Polizei-HSK und Freiwillige Feuerwehr Winterberg: Brand einer Halle in Siedlinghausen

In unserem BriefkastenWinterberg (ots) – Dienstagnacht wurden Feuerwehr und Polizei gegen 03:35 Uhr zu einem Brand in Siedlinghausen gerufen. Eine Zeuge hatte bemerkt, dass eine Halle an der Burmeckestraße in voller Ausdehnung in Brand stand und die Rettungskräfte informiert.

In der Halle stehen verschiedene Fahrzeuge für den Motocrosssport, sie wird aber auch als Werkstatt genutzt. Diese Fahrzeuge, die vorhandenen Werkzeuge, Ersatzteile sowie die komplette Halle wurden durch die Flammen zerstört.

Verletzt wurde niemand. Nach ersten Schätzungen liegt der Sachschaden bei etwa 400.000,- Euro. Die Kripo hat die Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen. Hierzu liegen bislang noch keine Ergebnisse vor.

Auch die Freiwillige Feuerwehr Winterberg berichtet:

Bei Eintreffen der ersten Einsatzkräfte stand das Objekt, in dem Kraftfahrzeuge instand gesetzt werden, bereits in Vollbrand. Aufgrund der starken Hitzeentwicklung sowie der bereits zu diesem Zeitpunkt bestehenden Einsturzgefahr des Daches konnten die ersten Löschmaßnahmen nur von außen (größtenteils unter Einsatz von Atemschutzgeräten) vorgetragen werden. Im weiteren Einsatzverlauf wurden die Löscharbeiten durch den Einsatz der Winterberger Drehleiter unterstützt. Eine Gefährdung von Personen bestand nicht.

Den ausführlichen Bericht und die Bilder vom Einsatzort findet man auf der Website der Freiwilligen Feuerwehr Winterberg: http://www.feuerwehr-winterberg.de/aktuelles/einsaetze/68-hallenbrand-in-siedlinghausen.html

Umleitung: vom heiligen Stuhl der Annette Schavan zu Alice und den Sündern. Dazwischen Krieg, Theologie und das Wort zum Sonntag.

Felix Mendelssohn Bartholdy
Felix Mendelssohn Bartholdy statt Nellius? (foto: ***)

„Juden- und Thomas-Mann-Todfeind“: Der Nazi-Musiker Georg Nellius kam 1948 fast schneeweiß aus der „Entnazifizierungs“-Waschanlage heraus. Im Nachlass ist sein antisemitischer Aktivismus dokumentiert … telepolis

Sundern/Hachen: BI Nelliusstraße macht „Kompromissvorschlag“ … blickpunktarnsbergsundern

Der heilige Stuhl von Annette Schavan: Es gibt also wieder Hoffnung für die zahllosen Opfer der tugendterroristischen Plagiats-Jakobiner. Wer hätte gedacht, dass der Papst eine so wichtige Stellung in der Heiligen Allianz einnehmen würde … erbloggtes

Debatte: Theologie ist keine Wissenschaft … hpd

Schulbuch-Biologie: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde … psiram

Der Baum der Empfängnis: Das Bild der Frucht verschwamm vor den Augen der Frau. Sie wurde ohnmächtig und sank zu Boden … endoplast

Gauck als Lobbyist der Rüstungswirtschaft: Mehr „Verantwortung“, mehr Militäreinsatz … nachdenkseiten

Wenn die Pubertät zu Ende geht: „Bei Völkermord und Kriegsverbrechen darf Deutschland nicht wegsehen.“ … jurga

Das Wort zum Sonntag: Krieg ist Sicherheit … erbloggtes

Alice und die Sünder: Die Liste prominenter Steuerhinterzieher wird immer länger. Sie haben die betrogen, denen sie sonst den Unterschied zwischen Gut und Böse erklären … taz

SPD-Chef unterwegs ins Kanzleramt: Gabriel – auf dem Hochseil lavierend … postvonhorn

Journalismus: Newsdesks – endlich entzaubert? … charly&friends

Wacht auf, Verdammte dieser Erde: Der Fliegende Holländer am Aalto wiederaufgenommen … revierpassagen

Amecke 21: Freibad wird verschleudert, Bürgerbegehren gefordert … gruenesundern

Schwaches Interesse: Vorerst keine „Bürgerliste Sundern“ … derwesten

Fragen an die Ausländerbehörde – und die Antwort: 332 Flüchtlinge und Asylbewerber kamen 2013 in den Hochsauerlandkreis, davon 60 Kinder … sbl

*** Bildnachweis: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Felix_Mendessohn_Bartholdy.jpg

Ein fantastisches Winterwochenende rund um den Kahlen Asten

Der perfekte Wintertag für die Wetterbeobachter im Astenturm. (fotos: beuermann)
Der perfekte Wintertag für die Wetterbeobachter im Astenturm. (fotos: beuermann)

Ein fantastisches Winterwochenende entschädigte Sportler und Wanderer rund um den Kahlen Asten für bisher entgangene Winterfreuden.

Herrlicher Sonnenschein lockte am Freitag und Sonntag Tausende in die tief verschneite Landschaft rund um den Kahlen Asten. Vollbesetzte Lifte und bestens genutzte Skihänge gaben eine Vorstellung vom „Winter, wie er früher einmal war“.

Die Sessellifte surrten die Hänge hinauf.
Die Sessellifte surrten die Hänge hinauf.

Schnee, Kälte und Bäume formten denkwürdige und fantastische Gestalten. Es lohnte sich stehenzubleiben und die Einbildungskraft spielen zu lassen. Was sehen Sie auf dem unteren Bild?

Was sehen Sie? Die Natur formte fantastische Gestalten.
Was sehen Sie hier? Die Natur formte fantastische Gestalten.

Wer wollte, konnte auch für sich ganz alleine sein, wie dieser Spaziergänger (siehe Bild) auf einem präparierten Wanderweg neben der Loipe bei Altastenberg.

Einmal ganz alleine sein, wie dieser Spaziergänger auf einem präparierten Wanderweg neben der Loipe (foto: beuermann)
Einmal ganz alleine sein, wie dieser Spaziergänger auf einem präparierten Wanderweg neben der Loipe

Für viele der angereisten Winterfans endete das Wintervergnügen mit einem Staufrust entlang der Rückreisestrecke – spätestens an den Ampeln entlang der B 7 in Bestwig, bis sie dort endlich die Autobahn erreichten.

Auf Wiedersehen! Wie wird das Wetter am nächten Wochenende?
Auf Wiedersehen! Wie wird das Wetter am nächsten Wochenende?

Das Thema Bobbahn in den Haushaltsreden von Pieper (CDU) und Koch (SPD) und eine Einlassung von Reinhard Loos (SBL).

Bobbahn Winterberg
Die Debatte um die Winterberger Bobbahn nimmt Fahrt auf. (foto: zoom)

Winterberg. Die Fraktionsvorsitzenden Andreas Pieper (CDU) und Harald Koch (SPD) hatten am Mittwoch, dem 15. Januar 2014, in ihren Haushaltsreden unter anderem auch das Thema „Kosten des Bobbahn“ angesprochen. Ende Januar hat die Westfalenpost die Reden aufgegriffen. Auch der Kreistagsabgeordnete und langjährige Finanzierungskritiker Reinhard Loos (SBL) äußerte sich daraufhin zum Thema „Bobbahn“.

Wir dokumentieren die beiden Passagen der Haushaltreden und am Ende die Einlassungen von Reinhard Loos im Wortlaut.

Andreas Pieper (CDU):

Zensus und demographische Entwicklung lassen die Pro-Kopf Verschuldung [der Stadt Winterberg] von 2010 bis 2014 um 2,33 % auf 3.831,34 € ansteigen. Ein zusätzlicher Wermutstropfen liegt in der bisher noch wenig beachteten Verschuldung der Bobbahn mit geplanten 2.635.000 €. Da ist die Stadt mit 50%, also 1.318.500 € voll dabei.

Insgesamt eine Bürde für künftige Generationen.

Die Differenz zwischen Input und Output bei der Bobbahn GmbH driftet in den letzten Jahren zunehmend auseinander.

Von 2012 mit 343.000 € steigt der Zuschuss eklatant an:

2013 auf 412.000 € das ist eine Steigerung von 20,1 %
2014 auf 483.758 € das ist eine Steigerung von noch einmal 17,4 %.

Von unserem Ziel, einmal einen Zuschussbedarf von nur noch 250.000,00 € zu erreichen, sind wir meilenweit entfernt. Bei der derzeitigen Finanzkonstellation Bund, Land, Kreis und Stadt ist nicht zu erwarten, dass wir mittelfristig diesen Vorsatz erreichen.

Gewiss hat die Bobbahn eine überragende Marketingbedeutung für den Hochsauerlandkreis und die Stadt Winterberg, die Investitionen stärken unsere Region. Eine super Weltcup Veranstaltung am ersten Januarwochenende zeigte dies eindrucksvoll.

Es gibt aber ebenso sicher eine Grenze, bei der die vermuteten Marketing- und Imageeffekte nicht mehr mit dem finanziellen Aufwand für die Gesellschafter korrelieren. Nach der WM 2015 muss hier einmal grundsätzlich mit allen Beteiligten (Bund, Land, Kreis und Stadt) ein Zukunftskonzept erarbeitet werden.

Im Sachbericht zum Wirtschaftsplan ist das bereits angedeutet, allerdings eher vage dargestellt.

Spitzensport hat nicht nur eine Bedeutung für unsere Region. Auch Land und Bund müssen diese überregionale Sportstätte mehr unterstützen, wir sind damit überfordert.

Ein weiteres Problem mit den Großsportanlagen taucht jetzt leider mit der Finanzierung des Schanzenparks auf. Dass sich gerade der deutsche Skiverband aus der Finanzierungsgruppe mit seinem Betrag von 20.000 € verabschieden will, ist unverständlich. Fördert der Sportverband so die Jugendarbeit, um für die nächsten Vierschanzentourneen einmal wirkliche deutsche Adler, die auch fliegen können, über die Schanzentische zu schicken? Wir fordern den deutschen Skiverband auf, den Zuschuss, wie in den vergangenen Jahren beizubehalten.

Wir müssen bei Betrachtung der Situation bei der Erholungs- und Sportzentrum Winterberg mit unseren kritischen Erwägungen allerdings auch konstatieren, dass ohne diese Einrichtungen die Sanierung des Bahnhofbereiches und der Bau der neuen 3fach Turnhalle am Gymnasium nicht möglich gewesen wäre.

Wir sprechen dem Bobclub Winterberg einen großen Dank dafür aus, dass es ihm gelungen ist, die Bob- und Skeletton WM 2015 nach Winterberg zu holen.

Unsere Sportstädten, aber auch das Engagement der vielen ehrenamtlichen Helfer in den Sportvereinen, die Erfolge der Sportler und Sportlerinnen im Nordischen- und Schlitten- sport, haben einen nicht unerheblichen Anteil an der Ernennung unseres Gymnasiums zur Sportschule NRW. Dies wird den Schulstandort Winterberg nachhaltig stärken. Insgesamt kann nur ein Zusammenspiel zwischen Stadt und Vereinen weitere Fördergelder zur Finanzierung der Sportstädten bei Land und Bund akquirieren.

Harald Koch (SPD):

Wir haben mit der WTW eine Gesellschaft geschaffen, die mittlerweile einen Haushalt von 3,2 Millionen € verwaltet und sachlich und personell erstklassig ausgestattet ist. Seit Jahren bewirtschaften wir Sportstätten, die den Namen Winterberg in die Welt tragen.

Wer am ersten Januarwochenende an der Bobbahn war konnte sehen, dass das sich ständig verbessernde Angebot auf großes Interesse stößt. Zumindest, wenn der Termin für die Weltcup Rennen einigermaßen passend liegt. Wer Sonntagabend dann die Tagesschau verfolgte sah Berichte über unsere Stadt zur besten Sendezeit. Natürlich kostet der Unterhalt der Sportstätten viel Geld das im Budget der WTW enthalten ist, aber es ist auch Werbung für unsere Stadt und unsere Wirtschaft, die weltweit wahrgenommen wird.

Die Investitionskosten unserer Sportstätten werden regelmäßig von Land und Bund unterstützt. Gleiches sollte aber auch für die Unterhaltskosten gelten.

Ziel eines Olympiastützpunktes ist doch Spitzensportler zu formen, die Land und Bund in der Welt repräsentieren. Hieran muss noch gearbeitet werden.

Reinhard Loos (SBL):

Späte Erkenntnisse

Jahrelang stand die Winterberger Bobbahn quasi unter “Artenschutz”: CDU und SPD lobten einträchtig den angeblich riesigen Werbeeffekt, und die Kosten wurden nicht näher betrachtet.

Doch nun scheint Bewegung in die Angelegenheit zu kommen. In der WP vom 31.01.2014 werden erstmals Winterberger Politiker zitiert, die sich Gedanken über die Kosten der Bobbahn machen. So heißt es dort unter der Überschrift „Winterberger Politik kritisiert Kostenspirale bei der Bobbahn“ im Text: „Allerdings verwies er auch auf eine Grenze, an der Marketing- und Image-Effekte nicht mehr mit dem finanziellen Aufwand korrelieren würden.“

Noch in der Haushaltsdebatte am 14.12.2013 im Kreistag hatte die SBL beantragt, dass ein Entschuldungskonzept für die Bobbahn vorgelegt werden soll. Der Antrag wurde nicht beschlossen, sondern verschoben. Inhaltliche Unterstützung gab es keine.

Über die Zahlen und Daten zur Bobbahn haben wir z.B. hier berichtet:

http://sbl-fraktion.de/?p=3798

Vielleicht ändern sich ja jetzt die Positionen der „großen“ Fraktionen im Kreistag …

Georg Nellius war ein überzeugter Propagandakomponist, der die Vorliebe der Nationalsozialisten für Volkslieder und Märsche nach Kräften zu bedienen suchte.

nelliuswordle02Wir veröffentlichen eine Stellungnahme (siehe auch hier im Blog)  von Prof. Dr. Michael Custodis, dem geschäftsführenden Direktor des Instituts für Musikwissenschaft und Musikpädagogik an der Universität Münster – Fach Musikwissenschaft, zur neuen Nellius-Studie von Peter Bürger und Werner Neuhaus.

Die Autoren der Studie würde es nach eigenen Aussagen freuen, wenn auch diese Expertise (Prof. Custodis – Stellungnahme Nellius 30 01 2014) allen Beteiligten in der Diskussion helfen würde, die wissenschaftliche Solidität der neuen Forschungsarbeit einzuschätzen, und somit zur sachlichen Diskussion beitrüge.

Zu den Auseinandersetzungen um die Umbenennung der Nellius-Straße (siehe hier im Blog) äußert sich Peter Bürger wörtlich: „Wir möchten unseren Respekt vor der enormen Arbeitsleistung der Sunderner Bürgerinitiative „Nelliusstraße bleibt“ und deren geltend gemachtem Informationsbedürfnis nachdrücklich betonen. Dies sollte in keiner Berichterstattung unterschlagen werden.“

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Internetzugang zur neuen Studie:
http://www.sauerlandmundart.de/pdfs/daunlots%2069.pdf

Der Wortlaut des Gutachtens***:

Sehr geehrter Herr Bürger,

gerne komme ich Ihrer Bitte nach, zu Ihrer umfangreichen und aufschlussreichen Studie über Georg Nellius Stellung zu nehmen.

Vorab möchte ich bemerken, dass sie thematisch in eines meiner Hauptarbeitsgebiete zur Kontinuität von NS-Strukturen im Nachkriegsmusikleben fällt. Nachdem zuletzt ein gemeinsam mit Prof. Friedrich Geiger (Universität Hamburg) verfasstes Buch hierzu erschienen ist (Netzwerke der Entnazifizierung. Kontinuitäten im deutschen Musikleben am Beispiel von Werner Egk, Hilde und Heinrich Strobel, Waxmann – Münster 20 13), widmete ich mich zuvor Biografien bekannter Musikwissenschaftler, Journalisten und Komponisten (u.a. Friedrich Blume, Joseph Müller-Blattau, Fritz Stein, Wolfgang Steinecke und Hermann Unger), bei denen die Aufarbeitung ihrer Karrieren vor 1945 in Beziehung gesetzt wurde zu ihren Entnazifizierungsverfahren.

Die Erfahrungen meiner Forschungen decken sich mit den Ergebnissen Ihrer gründlich recherchierten Studie, die dankenswerterweise die in manchen politischen Einschätzungen kritisch zu diskutierende Nellius-Dissertation von Esther Wallies um unbekanntes, höchst relevantes Archivmaterial ergänzt. Dabei zeigt sich m.E. ganz eindeutig, dass man es bei Georg Nellius mit einem überzeugten Antisemiten und Nationalsozialisten der ersten Stunde zu tun hat, der nicht nur in der Chorarbeit sehr agil war (die in der populistischen Zielrichtung des Dritten Reiches große Bedeutung hatte) und als Pädagoge die Indoktrinierung der Jugend nach Kräften beförderte, sondern vor allem als Künstler seine Musik in den Dienst des NS-Staates stellte. Wenn die im Anhang ab S. 49 Ihrer Studie aufgelisteten Stücke für op. 7, 12 und 22 noch typische völkische, deutschnationale Hausmannskost im Nachgang des Ersten Weltkriegs zeigen (1918-1923), unterstreichen bereits die Titel der von Nellius in seinem Westfälischen Liederbuch (1935) zusammengefassten Stücke op. 63, 15-20 „Heil dem dritten Reich!“ (Der Ruf des Führers, Treuschwur, Die letzte Stunde, Volk und Führer, Das Lied vom Führer, Westfalen-Marschlied) seine neue Marschrichtung, dem Hitler-Regime zu huldigen, so dass er über die daraus resultierende wohlwollende Förderung seiner Karriere natürlich hoch erfreut war.

Wenn daher – wie im aktuellen Fall einer Diskussion zur Umbenennung einer Nellius-Straße – die Einlassungen einer Persönlichkeit mit dem Dritten Reich zu bewerten sind, ist bei Georg Nellius festzuhalten, dass man es mit einem überzeugten Propagandakomponisten zu tun hat, der die Vorliebe der Nationalsozialisten für Volkslieder und Märsche nach Kräften zu bedienen suchte und auch in seinen weiteren, mit programmatischen Texten versehenen Stücken keinen der einschlägigen, unmissverständlichen Topoi („Langemark“, „Sieg Heil“; Huldigung der Wehrmacht, Führerkult, Heldenverehrung, Soldatenromantik und Durchhalteparolen nach der Schlacht von Stalingrad) ausließ.

Dass Nellius nach mehreren Revisionen schließlich aus seinem Spruchkammerverfahren formal unbeschadet hervorging, sagt dabei wenig aus über seine tatsächlichen Verstrickungen in das NS-System, als viel mehr über die politischen Zeitumstände bei der Übergabe der öffentlichen Kontrolle von den Alliierten in deutsche Zuständigkeit. Von Zeithistorikern wie Bernd Weisbrod, Michael Grüttner und anderen sind die Bedingungen und Konsequenzen der Entnazifizierungsverfahren seit vielen Jahren beschrieben, und Lutz Niethammer wies schon im Jahr 1988 darauf hin, dass man unter Entnazifizierung schon bald „nicht mehr eine Säuberung des öffentlichen Lebens von den Nazis, sondern eine Säuberung der Nazis von ihrer Stigmatisierung“ zu verstehen hatte.

Viel aufschlussreicher sind daher die von Ihnen dokumentierten Reaktionen aus Nellius‘ direktem Umfeld einschließlich seiner ehemaligen Kollegen, die sich – trotz seiner politischen Rehabilitierung – nach Kräften gegen seine Wiederbeschäftigung als Pädagoge stemmten. Dass sie, die ihn und sein Wirken vor 1945 aus eigenem Erleben genau kannten, sich letztlich vergeblich gegen seine berufliche Wiedereingliederung stemmten, sagt daher vor allem etwas aus über die Zustände in den Kommunalverwaltungen der unmittelbaren Nachkriegszeit. Der vermeintliche Widerspruch zwischen diesen Alltagsreaktionen und den Aussagen zu seinen Gunsten im Entnazifizierungsverfahren – die nicht ohne Grund schon damals „Persilscheine“ genannt wurden – lässt sich daher leicht auflösen und m.E. den Versuchen alter Freundeskreise zuschreiben, in der von Hunger, Versorgungsnöten und Unsicherheit gezeichneten Nachkriegszeit einem Beamten Pensionsanrechte sowie eine sichere Anstellung zu erhalten (zu den Hintergründen und Mechanismen dieser Persilschein-Netzwerke siehe Custodis/Geiger 2013).

Zusammenfassend muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Ehrung einer Person durch einen Straßennamen immer die gesamte Persönlichkeit einschließt. Im Wissen um die Verstrickungen von Georg Nellius in den Nationalsozialismus muss man sich folglich bewusst machen, dass dieser Straßenname einen gläubigen Nationalsozialisten und Antisemiten ehrt, was man im Fall einer Beibehaltung des Straßennamens anschließend öffentlich zu rechtfertigen hätte. Im Jahr des tragischen Jubiläums eines ersten, 1914 von Deutschland ausgegangenen Weltkriegs und vor dem Hintergrund der daraus entstandenen tödlichen Konsequenzen für Millionen NS-Opfer sollte man die Verantwortung, die für unsere Gegenwart daraus entsteht, daher wohl bedenken.

Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung und stelle es Ihnen frei, dieses Schreiben zu veröffentlichen.

*** die Konvertierung des PDF-Formats des Original-Schreibens in das Textformat unseres Blogs war sehr kniffelig. Wir bitten darum, uns eventuelle Übertragungsfehler nachsichtig mitzuteilen.

CDU-Fraktion Winterberg schaut in die Zukunft, George Bernard Shaw soll helfen

Oversum
Oversum in Winterberg, ohne Vergangenheit aber mit Zukunft? (foto: zoom)

In Winterberg ist es seit einiger Zeit populär, offizielle oder halboffizielle Schreiben oder Reden mit Zitaten großer Männer zu schmücken.

Zitate und Aphorismen, also Sinnsprüche, stehen mehr oder weniger zusammenhanglos da und sollen etwas sagen, was der Autor nicht direkt sagen möchte.

Hier ein aktuelles Beispiel:
Andreas Pieper, Fraktionsvorsitzender der CDU-Winterberg, zitiert in seiner Haushaltsrede den irischen Schriftsteller George Bernard Shaw:

Wir werden nicht durch die Erinnerung an unsere Vergangenheit weise, sondern durch die Verantwortung für unsere Zukunft. 

In dem von A. Pieper verwendeten Zusammenhang soll das Zitat den Wunsch der CDU-Winterberg unterstreichen, doch bitte die Vergangenheit ruhen zu lassen um nach vorne zu blicken. O-Ton Pieper:

“Ich habe bewusst auf einen detaillierten Rückblick der bald zu Ende gehenden Ratsperiode verzichtet. Wichtiger ist mir der Blick in die Zukunft.”

Die Zukunft ist uns allen wichtig, aber gerade was die Winterberger Ratspolitik angeht und insbesondere die Entscheidungen des Bürgermeisters, könnte ein Blick in die Vergangenheit einen erheblichen Zuwachs an Weisheit bringen.

Shaw war übrigens Sozialist (wussten Sie das, Herr Pieper?) und war sicher nicht der Meinung, man könne seiner Verantwortung für die Zukunft ohne die Kenntnis der Vergangenheit gerecht werden.

We are made wise not by the recollection of our past, but by the responsibility for our future.

Ich verstehe dies Zitat so, dass nur derjenige Weisheit erlangt, der mit dem Wissen um die Vergangenheit seiner Verantwortung für die Zukunft gerecht wird. Das Gegenteil von: die Vergangenheit verdrängen und sich seiner Verantwortung entziehen.

Im Internet finden sich zahllose Shaw-Zitate. Genau wie bei diesem Zitat fehlen oft Quellenangaben, so dass die von Herrn Pieper zitierten Zeilen nicht zweifelsfrei G.B. Shaw zugeordnet werden können. Das gilt auch für folgendes Zitat:

„The more I see of the moneyed classes, the more I understand the guillotine.“

Umleitung: Bei 0° C mit dem Rad zur Arbeit ist kein Thema, sondern Luther, Nellius, NSU, dröge Zeiten, Wintersport in Winterberg und mehr.

In der Dämmerung auf dem Heimweg: 0°C, trocken (foto: zoom)
In der Dämmerung auf dem Heimweg: 0°C, trocken (foto: zoom)

Tagebuch 30.01.2014: Von Inhalten, ernsten Aussagen, Content, Scheininhalten und Inhaltsleere … endoplast

Theorien, Modelle, Experimente 2/3: Naturgesetze [Updated] … scilogs

Die Schattenseiten des Martin Luther: Allgemein wird das Bild des Reformators auch von den meisten Nicht-Protestanten eher positiv gesehen, zumindest finden kritische Einwände zu seinem Denken und Wirken nur geringe öffentliche Aufmerksamkeit … hpd

NSA, NSU und überhaupt: Andreas Temme – über all die Jahre keine Widersprüche, nichts dergleichen – und dennoch: man glaubt ihm einfach nicht … jurga

Gewalt gegen Kinder: Fehler im Schutzsystem … drkultur

Die Manipulation des Monats: Atypische Beschäftigung drängt normale Arbeitsverhältnisse nicht zurück? … nachdenkseiten

Konservative in der Konservendose II: mit der massiven moralischen Veränderung der Gesellschaft verlieren sich vermeintliche Moralhüter zunehmend in abwegigere Vergleiche und Gründe für das Festhalten an ihren “einzig wahren” Moralthesen … nesselsetzer

Diskussionsabend des DJV-NRW: Dröge Zeiten – Ein Jahr westfälische Medien-Einfalt … djv

Dröge Zeiten: Ein Jahr Medieneinfalt … charly&friends

Journalistin Röpke klagt gegen VS-Alltagsspionage: Die renommierte Fachjournalistin und Buchautorin Andrea Röpke war vom Inlandsgeheimdienst mindestens sechs Jahre rechtswidrig beobachtet worden … publikative

Der größte Sanierungsfall Deutschlands: Dem Ruhrgebiet fehlt die Kraft zum Umsteuern … postvonhorn

Sind Schulden wirklich lobenswert? Ein Buch wirft Fragen auf … revierpassagen

Wimbern im Sauerland: Widerstand gegen ein Heim – 830 Einwohner, 500 Asylbewerber … faz

Zinswetten-Desaster: Verwaltungsspitze verzockt das Geld der Hagener Bürger … doppelwacholder

Jazzclub Arnsberg: Konzerte bis Juni 2014 … neheimsnetz

RWE-Aktien „ökologisch und ökonomisch falsch“: Auch im HSK wird die Diskussion weitergehen, spätestens dann, wenn der Landrat dem Kreistag in einigen Wochen erklären muss, wieso nun eine Abwertung der RWE-Aktien in der Bilanz des Kreises um etwa 250 – 300 Mio Euro erforderlich wird … sbl

Sundern: „Nelliusstraße – das geht nicht mehr“ … derwesten

Wintersport in Winterberg: Langläufer sollen für Loipen rund um Winterberg freiwillig zahlen … derwesten

Stellungnahmen und Rückmeldungen zum neuen Nellius-Gutachten vom 27. Januar 2014

nelliuswordlePeter Bürger, gemeinsam mit Werner Neuhaus Verfasser des Nellius-Gutachtens, hat folgende Rückmeldungen zu der wissenschaftlichen Studie „Georg Nellius (1891-1952), Völkisches und nationalsozialistisches Kulturschaffen, antisemitische Musikpolitik, Entnazifizierung“ vom 27. Januar 2014 erhalten (siehe auch hier im Blog).

Mit Erlaubnis des Autors veröffentlichen wir nachfolgend diese Rückmeldungen:

Stellungnahmen und Rückmeldungen zum neuen Nellius-Gutachten vom 27.1.2014

Das Christine Koch-Mundartarchiv (www.sauerlandmundart.de) hat das nun vorliegende neue Nellius-Gutachten vor seiner Drucklegung Wissenschaftlern und Aktiven aus der Heimatbewegung vorgelegt. Bislang sind bis zum 29.01.2014 folgende Stellungnahmen und Voten bei uns eingegangen:

Roswitha Kirsch-Stracke, Vorsitzende des Kreisheimatbundes Olpe:
„Straßenumbenennungen sind in lebendigen, selbstkritischen Kommunen normale Vorgänge. In zahlreichen Städten und Gemeinden Deutschlands finden sie statt, wenn Tatsachen offenkundig werden, die eine Ehrung der Namensgeber nach neuerlicher Prüfung nicht mehr rechtfertigen. Solche Umbenennungen zeigen Lernfähigkeit und angenommene Verantwortung für das Erinnern an die (deutsche) Geschichte.

Der Rat der Stadt Sundern hat im letzten Jahr einstimmig beschlossen, die Nelliusstraße umzubenennen. Dass die Bürgerinitiative „Nelliusstraße bleibt Nelliusstraße“ diesen Beschluss nun rückgängig machen will, ist nicht nachzuvollziehen, wenn man sich mit den jüngsten Erkenntnissen zur Person Georg Nellius befasst: Die aktuellen, umfassenden Forschungen von Peter Bürger und Werner Neuhaus, die in Zusammenarbeit mit Michael Gosmann vom Stadtarchiv Arnsberg durchgeführt wurden und jetzt für jedermann einsehbar vorliegen, ergeben ein erschreckendes Bild des Sauerländers Georg Nellius. Insbesondere seine als Kulturfunktionär der NS-Zeit verfolgte rassistische Judenfeindschaft wird anhand von bislang unbekannten Originalquellen belegt. Ich bin sicher, dass durch die neue Veröffentlichung auch die Bürgerinitiative „Nelliusstraße bleibt Nelliusstraße“ zu dem Schluss kommen wird, dass ein Straßenschild mit dem Namen eines Antisemiten und frühen Anhängers von Hitler absolut nichts mit Heimatliebe zu tun hat und untragbar ist.“

Prof. Dr. Robert Jütte, Stuttgart:
„Wie ich erfahren habe, soll in Sundern die Umbenennung der Nellius-Straße durch eine Bürgerinitiative verhindert werden. Als ehemaliger Vorsitzender und jetziges Beiratsmitglied der Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland, aber auch als geborener Sauerländer kann ich nicht verstehen, dass es dort noch eine Straße gibt, die nach einem als Antisemit eindeutig hervorgetretenen Musikpolitiker benannt ist. Ich appelliere an den Gemeinderat, für die Umbenennung der Nellius-Straße zu stimmen.“

Prof. Hubertus Halbfas (Mitglied im Sauerländer Heimatbund):
„Im Rahmen der aktuellen Straßennamendebatte haben Peter Bürger und Werner Neuhaus in Zusammenarbeit mit Michael Gosmann vom Stadtarchiv Arnsberg das nationalsozialistische Kulturschaffen von Georg Nellius minutiös untersucht. Die vorgelegte Forschungsarbeit bestätigt ein erschreckendes Bild antisemitischer Kulturpolitik. Dies ist der geistige Hintergrund, aus dem heraus die massenmörderische Judenverfolgung und Judenvernichtung des NS-Staates möglich wurde. Die Bürgerinitiative „Nelliusstraße bleibt Nelliusstraße“ sollte gerade angesichts der neuen Forschungserkenntnisse den Hinweis von Heinrich Lübke bedenken, „dass Menschlichkeit aus der Verantwortung für die Vergangenheit erwächst. Deshalb erweist uns keiner von denen einen Dienst, die unserem Volk zureden, es müsse nun endlich einmal Schluss gemacht werden mit dieser Schattenbeschwörung aus den Tagen einer furchtbaren Vergangenheit. Nicht wir beschwören die Schatten, die Schatten beschwören uns, und es liegt nicht in unserer Macht, uns ihrem Bann zu entziehen“.“

Prof. Dr. Dr. Reinhard Hesse, Warstein:
„Ich kann mir nicht gut vorstellen, dass die nunmehr zu Nellius vorliegenden Dokumente die Initiatoren der Bürgerinitiative nicht dazu veranlassen werden, von ihrem Anliegen Abstand zu nehmen und der Stadt Sundern somit die Ausrichtung eines teuren Bürgerbegehrens zu ersparen.“

Frau Prof. Dr. Anat Feinberg (Honorarprofessorin an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg):
„Mit Betroffenheit habe ich erfahren, dass in Sundern die Umbenennung der Nellius-Straße durch eine Bürgerinitiative verhindert werden soll. Als jemand, der ein Buch über die Rückkehr jüdischer Musiker in das Nachkriegsdeutschland geschrieben hat und zur Zeit an einem Buch über die Remigration jüdischer Kunstschaffender nach 1945 schreibt, bin ich entsetzt, dass es im Sauerland, das ich aus zahlreichen Besuchen kenne, noch eine Straße gibt, die nach einem bekennenden antisemitischen Musikpolitiker benannt ist. Als jemand, der als kulturelle Vermittlerin zwischen Israel und Deutschland für sein langjähriges Engagement zugunsten der israelischen Kultur und der deutsch-israelischen Beziehungen vom Bundespräsidenten das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen, appelliere ich an die zuständigen politischen Gremien, diesen Schandfleck rasch zu beseitigen und umgehend den Weg für eine Umbenennung der Nellius-Straße frei zu machen.“

Der Historiker Dr. Ulrich F. Opfermann (Aktives Museum Südwestfalen Siegen, Rom e.V. Köln) schreibt dem Autorenteam:
„Ihnen […] ist mit Ihrem akribischen Nellius-Gutachten ein wertvoller Beitrag zur aktuellen Benennungsdiskussion gelungen, mit Bedeutung über den in Rede stehenden Ort hinaus. Man kann nur hoffen, dass ein sachliches Wort wie dieses noch durchdringt. Ich sage Ihnen das als ein, wie Sie wissen, langjähriger landschaftlicher Nachbar aus dem Siegerland, der manchen Beitrag schrieb. Auch nach meinem Umzug bewegt mich weiterhin die Regionalgeschichte. Das schließt den Blick übers Kölsche Heck selbstverständlich mit ein. Also, noch einmal: ein herzliches Dankeschön für die gute, beispielgebende Arbeit.“

Prof. Dr. Volker Honemann (Münster und Berlin) teilt den Autoren mit:
„Ihnen […] sei sehr herzlich für Ihre mühevolle Forschungsarbeit in Sachen Georg Nellius gedankt. Daß deren Ergebnisse Nellius nun in noch schlimmerem Lichte erscheinen lassen, als man vorher wußte, zeigt, wie nötig es ist, unsere Dritte Reichs-Vergangenheit auch >vor Ort< weiterhin so nüchtern und gründlich aufzuarbeiten, wie Sie es getan haben, und wie ich es vor kurzem für die Germanistik der Westfälischen Wilhelms Universität Münster versucht habe. Tun wir dies nicht, dann wird uns diese Vergangenheit immer von neuem heimsuchen. Es ist sehr zu hoffen, daß die Sunderner Bürgerinitiative sich durch Ihre umfassende, strikt wissenschaftliche Dokumentation überzeugen läßt, daß Georg Nellius keine Ehrung durch einen Straßennamen gebührt.“

Prof. Dr. Josef Wiesehöfer (Universität Kiel) lässt uns in knapper Form wissen:
„Herzlichen Dank für diese überaus wichtige und überfällige Darstellung.“

Neue wichtige Publikation: Georg Nellius (1891-1952) Völkisches und nationalsozialistisches Kulturschaffen, antisemitische Musikpolitik, Entnazifizierung.

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Vor wenigen Tagen ist eine eine neue wissenschaftliche Arbeit von von Peter Bürger und Werner Neuhaus in Zusammenarbeit mit Michael Gosmann (Stadtarchiv Arnsberg) über Georg Nellius völkisches und nationalsozialistisches Kulturschaffen, seine antisemitische Musikpolitik und seine Entnazifizierung erschienen.

Die Broschüre umfasst 121 Seiten. Für den schnellen Überblick empfehlen die Verfasser:

  • Die neue Quellenbasis dieser Arbeit: S. 6-7
  • NS-Kulturfunktionär Nellius: S. 17-25
  • Antisemit Nellius: S. 26-29
  • Kriegs- & Todeskult: S. 29-32
  • Entnazifizierung: 33-41
  • Ergebnis und Votum zur Straßennamendebatte: S. 42-43.

Wir zitieren an dieser Stelle große Teile des sehr verständlich geschriebenen Vorworts:

Im Rahmen der neueren westfälischen Straßennamendebatte (Frese 2012) sind auch Straßenschilder mit dem Namenszug des Musikers Georg Nellius (1891-1952) in den Kommunen Arnsberg und Sundern ins Blickfeld gerückt.

Angeregt durch eine Veröffentlichung des Christine Koch-Mundartarchivs am Museum Eslohe (Bürger 2013a*) hat der Kulturausschuss der Stadt Sundern bereits Ende Mai 2013 eine Umbenennung der dortigen Nellius-Straße beschlossen. Im November 2013 meldete sich dann eine Bürgerinitiative „Nellius-Straße bleibt Nellius-Straße“ zu Wort, die im Januar dieses Jahres 2.677 Unterschriften für das in ihrem Namen ausgedrückte Begehren vorlegen konnte.

Jede gute Sache muss Kritik vertragen können. Eine breite öffentliche Diskussion kann dem Anliegen, untragbare „Ehrungen“ von Nationalsozialisten durch Straßenbenennungen zu revidieren und einem neuen Geschichtsbewusstsein Wege zu bahnen, nur dienlich sein.

Problematisch sind indessen Anklänge an jenes auch sonst im Internet verbreitete Argument, dem zufolge sich bei der Straßennamendebatte alle etablierten Parteien gegen eine – angebliche – Mehrheit von Bürgerinnen und Bürgern verschworen hätten.

Nicht minder problematisch sind bestimmte Öffentlichkeitsstrategien, die sich anhand einer Presseschau zur Nellius-Diskussion in Sundern nachweisen lassen: Ein isoliertes Dokument aus einem äußerst umfangreichen Aktenzusammenhang taucht plötzlich als spektakulärer, unüberbietbarer und unanfechtbarer „Entlastungsbeweis“ auf.

Spekulationen und Behauptungen, für die nicht ein einziger Beleg vorliegt, werden in Anzeigenblättern und gegenüber der Lokalpresse als „historische Wahrheiten“ ausgegeben. Im Einzelfall wird sogar aus einer Doktorarbeit etwas abgeleitet, was in direktem Gegensatz zu den von der Autorin präsentierten Ergebnissen steht.

Mit derlei Methoden kann man in kürzesten Zeiträumen immer wieder neue Aufmerksamkeit oder Empörung im öffentlichen Raum erzeugen und ein Publikum, das im wissenschaftlichen Umgang mit Quellen nicht geschult ist, beeindrucken.

Im konkreten Fall der Nellius-Diskussion gibt es allerdings keinerlei Grund, herablassend das Informationsbedürfnis von vielen Bürgerinnen und Bü rgern zu ignorieren. Die zum Thema bereits vorliegende Internet-Darstellung behandelt den sauerländischen Komponisten nur auf vergleichsweise knappem Raum, z.T. übrigens sehr wohlwollend. Wenn sie direkt betroffene Straßenbewohnerinnen und -bewohner noch nicht überzeugt, haben kritisch Forschende die Pflicht, ihre bisherigen Erkenntnisse besser zu vermitteln und sich dem Thema noch einmal eingehender zu widmen.

Außerdem brauchen KommunalpolitikerInnen mit Blick auf die mit einem „Bürgerbegehren“ verbundenen Fristen jetzt zeitnah eine hieb- und stichfeste Expertise als Entscheidungsgrundlage.

Dem zweiten Erfordernis kann die vorliegende Darstellung, versehen mit einem umfangreichen Dokumentationsteil, Rechnung tragen.

Mit großem Respekt vor dem Informationsbedürfnis auch in nachdenklichen Kreisen haben wir uns die „Causa Nellius“ noch einmal sehr viel genauer angeschaut und konnten dabei die Quellenbasis erheblich erweitern.

Die ganze Broschüre lesen oder herunterladen: http://www.sauerlandmundart.de/pdfs/daunlots%2069.pdf

Sämtliche Internetbeiträge des Christine Koch-Mundartarchivs am Museum Eslohe kann man sich auf dieser Website herunterladen: http://www.sauerlandmundart.de/daunlots.html