SPD Winterberg: Geschäftsführender Fraktionsvorstand neu gewählt – Torben Firley Nachfolger von Harald Koch.

Der neue Fraktionsvorstand (von links): Richard Gamm, Jörg Burmann, Fritz Kelm, Torben Firley (foto: spd)
Der neue Fraktionsvorstand (von links): Richard Gamm, Jörg Burmann, Fritz Kelm, Torben Firley (foto: spd)

Winterberg. (spd_pm) In einer ausserordentlichen Fraktionssitzung wählten die Mitglieder der SPD Ratsfraktion Winterberg Torben Firley aus Winterberg einstimmig zu ihrem neuen Fraktionsvorsitzenden.

Die Wahlen waren notwendig geworden, weil der bisherige Fraktionsvorsitzende Harald Koch am 28. Oktober viel zu früh verstorben ist (siehe auch hier im Blog).

Als neuer 1. Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden wurde der frühere Ortsvorsteher Jörg Burmann aus dem Ortsteil Altastenberg in die Führungsspitze gewählt. Im Amt bestätigt wurde Fritz Kelm aus Niedersfeld als 2. Stellv. Fraktionsvorsitzenden und als bewährter Geschäftsführer. Der 2. stellvertretende Bürgermeister Richard Gamm aus Züschen, der von der SPD-Fraktion gestellt wird, gehört weiterhin dem Vorstand an.

Alle Personen wurden ohne Gegenkandidaten gewählt. „Mit der Wahl ist es uns gelungen, ein gutes Team aus bewährten und neuen Personen zusammenzustellen“, so Richard Gamm nach der Wahl.

Neben der personellen Umgestaltung des Fraktionsvorstandes ergaben sich weitere Änderungen bei der Besetzung der Ausschüsse.

Die Vorschläge zur Umbesetzung werden dem Rat der Stadt Winterberg in der Dezembersitzung vorgelegt.

Mangelhafte Transparenz in Winterberg: Kaum Informationen über Bahnareal-Projekt vor der Bürgerversammlung

Heute vor einem Jahr: Das alte Bahnhofsgebäude wird abgerissen. (archiv: zoom)
Heute vor einem Jahr: Das alte Bahnhofsgebäude wird abgerissen. (archiv: zoom)

Rat und Bürgermeister der Stadt Winterberg setzen die schon beim Oversum-Projekt angewandte (Nicht-)Informationspolitik anscheinend auch beim Bahnareal-Projekt fort: nichtöffentliche Sitzungen, nichts nach außen dringen lassen, die Bürger und Bürgerinnen erst auf den letzten Drücker informieren.

Die Westfalenpost berichtet heute bemerkenswert kritisch.

Transparenz als hohle Phrase
Insbesondere der Kommentar von Boris Schopper „Transparenz durchs Milchglas“ entlarvt die Pressemeldung der Stadt -„Ziel des Rates ist es also, die Bürgerinnen und Bürger nicht nur umfänglich zu informieren, sondern sie zudem gleichzeitig aktiv in den weiteren Entscheidungsprozess einzubringen“- als hohle Phrase.

Warum werde, so fragt Schopper, bis zur Bürgerversammlung am 25. November geschwiegen? Die Medien könnten die Aufgabe übernehmen, die Winterberger vorab über das Projekt zu informieren.

Vorab-Informationen hätten große Vorteile. Eine Bürgerversammlung erreiche nur wenige hundert Winterberginnen und Winterberger, während die Medien den Großteil der Bürger einbeziehen könnten.

Darüber wären die Teilnehmer der Bürgerversammlung mit Vorkenntnis des Projekts besser in der Lage den Darstellungen der Stadt zu folgen und, wenn nötig, Kritik zu üben.

Die Politiker des Rathauses, so Schopper, gingen schließlich aus guten Gründe auch nicht ohne Vorab-Informationen und Unterlagen in ihre Sitzungen. Sie müssten sich mit Vorschlägen der Verwaltung auseinandersetzen können, um in der Sitzung qualifiziert zu diskutieren.

Bürgermeister Eickler wisse dies ganz genau. Er lasse die Transparenz in Sachen Bahnareal, die er per Mitteilung nach außen trage, allenfalls sehr eingeschränkt zu.

Soweit der Inhalt des Kommentars. Ich empfehle das Original zu lesen.

Gut finde ich an der Berichterstattung der WP, dass Artikel und Kommentar diesmal getrennt sind.

Leider werden im Artikel kaum Namen genannt. Die beteiligten Investoren und ihre Berater müssten doch eigentlich bekannt sein. Auch wird mir nicht klar, aus welchen Gründen Investoren austiegen sind, bzw. eventuell ausgebootet wurden.

Die Erzählung bleibt sehr an der Oberfläche. Geht da nicht noch was?

Steile Hügel – steile Thesen: Winterberg vom Klimawandel weniger betroffen als die Alpen.

Waiting for the cold. Schneekanonen vor einem Rückhaltebecken in Winterberg (foto: zoom)
Waiting for the cold. Schneekanonen vor einem Rückhaltebecken in Winterberg 2012. (foto: zoom)

In der Westfalenpost erscheint heute ein Artikel, der mehr nach PR für den Wintersport riecht als nach ernsthaftem Journalismus.

Es werden zwar kräftige Thesen geliefert, aber nach belastbaren Belegen habe ich vergeblich gesucht.

Hier die beiden Thesen, die mir beim ersten Lesen sofort aufgefallen sind:

In dem Gutachten werde eine geringere Auswirkung des bisherigen Klimawandels auf Schnee und Schneeproduktion in niedrig gelegenen Skigebieten belegt.

Die Zeit, in der Beschneiung möglich ist, ändere sich in Höhenlagen unter 1000 Metern sogar weniger als in denen darüber, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Wintersport-Arena.

Die Westfalenpost kann diese Aussage leider nicht mit einer nachprüfbaren Quelle belegen. Wo finde ich als Leser/in das Gutachten? Ein Titel oder eine URL fehlen.

Zweites Beispiel:

Nach außen, also auf der Internet-Seite thematisiert werden soll künftig auch der Energie-Einsatz. Michael Beckmann rechnet ein Beispiel vor: Die Grundbeschneiung von 65 Pistenkilometern benötige die gleiche Menge Energie wie ein Flug mit 200 Personen in die Südsee. Auf den Pisten aber betreiben, so der Tourismusdirektor, 400 000 Menschen Wintersport.

Wie und was der Tourismusdirektor rechnet, verschweigt uns der Artikel.

Mein Eindruck: Die Winter-Saison naht, die PR ist schon da. Meine Hoffnung, dass die Lokalzeitung journalistischer würde, ist weg.

Hey Hey, My My: Neil Young ist heute 70 Jahre alt geworden. Down by the River …

Neil Young war immer schon da. Von Buffalo Springfield bis zu seinem heutigen 70. Geburtstag.

Ein Solitär in der Rocklandschaft wird 70. Politisch korrekt war Neil Young nie. Dafür verbindet er Haltung und Sound auf einzigartige Weise. Laf Überland gratuliert einem hochsensiblen Sturkopf, Patrioten und ewigen Rebellen … dradio

Werde nachher Vinyl auflegen.

Auch „down by the river“, in Neheim, wird der Letzte der Großen in Ehren gehalten.

Nicht nur der Fluss Ruhr, auch die Musik verbindet.

“Tatort” Amtsgericht Brilon: wie Flüchtlinge kriminalisiert werden.

Brilon. (sbl) Wie können Ausländerbehörden eine inhaltliche Befassung mit Asylanträgen “vermeiden”? Indem man Flüchtlinge nur wegen ihrer Einreise zu Straftätern “macht”, mit Unterstützung der Justiz. Dann ist die Abschiebung leichter durchzuführen, denn angebliche Straftäter genießen ja keinen Schutz, und die Kriminalitätsstatistik über Flüchtlinge wird auch “gestaltet”.

(Der Artikel ist heute zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

So etwas war am Montag (09.11.) wieder beim Amtsgericht Brilon zu beobachten, in einer Strafverhandlung gegen einen Flüchtling, unter Vorsitz von Richter X.

Der Flüchtling aus dem Kosovo war im April 2015 mit Ehefrau und 4 Kindern (im Alter von 14 – 19 Jahren) nach Deutschland eingereist, ohne Zwischenaufenthalt in einem anderen Land, und hatte hier umgehend für sich und die Familie Asyl beantragt. Die Familie wird im Kosovo verfolgt, weil sie einer Minderheitsgruppe angehört.

Doch die Staatsanwaltschaft Arnsberg hatte gegen den Familienvater ein Strafverfahren eingeleitet, wegen illegaler Einreise und illegalen Aufenthalts. Der Flüchtling und seine Familie seien im April 2015 ohne Visum eingereist (kein Witz, das wurde ihm tatsächlich vorgehalten!). Wichtige Daten hatte die Staatsanwaltschaft zudem falsch dargestellt.
Die Informationen zu Einreise und Aufenthalt hat die Staatsanwaltschaft mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vom Ausländeramt des HSK erhalten.

Zur Gerichtsverhandlung hatte der Familienvater als Dolmetscherin seine 18jährige Tochter mitgebracht, die hervorragend Deutsch spricht. Die Tochter hatte sich bereits mehr als eine Woche vorher beim Gericht angemeldet und wurde von der Geschäftsstelle des Amtsgerichts darauf hingewiesen, dass sie in der Verhandlung zur wahrheitsgemäßen Übersetzung verpflichtet würde. Sie konnte also davon ausgehen, dass sie vor Gericht für ihren Vater übersetzen dürfe – bis zur Verhandlung. Dort stellte sich dann heraus, dass der Richter X selbst eine Dolmetscherin hatte bestellen lassen. Die Tochter wurde nicht zugelassen und auf die Zuhörerplätze verwiesen. Die “amtliche” Dolmetscherin machte einen völlig überforderten Eindruck, was die als Zuhörerin anwesende Tochter fast zur Verzweiflung brachte. Jedenfalls war über diese “amtliche” Dolmetscherin keine effektive Kommunikation zwischen Gericht und angeklagtem Flüchtling möglich.

Nun gibt es für die angeblich illegale Einreise von Flüchtlingen die “Genfer Flüchtlingskonvention” (GFK) aus dem Jahr 1951 und ein dazu gehöriges Protokoll aus dem Jahr 1967, “über die Rechtsstellung der Flüchtlinge”. 145 Staaten sind beigetreten, darunter auch Deutschland.
In Artikel 31 der GFK heißt es u.a.:
“Die vertragschließenden Staaten werden wegen unrechtmäßiger Einreise oder Aufenthalts keine Strafen gegen Flüchtlinge verhängen, die unmittelbar aus einem Gebiet kommen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit im Sinne von Artikel 1 bedroht waren und die ohne Erlaubnis in das Gebiet der vertragschließenden Staaten einreisen oder sich dort aufhalten, vorausgesetzt, dass sie sich unverzüglich bei den Behörden melden und Gründe darlegen, die ihre unrechtmäßige Einreise oder ihren unrechtmäßigen Aufenthalt rechtfertigen.”
All diese Voraussetzungen hatte der angeklagte Flüchtling erfüllt.

Doch Richter X behauptete, die GFK sei für den Flüchtling nicht gültig, da er vor seiner Flucht aus dem Kosovo nach Deutschland “freiwillig” aus Deutschland ausgereist sei. Tatsächlich hatte sich der Flüchtling bereits früher in Deutschland aufgehalten. Im Juli 2012 wurde er in einem Büro der Ausländerbehörde in Meschede (wo er zur Verlängerung seiner Duldung erschienen war) verhaftet und in Handschellen für 2 Wochen in die Abschiebehaftanstalt in Büren gebracht. Dann wurde er (wie viele andere Flüchtlinge aus dem Kosovo, die sich im HSK aufhielten) zwangsweise abgeschoben. Ihm dann vorzuhalten, er sei “freiwillig” ausgereist, wirkt als Hohn. Weiß Richter X, was eine Abschiebehaft bedeutet??

Das Verfahren endete damit, dass Richter X die von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafe verhängte: 90 Tagessätze zu je 15 Euro. Tatsächlich erhält der Flüchtling jedoch keine 15 Euro, sondern nur 6,38 Euro am Tag ausgezahlt (gemäß § 3 Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz). Zusammen mit den Verfahrenskosten soll der Flüchtling für die angeblich illegale Einreise nun eine Strafe in Höhe von mehr als acht Monatseinkommen bezahlen, so will es Richter X. Dass dieser Richter X in der Verhandlung behauptete, der Flüchtling erhalte “Hartz IV”, läßt auf hohe Inkompetenz dieses Richters in finanziellen und sozialrechtlicben Angelegenheiten schließen. Denn nach § 7 Abs. 1 SGB II können geeduldete Asylbewerber kein Arbeitslosengeld II erhalten!

Beobachter hatten im Gerichtssaal den Eindruck, dass Richter X den Flüchtling nach der Urteilsverkündung auch noch zu einem “Rechtsmittelverzicht” verleiten wollte. Dann wäre eine Berufung gegen das (aus Sicht von Zuhörern skandalöse) Urteil nicht mehr möglcih gewesen. Doch das verhinderte die Tochter durch Zwischenruf.

Auffällig war auch, dass Richter X direkt nach der Verhandlung alle Personen außer dem Staatsanwalt aus dem Gerichtssaal verwies, obwohl sowohl dieser als auch der folgende Verhandlungstermin öffentlich waren. Ein Bekannter des Staatsanwalts wurde dagegen herein gelassen…

Nach so einem Urteil können einschlägige Gruppen wieder behaupten, Flüchtlinge seien straffällig und müssten deswegen abgeschoben werden … Anschließend nehmen dieselben Personen vielleicht an einem St. Martins-Zug teil?

PM von MdB Dirk Wiese (SPD) zur Flüchtlingsfinanzierung: „Dem Kollegen Sensburg ist offensichtlich die Faktenlage nicht bekannt.“

wiesePM20151111Berlin. (spd_pm) „Mit großer Verwunderung habe ich die Äußerungen meines Kollegen Patrick Sensburg zur Kostenübernahme durch das Land NRW beim Thema der Flüchtlinge zur Kenntnis genommen.

Kollege Sensburg schreibt in einer Pressemeldung, dass die Landesregierung NRW „sich nicht aus der Verantwortung ziehen dürfe“ und „die Mittel des Bundes unbedingt 1:1 an die Kommunen weitergeleitet werden müssen“.

Hierzu stelle ich fest: Dem Kollegen Sensburg ist offensichtlich die Faktenlage nicht bekannt.

Denn das Land NRW wird ab 2016 10.000 € pro Flüchtling als Jahresbetrag an die Kommunen zahlen. Ab 2017 wird der Betrag dann monatlich ausgezahlt, was 833 € pro Monat macht. Da der Bund pro Flüchtling im Monat 670 € zahlt, leitet das Land die Gelder des Bundes nicht nur 1:1 weiter, es legt sogar noch 163 € monatlich drauf. Die rot-grüne Landesregierung erweist sich somit für die Kommunen als verlässlicher Partner.

Diese Informationen sind übrigens kein „Insiderwissen“, man erhält sie leicht wenn man beispielsweise eine große Internetsuchmaschine benutzt. Anstatt mit dem Finger immer nur auf andere zu zeigen, sollte der Kollege Sensburg sich im Übrigen lieber darum kümmern, dass der CDU-Innenminister wieder vernünftige Arbeit macht.“

Quelle: www.patrick-sensburg.de/8-news-startseite/549-sensburg-der-bund-entlastetden-hochsauerlandkreis-und-seine-staedte-und-gemeinden-bis-2017-um-weitere-12-5millionen-euro

R.I.P. Helmut Schmidt (* 23. Dezember 1918 in Hamburg; † 10. November 2015 ebenda)

Helmut Schmidt auf einem Parteitag der SPD in Dortmund, 1976 (Bundesarchiv, B 145 Bild-F048646-0033 / Wegmann, Ludwig / CC-BY-SA 3.0)
Helmut Schmidt auf einem Parteitag der SPD in Dortmund, 1976 (Bundesarchiv, B 145 Bild-F048646-0033 / Wegmann, Ludwig / CC-BY-SA 3.0)

In einer flüchtigen Minute hatte ich im Gründungsjahr des Blogs einen unwichtigen Blog-Beitrag verfasst, in dem auch Helmut Schmidt erwähnt wurde.

Der Artikel entwickelte dann im Laufe der Zeit ein makaberes Eigenleben. Sobald Helmut Schmidt erkrankte, schnellte die Zahl der Zugriffe in eine durch den Inhalt des Beitrags nicht zu rechtfertigende Höhe.

Selbst als der Link zum lesenswerten Artikel von Daniel Wiese über Helmut Schmidt und sein (Nicht)Leben im Arbeiterstadtteil Langenhorn kaputt war, setzte sich das Phänomen fort.

Den Beitrag in der taz vom Dezember 2008 habe ich inzwischen wiedergefunden.

Gestern und heute ist der Seismograph hoch ausgeschlagen. Helmut Schmidt ist tot. Seit ein paar Stunden überfliege ich die Nachrufe auf den ehemaligen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Der Sozialdemokrat Werner Jurga kommt mit seinem persönlichen Nachruf meinem Empfinden der damaligen Zeit recht nah. Lest seine Gedanken, wenn euch die Begriffe „bleierne Zeit“ und „NATO-Doppelbeschluss“ etwas sagen, sonst auch:

10. November 2015. Helmut Schmidt ist heute im Alter von 96 Jahren gestorben. Nein, ich war kein Helmut-Schmidt-Fan. Ich war gegen ihn und seine Politik… – und hatte mir dabei zugleich etwas vorgemacht… Werner Jurga mit einem Nachruf

Der andere Beitrag, den ich mit Interesse gelesen habe, schätzt die politische Person Schmidt aus der Sicht des liberalen Bürgertums der USA ein. Er ist bei NPR (National Puplic Radio) erschienen.

Eine interessante Schilderung dort:

„Schmidt was brought to the stage in a wheelchair. And in a loud voice, he rebuked the current leaders, saying anyone who considers his own nation more important than common Europe damages the fundamental interests of his own country. And in a clear reference to Greece, he said the strongest must help the weak. And he reminded his successor that after World War II, Germany’s debt was also restructured.“

Bitte zweimal lesen, übersetzen, wiederum zweimal lesen, ausdrucken und über das politische Bett hängen …

R.I.P. Helmut Schmidt (* 23. Dezember 1918 in Hamburg; † 10. November 2015 ebenda)

Heute – aus Gründen … 9. November …

Stolpersteine für zwei von vielen. Hier in Berlin. (foto: zoom)
Stolpersteine für zwei von vielen. Hier in Berlin. (foto: zoom)

Geschichte vergeht nicht und ist doch Vergangenheit. Geschichte ist ein Kontinuum. Wir besiedeln dieses Kontinuum im Jetzt. Wir haben eine Zukunft, aber nicht ohne unsere Geschichte. Das eine ist nicht ohne das andere zu haben.

Gleich wird der 9. November 2015 vergangen sein.

Umleitung: Vieles bewegt mich, nicht alles ist drin. Rechtspopulismus, Nazis, Antisemitismus, Flüchtlinge und mehr.

Und wieder ein wunderbarer Sommertag im November. Fahrradwetter pur. (foto: zoom)
Und wieder ein wunderbarer Sommertag im November. Fahrradwetter pur. (foto: zoom)

Heute war ein wunderbarer „Sommertag“ im November, also das Fahrrad wieder rausholen und über Winterberg, Züschen (Bild), Hallenberg, Wunderthausen nach Girkhausen touren. Bis Hallenberg war auf dem Bahntrassenradweg alles easy, aber dann kam der endlos scheinende Aufstieg zur Pastorenwiese. Kann ja nicht immer nur bergab gehen. Wieder etwas gelernt. Muskelkater, aber die Welt dreht sich weiter:

Die Stunde der Wirklichkeitsverdreher: Ob Innenminister Thomas de Maizière oder Lehrer Jürgen Mannke: In Deutschland bedienen immer mehr Menschen die Vorurteile, aus denen sich der Erfolg von Populisten speist. Sie alle machen sich schuldig … spon

Terror von rechts – im völkischen Dschihad: Einzeltäter, die sich als Teil einer Bewegung verstehen, als politische Soldaten: Die Anschläge von Köln und Trollhättan in Schweden zeigen den Vernichtungswillen sowie die Brutalität des Rechtsterrorismus. Die Attentäter wähnen sich in einer Art völkischen Dschihad … blpb

Verfassungsschutz hilft Neonazi: V-Mann-Führer löscht belastendes Material aus dem Internet und behindert Ermittlungen des BKA … correktiv

Antisemitismus nach Auschwitz: Aufstand gegen die Moderne … publikative

Hans Mommsen gestorben: Der Historiker zählte zu den wichtigsten Wissenschaftlern der Nachkriegszeit … juedischeallgemeine

Aufarbeitung der NS-Zeit: Wie Nazis im Innenministerium Karriere machten … deutschlandfunk

„Die derzeitige Rhetorik der CSU trägt zur Verrohung bei“: Der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch über den oft diskriminierenden Sprachgebrauch bei der sogenannten „Flüchtlingsdebatte“ … telepolis

„Völker sind niemals gewandert“: Europa wird von einer Völkerwanderung durchgerüttelt: So begründen viele Asylkritiker ihre Furcht vor den aktuellen Flüchtlingsströmen. Doch sie liegen falsch. Eine Völkerwanderung gibt es nicht – und hat es nie gegeben. Es sind immer kleine Gruppen, die vor Krieg und Vernichtung fliehen … berlinerzeitung

Flüchtlinge – sind die Medien selbst: Bei meinen Recherchen in Tansania im Juli habe ich es hautnah mitbekommen, wie schwierig es ist, im aktuellen Berichtsturnus der öffentlich rechtlichen Anstalten über die Ursachen und Hintergründe von Flucht einen Bericht zu platzieren … ruhrnalist

Schriftsteller des PEN zur Asylpolitik: Gegen ein engherziges Europa … revierpassagen

Endlich ein Asylkompromiss: Alle auf dem Zaun? … jurga

Ein vorbestrafter Betrüger unterwandert den „Train of Hope Dortmund“: Mitglieder haben früheren Vereins-Vize angezeigt … nordstadtblogger

Hagener Energieversorger Enervie: Kein Geld für neue Rohre. 100 Jahre alte Gas- und Wasserleitungen bleiben in der Erde … doppelwacholder

Medien und Macher – Korruption? Ein Nachmittag in der VIP-Loge. Vor ein paar Jahren habe ich mal einen blöden Fehler gemacht. Kurz vor dem Wochenende rief ein Pressesprecher an, den ich ganz gut kannte, weil er privat mit einem Kollegen befreundet war. … operationharakiri

Mnozil Brass in Konzerthalle Olsberg: Der Sauerland-Herbst ist gerade zu Ende gegangen, da tauchen die Vermissten doch noch auf: Mnozil Brass aus Österreich kommen am Freitag, 04.12.2015 in die Konzerthalle Olsberg (20.00 Uhr | Einlass 19.00 Uhr) … neheimsnetz

Lockfütterung? Wenn ein Wanderer im Wald über Kastanien stolpert … sbl

„J’y suis, j’y reste“, oder warum ich (k)eine Heimat habe.

Mrs. Parker-Jennings.

The man’s mad. The man’s as mad as a March ’are. He ought to be shut up in a lunatic asylum.

Jack Straw.

I forget if Napoleon was one of my ancestors, but I feel just like him at this moment. “J’y suis, j’y reste.”

Serlo.

In point of fact it was MacMahon who said that.

Jack Straw.

[With a noble flourish.] I prefer to think it was Napoleon.

Seit Jahren war ich auf der Jagd nach dem kleinen französischen Ausruf: „J’y suis, j’y reste.“ Bis heute erinnerte ich lediglich, dass es eine männliche Person in einem Theaterstück von William Somerset Maugham gewesen sein muss, die inmitten eines ironischen Dialogs „J’y suis, j’y reste“ bemerkt.

Seit gerade eben weiß ich, dass es Jack Straw aus der gleichnamigen Farce von Somerset Maugham war, der den Dialog mit dieser Bemerkung im dritten Akt prägte.

Wir Gymnasiasten haben vor Jahrzehnten Jack Straw, A Farce in Three Acts von W. Somerset Maugham, im Englischunterricht gelesen. Na ja, gelesen. Schul-Lektüre. Unser Lehrer war begeistert. Wir weniger. Aber seit dieser Zeit geisterte „J’y suis, j’y reste“ durch mein Bewußtsein. Irgendetwas hatte mich berührt und lange wußte ich nicht, was es war.

„Wo ich bin, da bleibe ich“, hatte uns unser Lehrer die Wendung ins Deutsche übersetzt, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass wir die ironischen Brechungen zu beachten hätten.

Da saß nun diese Wendung in meinem Hirnkasten und mit den Jahren und den Ortswechseln in einem Leben adaptierte ich dieses „Here I am, here I remain“ als meinen Heimatbegriff. Wo immer ich auch bin, ich bin dort, ich bleibe dort, und wenn ich woanders bin, gilt das gleiche.

Ich habe keine Heimat. Meine Heimat ist da, wo ich bin. Mit ganzem Herzen.

Heute habe ich den empfehlenswerten Artikel von Patrick Gensing auch in der taz gelesen. (foto: zoom)
Der empfehlenswerte Artikel von Patrick Gensing ist heute auch in der taz erschienen. (foto: zoom)

Heute hatte ich eine Art Kairos, denn ich habe den Artikel über den Begriff „Heimat“ von Patrick Gensing in der Papier-Taz gelesen. Es ist einer der besten Essays, den ich bislang zu diesem Thema gefunden habe, und ich erinnerte mich, dass ich ihn schon vor fast einem Monat bei Publikative verschlungen hatte, und dieses „J’y suis, j’y reste“ kreiste seitdem durch meine Gedanken.

Trotz leidlich fleißiger Bemühung von Google wusste ich bis gerade eben nicht, woher das Zitat stammte. „Somerset Maugham & J’y suis, j’y reste“ habe ich nicht gefunden, und dass es Jack Straw war – keine Ahnung; die konnte ich vielleicht auch nicht haben, denn beim Projekt Gutenberg ist das Stück anscheinend erst vor drei Tagen publiziert worden.

Title: Jack Straw
A Farce in Three Acts

Author: W. Somerset Maugham

Release Date: November 4, 2015 [EBook #50385]

Language: English

http://www.gutenberg.org/files/50385/50385-h/50385-h.htm

Jetzt aber in die Gegenwart und zur „Heimat“ bei Patrick Gensing:

Heimat-Debatte: Immer nur Vergangenheit!

Einspruch: Die Debatte darüber, wie der altdeutsche Begriff Heimat progressiv zu besetzen wäre, löst kein einziges Problem.

Der „Thüringer Heimatschutz“ – so nannte sich eine Neonazi-Bande in den neunziger Jahren, in der auch die späteren NSU-Terroristen aktiv waren; die NPD bezeichnete sich jahrelang als „die soziale Heimatpartei“; und auch andere Rechtsradikale nennen sich stolz „heimattreu“. In Dresden verkündeten Pegida-Anhänger bei ihren Demonstrationen auf Plakaten: „Heimatschutz statt Islamisierung!“ Und die in deutschnationalen Kreisen beliebte Band Frei.Wild textete, das „Heimatland“ sei das „Herzstück dieser Welt“, auf das „schon unsere Ahnen mächtig stolz“ gewesen seien: „Kurz gesagt, ich dulde keine Kritik an diesem heiligen Land, das unsere Heimat ist.“

Alles lesen: http://publikative.org/2015/10/18/heimat-debatte-immer-nur-vergangenheit/