Schulden steigen trotz (oder wegen?) der Sparpolitik. – „Keiner versteht Schulden“, wirft Paul Krugman den Politikern vor

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Bundeskanzleramt (archiv: chris)

Die New York Times International Weekly, eine Beilage der SZ, veröffentlichte heute einen Kommentar des Ökonomen Paul Krugman. Unter dem Titel „Keiner versteht Schulden“ (Nobody Understands Debt) erklärt Krugmann, warum er die Sparpolitik u.a. der deutschen Regierung für falsch hält. Aus dem Englischen übertragen von C.K.

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Die momentane Sparpolitik sei das Problem, denn:
„Meine Ausgaben sind Dein Einkommen, wenn also jeder zur selben Zeit seine Ausgaben kürzt, gehen die Einkommen auf der ganzen Welt zurück.“

Krugman zitiert hier die Vorsitzende der US-Notenbank Janet Yellen, die die zeitgleichen Bemühung vieler Schuldnerstaaten um die Reduzierung ihrer Verbindlichkeiten für die globalen wirtschaftlichen Probleme verantwortlich macht. 2009 sagte Frau Yellen: „Vorsichtsmaßnahmen, die für Individuen und Firmen klug sind und eine Voraussetzung für eine Rückkehr der Ökonomie zur Normalität wären, vergrößern die Not der Wirtschaft insgesamt.“

Krugman stellt fest, dass es bisher überhaupt nicht gelungen ist, die Wirtschaft zur Normalität zurückzuführen. Das Handeln von Politikern basiere auf einem falschen Verständnis von Schulden. Ihre Versuche, das Problem zu reduzieren, hätten das Gegenteil bewirkt.

Keine Nation hat das Verhältnis von Gesamtschulden zu Bruttoinlandsprodukt reduziert

Zunächst benennt Krugmann die Fakten: In einem Report stellte das McKinsey Global Institute fest, dass keine Nation das Verhältnis von Gesamtschulden zu Bruttoinlandsprodukt reduziert hat. In einigen Ländern sind die Schulden der privaten Haushalte gesunken, aber in anderen Ländern sind auch diese gestiegen. Und selbst dort, wo private Schulden abgebaut wurden, sind die Staatsschulden stärker angestiegen als die privaten Schulden gesunken sind.

Krugman empfiehlt, daraus auf keinen Fall zu schlussfolgern, dass mehr gespart werden müsse. Wir sehen momentan eine nie dagewesene Sparpolitik. Staatliche Ausgaben – abgesehen von Zinszahlungen – sind in reichen Nationen gefallen und es gab tiefe Einschnitte bei den Schuldnern in Südeuropa. Aber auch in Ländern wie Deutschland und den USA, die momentan zu historisch einzigartig niedrigen Zinsen Geld leihen könnten, wird gespart.

Die Austeritätspolitik mache alles nur noch schlimmer, denn die Forderung, alle sollten den Gürtel enger schnallen, basiere auf einem falschen Verständnis von der Rolle von Schulden in der Wirtschaft, so Krugman.

Immer wenn jemand fordere, man solle aufhören, zukünftige Generationen zu bestehlen, könne man diese falsche Verständnis erkenne:

Eine verschuldete Familie schuldet anderen Leuten Geld. Die Weltwirtschaft als Ganzes schuldet sich selbst Geld. Amerika würde momentan dem Ausland weniger Geld schulden als noch 2008, Europa sei Nettogläubiger gegenüber der übrigen Welt.

Daher sind unsere Schulden Geld, das wir uns selbst schulden. Es macht die Wirtschaft nicht direkt ärmer (und Schulden abzahlen macht uns im Umkehrschluss nicht direkt reicher). Schulden können tatsächlich die finanzielle Stabilität gefährden, aber die Situation verbessere sich nicht, wenn Einsparungen die Wirtschaft in eine Deflation oder Depression stürzten.

In der aktuellen Situation wirft Krugmann den Europäischen Staatschefs vor, sie klammerten sich an den Glauben, die ökonomische Krise sei durch zu viel Geldausgabe entstanden, durch Staaten, die über ihre Verhältnisse gelebt hätten. Angela Merkel habe darauf bestanden, dass der Weg nach vorn in einer Rückkehr zur Sparsamkeit bestehen müsse. Europa solle der sparsamen schwäbischen Hausfrau nacheifern.

Merkels Sparkurs sei das Rezept für eine Katastrophe in Zeitlupe.

Merkels Sparkurs sei das Rezept für eine Katastrophe in Zeitlupe. Eine gewisse Sparsamkeit der europäischen Schuldner war nötig, allerdings erwiesen sich die Sparmaßnahmen, die ihnen aufgezwungen wurden als „unglaublich grausam“, so Krugman. Gleichzeitig gingen u.a. Deutschland dazu über, weniger Geld auszugeben. Das Gegenteil wäre nötig gewesen.

In diesem Klima war es unmöglich, die Verschuldungsquote zu reduzieren:
Das reale Wachstum verlangsamte sich, die Inflationsrate fiel, bis es in den am schlimmsten betroffenen Nationen zu einer faktische Deflation kam.

Die Wähler hatte diese Katastrophenpolitik lange genug ertragen, glaubten sie zunächst an die Versprechen der Eliten, dass es bald eine Belohnung für die Entbehrungen geben würde. Aber als der Schmerz anhielt, so der amerikanische Ökonom, und sich kein Fortschritt zeigte, war die Radikalisierung unvermeidlich. Jeder, der jetzt über das griechische Wahlergebnis erstaunt ist oder wer sich über Anti-Establishment Kräfte in Spanien wundert, hat vorher nicht aufgepasst.

Keiner wisse, was als nächstes passieren werde, obwohl die Wahrscheinlichkeit wächst, dass Griechenland die Eurozone verlassen wird. Vielleicht wird der Schaden dort enden, aber Krugman glaubt, dass dieser Schritt das ganze Europrojekt bedrohen könnte. Wenn der Euro scheitert, sollte man auf seinen Grabstein schreiben:

„Starb an einer schlechten Analogie.“

HSK-SPD: Zu Besuch auf der traditionellen Kostümsitzung der Funke rut-wieß vun 1823 e.V. in Düx

Die Reisegruppe der AfA-HSK zum Kölner Karneva. (foto: wiegelmann)l
Die Reisegruppe der AfA-HSK zum Kölner Karneval. (foto: wiegelmann)l

Brilon. (afa_pm) Eine 55-köpfige Delegation der AfA – Hochsauerlandkreis (Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen) nahm  auch in 2015 wieder  an der traditionellen Kostümsitzung der Funke rut-wieß im Kristallsaal zu Köln-Düx (Deutz) teil.

Die Veranstaltung sei seit Jahren fester Bestandteil in der Jahresplanung der HSK-SPD und eine gute Tradition, so Ralf Wiegelmann, AfA-Unterbezirksvorsitzender und Mitglied im Bundesausschuss der AfA.

In der diesjährigen Session boten die Organisatoren ein buntes und jeckes Programm der Extraklasse. Mit einem 20-minütigen Aufzug der roten Funken wurde der bunte Abend im Kristallsaal eingeläutet. Auch die nachfolgenden Gruppen und Redner wie die Höhner, Querbeat, Gerhard Schopps, Blaue Funken, Brings, Zunftmüs, Guido Cantz und die Bläck Fööss hatten es in sich und brachten den Saal „so richtig zum Kochen“.

Die Krönung des Abends war der begeistert gefeierte Einzug des Trifoliums, bestehend aus Kölner Prinz Karneval Holger I. (Holger Kirsch), Bauer Michael (Michael Müller) und Jungfrau Alexandra (Sascha Prinz), angeführt vom Prinzenführer und der Prinzengarde.

Auch in 2016 wird die AfA-HSK eine 2-Tagesfahrt zur Kostümsitzung nach Köln-Düx anbieten können. Sie wird vom 29. bis zum 30. Januar 2016 stattfinden.

„Schon heute raten wir an, dass sich interessierte Jecke aus dem Sauerland zu mindestens aufgrund der sehr kurzen Session und der Kartensituation bei uns voranmelden“, so Wiegelmann.

Heute wieder keine Politik, nur Blütenpflanzen und Auen …

Kleine Orientierungshilfe vor der Ruhraue. (fotos: zoom)
Zwischen zwei Bahnlinien in Bigge. Kleine Orientierungshilfe vor der Ruhraue.  Die meisten Förderschulen sind im HSK dicht. Die katholische St. Martinus Kirche in Bigge existiert noch. (fotos: zoom)

Es gibt Tage, die können einfach keine Politik mehr vertragen.

Der Mittwoch gestern war ein solcher Tag, der heutige Donnerstag setzt die unpolitische Woche fort.

Auf dem Weg in die Ruhraue ...
Auf dem Weg in die Ruhraue. Vorn die Tafel #1.

Die Ruhraue ist ein ganz nettes Stückchen „Natur“ im Olsberger Stadtteil Bigge. Dort wurde das Flüsschen Ruhr auf etwa 600 Metern „renaturiert“. Im Grunde genommen ist das nicht schlecht. Man kann dort zu jeder Jahreszeit auf ebener Erde spazieren gehen.

Heute habe ich mir sämtliche sieben Informationstafeln plus die Eingangstafel durchgelesen, sowie die Infos zusätzlich fotografiert – Material satt, die Tafeln sind mit Details überladen.

Im Moment haben wir einen klar definierten Ausgangszustand, denn es wächst im Winter nicht viel in diesen Auen. Demnächst wird es allerdings wieder losgehen: Blütenpflanzen, Bäume, Sträucher und das ganze Gekrabbel im Wasser und das Gesumme in der Luft.

Schon seit langem habe ich mir vorgenommen, ein kleines Biotop im Jahresverlauf zu dokumentieren. Jedesmal hat mich bislang der Frühling überrascht. Als ich plante, war es Sommer und im Herbst war es dann zu spät.

Vielleicht dieses Jahr. Vielleicht mit einem kleinen Workshop beginnen. Hauptsache beginnen, bevor der Winter zu Ende geht. Zuerst die Tafeln aufschlüsseln.

Diese Tafeln, 7+1 an der Zahl, sind schon einschüchternd ...
Diese Tafeln, 7+1 an der Zahl, sind einschüchternde Text- und Bildmonster. Hier Tafel #2: „Die Durchgängigkeit der Fließgewässer“ …

Mescheder Trio: Bilder und kaum Text … SPD, WP, Telekom und Stadthalle

Wie kommen die alle auf das selbe Dach? (fotos: zoom)
Wie kommen die alle auf das selbe Dach? (fotos: zoom)

Als ich mir vor drei Tagen die wundervolle Ortsmitte von Meschede anschaute, fiel mir das Trio „SPD, Telekom und WP“ auf.

Gleicher Gebäudekomplex, Gemeinsamkeiten? Keine Ahnung. Alles Zufall. Der Hintergedanke beim Foto war: „Wenn mal irgendetwas passieren sollte, bei dem beispielsweise die SPD und die WP eine gemeinsame Rolle spielen, oder die Kombination Telekom – WP, Telekom – SPD oder alle drei, habe ich ein Deko-Bild.

Könnte jetzt mal was passieren, bitte!

Es passiert ja nix an dieser Stelle, zumindest nichts wirklich Aufregendes. Die Mescheder Stadthalle sieht eigentlich immer besch … ehem …  bescheidener aus.

Ob es in Meschede schönere Flecken Erde gibt? Keine Ahnung. Der Eingang zur Stadthalle.
Ob es in Meschede schönere Flecken Erde gibt? Keine Ahnung. Der Eingang zur Stadthalle.

CDU im Hochsauerlandkreis: Matthias Kerkhoff soll Sensburg-Nachfolger werden

Matthias Kerkhoff (foto: ailura CC BY-SA 3.0 at***)
Matthias Kerkhoff (foto: ailura CC BY-SA 3.0 at***)

Medienberichten zufolge hat sich der CDU-Kreisvorstand im Hochsauerland für einen Nachfolger des zurückgetretenen Kreisvorsitzenden Patrick Sensburg entschieden.

Neuer Vorsitzender soll laut WDR der Landtagsabgeordnete Matthias Kerkhoff werden. Darauf habe sich der Vorstand am gestrigen Montagabend verständigt.

Die Wahl soll auf dem Kreisparteitag am 28. Februar in Meschede-Olpe stattfinden.

Der Bundestagsabgeordnete Sensburg war als Kreisvorsitzender zurückgetreten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn, weil er seine Freundin geschlagen haben soll.

(*** Bildnachweis: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Matthias_Kerkhoff?uselang=de#mediaviewer/File:20131128_Matthias_Kerkhoff_0732.jpg)

Umleitung: Redakteure lesen aus Hass-Briefen vor, politische Schwarzarbeit in Hagen und ganz viel mehr …

Wenn sich alle auf der Piste knubbeln -  Orketal Richtung Medelon (foto: zoom)
Wenn sich alle auf der Piste knubbeln – Orketal Richtung Medelon (foto: zoom)

Huntingtons Thesen: Modisch agitatorische Propagandaformel … ipg

Rettung durch Hate-Slam? Redakteure lesen aus Hass-Briefen an die Zeitung vor … harakiri

Hamburg, Harburg, Wilhelmsburg: Neue Aktenfunde zu Widerstand und Verfolgung … harbuch

Ein unterschätzter Hamburger Tunnel: „The “alter Elbtunnel” was built between 1907 and 1911 by Raabe and Wöhlecke, the same architects who designed the whole Landungsbrücken area to enable the harbor workers to cross the river without using a boat.“ … journeytodesign

Kein Mitleid mit Tsipras und Varoufakis? Griechenlands Wahlsieger auf Tournee durch Europa … postvonhorn

Sagt Mario Draghi den Griechen grad wirklich: Wenn Ihr nicht brav seid, ruiniere ich die Eurozone? … misik

Ukraine: Wie man den Krieg verhindert … wiesaussieht

Pegida in Duisburg: Das „Netzwerk gegen Rechts“ … jurga

Politische Schwarzarbeit in Hagen: Vergangenen Donnerstag bei der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA): 2/3 der Tagesordnung wurden der Öffentlichkeit entzogen – ein neuer Höhepunkt. Wie kann das sein? … doppelwacholder

Er ist der Menschheit müde: Dortmunder “Elektra” endet im Weltschmerz des Tyrannen … revierpassagen

09.02.1970: The Doors veröffentlichen “Morrison Hotel”-Album … neheimsnetz

Guten Appetit: Multiresistente Keime und Putenmast … sbl

‘Unsere atlantischen Vorfahren’ im Waldorfkindergarten Schwerte

Auf seiner Homepage stellt der Waldorfkindergarten Schwerte „Literatur zur Waldorfpädagogik“ vor. Darunter Rudolf Steiners rassistischer Science-Fiction-Trash „Aus der Akasha-Chronik“.

(Dieser Gastbeitrag von Andreas Lichte ist zuerst im Ratgeber-News-Blog erschienen.)

Was hat sich die Verantwortliche, Jana Kowol, dabei gedacht, Steiners Buch „Aus der Akasha-Chronik“ auf die Literaturliste des Waldorfkindergartens Schwerte zu setzen? Das Buch wird so beschrieben, Zitat Literaturliste:

„Schilderungen vergangener Entwicklungsstufen des Menschen und der Erde aus übersinnlicher Anschauung.“

Was ist mit „übersinnlicher Anschauung“ gemeint? Rudolf Steiner (1861–1925) behauptete, Einblick in die „Akasha-Chronik“, ein geistiges Weltengedächtnis in der „Ätherwelt“, zu haben. Über diese „Chronik“, in der alle Ereignisse der Geschichte, alle Taten, Worte und Gedanken der Menschheit enthalten seien, schrieb Rudolf Steiner sein Buch „Aus der Akasha-Chronik“, zu dem der Waldorfkindergarten Schwerte auch eine kurze Inhaltsangabe gibt, Zitat:

„Inhalt (Auswahl): Unsere atlantischen Vorfahren / Die lemurische Rasse / Die Trennung in Geschlechter / Von der Herkunft der Erde und ihren planetarischen Zuständen / Die Erde und ihre Zukunft / Der viergliedrige Erdenmensch“

Wer wollte nicht mehr über seine „atlantischen Vorfahren“ erfahren? Das Buch „Aus der Akasha-Chronik“ ist online, vollständig und gratis. Nur wer Steiner selber liest, fühlt wirklich, wie quälend Rudolf Steiners spezielle Mischung aus Dummheit und Bösartigkeit ist. Schneller und weniger schmerzhaft ist meine kurze Inhaltsangabe, mit ausgewähltem O-Ton Steiner.

Aber was macht dieses Buch in einem Waldorfkindergarten? Wird schon den Allerkleinsten von Atlantis erzählt? Auszuschließen ist das nicht, in der Waldorfwelt ist alles möglich … man kann ja gar nicht früh genug damit beginnen, das anthroposophische Geschichtsbild mit Atlantis als historischer Tatsache zu vermitteln.

Fest steht, dass das Buch nichts mit Pädagogik zu tun hat, jedenfalls nichts mit dem, was ein Nicht-Anthroposoph unter Pädagogik versteht. Anthroposophische „Erziehung“ geht anders, Zitat „Aus der Akasha-Chronik”:

„(…) und dieser menschliche Eingeweihte wird dann die weitere Hauptführung ebenso übernehmen können, wie das der Manu [ein göttlicher Eingeweihter] am Ende der vierten Wurzelrasse getan hat. So ist die Erziehung der fünften Wurzelrasse [die heutige Erziehung] die, dass ein größerer Teil der Menschheit dazu kommen wird, einem menschlichen Manu frei zu folgen, wie das die Keimrasse dieser fünften mit dem göttlichen getan hat.”[1]

Wer wie Waldorferzieher und Waldorfeltern bestätigt, dass Steiner Recht hat, und seine „Erkenntnisse“ tatsächlich aus „übersinnlicher Anschauung“ schöpft, der hat erfolgreich gelernt, „einem menschlichen Manu frei zu folgen“ – sprich: Steiner zu folgen –, und ist ein Teil der Waldorfbewegung geworden, die der Bildungswissenschaftler Prof. Hopmann als „Sekte“ bezeichnet.

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1 Rudolf Steiner, „Aus der Akasha Chronik“, GA 11, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 1986, Seite 56

Patrick Sensburg – mehr als eine „Prügel-Affäre?

"Einer von uns" notiert sich etwas. (foto: zoom)
Photoshop und Pose: „Einer von uns“ notiert sich etwas. (archivfoto: zoom)

In der sogenannten „Prügel-Affäre“ des heimischen Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des NSA-Untersuchungsausschusses Patrick Sensburg scheinen sich neue Dimensionen aufzutun. WELT-Journalist Robin Alexander hat heute in einem sehr langen Beitrag für die WamS mögliche Vernetzungen zu weiteren Skandalfeldern beschrieben.

Alexander thematisiert die „Verbandelung“ von Sensburg mit dem Reservistenverband der Bundeswehr. Patrick Sensburg vertrete den Hochsauerlandkreis im Bundestag und sei Vorsitzender des Untersuchungsausschusses. Das wolle Sensburg auch bleiben, so Alexander, obwohl diesem in einem Obleutegespräch von allen Fraktionen davon abgeraten worden wäre.

Wie kann es sein, dass Sensburg, der  in seinem Wahlkreis im Hochsauerland als Vorsitzender kurz und ohne viel Aufhebens entmachtet worden ist (siehe auch hier im Blog), trotzdem Tag für Tag, Woche für Woche in einer bundesweit sehr beachteten und beobachteten Rolle weiter werkelt?

Während die CDU im konservativen Hochsauerlandkreis für „rabiaten“ Umgang mit Frauen kein Verständnis hat und Sensburg als ihren Kreisvorsitzende[n] resolut zum Rücktritt drängte, hält die Berliner Fraktionsführung noch an ihm fest.

Hier, so Alexander, müsse man verstehen, warum Roderich Kiesewetter, Merkels Mann im NSA-Untersuchungsausschuss aus angeblicher Arbeitsüberlastung zurückgetreten wäre. Mitnichten sei Arbeitsbelastung der wahre Grund für den Rücktritt von Kiesewetter gewesen, denn er, der Verteidiger des BND, wäre ausgerechnet vom BND hinters Licht geführt worden. So – und nicht mit Arbeitsbelastung – habe Kiesewetter nach Recherchen der Welt argumentiert, als er Anfang des Jahres der Fraktionsführung seinen Ausstieg aus dem Untersuchungsausschuss angekündigt habe.

Kiesewetters Vertrauen wäre dort gebrochen worden, wo er es am wenigsten erwartet hätte: unter Kameraden. Der Oberst a.D. ist seit 2011 ehrenamtlicher Präsident des Reservistenverbandes.

Wie die Rolle dieses Verbandes in der Bundesrepublik und dazu eine Agentengeschichte zusammenspielen, lese man selber im Artikel nach.

Hier allerdings träfen sich die Affären von Kiesewetter und Sensburg, „sie verheddern sich zu einem bisher unentwirrten Knäuel“, so der Journalist weiter. Denn die beiden Politikern hätten nicht nur im Untersuchungsausschuss zusammengearbeitet. Sie seien auch beide Reservisten.

Sensburg sei Vorsitzender der Reservistenarbeitsgemeinschaft im Bundestag und gelte damit als designierter Nachfolger Kiesewetters als Präsident des Reservistenverbandes.

Diese Nachfolge würde aber nun, da Sensburg desavouiert sei, den Verband gefährden, habe Kiesewetter intern argumentiert. Deshalb könne er nicht als Präsident zurücktreten – was aufgrund der BND-Einmischung eigentlich die logische Konsequenz gewesen wäre. Kiesewetter habe sich mit Blick auf die Zukunft des Verbandes entschieden, den politisch wichtigeren Posten des Obmanns im NSA-Ausschuss zu opfern.
Robin Alexander fragt weiter:

Der „rabiate“ Sensburg taugt nach dieser Logik nicht mehr für den Hochsauerlandkreis und den Reservistenverband, soll aber weiter den NSA-Untersuchungsausschuss leiten? Der untadelige Kiesewetter verlässt hingegen den gleichen Ausschuss, obwohl er sich nicht[s] zu Schulden kommen ließ, und macht als Präsident der Reservisten weiter – mit den Leuten, die ihm ihre BND-Kontakte verschwiegen?

Eine schwindelerregende Geschichte, die man sich wirklich mehrmals durchlesen muss, um die Zusammenhänge annähernd zu erfassen.

BND, NSA-Untersuchungsausschuss, Gewalt gegen Frauen, und dazu der Reservistenverband: ein „bisher unentwirrte[s] Knäuel“.

Warum aber hält sich die Opposition so dezent zurück? Diese Frage versucht Angelika Hellemann in einem kurzen, aber saftigen BILD-Kommentar zu beantworten:

Die SPD, die sonst so gern Gewalt gegen Frauen anprangere, schweige. Denn sie hätte im Edathy-Untersuchungsausschuss ein noch größeres Problem:

SPD-Mann Hartmann soll seinen Genossen Edathy vor den Kinderpornografie-Ermittlungen gegen ihn gewarnt haben.

Die Große Koalition nutze ihre erdrückende Mehrheit, um sich gegenseitig zu schützen. Sie setze, so Hellemann, „die Regeln der parlamentarischen Hygiene außer Kraft“.

Prügel, Porno und Geheimdienste – gehört das wirklich alles zusammen? Ich will es nicht glauben, es wäre ein Abgrund, aber die Indizien, die die Welt heute präsentiert, sind stark.

Gesamtschulen im Aufwind. Sekundarschule in Iserlohn kommt nicht zustande

gesamtschule20150208Im Februar finden in den Städten und Gemeinden die Anmeldeverfahren für die weiterführenden Schulen statt. In vielen Städten, in denen es Gesamtschulen gibt, wird für diese Schulen ein sogenannten vorgezogenes Anmeldeverfahren durchgeführt, z.B. in Soest, Lippstadt, Unna und Iserlohn.

(Der Artikel ist heute zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Das geschieht dann, wenn aufgrund der Erfahrungen aus den Vorjahren damit zu rechnen ist, dass es für diese Schulen mehr Bewerber als Plätze gibt. So können die nicht aufgenommenen Bewerberinnen und Bewerber sich anschließend mit gleichen Chancen wie andere Schüler für andere Schulformen bewerben.

Ein bemerkenswertes Ergebnis gab es jetzt in Iserlohn. Dort fand ein vorgezogenes Anmeldeverfahren für je eine “alte” und eine “neue” Gesamtschule und für eine “neue” Sekundarschule statt.

Für die Sekundarschule gab es nur 51 Anmeldungen. Damit wurde die Mindestzahl von 75 weit verfehlt, und die Sekundarschule kommt nun nicht. Für die beiden Gesamtschulen gab es dagegen 172 bzw. 97 Anmeldungen, und das vorgezogene Anmeldeverfahren wurde um 2 Tage (10. und 11.02.) verlängert.

Diejenigen, die sich bisher für die Sekundarschule beworben hatten, können sich nun auch noch für die Gesamtschulen oder später für eine Real- oder Hauptschule anmelden.

Die gesamte Pressemitteilung der Stadt Iserlohn ist hier nachzulesen.

Fazit:

  • Sehr großes Interesse für die Gesamtschulen, aber die Sekundarschule kommt (wie auch schon mehrfach im HSK) nicht an den Start.
  • Wann traut sich die erste Stadt im HSK, eine Gesamtschule anzubieten?
  • Nach wie vor ist der HSK der einzige aller 53 Landkreise und kreisfreien Städte in NRW, der über keine einzige Gesamtschule verfügt.

Kreismitgliederversammlung der Piraten in Meschede – ein kurzer Bericht aus dem Stifts-Center.

Julius Hahn, Maik Karle und Pascal Kirtz vor dem Mescheder Piraten-Büro. (foto: zoom)
Julius Hahn, Maik Karle und Pascal Kirtz vor dem Mescheder Piraten-Büro. (foto: zoom)

Wenn man krampfhaft versuchen wollte, den Niedergang Meschedes zu dokumentieren, würde man im Stifts-Center beginnen. Leerstehende Ladenlokale, vollgekotzte Gänge, ein leidlich funktionierendes Parkhaus. Hier verwalten die Hochsauerländer Piraten ihr Büro, und hier fand heute die Kreismitgliederversammlung (KMV) der Piraten statt.

Reichen drei Mitglieder, um Beschlüsse für eine KMV zu fassen? Ganz sicher war sich Versammlungsleiter Julius Hahn nicht. Man wolle noch einmal nachfragen.

Auf jeden Fall aber wurde die Versammlung durchgeführt.  Haupttagesordnungspunkte waren die Neuwahl der Büropiraten und die Aussprache zur Bürgermeisterwahl in Meschede und Sundern.

In geheimer und getrennter Wahl wurden Daniel Wagner, Maik Karle und Julius Hahn zu Büropiraten bestimmt.

Das Büro wird von der Landesgeschäftsstelle der NRW-Piraten bezahlt. „Für uns sind die finanziellen Risiken zu hoch“, so Maik Karle.

Ob die Piraten zu den Bürgermeisterwahlen in Meschede und Sundern mit eigenen Kandidatinnen oder Kandidaten antreten, blieb nach der heutigen Versammlung offen. Eine Kandidatur müsse von mindestens drei Piratinnen und Piraten auf einer Aufstellungsversammlung vor Ort unterstützt werden.

Über mögliche Kandidaten wurde zwar spekuliert, aber die Mitgliederbasis vor Ort war nicht genau bekannt.

Zum Schluss berichtete Julius Hahn von seiner inhaltlichen Arbeit als Ratsherr in Bestwig. Auf seine Initiative hin sei das Schwimmen für aktive Feuerwehrleute im örtlichen Schwimmbad kostenlos geworden.

Bei der Flächenplanung zur Windkraft müsse man nun auf die neuen Initiativen der Bezirksregierung warten.

Er werbe in Bestwig  für einen kurzen und bürgerverständlichen Haushaltsplan nach dem Vorbild anderer Kommunen.

Die Herausforderungen für die Bestwiger Gewerbetreibenden durch den Autobahnbau dürfe nicht erst nach der Fertigstellung des neuen Teilabschnitts der A 46 diskutiert werden. Das zu erwartende Fehlen des Durchgangsverkehrs würde vor allem Bäcker, Tankstellen usw. treffen.

Deutlich wurde auf der heutigen Mitgliederversammlung auch, dass den Piraten im Hochsauerland die Mitglieder fehlen.

„Wir sind ein junges Team“, betonte der Bestwiger Pirat Pascal Kirtz, „wir sind ehrgeizig und wollen politisch etwas ändern.“ Von der Erfolglosigkeit der Bundespolitik wolle man sich nicht abhängig machen. „Für transparente und bürgerfreundliche Politik“, suche man neue Mitstreiter. „Politikverdrossenheit gibt es für uns nicht!“