Videoüberwachung: Landesregierung verschleiert die Dramatik – Piraten fordern Meldepflicht für Kamera-Anlagen.

Die HSK-Piraten haben die satirische Antwort auf den Überwachungswahn. (foto: Julius Hahn)
Die HSK-Piraten haben die satirische Antwort auf den Überwachungswahn. (fotoarchiv: Julius Hahn)

Düsseldorf. (piraten_pm) „Flächendeckende Videoüberwachung in Nordrhein-Westfalen? Das wollen wir gar nicht wissen!“ – so lautet frei übersetzt die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Piratenfraktion „Nordrhein-Westfalens öffentlicher Raum: Haben wir schon eine flächendeckende Videoüberwachung?“ [1].

Fünf Monate Zeit hatte die Landesregierung für eine Bestandsaufnahme und das Ergebnis ist niederschmetternd. Anstatt eine umfassende Statistik über sämtliche Kameras im Land zu erstellen, hat sie lieber Argumente zusammengetragen, warum sie die Überwachungskameras nicht zählen müsse.

Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion im Landtag NRW für Privatsphäre und Datenschutz:

„2.750 Kameraanlagen führt die Landesregierung auf, aber die vielen tausend von den Kommunen betriebenen Kameras an Rathäusern, Schulen und Sportstätten sind nicht erfasst. Auch die vielen Kameras der Verkehrsüberwachung sind nicht aufgeführt. Dass sich die Landesregierung mit juristischen Spitzfindigkeiten rausreden will, ist an sich schon ein Skandal. In Bayern zählte die Landesregierung inklusive der kommunalen Kameras mehr als 17.000 Stück im Land. In NRW könnten es locker doppelt so viele sein – aber Innenminister Jäger interessiert das offensichtlich nicht. Will er das wahre Ausmaß der Überwachung verschleiern? Wir werden andere Wege finden, die Zahlen zu ermitteln.

Wir brauchen eine Meldepflicht für Kameraanlagen. Nur so können wir dem inflationären Einsatz der Kameras entgegentreten.

Wir alle werden überall und immer häufiger beobachtet – 99 Prozent aller Kameras sind rechtswidrig installiert, hat erst kürzlich der niedersächsische Landesdaten-schutzbeauftrage bestätigt. Gesetzlich vorgeschriebene Hinweisschilder fehlen oft gänzlich. Die Kameras werden immer kleiner und unauffälliger; die Technik immer ausgefeilter. EU und Bundesregierung forschen schon an Kameras, die die Mimik des gefilmten Passanten und dessen Gefühlslage erkennen können. Moderne Kameras können in Echtzeit Gesichter erkennen und mit Pass-Datenbanken abgleichen. Wohin soll diese Entwicklung führen?“

[1]: http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-4627.pdf

Ausstellung im Kunstverein Hamburg: „Privatisierung als Gottesdienst – Neoliberale Politik und pastorale Macht“

Die Ausstellung ist noch bis zum 5. Januar im Hamburger Kunstverein zu sehen, (screenshot)
„Privatisierung als Gottesdienst“ – Die Ausstellung ist noch bis zum 5. Januar im Hamburger Kunstverein (screenshot)

„Privatisierung als Gottesdienst – Neoliberale Politik und pastorale Macht“ heißt eine Ausstellung im Hamburger Kunstverein (Klosterwall 23), die dort noch bis zum 5. Januar 2014 zu sehen ist.

Die Öffnungszeiten: http://www.kunstverein.de/derkunstverein/info/index.php

Die Ausstellung handelt von der zehnjährigen Auseinandersetzung um die Privatisierung eines öffentlichen Raumes in Hamburg-Eimsbüttel durch die evangelikale Frankfurter Klinikkette Agaplesion AG.

Im Blog der der Initiative gegen die Bebauung des Sparbierplatzes in Hamburg-Eimsbüttel kann man sich über die sehr verzwickten politischen und wirtschaftlichen Hintergründe informieren.

Zitat:

„Der Spar­bier­platz im Süden des Ham­burger Stadt­teils Eims­büttel war von 1908 bis 2008 eine unbe­baute kommunal-öffentliche Frei­fläche und als solche Teil eines zusam­men­hän­genden Grünflächen-Ensembles des Bezirks. Wegen seiner unge­wöhn­li­chen Größe von 22.000 qm hatte dieser öffent­liche Raum im Eims­büt­teler Kern­ge­biet, das bun­des­weit zu den am dich­testen bebauten Quar­tieren zählt, eine umfas­sende Erho­lungs­funk­tion. Dazu gehörten die weit­räumigen Blick­mög­lich­keiten und die durch einen unbe­bauten Raum ver­bes­serten Licht– und Luft­ver­hält­nisse.

Als kom­mu­nale Ein­rich­tung ohne Zugangs­be­schrän­kungen bot der Platz freie Bewe­gungs­mög­lich­keiten jen­seits von kom­mer­zi­eller und staat­li­cher Ein­mi­schung. Zur zen­tralen städ­te­bau­li­chen Bedeu­tung dieser Groß­fläche kam ihre Nut­zung als Begeg­nungsort, Spiel– und Sport­frei­fläche. Umrandet von Bäumen gab es zwei Grand­plätze, die jeder­zeit frei zugäng­lich waren – für spie­lende Kinder und Jugend­liche, Jogger, Gele­gen­heits­ki­cker, freie Mann­schaften oder Ver­eine. Der benach­barte Groß­verein ETV war einer von vielen Nut­zern.

Nie­mand sah einen Grund, an diesem Zustand etwas zu ändern. Bis zum Jahre 2001, als die Ham­burger Ole von Beust und Ronald Schill an die Macht wählten. Diese poli­ti­sche Rechts­wende führte in Eimsbüttel dazu, dass der Spar­bier­platzes pri­va­ti­siert und bebaut wurde. Durch Beschlüsse des neuen Senats wurde dieser Raum zwi­schen dem 2002 in Frank­furt gegrün­deten evan­ge­li­kalen Kran­ken­hauskon­zern Agap­le­sion AG und dem Groß­verein ETV auf­ge­teilt. Auf der einen Hälfte steht heute das „Agap­le­sion Dia­ko­nie­kli­nikum“, auf der anderen wurde dem Pri­va­ti­sie­rungs­partner ETV aus öffent­li­chen Kran­ken­haus­in­ves­ti­ti­ons­mit­teln ein teurer Kunst­ra­sen­platz finan­ziert.

Als Frei­fläche ist der Spar­bier­platz seither kom­plett ver­schwunden. Schrump­fende öffent­liche Räume sind seit Beginn der neo­li­be­ralen „Reformen“ Teil der viel­fäl­tigen Ein­schrän­kungen mate­ri­eller und poli­ti­scher Hand­lungs­mög­lich­keiten.

Begehr­lich­keiten hatte die Groß­fläche immer schon geweckt, aber diese schei­terten stets an der relativ sta­bilen Bedeu­tung, die öffent­liche Ein­rich­tungen bis dahin in der sym­bo­li­schen Wer­te­ord­nung der Gesell­schaft hatten. Doch spä­tes­tens die größte Pri­va­ti­sie­rungs­welle der Geschichte, die nach Ende des Real­so­zia­lismus in Ost­eu­ropa ein­setzte, führte auch im Westen zu einer totalen Markt-Euphorie, die eine Abwer­tung öffent­li­cher Eigen­tums­formen zur Folge hatte.

Diese neo­li­be­rale Hege­monie wurde durch die Finanz­krise nicht beendet, aber zeit­weise aus­ge­bremst. In Ham­burg war das Zeit­fenster, inner­halb dessen die Sparbierplatz-Privatisierung poli­tisch durch­setzbar wurde, acht Jahre lang geöffnet – vom Sieg der Schill/Beust-Koalition im Bür­ger­schafts­wahl­kampf 2001 bis zur ersten „Wert­be­rich­ti­gung“ der HSH-Nordbank Ende 2008, die in der Abschrei­bung von 1,1 Mil­li­arden Euro bestand … “

Weitere Informationen:

Der Kunstverein Hamburg, seit 1817: IGDRA
http://www.kunstverein.de/ausstellungen/aktuell/20131001-igdra.php

Transmitter – Zeitung des Freien Sender Kombinats, November 2011
http://www.fsk-hh.org/files/tm1113.pdf

EWB, 19. November 2013: Agaplesion: Die Rückkehr der Kritik
http://www.elbe-wochenblatt.de/eimsbuettel/lokales/agaplesion-die-rueckkehr-der-kritik-d22693.html

Piraten: Videoüberwachung in Meschede wird Fall für den Landtag

Überwachungskameras im Park
Nicht jeder Baum ist ein Freund … (foto: zoom)

Meschede/Düsseldorf. (piraten_pm) Am kommenden Donnerstag, den 21. November, wird die geplante Videoüberwachung in Meschede auf Initiative der Piratenfraktion NRW zum ersten Mal im zuständigen Innenausschuss des Landtags NRW erörtert.

Die Fraktion kritisiert die Überwachung und fordert Innenminister Jäger dazu auf, Stellung zur Rechtmäßigkeit des Vorhabens zu beziehen.

„Seit Jahren beobachten wir mit wachsender Besorgnis, den Ausbau von Videoüberwachung in Städten, öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften. Die Sicherheits-Industrie schafft es immer wieder uns vorzugaukeln, dass Videoüberwachung Sicherheit schafft. Mit diesen Ammenmärchen muss jetzt Schluss sein. Schlimm genug, das man in Bussen und Bahnen und beinahe in jedem Geschäft, in Kameralinsen guckt. Der öffentliche Raum, die Fußgängerzone, der Park, dürfen nicht auch noch überwacht werden“, führt Frank Hermann, Sprecher der Piratenfraktion im Innenausschuss, die Thematik weiter aus.

„Um dem Vandalismus Problem auf den Grund zu gehen, muss man nach den Ursachen suchen und das Problem an der Wurzel packen“, gibt der Landtagsabgeordnete Lukas Lamla, zu dessen Wahlkreis Meschede gehört, zu bedenken. Videoüberwachung sei nicht die Lösung des Problems. „Das einzige, was die Überwachung bewirken wird, ist, dass sich der Vandalismus dorthin verlagert, wo keine Kameras installiert sind.“

Auch die Piratenpartei im Hochsauerlandkreis lehnt die geplante Videoüberwachung in Meschede, unter anderem wegen rechtlicher und technischer Bedenken, auf das Schärfste ab und zieht rechtliche Schritte bei Realisierung der Maßnahme in Betracht.

Meschedes vergessene Kinder

meschede20131023Meschede macht sich fit für die positive Seite des demografischen Wandel. Menschen werden immer älter, eine kurze Lebensarbeitszeit, unser Wohlstand, die gute medizinische Versorgung und Betreuung machen es möglich.

Die Wirtschaft hat dies erkannt. So entstehen vielerorts Seniorenheime, altengerechte Wohnhäuser, betreutes Wohnen und ähnliche Wohnformen. Das im Wohnprojekt Rinschen Park die Kaltmieten bis 50% über den ortsüblichen Mieten liegen werden, tut dem keinen Abbruch.

Die negative Seite des demographischen Wandels ist die niedrige Geburtenrate und der fehlende Nachwuchs. Beides lässt unsere Gesellschaft immer älter werden. Daher war ich besonders stolz auf meine Stadt Meschede, als im Rahmen der Kreativwoche zum Stadtumbau auch die Entwicklung besonderer Wohnformen für junge Familien und Studierende gehören sollte. Auch im Haushaltsplan 2013 wird unter 5.1.4 als Haushaltssteuerung und Handlungsfelder die „Bewältigung des demographischen Wandels; insbesondere auch durch Unterstützung familiärer Strukturen“ genannt.

Mittlerweile hört und sieht man vom Wohnen für junge Familien nichts mehr. Wurden sie vergessen? Oder hält man das, was „Planer, Politiker, wichtige Institutionen und Vereine unserer Stadt und nicht zuletzt zahlreiche Bürgerinnen und Bürger an drei intensiven Arbeitstagen hervorragende Ideen für unsere Innenstadt“ entwickelt haben, heute nur noch zum Teil für sinnvoll?

Stattdessen soll dort ein Wohnhaus abgerissen und das Feuerwehrhauses an der Fritz-Honsel-Straße für 2,8 Mio. € aus- und umgebaut werden. Wenn die Stadt dieses städtebauliche Filetstück für eine bürgernahe Innenstadtentwicklung nutzen wollte, wäre ein Feuerwehrneubau sicherlich auch an anderer Stelle möglich. Mit dem Erlös aus dem innerstädtischen Grundstück kann der Neubau mitfinanziert werden. Aus meiner Sicht bietet die Fläche zwischen Ruhr und Arnsberger Str. gegenüber der Einmündung der L840 die nach Calle führt, eine sehr gute Verkehrsanbindung. Zusätzlich könnte die Feuerwehr dort an die bestehende Holzheizung des Grafen in Laer angeschlossen werden.

Die Bebauung an der Fritz-Honsel-Straße ist die Visitenkarte Meschedes für alle, die den Ruhrradwanderweg nutzen. Sie sollte Gäste und Urlauber auf eine attraktive Stadt neugierig machen und einladen hier Zeit zu verbringen. Ob in den kommenden Jahrzehnten diese Aufgaben von dem Zweckbau der Feuerwehr mit Industrietoren und Parkplätzen wirklich gut erfüllt werden kann, ist fraglich.

Umleitung: zu Beginn hilft Englisch zwischendurch auch der Verstand – von NSA und USA zum Boogie-Woogie.

Harley Davidson
Multiples Selbstporträt – alles Zufall … (foto: zoom)

NSA and GCHQ: target Tor network that protects anonymity of web users … guardian

USA – Reform Turns Real: At this point, the crisis in American governance has taken on a life of its own … nyt

Zeitungsvielfalt nimmt weiter ab: weniger als 100 Vollredaktionen in Deutschland … journalistik

Gauck machte Verlegern keine Freude: „Überall lässt sich beobachten, wie feste Stellen in den Redaktionen verschwinden, wie freie Mitarbeiter für Zeilenhonorare schuften, wie Volontäre als Redakteure arbeiten, aber Azubilöhne verdienen“ … charly&friends

Plagiats- und Täuschungsvorwurf gegen Steinmeier ohne seriösen Beleg: Kamenz sollte „Prüfbericht“ schnellstens zurückziehen … HajoFunke

Ab-Schreiben und die Universität: Frau Schavan, es gibt eine Schamfrist … scilogs

Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD: kämpft Kraft um ihre Zukunft? … postvonhorn

Deutschhasser und Deutschenhasser: „Wachrütteln, um wieder ein liebenswertes Rheinhausen zu schaffen“ … jurga

Dortmund: Ein Stadtviertel zwischen Luxus und Niedergang … revierpassagen

„Alternative für Deutschland“: Wer sind die eigentlich und was ist das Geheimnis ihres Erfolges? … doppelwacholder

Boogie-Woogie und Rhythm & Blues im HSK: Christian Bleiming Boogie Trio in KulturSchmiede Arnsberg … neheimsnetz

Neues Meschede Center vielleicht doch Ende 2013 fertig?

Wunsch (links unten) und Wirklichkeit geradeaus. (foto: wendland)
Wunsch (links unten) und Wirklichkeit geradeaus. (foto: wendland)

Am Samstag war ich in Meschede unterwegs und habe mir das alte Hertie Kaufhaus angesehen. In der Lokalzeitung ist das geplante Projekt zu erkennen: es geht um das neue Meschede Center, dass vielleicht dann doch Ende 2013 fertig sein wird.

Man kann man auf der Grafik erahnen wie es später,  in 2014, aussehen soll.  Ob die Wirklichkeit dann dem Wunsch entsprechen wird?

Stadtentwicklung Meschede: kein Platz für junge Familien und Studierende?

"Wissen Wasser Wandel": Schautafeln an der Ruhr neben der Hennemündung (foto: zoom)
Wissen Wasser Wandel: Schautafeln an der Ruhr neben der Hennemündung (foto: zoom)

Der demografische Wandel verläuft in Deutschland sehr unterschiedlich. Während große Städte aber auch der Landkreis Paderborn eine ausgewogene Alterungsstruktur aufweisen, vergreisen besonders ländliche Gebiete wie beispielsweise das Sauerland. Meschede hat bis 2030 einen Bevölkerungsrückgang von 15% zu verkraften.

(Gastbeitrag von Gertrud U.)

„Wissen-Wasser-Wandel?“
Mit dem Titel „wissenwasserwandel“ startete die Stadt Meschede ein Projekt zur positiven Entwicklung der Stadt. In der Broschüre „Ergebnisse zur Kreativwoche“ heißt es zum Begriff Wandel:

„Wandel steht für die Bewältigung der strukturellen Probleme, die u.a. durch den demografischen Wandel hervorgerufen werden“

Kreativwoche im November 2009
Mit dem Schwerpunkt der Entwicklung und Stärkung der Innenstadt entstanden in einer Kreativ-Woche Ideen für die Innenstadt. Beteiligte an dem offenen Planungsprozess waren: „Stadtentwicklung Meschede: kein Platz für junge Familien und Studierende?“ weiterlesen

Umleitung: hier wird eine Trendwende in der Fotografie gewittert, dem Medienflüsterer Michael Strepp gehuldigt und schließlich auf das alberne Treiben erwachsener Männer verlinkt.

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Küste bei Hunstanton (foto: chris)

Trendwende in der Fotografie? „Seit einiger Zeit werden meine Bilder immer unbunter; monochromatisch, Ton in Ton, ob in Porträts oder Landschaften, immer öfter aber: Schwarzweiß. Mit ungewöhnlichen Optiken, mit Lochplatten, spartanischen Ein-Linsen-Systemen und Festbrennweiten ohne Autofokus und Elektronik, in Kombination mit DSLR-Kameras, obwohl ich in letzter Zeit wieder überraschend viel mit analogem Material experimentiert habe“ … heikerost

Deutsche Familienfreuden:
Willkommen in einem Land, in dem ein Cafébesitzer am Prenzlauer Berg seinen Laden zur kinderfreien Zone erklärt hat. Kinder sind hier anscheinend eine Belästigung … revierpassagen

Journalisten zwischen Anpassung und Widerstand: „In meinem Journalisten-Dasein drohte mir ein Oberbürgermeister vor Zeugen: „Sie mache ich fertig“. Und schwärzte mich beim Chefredakteur an.“ … postvonhorn

Aus für den Streppenzieher: „Wegen seines plumpen Anrufs beim ZDF musste CSU- Sprecher Michael Strepp zurücktreten“ … taz

Die Märtyrer der Bild und die Helden des ZDF: „Die allgemeine Entrüstung, die sich gerade in der schnappatmenden Hysterie der politischen Konkurrenz breit macht, ist eben auch ein Stück geheuchelte Aufregung. Ich weiß nicht, wie oft ich in meinen journalistischen Leben von irgendjemandem angerufen worden bin“ … jakblog

Hans Michael Strepp –  Step by Step:
Dobrindt, Cornelia Pieper, Rösler, Seehofer, Strepp, Söder und Familienministerin Schröder: anscheinend sind die an der Zahl “7″ fest gemachten Landplagen nicht nur in der religiösen Sagenwelt zu verorten … neheimsnetz

Bildung: Die Studiengebührenbefürworter machen wieder mobil … nachdenkseiten

Radsport: Der ‚Fall‘ Lance Armstrong – Der letzte ‚Sargnagel‘ für den Profi-Radsport? … ruhrbarone

Hagen „Gegen den Strom“ – Sozialpolitik: Der Referent Ottmar Schreiner ist für die SPD seit 1980 Mitglied des Deutschen Bundestages und war von 2000-2012 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen … doppelwacholder

Hochsauerland: vom Abfallentsorgungsbetrieb (AHSK) und seinen teuren Millionen … sbl

Nerdige Notwendigkeit oder spießiger Alltag? Mit Gigabit ins Wohnzimmer… endlich!  Eine Bauanleitung über mehrere Etagen … schwenke

Männer, Monarchie und Medebach: „Hoher Besuch bei den St.-Sebastianus-Schützen in Medebach: Seine Königliche und Kaiserliche Hoheit, Karl Erzherzog von Habsburg, war zum Abschluss des Jubiläumsjahres 2011 in der Schützenstadt zu Gast“ … westfalenpost

Urbanes Wohnen VIII: Hafencity Hamburg

In loser Folge veröffentlichen wir Fotos aus städtischen Wohnquartieren in Metropolen rund um die Welt.
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Hafencity, im Hintergrund der neue 'Traditionshafen Hamburg' (fotos: chris)

Wenn Sie genügend Kleingeld haben, dann wohnen Sie hier unter Ihresgleichen. Die Einwohner der Hafencity sind sozial recht homogen, was an den horrenden Quadratmeterpreisen in dem riesigen Neubauareal liegt.

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Der Zugang ist versperrt. Wohnungen in der Hafencity.

Die Zugänge zu den Wohnungen sind an manchen Orten durch Zäune und Pforten gesichert. In den USA nennt man dies „gated communities“. Die Bewohner möchten sich abgrenzen, sie wollen unter sich bleiben und sie wollen nicht, dass Fremde ihre Hinterhöfe passieren oder gar an ihren Türen schellen. Die Welt wird auf Distanz gehalten.

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Bürogebäude von Unilever in der Hafencity.

Unilever nutzt ein riesiges Bürogebäude direkt am Elbufer. Im Erdgeschoss lädt ein Laden zum Einkauf. Spätestens jetzt lernt der Besucher, was der Lebensmittelgigant alles herstellt: Von Langnese-Eis über Rama und BiFi-Minisalami, OMO, Axe-Deo und vieles mehr. Nebenan befindet sich ein Café mit Elbblick und moderaten Preisen. Auch hier werden die Produkte von Unilever angeboten.

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Im Hintergrund die Elbphilharmonie, im Vordergrund der dazugehörige Pavillon.

Und natürlich gehört sie zur Hafencity: die Elbphilharmonie. Das neue Wahrzeichen der Stadt,  das ‚Leuchtturmprojekt‘. Jahr der Fertigstellung? Weiterhin ungewiss.

Im Vordergrund des Bildes befindet sich die Außenfassade des Elbphilharmonie Pavillons. Hier „bieten  Hör- und Sehrohre audiovisuelle Eindrücke von den Elbphilharmonie Konzerten“, so die Information auf der Homepage der Hafencity. Momentan finden diese Konzerte allerdings noch in der Laeiszhalle am Johannes-Brahms-Platz statt.

Fazit: Der neue Hamburger Stadtteil ist kalt und distanziert. Es fehlt an Menschen, Bäumen und selbst Hunde vermisse ich. Ach ja, und als wir in einem der zahllosen Restaurants nach einem Buchgeschäft fragen, heißt es:  „Nein, das gibt es hier nicht.“  Wer will bloß  in so einem Stadtteil wohnen?

California here I come: Reisebericht Teil X – Los Angeles, Teil 2

Unser Autor berichtet von seiner Fahrt durch Kalifornien. Heute streift Christopher  zu Fuß und mit der Metro durch die Autostadt Los Angeles. Über seine sehr persönlichen Eindrücke berichtet er hier.

Bei Wanderungen durch die Stadt von vier, fünf Stunden hätte ich die Menschen, denen ich auf den Bürgersteigen begegnete und die verstohlen herüberlugten, an der Hand mitzählen können.

 

Ein Artikel im „Spiegel“, der sich 1982 mit der Innenstadtgestaltung L.A.s befasste, sprach noch von der gegenteiligen Hoffnung der Stadtplaner:

„[Bunker Hill, downtown L.A.] soll Los Angeles endlich jene Silhouette verleihen, die von den Skyline-besessenen Amerikanern an dem Häuserteppich so schmerzlich vermißt wird. Sie soll aber auch noch etwas anderes bringen, was es in diesem Drive-in-Dschungel bislang so gut wie nicht gab: Fußgänger-Bereiche.“ (aus dem Spiegel Nr. 52, 36. Jg., 27.12.1982, Karl-Heinz Krüger: Städtebau, S. 114-119)

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Bunker Hill in Downtown Los Angeles (alle fotos: christopher)

Stets allein in einer Millionenstadt

So etwas wie Bunker Hill Downtown habe ich persönlich noch nie gesehen, und wer weiß, vielleicht gibt es so etwas erst wieder in Omsk in Sibirien. Im Zentrum des L.A.-Ballungsgebiets muss wohl der Kern der Anti-Materie sein, um welche die Physiker so trefflich streiten. Denn auch auf meinen Urlaubsfotos sind in der Stadtmitte dieser sogenannten Megacity keine drei Menschen zugleich drauf; es ist unheimlich; man ist stets allein und doch im Bewusstsein, dass dies eine Mehr-Millionenstadt sein soll. Aber hier liegt der Denkfehler: L.A. ist halt eine Agglomeration aus hundert Dörfern und keine Stadt.

Der Fußgänger, das fremde Wesen

Im Nachruf zu den Planungen zur Belebung des öffentlichen Raums in den 1980er Jahren muss man feststellen, dass es jetzt Bürgersteige und eine Minicity auf Bunker Hill für Fußgänger gibt; dort, wo auch das Stadtmuseum oder die neue Philharmonie vom Architekten Frank Ghery hinbetoniert wurde. Aber es gibt keine Fußgänger. Als Fußgänger ist man in L.A. suspekt, etwas Fremdes, deshalb toleriert Sittenloses, solange es fremd bleibt.

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Zentrumsplatz mit sozialistischem Wohnschick – „Suchbild Mensch“ in der Zehnmillionenmetropole an einem Werktag

L.A. zwischen deutscher Provinz und sozialistischem Plattenbau

Vielleicht sollte man auch erwähnen, dass die Häuser um den einfallslos hochgepäppelten Platz auf Bunker Hill an deutsche Kleinstädte nach der Entkernung der 1960er Jahre erinnern, nachdem das deutsche Wirtschaftswunder zu viel Geld in die kommunalen Kassen geschwemmt hatte, um das, was der Krieg von den Altstädten noch übrig gelassen hatte, zu sanieren und damit vollends zu zerstören.

So strahlt auch Bunker Hill etwas von einer Eisdiele Rio Alto vor bronzener Sprengelanlage, also Brunnen des örtlichen Provinzkünstlers ab, leicht süßsaurer, katholischer Hauch.

Oder aber L.A. will sich konsequent mondän geben und heraus kommen Plattenbauten, die man aus dem real existierenden Sozialismus kennt. Selten hat es der Städtebau so auf die Spitze des schlechten und wohl auch verzweifelten Geschmacks getrieben. Ich habe immer die Behauptung vertreten, dass so hässlich wie im Sozialismus sonst nirgendwo Städtebau getrieben worden wäre, aber hier komme ich ins Zweifeln. Der Spiegelautor Karl-Heinz Krüger fasste sein ästhetisches Gefühl 1982 in folgende Worte:

„Tatsächlich hat die Downtown von Los Angeles bislang nicht viel zu bieten. Das Sammelsurium der ersten neuen Wolkenkratzer ist weder für die Baukunst noch für das Stadtbild ein Gewinn. Die hohen Hülsen stehen fremd und verschlossen am Straßenrand, das spiegelgläserne fünfzylindrige Bonaventure Hotel erhebt sich über einem hohen Betonsockel, der so einladend wirkt wie ein Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg.“

Innenstadt als großer städtebaulicher Murks

Dies Gefühl, eigentlich in einer Ruine des öffentlichen Raums angekommen zu sein, pflanzt sich im großen Unbehagen unter den Menschen fort. Stets hat man das Gefühl, eigentlich nicht wohin, also zum Ziel, sondern nur ziellos weg zu wollen. Die Innenstadt ist großer städtebaulicher Murks, und deshalb will niemand freiwillig ins Zentrum, das nachts zudem, weil ausgestorben, zu allem Überfluss gefährlich wird.

Schon tagsüber bestimmen auf den paar öffentlichen Plätzen verwahrloste Obdachlose das Stadtbild und ihr Gebettel das Sozialklima. Man fragt sich, wie es eigentlich die Angelinos in ihrer Stadt auf Dauer so aushalten, die dem Touristen aus andern Weltteilen leicht als dreckiger Witz der Postmoderne vorkommen mag. Ästhetische Genusswerte kann man in dieser selten geschichts- und gesichtslosen Stadt keine konsumieren, nur Smog, dumm-aggressive Sprüche und Fastfood.

Das Ruhrgebiet kann man wenigstens mögen

Wie wohltuend ist noch jede Stadt der Ruhrgebiets-Agglomeration dagegen, wo jede Ecke lebt, jeder Kiez seinen eigenen Sound spricht. Zwar ist es wahrlich kein Vergnügen, eher ein echtes Abenteuer durch Zeit und Raum, Menschen, Länder, Abenteuer, früh Abends die 120 km S-Bahn von Düsseldorf nach Unna zu nehmen. Ein echt „assiges“ Erlebnis der schlimmsten Sorte erwartet einen – der lieben betrunkenen Pöbler wegen, dann ist da der Schienenersatzverkehr, der zuweilen geschlagene 2 Stunden durch das südlich angrenzende Tal der Wupper kurvt, um von Bochum nach Dortmund zu kommen, sodass man als Tourist garantiert nie wieder das Ruhrgebiet betritt – aber jede Ecke atmet autochthon und authentisch. Man muss es wohl mögen, aber man kann, und das ist der Unterschied zu L.A.

Auf der Flucht

Zimmernachbarn in meiner Unterkunft wurden rasch vom L.A.-Syndrom befallen und begannen regelmäßig nach einem einzigen Tag über die Stadt zu klagen, am zweiten Tag äußerten sie beklemmende, klaustrophobische Vorstellungen und dass sie wegwollten und nur hier wären wegen des nicht umbuchbaren Flugs, dass sie sich deprimiert fühlten beim Gedanken, morgen noch einmal einen ganzen Tag in dieser Stadt verbringen zu müssen – danach wälzte einjeder intensiver den Stadtführer, um den Notausgang zu finden, oder ging zwecks Realitätsflucht verschärft ins Kino

Die Stadt Los Angeles wird oft von Soziologen hermeneutisch zerlegt, um stadtsoziologische Expertisen á la Experiment der Postmodernität an den Mann zu bringen. Das Problem ist, dass die Stadt schlicht langweilig ist und im Grunde genommen mausetot. Deshalb ja auch der Glanz der Filmindustrie, damit überhaupt etwas los ist. Hier tut der schöne Schein Bitternot, der ein Drittel des Aufkommens der städtischen Volkswirtschaft in die wirtschaftlichen Kapillaren pumpt.

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„Whisky a go go“ – legendäre Bar des Musik-Showbiz

‚So alone‘

Am vorletzten Tag ging ich vom Walk of Fame, dem proletaroiden Abschnitt des gefeierten Hollywood Boulevards hinunter zum Whisky a go go, wo The Doors einen ihrer ersten Auftritte hatten und Jim Morrison offenbar das Dilemma in L.A. Woman besang, dass, wie man es auch macht, mit oder ohne Auto, man es in dieser Stadt nur falsch anpacken kann:

Drivin‘ down your freeways
Midnite alleys roam
Cops in cars, the topless bars
Never saw a woman…
So alone, so alone
So alone, so alone

Mit der Metro in die falsche Richtung
Es ist schon eine seelenlose Veranstaltung mit L.A. Nachts fühlt man sich auf den Straßen nicht sicher, Sperrstunde der Freiheit, und tagsüber darf man mit der Metro auch nicht in die falschen Viertel wie South Central Los Angeles fahren. Dort war ich am zweiten Tag unterwegs. Jedoch häufte sich von Station zu Station das jugendliche Gangunwesen aufdringlicher und aggressiver Schwarzer mit einem lautstarken Gehabe wie aus dem ortsüblichen Gangsterfilm, sodass ich lieber schnellstmöglich abgedreht habe, zumal ich, je tiefer in die Vororte fahrend, als einziges Bleichgesicht im Waggon saß und unangenehm angeglotzt wurde. Weiter fuhren nur muslimische Proselytenmacher, die den Koran unters Volk bringen wollten. Inschallah und Gott sei mit ihnen!

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South Central Los Angeles – heimeliges Viertel, netter Ausblick!

Verbrechen und Glamour

Abends dann erlebte ich auch prompt die erste Schießerei in meinem Leben. Der Seitenflügel der Herberge ging zu einem Parkplatz hinaus, woneben sich eine alt-eingesessene Diskothek befand, der gegenüber eine neue Bar an diesem Abend eröffnet hat. Der Türsteher der alten Bar muss im Laufe des Abends dem Türsteher der neuen Bar den Platzhirschen gegeben und sich infolgedessen mit ihm überworfen haben, sodass der eine Gorilla dem andern in den Arm schoss. Peng! – Die Nacht zuvor hatte unweit am Boulevard bereits eine Bar eröffnet und man sah, wie in einer Traube von Journalisten Brad Pitt die Bar verließ. – Also kann man sich als Tourist nicht beschweren, nicht das zu bekommen, was der Blockbuster verspricht: Verbrechen und Glamour, ein bisschen Glanz:

„Und damit wurde aus diesen Straßenzügen im Westen von Los Angeles „Hollywood“, das universelle Codewort für die Macht schöner Lügen, für eine Bildsprache, die noch in Karatschi und in Wladiwostok verstanden wird, für großes Gefühl und noch größere Geschäfte. Hollywood sei eigentlich [kein Ort … sondern eine Geisteshaltung] … Mag die Supermacht des Westens auch wanken, diese Kulturleistung wird bleiben: So, wie uns die griechische Antike die Tragödie gegeben hat und das römische Imperium das Recht, so wird von Amerika Hollywood bleiben, und das ist nur ein anderes Wort dafür, dass sich das Leben in einen anrührenden oder optischen Traum verwandeln lässt. … Bilder strömen, täglich, stündlich, wie Erdöl aus einem leckgeschlagenen Bohrloch, hartnäckig, unaufhörlich, ist das gifitg? Wir sind dabei, uns in voralphabetisierte Zeiten zurückzubewegen, in denen die Magie von Bildern und Zeichen gilt und sonst nichts. Wir werden nicht dümmer, aber zunehmend hypnotisierter von unseren erfundenen Legenden, die sich über die Wirklichkeit stülpen … [Zu Beginn] handelte es sich um eine andere, neue „Manifest Destiny“: Die Eroberung des Westens war abgeschlossen, nun sollte die Eroberung der Träume beginnen.“ (Matthias Matussek: Im Kino gewesen. Geweint, in: Der Spiegel 1/2011, 3.1.2011, S. 100 -108)

Hollywood als Soft Power

Ob wir nicht dümmer werden? Wer mag das kollektiv entscheiden können. Aber der Kulturphilosoph Theodor W. Adorno zumindest gab zu, dass die affirmativen Schnulzen der Kulturindustrie seiner Zeit, welche die gesellschaftspolitischen Verhältnissen zur schönen heilen Welt fabulierten, ihn dümmer gemacht hätten. Und in Ermangelung eines modernen Siegfried Kracauers, der die autoritativen Sehnsüchte und Träume des deutschen Publikums analysiert hatte, das damals in der Weimarer Republik vom rechtskonservativen, kaisertreuen Hugenberg-Imperium und der UFA (Universum Film AG) bedient worden war, müssen wir uns bescheiden und es bei der offiziellen Meinung zu Hollywood aus US-Regierungskreisen bewenden lassen, wonach Hollywood und seine miteinander verflochtenen Konzernkartelle in Nachfolge von Paramount (1912), Universal (1912), MGM (1924), Disney, Dreamworks, Miramax, und wie sie alle heißen, eine Soft Power zur Eroberung der Herzen und Gehirne sei, um ihnen den American Dream und American Way of Life einzuimpfen.