktizierte stille Protest, – gemeint sind Transparente und Unterschriftenaktionen, allein nicht mehr die erforderliche Wirkung entfalten. Unkonventionelle Formen des Protests halte ich deshalb für unausweichlich, solange sich die Politik weigert, dem Klima- und Naturschutz endlich jenen Stellenwert einzuräumen, der ihm gebührt. Es wird allerhöchste Zeit. Wir befinden uns Jahr 2023! Zumal wenn es darum geht, eine für die Bewohner dieses Planeten existenzbedrohende, unumkehrbare Entwicklung abzuwenden, die ein menschenwürdiges Dasein unzähliger Generationen nicht mehr zuläßt. Allerdings sind spektakuläre Aktionen der Klimaschutzbewegung nur dann glaubwürdig, wenn die jungen Hoffnungsträger auch ihren eigenen Lebensstil den Erfordernissen des Natur- und Klimaschutzes anpassen. Wenn, wie gerade erst bekannt wurde, zwei Aktivisten per Flugzeug in Richtung Thailand und Bali starten und – auf frischer Tat ertappt – zur Begründung erklären, daß es einen Unterschied macht, ob ich privat Flugreisen unternehme oder als Klimaschützer auf die Straße gehe, ist man bei der Bevölkerung schnell „unten durch“. Darüber muß sich jeder im Klaren sein. Für die „Bild-Zeitung“ war auch diese Nachricht ein gefundenes Fressen. Aber wo sie recht hat, hat sie recht. Von „Doppelmoral“ war die Rede.

Von den C- und F-Parteien weiß man ja zur Genüge, daß sich ihre „Umweltpolitik“ bestenfalls in Absichtserklärungen erschöpft und lediglich Symbolcharakter besitzt. Für sie hat trotz Klimakrise und Artensterben die permanente Steigerung der Wachstumsraten nach wie vor höchste Priorität, auch wenn inzwischen mehr als 50 Jahre vergangen sind, seit der Club of Rome mit dem aufsehenerregenden Report über die Grenzen des Wachstums die Menschheit wachrüttelte. Die katastrophalen Folgen kennen wir alle: Sie lassen nicht ein Fleckchen dieses Planeten ungeschoren: Das Erdklima und die einst paradiesische Vielfalt an Tieren und Pflanzenarten, deren Lebensbasis, die auch unsere ist, wurde bereits arg in Mitleidenschaft gezogen, teilweise irreparabel zerstört.

Der massive Einsatz von Polizeikräften aus dem ganzen Bundesgebiet in Lützerath diente der CDU doch nur als Vorwand, ihre Seelenverwandtschaft mit RWE zu verschleiern und davon abzulenken, daß es ihnen in Wirklichkeit gar nicht um Natur- und Klimaschutz geht.

Doch die Grünen sitzen im selben Boot. Einst schwammen sie gegen den Strom; heute verkaufen sie ihn und werfen gleichzeitig ihre Gesinnung über Bord. Sie gaben ihre Zustimmung zu dem Kompromiss, den die verantwortliche Ressortchefin Neubaur aus NRW eingefädelt hatte. Originalton Mona Neubaur: „Die Kohle braucht es, damit die Lichter nicht ausgehen.“ Lützerath sollte geopfert werden. 5 Dörfer bleiben unangetastet. Dafür wurde die Vereinbarung getroffen, den Ausstieg aus der Braunkohle auf das Jahr 2030 vorzuziehen. Das Kuriose: Nach Ansicht von Wissenschaftlern wird der unter Lützerath schlummernde fossile Brennstoff überhaupt nicht benötigt. Wir können nämlich noch sehr viel Kohle aus den 170 Millionen Tonnen des Tagebaues Garzweiler II gewinnen. Und damit kann die Energieversorgung spielend gesichert werden. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck feierte im Oktober 2022 das vorgezogene Ausstiegsdatum als „großen Tag für den Klimaschutz.“ Was er verschwieg, ist, daß die Kohle, die nach dem alten Ausstiegsplan verbrannt werden sollte, gar nicht genutzt werden dürfte, wegen eines dann zu hohen Preises der CO²-Zertifikate. Für RWE ist die Braunkohleförderung deswegen so profitabel, weil die Kohleflöze unter der Ortschaft besonders dick sind (Quelle: ARD-Magazin Kontraste vom 26.1. 23).

Und solange die Verfeuerung von Braunkohle weiter anhält, wird auch unvermindert CO² emittiert. Mit einem früheren Ausstiegsdatum wäre ohnehin nichts gewonnen. Der versteckte Deal zwischen RWE und den Grünen garantiert dem Energieriesen den Einstieg in die Gas- und Wasserstoffwirtschaft. Bis 2035 sollen angeblich die Gaskraftwerke auf Wasserstoff umgestellt werden, natürlich alles auf dem Rücken der Steuerzahler. Außerdem darf in Ostdeutschland wahrscheinlich noch bis 2038 Kohle gefördert werden. Diese Meldung beruht auf einer Information des BUND vom 27.1. 23.

Es sind die Grünen, welche die Hauptverantwortung für die z. T. gewaltsamen Auseinandersetzungen in und um Lützerath tragen. Wenn die so weitermachen, wie bisher, könnte es früher oder später zur Zerreißprobe innerhalb der Partei kommen. Die Extravaganzen der Führungsriege läßt die Basis nicht mehr durchgehen. Diese Zeiten, – davon bin ich überzeugt -, sind vorbei. Die Grüne Jugend geißelt seit langem den Kurs der Bundespolitiker, den niemand mehr nachvollziehen kann. Extinctions-Rebellions, Fridays for Future, Ende Gelände, Letzte Generation, Umweltorganisationen, Politiker der Linkspartei, – alle unter einem Dach vereint -, heizen den Ökos kräftig ein. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Neubaur duldete in Sachen Lützerath keinen Widerspruch. Zuvor hatte der renommierte Klimaforscher Prof. Dr. Stefan Rahmstorf die vorgesehene Abbaggerung von Kohle heftig kritisiert. Durch den Abbau wird eine ganze Region zerstört. Weithin verwüstete, monströse, malträtierte Landschaften. Aus der Luft betrachtet bietet sich ein grausiger Anblick. Die Mondoberfläche ist vergleichsweise Ästhetik pur.

Grüne Minister in Berlin und dort, wo sie in den Landesregierungen sitzen, können ihre Haltung zur Energiepolitik und zu anderen Zukunftsthemen nicht davon abhängig machen, ob sie sich in der Opposition oder in der Regierung befinden. Sie müssen sich schon genau überlegen, was sie sagen, damit sie es später nicht bereuen und deshalb aus Sicht ihrer Mitglieder und Wähler nicht schon wieder als Umfaller in Erscheinung treten.

Wir sind nämlich mittlerweile an dem Punkt angekommen, wo man konstatieren muß, daß an der Partei Bündnis 90/Die Grünen so gut wie nichts mehr grün ist. Es fehlt ihnen ein roter Faden für ihre Politik. Sie drohen an sich selbst zu scheitern. Einst angetreten als Partei mit hochgesteckten Zielen und Erwartungen, was sie von den anderen Parteien unterscheiden sollte, dient die Farbe grün nur noch dem Zweck, Menschen an die Wahlurne zu locken, um Wählerstimmen einzusammeln. Doch nach etwas mehr als einem Jahr Regierungsbeteiligung ist die Bilanz ernüchternd. Robert Habeck als Wirtschafts- und Klimaschutzminister, Cem Özdemir als Chef des Agrarministeriums und Steffi Lemke als Umweltministerin haben bisher auf ganzer Linie versagt. Nur Annalena Baerbock machte sich bisher innen- und außenpolitisch noch Freunde, indem sie bei jeder Gelegenheit den völkerrechtswidrigen Krieg Putins gegen die Ukraine scharf attackiert. Soweit so gut. Neues hat aber auch sie nicht mehr zu bieten. Übrigens begehen nicht nur die Russen Kriegsverbrechen.

Baerbock und Dr. Anton Hofreiter übertreffen sich gegenseitig mit dem Ruf nach Lieferung von noch mehr Waffen und aktuell „Leopard 2“ -Kampfpanzern an das Selenskyj-Regime. Daß diese Panzer nun doch geliefert werden, ist allein internationalem Druck geschuldet. Wer aber glaubt, man könne durch eine wahre Aufrüstungsorgie die Ukraine in den Stand versetzen, dem Sieg über Rußland einen entscheidenden Schritt näherzukommen, irrt gewaltig. Als ob deutsche Panzer vom Typ „Leopard 2“ dem Krieg seine Schrecken nehmen würden. Und was folgt danach? Schon ertönt der Ruf nach der Lieferung von Kampfjets. Selenskyj wird eine noch so großzügige Militärhilfe nicht reichen; er wird immer mehr verlangen. Geht der Westen auf seine Forderungen ein, riskiert er einen Flächenbrand, der früher oder später auf Mitteleuropa übergreifen könnte. Das kann niemand wollen, ein solches Horrorszenario. Wladimir Putin wird sich nach Lage der Dinge keineswegs davon abbringen lassen, seinen Eroberungsfeldzug weiterzuführen. Nur Diplomatie, das Aufeinanderzugehen beider Seiten und das hartnäckige Pochen auf Gespräche können den Konflikt beenden. Natürlich kann dies noch lange dauern. Aber was ist uns lieber? Militärisch ist der Krieg nicht zu gewinnen. Nur auf diplomatischer Ebene lassen sich Fortschritte erreichen. Erinnert sei an die Breschnew-Ära in der Zeit des „Kalten Krieges“, wo es auch einen langen Atem brauchte, damit Gespräche mit der kommunistischen Führung überhaupt möglich wurden. Der Erfolg blieb schließlich nicht aus.

Ich plädiere dafür, zur Entschärfung des Konflikts eine konzertierte Aktion unter Leitung der USA und der verbündeten NATO-Staaten einzuberufen und eine neue Strategie auszuarbeiten, die auf Deeskalation des mörderischen Krieges abzielt. Der türkische Präsident Erdogan könnte wegen seiner guten Beziehungen zu Rußland auf Wladimir Putin einwirken, um diesen zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand zu gewinnen. Das wäre ein erster bedeutender Schritt. Es würde den Druck auf den russischen Machthaber verstärken.

Schon jetzt haben die westlichen Staaten, allen voran die USA, umfangreiche militärische Hilfe an die Ukraine geleistet, ohne daß es gelungen wäre, die russische Armee entscheidend zu schwächen.

Wo wir gerade von Anton Hofreiter sprechen: Warum hat der Mann aus Südbayern überhaupt Naturwissenschaften studiert und darin promoviert? Alles fing bekanntlich damit an, daß der Realo-Flügel ihn als neuen Landwirtschaftsminister unbedingt verhindern wollte. Das war m. E. hinter den Kulissen längst beschlossene Sache, und Hofreiter war im Nu aus dem Rennen. Er wurde kurzerhand abserviert. Stattdessen setzte man Özdemir auf diesen Posten, obwohl dieser als Verkehrsexperte gilt und in agrarpolitischen Fragen über keine Kompetenz verfügt. Aber das ist ja kein grünes Alleinstellungsmerkmal. Sowohl in der CDU/CSU, SPD als auch FDP werden Ämter regelmäßig an Personen vergeben, die dafür völlig ungeeignet sind. Christine Lambrecht ist nur ein Beispiel. Es gilt unverändert das Prinzip „Jeder kann alles“, wenn nur das Niveau gesenkt wird.

Seit ich die parlamentarische Arbeit der Grünen genau in den Blick nehme, räumen sie nach und nach überall ihre Bastionen, eine nach der anderen, geben ihr Territorium kampflos preis. Das kanadisch-europäische Freihandelsabkommen CETA, damals von der Ökopartei noch heftig bekämpft, ist inzwischen auch von ihnen ratifiziert worden. Ebenso stellen sie sich der unterirdischen Lagerung von CO² (CCS) nicht mehr in den Weg. Sie verraten ihre Identität – und haben dabei nicht mal ein schlechtes Gewissen. Hauptsache man regiert und muß sich nicht anstrengen. Ihren Ruf als ökologische, basisdemokratische und pazifistische Partei haben sie weitgehend eingebüßt. Und auch an der Beseitigung der sozialen Schieflage in Deutschland haben sie bisher nichts geändert.

Aufgeständerte Photovoltaik-Anlagen überziehen in Deutschland oft hektar- und quadratkilometerweise ganze Berghänge, Wiesen, Weiden und agraische Lebensräume, auf die zahlreiche Tier- und Pflanzenarten als Biotop angewiesen sind und gehen damit verloren. Eine technisch überformte, ihrer Ästhetik beraubte Landschaft entsteht. (beide Fotos: Doris Knoppik)

Grüne Themen sind zwar längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dies hat aber auch dazu geführt, daß die Wählerschaft der Partei nicht mehr dieselbe ist wie noch in den 80er und 90er Jahren. Nach dem neuesten ZDF-Politbarometer vom 27.1. unterstützen 75 % der grünen Anhänger die Lieferung von „Leopard 2“-Kampfpanzern an die Ukraine. Da drängt sich die Frage auf: Warum stellen die nicht gleich den Verteidigungsminister?

Die Partei von Habeck, Baerbock, R. Lang und Nouripour haben eine Metamorphose durchlaufen: Von der häßlichen, gefräßigen Raupe, die alle zu fürchten haben – bis hin zum bunt schillernden, prachtvollen Schmetterling, an dem die ganze Bevölkerung Gefallen finden soll. So wie Cem Özdemir, der im letzten Jahr den Hof von Bauernverbandspräsident Ruckwied besuchte. Obwohl wir heute schon viel zu wenige Flächen zur Verfügung haben, auf denen sich die biologische Vielfalt ungestört entwickeln kann, ließ es der Minister entgegen den Vorgaben der Europäischen Union zu, daß die wertvollsten Flächen dem Weizenanbau geopfert wurden. Der Landwirtschaftsminister knickte vor der Agrarlobby sowie der CDU und FDP ein. Der Beifall von der falschen Seite kam prompt. Es zeigt sich auch hier einmal wieder überdeutlich, daß die Verflechtung von Politik und lobbygesteuerter Wirtschaft auch unter einem grünen Minister perfekt funktioniert.

Die Agrarwirtschaft wendet sich auch dagegen, daß bereits entwässerte Moore wieder vernäßt werden. Solche Lebensräume sind sehr wichtige und zugleich stark gefährdete Biotope. Ihre Erhaltung und Wiederherstellung hat überragende Bedeutung für den Klimaschutz. Ca. 7,5 % steuern die Moore durch ihren Kohlendioxid-Ausstoß zur Klimaerwärmung bei. Derzeit werden nur 10 % an Treibhausgasen eingespart. Das reicht längst nicht. Es muß weitaus mehr zum Schutz und für die Regeneration zerstörter Moorflächen getan werden. Ob Steffi Lemke ihre anvisierten ehrgeizigen Ziele zur Wiederbelebung der artenreichen für den Klimaschutz äußerst schützenswerten Lebensräume konsequent umsetzen wird, muß aus heutiger Sicht bezweifelt werden.

Daß in diesem Land keine Vorsorge für den Klimawandel getroffen wird, beweist auch die Situation im Ahrtal, wo 2021 unvorstellbare Wassermassen vom Himmel fielen und gewaltige Zerstörungen verursachten.

Es ist nicht zu glauben, aber leider wahr: In den erodierten, von den Sturzfluten vernichteten bzw. abgerissenen Steilhängen finden erneut Bautätigkeiten statt. Als hätten diese Unwetterexzesse nie stattgefunden. Es mangelt hierzulande an Intelligenz, Lernfähigkeit und ganzheitlichem Denken!

Lernen möchten auch die Liberalen partout nicht.

Bundesminister Volker Wissing (FDP) möchte zwar Milliarden Euro in die Erneuerung des Schienennetzes investieren und mahnt zur Eile, um die Bahn so schnell wie möglich aus den negativen Schlagzeilen herauszubringen. Gleichzeitig torpediert und hintertreibt er jedoch die ökologische Verkehrswende, indem er das deutsche Autobahnnetz, das ohnehin zu den dichtesten der Welt zählt, weiter massiv ausbauen und die Planungen dafür auch noch beschleunigen will. In welcher Welt lebt dieser Mann eigentlich? Solche Pläne sind nicht nur aus dem letzten Jahrhundert; sie sind auch verkehrspolitisch sinnlos und ein Tiefschlag gegen Natur- und Klimaschutz. Und das in einer Zeit, wo der Planet Erde lichterloh brennt und weltweit Bürgerinitiativen und Umweltaktivisten auf die Straße gehen, um für wirksamen Klima- und Biodiversitätsschutz (die Artenvielfalt auf der Erde schwindet rapide) zu kämpfen. Der ungezügelte Naturverbrauch durch Straßen, Gewerbegebiete und Freizeitanlagen wird munter fortgesetzt. Wer, wie der Verkehrsminister, vor dem Hintergrund dieser schockierenden Fakten dennoch weiter auf die Betonierung und Asphaltierung der noch unerschlossenen Natur- und Landschaftsräume setzt, anstatt endlich Vernunft anzunehmen, dürfte nicht einen Tag länger im Amt bleiben. Nach den Motiven, welcher dieser katastrophalen Fehlentscheidung zugrunde liegen, braucht man aber nicht lange zu forschen. Es gilt die eigene Klientel zu befrieden. Nichts anderes. Wo bleibt das Veto vom Klimaschutzminister Habeck? Steffi Lemke und ihre Parteifreunde lehnen einen weiteren Ausbau von Fernstraßen kategorisch ab. Doch die FDP bleibt hart, möchte die antiquierte Verkehrspolitik trotz fachlicher Einwände mit brachialer Gewalt durchsetzen. Bis jetzt konnte man sich nicht einigen. Ich befürchte, daß unter Vermittlung der SPD wieder nichts als ein fauler Kompromiss zustande kommt. Den Liberalen werden Zugeständnisse gemacht, die es ihnen ermöglichen, gesichtswahrend vor die Wähler zu treten; und die Grünen gehen leer aus. Natur und Umwelt bleiben auf der Strecke. Nichts Neues.

Der geplante Autobahnausbau im Zeitalter von Klimawandel und Artensterben ist ein Rückfall in schlimmste Zeiten. Der Flächenverbrauch wird weiter vorangetrieben, das Naturkapital unter den Kesseln der Konjunktur verheizt. (Foto: Karl Josef Knoppik)

Der kürzlich veröffentlichte aktuelle Bundesverkehrswegeplan 2030 ist weder realistisch, geschweige denn zukunftsfähig. Nach Ansicht des BUND und des NABU muß er dringend überarbeitet werden. Sonst wird die Vorherrschaft des Straßenverkehrs zementiert, und die Beschlüsse des Pariser Klimaabkommens bleiben Makulatur. Stark gestiegene Emissionen im Verkehrssektor sind auch der Grund, warum Deutschland lt. dem neuesten Klimaschutz-Index auf Platz 26 abgerutscht ist. Hier muß also unverzüglich gehandelt werden.

Seit Jahrzehnten drehen wir uns im Kreis, kommen keinen Schritt voran, reden immer über dieselben Dinge. Das Klimaproblem wurde praktisch ignoriert, so der Wissenschaftler Prof. Dr. Mojib Latif. Und was die Bevölkerung betrifft, so kann diese nur mit Druck von oben zu Verhaltensänderungen gebracht werden. Daß neuerlich wieder ein Run auf die Flughäfen eingesetzt hat, beweist, daß der überwiegende Teil der hier lebenden Menschen die Dimension der Klima- und Energiekrise noch gar nicht begriffen haben. Freiwillig unterwirft sich niemand drastischen Einschränkungen. Hier sind besonders diejenigen gemeint, die ohne weiteres in der Lage wären, umweltbewußtes Verhalten mit allen Konsequenzen in den Lebensalltag zu integrieren. Hätten wir keine Energiekrise und keine Pandemie, wäre sowieso alles weitergelaufen wie zuvor.

Aber es sitzen nicht nur Politiker und hochrangige Vertreter unserer Gesellschaft auf der Anklagebank, sondern auch ein wesentlicher Teil der Bevölkerung. Auf Autobahnen wird nach wie vor gerast. Schneekanonen und Pistenpräparierung in den Wintersportgebieten laufen auf Hochtouren. Skirennen können auch nachts unter Flutlicht stattfinden. Spritverbrauch und CO²-Emissionen zeigen einen Aufwärtstrend. Die Konzentration von CO² in der Atmosphäre ist trotz sinkender Werte durch die Corona-Pandemie unverändert geblieben. Das ist so, als wenn man in einem Jahr mehr Schulden aufnimmt als im darauf folgenden. Jedes Zehntelgrad Temperaturerhöhung hat übrigens gefährliche Folgen für das Klima.

Der Stillstand in dieser Republik ist aber auch die Schuld des amtierenden Kanzlers. Er schlägt sich auf die Seite der Liberalen und brüskiert damit seinen grünen Koalitionspartner. Ein Paradefall stellt der unlängst einberufene „Autogipfel“ in Frankfurt dar. Dieser erfolgte ohne Beteiligung der Umweltorganisationen, der Allianz pro Schiene, des Fahrgastverbandes Pro Bahn und des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). Die Lobbys waren – wie immer – unter sich.

Scholz ist es auch, der im afrikanischen Senegal die fossile Gasförderung finanzieren will. Dazu ein senegalesischer Klimaaktivist: „Das Projekt steht einer nachhaltigen Entwicklung in seinem Land und den Klimazielen im Weg. Deutschland wird das Projekt bei einem eventuellen Gasmangel nicht weiterhelfen.“ Unter anderem soll ein neues LNG-Terminal entstehen. Diese Anlage soll im Dezember d. J. in Betrieb genommen werden. Es liegt in einer einzigartigen Region mit einer reichen Tierwelt, die Millionen von Vögeln auf ihrer Reise zwischen Afrika und der Arktis eine Zuflucht bietet. In enger Nachbarschaft liegen die Nationalparks Langue de Barbarie, Djoudj und Diawling, das Meeresschutzgebiet Saint Louis, das Reservat Guembuel und das größte Kaltwasserkorallenriff der Welt. „Es drohen massive Fehlinvestionen, die – wie gesagt – dem Klima und einer regionalen Entwicklung enorm schaden.

Ferner setzt sich der Regierungschef – wie sein Koalitionspartner Grüne – für das „Mercosour“-Abkommen mit südamerikanischen Staaten ein. Ende Januar reiste er dorthin, begleitet von einer Wirtschaftsdelegation. Das Abkommen birgt jede Menge Zündstoff. Wenn nämlich die Zölle auf Importprodukte, wie Fleisch, Soja und Autos aus der EU gestrichen werden, rücken die Ziele des Pariser Klimaabkommens und des Weltnaturschutzvertrags von Montreal in weite Ferne. Die Folgen für Natur und drohende Menschenrechtsverletzungen vor Ort wären katastrophal. Allein für die Produktion von Fleisch, Soja, Kautschuk und Leder wurden bereits unzählige Quadratkilometer des tropischen Waldes in Südamerika abgeholzt und unwiderruflich zerstört. Das Mercosour-Abkommen hält nur wenig bereit, um der skrupellosen Entwaldung entgegenzuwirken. Nur mit einem starken Lieferkettengesetz und effektiven Maßnahmen gegen die Entwaldung können wir der Klimakrise und dem Artensterben entscheidend entgegenwirken (Quelle: Deutsche Umwelthilfe).

Es geht also wieder einmal um massive ökonomische Interessen, auch um Rohstoffe bzw. seltene Erden, wie Lithium. In Argentinien regt sich jedoch Widerstand gegen den Abbau. Umweltschützer fürchten den Ausverkauf der Natur. Der Landwirt Clemente Flores wird bei diesem Thema ernst, fast schon zornig: „Wir zerstören das Ökosystem der Region mit all seinem Leben, damit andernorts geglaubt wird, daß es grüne Energie ist“, sagt er. Ist es aber nicht. Grüne Energie ist einfach nur ein Geschäft. Es kommt einer Wahnsinnstat gleich: Olaf Scholz, seine Regierung und die deutsche Wirtschaft sind die treibende Kraft für die skrupellose Ausbeutung unersetzlicher Ressourcen – ohne jede Rücksicht auf einzigartige Ökosysteme. (www.tagesschau.de/ausland/amerika/argentinien-lithium-101.html) Zu diesem Thema siehe den Weltspiegel in der ARD, Sonntag, 29. Januar 2023 um 18.30 Uhr (auch in der Mediathek)

Positiv ist dagegen der Vorstoß des Kanzlers zugunsten des Amazonas-Regenwalds zu bewerten, der jedoch seiner Haltung zum o.g. Mercosour-Vertrag widerspricht. Dieses Freihandelsabkommen kann nicht losgelöst vom Schutz des Regenwaldes betrachtet werden, sondern ist Teil des Problems.

Für den Schutz des Amazonas-Waldes in Brasilien gibt Deutschland nun 200 Millionen Euro aus. Ziel sei es neben dem Klimaschutz auch, die Situation von indigenen Bevölkerungsgruppen im Amazonasgebiet zu verbessern, erklärte das Bundesentwicklungsministerium. Indigene gelten auch wegen ihrer ursprünglichen Lebensweise mit Subsistenzwirtschaft als guter Hüter des Waldes (www.tagesschau.de/ausland/amerika/waldschutz-brasilien Ich meine die ganze Staatengemeinschaft sollte umfassende finanzielle Hilfe gewähren, denn der Tropische Regenwald ist bereits zu 1/5 zerstört und hat neben seines paradiesischen Reichtums an Lebensformen auch größte Bedeutung für das Erdklima! Man wird sehen und genau beobachten müssen, ob die Wälder in Amazonien unter dem neuen brasilianischen Staatschef Lula da Silva deutlich besser geschützt werden. Die „grüne Lunge“ ist m. E. nur zu retten, wenn seine zerstörerische Ausbeutung durch multinationale Konzerne möglichst schnell beendet wird.

Rücksichtslos verhält sich Olaf Scholz in Bezug auf China. Unsere Abhängigkeit von dem Wirtschaftsgigant wird immer größer. Da gilt für den Kanzler plötzlich nicht, was andere Staaten wollen. Hier vermisst man eine gemeinsame Strategie und solidarisches Handeln innerhalb der Europäischen Union. Für US-Präsident Joe Biden, der vor einer zu starken Abhängigkeit von China eindringlich warnt, gilt die Devise: Amerika first. Das heißt im Klartext: Zuerst die US-Wirtschaft stärken, mehr auf heimische Märkte bauen und im eigenen Land Arbeitsplätze schaffen.

Wir als Deutsche laufen anderen Nationen schon viel zu lange hinterher. Hildegard Müller vom VDA (Verband der deutschen Automobilindustrie) beschwört weiterhin die Notwendigkeit der Globalisierung. Sie befürwortet auch in Zukunft weltweite Handelsbeziehungen. Während andere Nationen alles unternehmen, damit es im eigenen Land besser läuft, sorgen sich deutsche Politiker in erster Linie um die Interessen anderer und werfen mit dem Geld nur so um sich.

Wir vergrößern fortwährend unseren ökologischen Fußabdruck, indem wir in der so genannten 3. Welt zusätzliches Land beanspruchen. Inzwischen benötigen wir schon 1,7 Erden, um unseren Bedarf global nachhaltig zu decken. Nur mit einer Stabilisierung der Weltbevölkerung auf niedrigerem Niveau, sowie einer radikalen Umstellung der Wirtschafts-, Außen- und Entwicklungspolitik auf ökologische Vorsorge und faire Handelsbeziehungen, die Menschenrechte, Natur- und Klimaschutz nachvollziehbar und lückenlos sicherstellt, wird es möglich sein, den geschundenen Planeten Erde wieder in ein lebensfreundliches Gleichgewicht zu überführen. Die heute politisch Verantwortlichen, wir alle, sind es den kommenden Generationen schuldig.

Karl Josef Knoppik, 05. Februar 2023

3 Gedanken zu „Die Grünen an der Abbruchkante: Wo sie regieren, wächst kein Gras mehr – Eine Partei ohne eisernen Willen zu fundamentalen Veränderungen und Mut zu Konfliktbereitschaft“

  1. Spinnt Ihr eigentlich? Ihr habt diese völlig komische Außenministerin, diese Machtgeile, es heißt, sie schiele auf das Bundeskanzleramt, Gnade Gott – jemand, der den Russen den Krieg erklärt. Das ist schon immer schief gegangen seit Napoleon. Ach und wer hat Nord Stream 2 – Ihr wisst schon – die Russen waren es nicht. Ein grosser Spieler?!

    1. Na ja – wer den 3. Weltkrieg will – der warte mal ab. Das ist so krank. Da sitzen sie in ihren goldenen Palästen – Türkei, China, Russland, Kathar, die Amis etc. Jederzeit herausgeflogen zu werden – aber ein klitzekleines Neugeborenes, welches noch keine Ahnung hat von irgendwas, ausgeliefert diesem Erdbeben mit gebrochenen Rippen, der Nabelschnur noch an seiner toten Mutter…. Und die bestimmen über das Weltgeschehen, vermeintlich? Da überlegen wir mal besser und lernen Demut. Es könnten wir sein – und unsere Babys.

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