Wildkräuter-Experiment oder einfach nur mangelhafte Pflege: der Jüdische Friedhof in Winterberg

Die Grabstätten von Martha und Julius Winterberger (foto: zoom)

Ich habe bislang im Hochsauerland keinen ungepflegteren Jüdischen Friedhof gesehen als den Jüdischen Friedhof in Winterberg. Schon vor ein paar Jahren hatte ich mich über den Zustand der seit 2010 offiziell als Baudenkmal geschützten Anlage gewundert.

Nun wuchern erneut die krautigen Pflanzen und der Löwenzahn gedeiht prächtig auf den Wegen.

Löwenzahn auf den Wegen (foto: zoom)

Der Jüdische Friedhof in Winterberg liegt am Rande der Stadt und ist von außen nicht unbedingt als Friedhof zu erkennen. Die meisten Menschen gehen achtlos am Treppenaufgang vorbei. Es ist vom Fußweg bzw. von der Straße nicht ersichtlich, dass sich hinter dem Holztörchen ein besonderer Ort verbirgt. Wäre nicht zumindest eine Hinweis- und vielleicht eine erklärende Geschichtstafel angemessen?

Die Treppe hoch zum Jüdischen Friedhof (foto: zoom)

Vielleicht beschäftigen sich ja einige Schüler*innen im Rahmen des Jugendgeschichtsprojekts „Erinnern vor Ort“- „Vergessene Schicksale: Jüdische Familien im Hochsauerlandkreis“, welches ich vor drei Tagen hier im Blog vorgestellt habe, mit den Winterberger jüdischen Familien. Immerhin trägt das örtliche Gymnasium den geschichtsträchtigen Namen der Geschwister Scholl.

Die „Stolpersteine-App“ des WDR in Meschede ausprobiert

Vier Orte in der Innenstadt, an denen sich sechs Stolpersteine befinden. (Screenshot)

Gestern Nachmittag war das Wetter stabil und wir konnten die WDR-App „Stolpersteine NRW“ in Meschede ausprobieren. Schon zu Hause konnten wir auf der Desktop-Variante in Ruhe checken, wo die Steine zu finden sein würden.

(Siehe auch den Beitrag hier im Blog.)

Spoiler: die GPS-Daten waren nicht punktgenau, aber mit Hilfe der Adressangabe, etwas Phantasie und Adleraugen haben wir schließlich alle dunkel-bronzenen Steine entdeckt.

Insgesamt elf Stolpersteine verzeichnet die App in Meschede, davon fünf in Wennemen (ein Standort) und sechs in der Innenstadt (vier Standorte).

Die kleine Route, um die Innenstadt-Stolpersteine zu finden, haben wir am Parkplatz Schlotweg begonnen. Dieser ist Samstagnachmittag eigentlich immer leer.

Zuerst geht es stadteinwärts durch den Hennepark. Rechts von der Henne liegt auf einem steilen Abhang der alte Jüdische Friedhof.

Ruhestätte der Familie Calmon Rosenthal (foto: zoom)

Auch wenn der Friedhof nicht in der App verzeichnet ist, sollte man/frau ihn besichtigen. Der Haupteingang ist an der Beringhauser Straße. Wir sind in Schlangenlinien von unten zum Eingang und wieder zurück gegangen. Es ist steil. Rutschfeste Schuhe sind von Vorteil.

Am Friedhofseingang (foto: zoom)

Am Ende des Henneparks gelangt man am geruhsamsten über kleine Nebenwege zu den beiden Stolpersteinen von Johanna und Milton Kahn im Eingangsbereich von Foto Sonntag, Hennestraße 8.

Zusatzinformationen lassen sich sowohl auf dem Smartphone als auch dem Desktop-PC nachlesen. (foto: zoom)

Für die weiteren drei Standorte kann sich jede und jeder eine eigene Route überlegen. Links- oder rechtsherum spielt keine Rolle.

Von Klara Arens in der Kampstraße 1 sollte man noch an der alten Synagoge, heute ein Kultur- und Veranstaltungsort, vorbeigehen. Nach der Pandemie werde ich dort wieder zum ein oder anderen Event vorbeischauen.

Das Bürgerzentrum Alte Synagoge Meschede – Infotafel in der Kampstraße 8. (foto: zoom)

Im Anschluss an die Innenstadtrunde und die drei letzten von sechs Stolpersteinen (Caroline Ikenberg, Paula Rosenthal-Wallach & Leopold Wallach) , geht es entweder zurück durch den Hennepark zum Start oder was sonst beliebt. Einkaufen, Ruhr angucken, Kaffee trinken.

Wir sind zurück, weil Pandemie, und haben links (Fließrichtung!) von der Henne noch eine Skulptur „Niederbrechendes Pferd“ des Siedlinghäuser Künstlers Eugen Senge-Platten entdeckt. Keine Ahnung, warum ich das Pferd bislang nicht gesehen hatte.

Eugen Senge-Platten: „Niederbrechendes Pferd“ vor dem Kreishaus (foto: zoom)

Die Stolpersteine in Wennemen werde ich später besuchen. Wennemen liegt am Ruhrtalradweg und ist gleichzeitig der Ausgangspunkt für den Bahntrassenradweg nach Eslohe bzw. Bremke.

Eine technische Frage bleibt für mich noch offen: Warum zeigt mir die Stolpersteine-App unter dem Punkt „Stein besucht“ lediglich „1“ an? Es waren doch derer sechs und ich hatte überall eine virtuelle Kerze angezündet. Was habe ich übersehen?

Nun gut, 99,99% der alltäglichen Probleme sind größer, aber wissen wollen tue ich es trotzdem.





Umleitung: Corona-Desinformation, Don’t look up!, China, Atomenergie, Überleben und Überstehen, jüdische Friedhöfe, Podcast-Studio, beste Wünsche für 2022 und ein kalter Bahnsteig.

Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung und abgelaufene Sohlen. Ein eisglatter Spaziergang am Brodtener Ufer zwischen Niendorf und Travemünde (foto: zoom)

Corona-Impfungen: Desinformation mit schweren Nebenwirkungen … tagesschau

Don’t look up! Verschwörungspsychologie & Carl Sagan-Religion vom Feinsten! … scilogs

Die Welt erobern – nur ohne Krieg? Nach 2 Weltkriegen mit Millionen und Millionen an Toten wissen wir: Krieg ist kein adäquates Mittel, um die Welt zu erobern. Gibt es denn eine Alternative? … unkreativ

Reichlich verstrahlt: Hagen war jahrzehntelang in Atomprojekte verwickelt – und die Geschichte ist noch nicht zu Ende … doppelwacholder

Überleben und Überstehen: wo ist dies Jahr geblieben? Eben noch saßen wir an einem lauen Frühlingsabend in der Sonne und hofften auf Gutes, und schon schlägt der Nachtfrost wieder mit aller Macht bei denen ein, die ohnehin nicht viel zu bieten haben im Oberstübchen … zynaesthesie

In Hörde gab es drei jüdische Friedhöfe: Auf dem jüngsten Friedhof finden sich noch Grabmale vom ältesten … nordstadtblogger

Journalismus, Podcast: mobiles Podcaststudio #EchoStopBox … ruhrnalist

Kein richtiger Rückblick, aber die besten Wünsche für 2022! Wie ist im Vorfeld spekuliert worden, ob wir ab 2020 noch einmal „Roaring Twenties“ oder dergleichen erleben würden; wilde, entfesselte Zeiten, eine Dekade wie damals in den 1920ern. Es ist bislang ein wenig anders gekommen … revierpassagen

Stehend auf dem kalten Bahnsteig warten – statt im Anschlusszug zu sitzen: Donnerstag, 23.12., um 19:42 Uhr auf dem Bahnhof Warburg: Der Regionalexpress RE11 (“RRX”) aus Kassel fährt auf Gleis 4 ein. Seine weitere Fahrt führt über Paderborn und Soest durch das Ruhrgebiet bis nach Düsseldorf. Auf dem Bahnsteig in Warburg ist es dunkel, und die Temperaturen liegen unter null Grad … sbl

Umleitung: Corona- und Klimawandelleugner, Biokunststoffe nicht ganz bio, Versammlungsgesetz, Goethe-Institut, Peter Paul Rubens und der jüdische Friedhof in Wickede

Demo gegen das Versammlungsgesetz in Köln Ende Oktober (fotoarchiv: zoom)

Die Corona-Leugner, der Bundestag und die AfD: Was wir seit dem Frühjahr 2020 auf den Straßen und im Netz erleben, ist zutiefst besorgniserregend – und sagt viel aus über das Weltbild der AfD … jüdischeallgemeine

Leugnen, bis die Erde brennt: Das Netzwerk der Klimawandelleugner … rnd

Warum Biokunststoffe nur eingeschränkt “bio” sind: Bezeichnungen können irreführend sein, das gilt auch für „Biokunststoff“. Darunter subsumiert man drei unterschiedliche Kunststoffgattungen … scilogs

Nordrhein-Westfalen: Restriktives Versammlungsgesetz steht kurz vor Verabschiedung … netzpolitik

Der alte jüdische Friedhof ist heute eine Gedenkstätte: In Dortmund-Wickede wurden schon im Jahr 1931 jüdische Kindergräber geschändet … nordstadtblogger

Goethe-Institut: auf Wellenlänge der neuen Außenministerin … revierpassagen

Online-Vortrag über Peter Paul Rubens: Einen kostenlosen Online-Vortrag über den Maler Peter Paul Rubens, vorgetragen von Dr. Mirjam Neumeister aus der Pinakothek München, bietet die Volkshochschule Hagen (VHS) am Donnerstag, 16. Dezember, von 18 bis 19.30 Uhr an … doppelwacholder

Umleitung: Antisemitismus in Thüringen, Olaf Scholz als Mann des Übergangs, Kündigung von festangestellten Fotograf:innen bei DuMont, Zoom-Tricks, Omikron, das Fest der Liebe, die Winterberger Bobbahn und mehr.

Der Fichtenwald – entweder schon weg oder braun und bald weg (foto: zoom)

Antisemitismus in Thüringen: Keine Entwarnung … blicknachrechts

Scholz: Ein Mann des Übergangs … postvonhorn

Nach dem Sturz von Sebastian Kurz: Chaos in der Kurzparkzone … misik

Alle festangestellten Fotograf:innen zum 30.06.2022 gekündigt: Rote Linie überschritten – betriebsbedingte Kündigungen bei DuMont Schauberg in Köln ausgesprochen … ver.di

Trotz Entschärfungen: Versammlungsfreiheit in NRW wird spürbar eingeschränkt … netzpolitik

Pandemie: Neue Virusvariante „Omikron“ erreicht Dortmund … nordstadtblogger

Das Fest der Liebe: „… warne die Innenministerkonferenz vor einer Welle der Gewalt, die von den Kundgebungen der Corona-Kritikern ausgehen würden. Die Polizei sei mit Härte und Entschlossenheit in allen…“ … zynaesthesie

Comic-Zeichenkunst: Realistische Phantastik – was den europäischen Comiczeichner Moebius mit dem amerikanischen Superhelden-Zeichner Jack Kirby verbindet … endoplast

Zoom-Tricks für Podcast: es gibt eine Lösung. Und diese Lösung liegt in Zoom selbst. Man muss sich allerdings etwas tiefer mit Zoom befassen … ruhrnalist

Chinas Raubbau an der Natur: Fotografien von Lu Guang im Bergbau-Museum Bochum … revierpassagen

Jüdischer Friedhof in Hohenlimburg soll Kulturdenkmal werden: Antrag der SPD-Fraktion im Hagener Kulturausschuss … doppelwacholder

Winterberg & HSK: Wie soll die Bobbahn künftig finanziert werden? … sbl

Umleitung: Rechte Esoterik, Goldhandel und Verschwörungsmythen, CDU am Boden, Solidarität in der Corona-Ära, Versammlungsgesetz NRW, Kultur in Krisenzeiten und mehr.

Auf dem Vulkanpfad bei Welleringhausen (foto: zoom)

Rechte Esoterik: Heilpraktikerin in der Drahtzieher-Rolle … blicknachrechts

Zwischen Goldhandel und Verschwörungsmythen: Am dritten Septemberwochenende 2021 fand in Wiesbaden der »SOLIT Go for Gold-Wertekongress« statt. Eine Werbeveranstaltung für Edelmetalle, bei der die Klaviatur der Manipulation und Demokratiehetze professionell gespielt wurde … derrechterand

Union: Der Lack ist ab. Die Union liegt am Boden. Sie verlor bei der Bundestagswahl ihren Vorrang. Sie ist zerstritten. Beide Parteichefs sind diskreditiert. Die CSU ist inhaltlich verdorrt … postvonhorn

Was heißt Solidarität in der Corona-Ära? Auch mehr Patienten ohne COVID werden wegen Überlastung der Krankenhäuser sterben … scilogs

Zeitzünder (Satire): Heute ist es wieder so weit: die Zeit in der EU wird auf die Mitteleuropäische Normalzeit umgestellt. Nachgewiesen sind statt Energieeinsparungen ein enormer Mehrverbrauch, gesundheitliche Schäden bei Menschen, Nachteile für Nutztiere und damit verbundene Probleme für die Landwirtschaft wie auch für andere Wirtschaftszweige … zynaesthesie

3000 (Polizei)/7000 (Veranstalter) haben am Samstag in Köln gegen das Versammlungsgesetzgesetz protestiert. (foto: zoom)

Versammlungsgesetz NRW: Tausende protestieren in Köln gegen Einschränkungen des Demonstrationsrechts … netzpolitik

Erinnerung und Mahnmal: die jüdischen Friedhöfe in Dortmund-Aplerbeck … nordstadtblogger

Der Benzinpreis als Symbol des Politikversagens: Es ist dringend geboten, die Verkehrswende zum Prio 1 – Thema zu machen. Verkehr muss nachhaltiger, vernetzter, elektrischer werden. Da beißt die Maus keinen Faden ab … unkreativ

Zum 100-jährigen Bestehen: Museum Folkwang lockt 2022 mit Impressionisten – und anderen Highlights … revierpassagen

„Kultur ist in Krisenzeiten wichtig“: 43.000 Menschen kamen in der Saison bisher ins Freilichtmuseum Hagen … doppelwacholder

Schlechte Bilanz beim Klimaschutzkonzept im HSK: Bereits im Jahr 2013 wurde vom Kreistag des HSK ein “Integriertes Klimaschutzkonzept” beschlossen. Dazu gehört ein Maßnahmenkatalog, der aus insgesamt 84 Punkten besteht … sbl

Was von der Woche blieb … der Jüdische Friedhof in Winterberg sieht wieder passabel aus

Das üppige Unkraut ist weg und die Hecke ist geschnitten (foto: zoom)

Anfang August hatte ich mich hier im Blog über den Zustand des Jüdischen Friedhofs in Winterberg echauffiert. Der Buschfunk hat mir gemeldet, dass sich Lokalpolitiker über den Beitrag empört hätten. Ich könne, wenn es mich denn störe, selber mit anpacken.

Das ist ziemlich albern, denn die Lokalpolitiker sollten nicht die Überbringer der schlechten Nachricht beschimpfen, sondern dafür sorgen, dass der Mangel abgestellt wird.

Nach meinen Informationen kümmern sich Bauhof und Junge Union Winterberg um den Friedhof. Ich finde das gut, aber wenn es zuviel Arbeit sein sollte, könnten die Beteiligten überlegen, ob man das Engagement nicht verbreitern sollte.

Was ist mit dem Heimat- und Geschichtsverein? Könnten Geschichtsprojekte von Sekundarschule und Geschwister-Scholl-Gymasium nicht unterstützend tätig werden? Die anderen Parteien?

Geschichte geht uns alle an.

Ein Besuch auf dem Jüdischen Friedhof Willebadessen: Familie Stern

Ausschnitt aus der Informationstafel am Jüdischen Friedhof in Willebadessen (Autor: Ansgar Holzknecht)

Vor knapp einer Woche hatte ich von meinem Besuch in Willebadessen, samt Schmetterlingspfad und Jüdischem Friedhof hier im Blog berichtet und auf die hervorragende Informationstafel neben dem Friedhof hingewiesen.

Der Autor, Herr Ansgar Holzknecht, hat mir die Tafel inzwischen auch als PDF zur Verfügung gestellt. Vielleicht kann sie anderen lokalen Geschichtsgruppen als Vorbild dienen. Ich möchte einige Teile hier im Blog vorstellen, was aber niemanden davon abhalten sollte, selbst einmal Willebadessen und die historischen Orte zu besuchen.

Der Text über die Familie Stern:

Bendix Stern (gest. 1897) und Friederike, geb. Rose: kleine Landwirtschaft und ein Kolonialwarengeschäft. Nach einem Brand 1893 bauen sie ein massives Backsteinhaus in der Lange Str. Nr. 73, heute Nr. 24. Nach der Reichspogromnacht 1938 muss das Geschäft aufgrund einer Anordnung der Wirtschaftskammer mangels „volkswirtschaftlichen Interesses“ aufgegeben werden. Während des Krieges wird das Haus mit franz. Kriegsgefangenen belegt.

Kinder: Moritz 1874 – 1933, Julius 1881 – 1939 und Rosa 1886 – 1942.

  • Julius heiratet die Nichtjüdin Mathilde und wohnt mit Familie in Berlin. Als Postbeamter bekommt er 1933 Berufsverbot. Er sucht Schutz in Willebadessen bei Schwester Rosa. Nach mehrtägiger GESTAPO-Vernehmung und Hitlers Rede am 30.01.1939 über die Vernichtung der jüd. Rasse in Europa begeht er Selbstmord auf dem Dachboden des elterlichen Hauses.
  • Rosa wird nach Zwangsaufgabe des Geschäftes Hausgehilfin in Warburg. Im März 1942 wird sie mit 1000 Juden aus dem Gestapoleitbezirk Münster ins Ghetto nach Warschau deportiert, wo sie noch im selben Jahr stirbt.
  • Viktor Stern, ( Sohn von Julius und Mathilde und Tante Rosas Neffe) wird ähnlich seinem Vater von der Berliner Verkehrsgesellschaft „gemäß Gesetz und Verordnung“ ebenfalls 1933 gekündigt. 1935 Militärdienst in Minden, aber als Halbjude 1937 unehrenhaft entlassen. 1937 Heirat mit Resi Markhoff aus Willebadessen, das er oft besucht. Als Kraftwagenführer (seit Nov 37) „wegen behördlicher Abnahme des Führerscheins“ April 1939 entlassen. 1939 bis 41 Hausinspektor; 194143 Arbeiter. Am 29. Juni 43 mit Frau Resi und den Kindern Manfred und Denny von Berlin nach Theresienstadt und von dort nach Auschwitz deportiert. Resi Stern und ihre zwei kleinen Kinder wurden dort ermordet. Der Vater Viktor Stern überlebt im Außenlager Golleschau und dann die „Todesmärsche“ vor den nahenden Russen. Er konnte zuletzt dem „Dachauer Todesmarsch“ entfliehen, wurde von den Amerikanern in einer Behelfskrankenstation gepflegt und war 1948 wieder bedingt arbeitsfähig. Viktor hat wirklich „alles“ durchgemacht!!!
  • Viktor kehrte nach dem Krieg wiederholt nach Willebadessen zurück, um alte Freunde zu besuchen. Er starb 1987 bei München. – Sein Bruder Heinrich mit Frau Hedva fand in Palästina in der Kibbuzbewegung neue Heimat. – Sein Bruder Bernhard überlebte den Krieg mit seiner „arischen“ Frau Lizbet und seiner evang. Mutter Mathilde in Berlin.
  • Viktor hatte aus einer späteren Ehe noch einen Sohn Henry (*1971). Dieser schrieb zum Abitur eine „Facharbeit“ über das Familienschicksal. Er lebt als Journalist in Bayern.

Der Jüdische Friedhof Winterberg: erschütternd ungepflegt

Das, was der Sauerländer gemeinhin Unkraut nennt, wächst üppig auf dem Jüdischen Friedhof in Winterberg. (foto: zoom)

Nachdem ich gestern den wunderbar restaurierten und gepflegten Jüdischen Friedhof in Willebadessen und vor einiger Zeit ebenfalls den Jüdischen Friedhof in Olsberg-Bigge besucht hatte, bin ich heute Abend kurz zum Jüdischen Friedhof in Winterberg gefahren.

Für ein geplantes Projekt wollte ich die Grabsteine fotografieren. Um es kurz zu halten: ich war entsetzt über den ungepflegten Zustand der Anlage.

Ich frage mich, wer für diesen Zustand verantwortlich ist.

Im Gesetz steht:

„Das Land fördert weiterhin neben den Leistungen nach Artikel 1 eine der jüdischen Tradition entsprechende Erhaltung und Pflege der geschlossenen jüdischen Friedhöfe in Nordrhein-Westfalen.“

Das heißt nach meiner Lesart, es fließen Gelder für die Pflege des Jüdischen Friedhofs in Winterberg.

Sind die Gelder jetzt, Mitte des Jahres, schon aufgebraucht, sodass trotz Dürre das Kraut in eine derartige Höhe schießen kann?

Oder ist es einfach nur geschichtsvergessene Schlampigkeit?

Ergänzung:

„Kultusministerkonferenz
Bericht und Empfehlungen zur Erhaltung und Pflege jüdischen Kulturguts in Deutschland

[…]

2. Pflege jüdischer Friedhöfe
Die Friedhöfe der ehemaligen jüdischen Gemeinden in Deutschland bedürfen einer ständigen Pflege und Betreuung. In den alten Ländern wird diese Betreuung auf der Grundlage einer Absprache zwischen Bund, Ländern und Vertretern jüdischer Organisationen in Deutschland vom 21.6.1957 durchgeführt. Die Mittel für die Betreuungs- und Pflegemaßnahmen werden nach dieser Absprache vom Bund und von den Ländern je zur Hälfte aufgebracht. Nach dem Inhalt der Absprache müssen die Betreuungsmaßnahmen den religiösen Überzeugungen und der jahrtausendealten Tradition des Judentums Rechnung tragen.

Danach ist der jüdische Friedhof eine Stätte der Totenruhe. Die Ruhe der Toten gilt als unantastbar. Der jüdische Friedhof muß daher als eine in die Landschaft eingefügte Gesamtheit dauernd erhalten bleiben. Dazu gehören nach der erwähnten Absprache:

Erhaltung einer sicheren Einfriedung mit verschließbarem Tor, ordnungsmäßige Unterhaltung der Zugangswege und der Hauptwege auf dem Friedhof, regelmäßiges Schneiden des Grases und Beseitigung des Unkrautes. Umgefallene Grabsteine sind wieder aufzurichten. Eine individuelle Pflege des Einzelgrabes bleibt den Angehörigen des Verstorbenen bzw. den zuständigen jüdischen Stellen überlassen. Einzelfragen sind in Verbindung mit den zuständigen jüdischen Stellen zu klären.“

[…]

Quelle: http://www.dnk.de/_uploads/media/218_1996_KMK_juedKulturgut.pdf

Ich wollte zum zehnten Blog-Geburtstag Schmetterlinge und bekam eine Lehrstunde in Geschichte

Einstieg in den Schmetterlingspfad bei Willebadessen (foto: zoom)

Das Blog ist am 5. August 2008 „auf Sendung gegangen“. Am zehnten Geburtstag wollte ich einfach irgendwohin, wo ich noch nicht war. Mein Finger senkte sich auf der Landkarte über Willebadessen: Schmetterlingspfad.

Ein Kollege hatte mir den Ort empfohlen.

Makroobjektiv auf die Spiegelreflex geschraubt, Kompaktkamera in die Hosentasche gesteckt und neunzig lange Autominuten in den Osten des Regierungsbezirks Detmold gejückelt.

Google Maps hat mich exakt auf den Parkplatz vor dem Schmetterlingsschild dirigiert. Die Lieblingsblüten der Schmetterlinge waren verblüht. Hier und da flatterte ein Bläuling und ab und zu auch ein Weißling unruhig aus dem Bildfeld heraus. So sind sie. Gerade, wenn du sie scharf im Fokus hast, wenn die VR (Vibration Reduction) nicht mehr pumpt, sind sie weg.

Einen Vertreter habe ich halbwegs akzeptabel erwischt, auch wenn der hintere Flügel schärfer abgebildet ist als der vordere. Was soll’s. Im nächsten Jahr komme ich wieder, besser im Juni.

Ich nenne ihn Bläuling, solange bis ich im Bestimmungsbuch für Schmetterlinge nachgeschaut habe. (foto: zoom)

Nachdem ich lange auf der Hochfläche zwischen Windrädern und Scheunen umher geirrt war, einen Bauern mit Heuballen zwei Mal getroffen und zwei Mal gegrüßt hatte, wollte ich frustriert zurück zum Parkplatz. War’s das schon mit dem Schmetterlingspfad?

Zehn Jahre Blog und gerade mal ein Bläuling. Ein älteres Ehepaar kam mir entgegen. Ja, im Grunde wäre es das, aber man könne noch eine Runde gehen. Wieder ein Stück zurück und dann …

… am jüdischen Friedhof vorbei zurück zum Parkplatz.

Der jüdische Friedhof in Willebadessen (foto: zoom)

Das Ehepaar war eine wandelnde Geschichtsquelle, und nicht nur das. Sie haben, so erzählten sie mir, mit dafür gesorgt, dass der Friedhof heute so gepflegt aussieht, wie ich ihn vorgefunden und gesehen habe.

Julius Stern: Ein Grabstein. Ein Name, eine Geschichte (foto: zoom)

Eine spannende Erzählung, die mit einem unter Büschen verborgenen Grabstein begann und viele Nebengeschichten hervorgebracht hat. Die Familiengeschichte des Mannes. Seine eigene Betroffenheit. Seine Motivation sich als nach Willebadessen Zugezogener zu engagieren. Seine Verbindungen. Seine Quellen.

Als wir den Parkplatz erreichten, unterhielten wir uns schon über „Gott und die Welt“. Mir schwirrte der Kopf. Wir haben unsere Email-Adressen ausgetauscht.

Ich bin ziemlich sicher, dass dieser Blogeintrag der Beginn einer wunderbaren neuen Entdeckung ist und den vagen Andeutungen (s.o.) demnächst Fakten und Narrative folgen werden.

Eine solche Informationstafel fehlt beispielsweise an den jüdischen Friedhöfen in Winterberg und Olsberg. Vorbild Willebadessen. (foto: zoom)

Der Besuch in Willebadessen war ein schönes Geburtstagsgeschenk. Das Blog dankt.