Umleitung: Jahresrückblicke, Stickoxid in den Städten, Halbmond über Leipzig und der Geierabend

Das im März diesen Jahres stillgelegte Kohlekraftwerk Voerde (Möllen) (foto: zoom)
Rückblick auf das Jahr 2017 (1): Politik als Storytelling und der Politiker als sprachröhrender Entertainer … endoplast

Rückblick auf das Jahr 2017 (2): Populismus als Kultursimplizität … endoplast

„Wir brauchen 2018 messbare Erfolge für saubere Luft“: Der Deutsche Städtetag hält es für entscheidend, dass 2018 messbare Erfolge beim Kampf gegen zu hohe Stickoxid-Werte in den Städten erzielt werden … doppelwacholder

„Linksextremer“ Halbmond über Leipzig – oder das Ende einer Party: Szeneviertel seien ein wichtiger Indikator, schreibt der Verfassungsschutz. In Leipzig seien dies die an die Innenstadt südlich, westlich und östlich angrenzenden Viertel plus Umgebung. Eine beachtliche Zusammenrottung von Szenevierteln … prinzessinenreporter

Dinslakens Menschen bewegte in der 52. Woche 2017: Weihnachtszeit, Jahresüberblick 2017, Rückblick … andreashaab

Von Dortmund-Dorstfeld bis Donald Trump: der Geierabend 2017/2018 … revierpassagen

Fakt oder Gerücht? – Fällung der Linden auf dem Kirmesgelände in Hüsten

Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) erhielt von Einwohnern der Stadt Arnsberg den Hinweis, dass in den nächsten Tagen Lindenbäume auf dem Kirmesgelände in Hüsten gefällt werden sollen.

(Der Artikel ist heute zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Die Bürger/innen, die sich bei der SBL/FW meldeten, halten die Maßnahme offenbar für eine „Nacht- und Nebelaktion“. Vor allem sind sie aber der Meinung, dass die Fällung der alten Linden falsch und unverantwortlich ist.

SBL/FW-Fraktionssprecher Reinhard Loos wandte sich daraufhin am 27.12.2017 schriftlich an Frau Goldner, die 1. stellvertretende Bürgermeisterin mit der Stadt Arnsberg. Im Brief an die amtierende Bürgermeisterin heißt es: “Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) würde es begrüßen, wenn Sie die Fällung der Linden verhindern oder – falls es zwingende, uns bisher nicht bekannte Gründe geben sollte, die einen Erhalt der Linden ausschließen – die Bürgerinnen und Bürger sowie uns über die Gründe für die eventuell bevorstehende Baumfällaktion auf dem Kirmesplatz und über die Art und Weise, wie es im Stadtrat und/oder im Ausschuss zu dieser Entscheidung gekommen ist, informieren.”

Am gleichen Tag richtete Reinhard Loos auch eine entsprechende Anfrage an Landrat Dr. Karl Schneider. Die Kreisverwaltung wird mit diesem Schreiben um Auskunft gebeten, ob die Untere Landschaftsbehörde (ULB) Kenntnis über die bevorstehende (oder zwischenzeitlich bereits erfolgte?) Fällung der alten Linden in Hüsten hat und, falls ja, ob die ULB in die Entscheidung einbezogen worden ist und wie ihre Empfehlung lautete.

Ob die Infos über die Baumfällungen hoffentlich nur ein Gerücht sind, wird sich sicher bald herausstellen!?

Der Kahle Asten heute Nachmittag: Tauwetter, 3°C, feuchter Wind und Nebel

Tauwetter und Nebel heute auch auf 741 m Höhe. Der Kahle Asten um 15 Uhr. (foto: zoom)
Auf dem zweithöchsten Berg des Sauerlandes herrschte heute Tauwetter und Nebel.

Auch in den nächsten Tagen soll sich das Wetter kaum ändern. Rund um den Kahlen Asten wird es dieses Jahr eine schmuddelige Altschnee Weihnacht geben.

Auf den Skipisten ist trotzdem viel los. Alt- und Kunstschnee sorgen für eine befriedigende Unterlage. 25 Ski-Anlagen sind in Betrieb:

https://www.skiliftkarussell.de/

Umleitung: Rechtsextreme Naturschützer, Schwarz-grün in Hessen, Geheimnisse des Korans, die Suche nach dem Gral und mehr …

Blick zurück auf dem Weg zum Herkules, der heute unerreichbar blieb (foto: zoom)

Rechtsextreme Naturschützer: Die braune Szene will die Ökologie als Thema vereinnahmen … bnr

China bitten: Die neue Bahnlinie zwischen München und Berlin hat bei der Jungfernfahrt nicht funktioniert. Das ist keine Nachricht. Eine Sensation wäre es gewesen, wenn der Start der Strecke reibungslos gelaufen wäre … postvonhorn

Schwarz-grün in Hessen: will schlechtestes Informationsfreiheitsgesetz Deutschlands … netzpolitik

Selektive Wahrnehmung der Industrielobby: SIHK begrüßt Senkung der Grund- und Gewerbesteuer – in der Millionärshochburg Schalksmühle … doppelwacholder

Wider den Funktionärsgeist: Sozialdemokratien in Europa empfinden allesamt eine Art von Identitätskrise … misik

Geheimnisse des Korans: Die Rückkehr der Juden nach Israel vor dem Ende der Zeiten … scilogs

Kultur, Zivilisation und Geschichtsbewusstsein: Die Überarbeitungen des Lehrplans für Geschichte, die gegenwärtig in British Columbia (Kanada) vorgenommen werden, ersetzen unter anderem einen höheren Lehrgang über “Zivilisationen im Vergleich” durch einen, der mit “Kulturen im Vergleich” betitelt ist … publicHistory

Neues für PlanetHistory: PlanetHistory ist um ein paar weitere Geschichtsblogs gewachsen. Neu hinzugekommen sind folgende Blogs … schmalenstroer

Kunsttagebuch: Der blinde Fleck und die Kunst der Betrachtung … endoplast

Wort des Jahres 2017: Jamaika-Aus … sprachlog

Suche nach dem Gral: Peter Handke (75) und sein neues Werk “Die Obstdiebin oder Einfache Fahrt ins Landesinnere” … revierpassagen

“Wichtiger Beitrag zur Mobilität”: Auf Antrag der SBL/FW-Kreistagsfraktion befassten sich in den letzten Tagen der Sozialausschuss und der Wirtschaftsausschuss des HSK mit dem Sozialticket (im HSK “MobiTicket” genannt). Es wurde im Januar 2017 (endlich) auch im HSK eingeführt, nachdem die Sauerländer Bürgerliste es in der Haushaltsdebatte 2016 erneut beantragt hatte … sbl

Umwege: Drei Stunden durch den Schnee nach Winterberg

Wenn man von der der Nordhelle kommt, weist das Schild Richtung Winterberg. (foto: zoom)

Heute war ein guter Tag zum Wandern. Schnee, blauer Himmel, angenehme Temperaturen um den Gefrierpunkt und dazu ein arbeitsfreier Samstag.

Von Siedlinghausen aus habe ich mich über die Krämerhöhe zum Blasius hochgearbeitet. Von dort über die Nordhelle (höchster Punkt) zur Strei (Jagdgebiet) und zum Kuhlenbergstern.

Am Blasius, oberhalb von Siedlinghausen, kann man sich für viele Wege entscheiden. (foto: zoom)

Zwei Drittel des Weges habe ich keine Menschenseele getroffen. Erst am Kuhlenbergstern begegneten mir eine Pferdekutsche mit Urlaubsgästen und ein einzelner Wanderer.

Die Pferdekutsche bringt Urlaubergruppen in den Wald. Zwischenstopp Kuhlenbergstern. (foto: zoom)

Winterberg lag fast in Sichtweite. Je näher ich kam, umso deutlicher waren die Schneekanonen zu hören. Ein merkwürdiges Geräusch, welches von der anderen Talseite, vom Poppenberglift, herüberwehte. Es erinnerte mich an den Sound von Förderbändern mit einem kaum wahrnehmbaren Bukett von Kirchengeläut.

Rechts ist der Landal Ferienpark leicht zu erkennen. In der linken Mitte beschneien Schneekanonen die Skipiste des Poppenbergs. (foto: zoom)

Die Schneekanonen, so der andere Wanderer, höre man nachts, je nach Windrichtung, bis nach Elkeringhausen. In Altastenberg hätten Urlaubsgäste, deren Quartier direkt ans Skigebiet grenzte, den Urlaub wegen der nächtlichen Lärmbelästigung abgebrochen. Bis in die Stadt Winterberg seien die Maschinen zu hören.

Die Ski-Saison hatte heute noch nicht begonnen, die Schnee-Erzeuger fauchten deswegen auch tagsüber das weiße Gold auf die Pisten.

Ich bin gespannt, wie die Saison 2017/2018 verläuft. Der Tourismus in Winterberg hat viele Seiten, aber eines lässt sich sagen: die Anlagenbetreiber werden zur Zeit nicht arm. Die Stadt ist auch ohne laufende Lifte voller Urlauber.

 

Die erste Winterwanderung nach Winterberg: ein guter Tag

Am Wegrand zwischen Marktplätzen und Minenplätzen. (foto: zoom)

Nach drei Stunden Schreibtischarbeit wäre ich heute normalerweise zum Schwimmbad gefahren, hätte meine 20 Doppelbahnen abgerissen und hätte mich danach bei trübem Wetter mit Büchern und Radio in die Wohnung verkrochen.

Aber warum nicht einfach die Schuhe anziehen, Jacke überwerfen, Kamera verstauen und losgehen? Nur um zu gehen. Kein Auto, kein Radio, kein Buch, kein Chlorwasser, kein Schreibtisch.

Schnee fieselte dünn herab.

Also los! Draußen ist der trübe November besser zu ertragen als drinnen, durchs große Fenster auf die grauen Berge starrend.

Siedlinghausen, Ennert, Marktplätze und den kurzen steilen Weg über die Kuppe zu den Minenplätzen. Manchmal bleibe ich stehen, weil ich an irgendetwas Spannendes denke, das ich kurz darauf wieder vergessen habe. Auf den Ästen der Fichten liegt eine Schneeschicht. Ein Jogger, der mich nicht grüßt. Ach, Sauerland!

Anderthalb Stunden lang treffe ich ansonsten keinen Menschen, keine Tiere. Nichts. Es ist sehr still.

Eines der vielen Speicherbecken in den Winterberger Skigebieten. Die Schneekanonen brauchen Strom und Wasser. (foto: zoom)

Das Speicherbecken für die Schneekanonen an den Minenplätzen ist gefüllt. Für Ski und Rodel ist das Weiß zu dürftig, für die Schnee-Erzeugung sind die Temperaturen zu hoch. Erst bei Frost kann es losgehen.

Ich gehe weiter hinauf zum Bremberg.

Eine von hunderten von Schneekanonen, die die Wintersaison sichern muss. (foto: zoom)

Alle Maschinen an den Skipisten stehen auf ihren Plätzen. Die Lifte sind bereit.

Wer wird der erste sein? Ruhrquelle? Poppenberg? Sahnehang?

Das entscheidet, trotz hochgerüsteter Technik, das Wetter.

Nach drei Stunden bin ich wieder zu Hause. Es ist dunkel. Ein guter Tag.

Dramatisches Insekten und Artensterben: to bee or not to bee

to bee or not to bee – cogito ergo sum, summ, summ (Text: Andreas Krämer; Skizze: Andreas Lichte)

In Deutschland gibt es immer weniger Insekten. Eine neue Langzeitstudie spricht von einem massiven Insektensterben und bestätigt damit frühere Ergebnisse. Die Auswirkungen, so berichtet die Tagesschau, seien verheerend.

In den vergangenen 27 Jahren habe die Gesamtmasse der Insekten in Teilen Deutschlands um mehr als 75 Prozent abgenommen.

„Caspar Hallmann von der Radboud University in Nijmegen (Niederlande) und seine Mitarbeiter hatten Daten ausgewertet, die seit 1989 von ehrenamtlichen Insektenkundlern in Krefeld gesammelt worden waren. Die Forscher verglichen dann, wie sich in einzelnen Lebensräumen – etwa in Heidelandschaften, Graslandschaften oder auf Brachflächen – die Biomasse über die Zeit verändert hat.“

Zur Studie: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0185809

Das Insektensterben sei dramatischer als bisher angenommen. Eine große Rolle spiele dabei, so berichtet auch die taz, die intensive Landwirtschaft.

„Insekten sind die artenreichste Tiergruppe“ (http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2017-10/insektensterben-bienen-deutschland). Sie bestäuben Pflanzen, vertilgen sogenannte „Schädlinge“ und sind selbst Futter für andere Tierarten.

„Weniger Insekten bedeutet deshalb weniger Fische, Frösche, Eidechsen, Vögel und Säugetiere.“

Insekten spielen eine zentrale Rolle in unserem Ökosystem. Brechen die Insekten weg, ist dieses Ökosystem bedroht.

Wer die Dramatik des Artensterbens auf die Insekten reduziert, verkürzt allerdings die Problematik.

Noch sei die die globale Biodiversität nicht in ihrem gesamten Ausmaß bekannt, heißt es in Spektrum der Wissenschaft, und „doch fegt wohl schon die sechste große Aussterbewelle in der Erdgeschichte durch ihre Reihen.“

Diese „Neue Welle des Artensterbens gefährdet auch den Menschen“ schrieb vor zwei Jahren der Stern und bezog sich dabei auf auf „Wissenschaftler der drei US-Universitäten Princeton, Stanford und Berkeley, die ihre Befunde […] in der Zeitschrift „Science Advances“ veröffentlichten„.

Wir Menschen, die gesamte Menschheit, könnten zu den baldigen Opfern zählen:

Wenn nichts unternommen werde, „würde unsere Spezies vermutlich zu einem frühen Zeitpunkt verschwinden“

„To bee or not to bee“ oder streng nach Shakespeares Hamlet:

To be, or not to be, that is the question:
Whether ‚tis nobler in the mind to suffer
The slings and arrows of outrageous fortune,
Or to take Arms against a Sea of troubles,
And by opposing end them: to die, to sleep
No more; and by a sleep, to say we end
the heart-ache, and the thousand natural shocks
that Flesh is heir to?

Mit Übersetzung in „die Moderne“:
http://nfs.sparknotes.com/hamlet/page_138.html

Was also tun?

Gemeinsames Projekt der Naturparks Diemelsee und Sauerland-Rothaargebirge soll Heidelandschaft bewahren

Die Heidelandschaft im Rothaargebirge: Ein Bundesland-übergreifendes Projekt zwischen den Naturparks Sauerland-Rothaargebirge und Diemelsee soll helfen, den Rückgang an Bergheideflächen in der Region zu stoppen. (Foto: W.Schubert, Biologische Station HSK)

Schmallenberg. (naturpark_pm) „Bergheiden im Rothaargebirge“: Unter diesem Motto startet der Naturpark Diemelsee in Kooperation mit dem Naturpark Sauerland Rothaargebirge ein gemeinsames Projekt zur Pflege und Wiederherstellung von Bergheiden und Borstgrasrasen.

In Zusammenarbeit mit der Biologischen Station HSK und der Universität Osnabrück sollen diese, für das Sauerland so charakteristischen, Lebensräume nicht nur erhalten, sondern sogar weiterentwickelt werden.

Der offizielle Startschuss findet am Freitag, 27. Oktober, im Rahmen einer großen Auftaktveranstaltung im Besucherzentrum Willingen statt. Dort werden neben Fachvorträgen zum Thema auch Erfahrungsberichte vorgestellt.

Während einer anschließenden Exkursion haben die Teilnehmer die Möglichkeit, den aktuellen Zustand der Heidelandschaft vor Ort zu begutachten. Denn längst sind die Heidenbestände im Sauerland und Upland nicht mehr in den Größen vorhanden, wie sie es noch vor 100 Jahren waren.

So schrieb der Assinghäuser Dichter F.W. Grimme in seinen Anekdoten über die Region, wie er einst zu Fuß vom oberen Ruhrtal über die Höhenlagen bis nach Düdinghausen ausschließlich durch Heidelandschaft wanderte. Heute sind nur noch Fragmente dieser Landschaft vorhanden. Hochheiden und Borstgrasrasen sind europaweit geschützte Lebensräume und seit Mitte des 19. Jahrhunderts selten geworden.

Es war das menschliche Handeln, welches in der Vergangenheit zu der Ausbreitung von großräumigen Heideflächen führte und leider, durch Nutzungsaufgabe und Aufforstung auch für dessen Verschwinden sorgte. Heidevegetation ist für den dauerhaften Erhalt auf eine regelmäßige Nutzung angewiesen- eine wahre Kulturlandschaft eben.

Aus diesem Grund haben es sich der Naturpark Diemelsee in Kooperation mit dem Naturpark Sauerland Rothaargebirge in einem gemeinsamen Projekt zum Ziel gemacht, den weiteren Rückgang an Bergheideflächen zu stoppen, den Zustand der verbliebenen Flächen zu verbessern und den Erhalt der montanen Zwergstrauchheiden im Projektgebiet auch zukünftig zu sichern. Ist die Region doch ein Refugium für eine breitgefächerte Flora mit Kleinstraucharten wie Blaubeere, Preiselbeere und Besenheide.

Aber nicht nur seltene Pflanzen haben in den Heideflächen im Sauerland und Upland ihr zu Hause. Auch eine bemerkenswerte Anzahl von Tieren und vor allem Vogelarten wie etwa die Heidelerche, der Neuntöter oder der Wiesenpieper sind hier beheimatet – die Region ist somit ein „Hotspot“ der biologischen Vielfalt.

Neben Maßnahmen und Management steht bei der Projektarbeit jedoch vor allem der Forschungsaspekt im Fokus. Wie reagiert die Hochheide auf den Klimawandel und welche Erhaltungsmaßnahmen lassen sich hierzu langfristig umsetzen?

Dieser und weiteren Fragen soll im vier- fünfjährigen Projektzeitraum nachgegangen werden. Dafür ist die Kooperation mit den Akteuren vor Ort ein wegweisender Schritt.

Zugleich handelt es sich um ein grenzübergreifendes Projekt an der hessisch-westfälischen Landesgrenze, das durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt sowie die Bundesländer Hessen und Nordrhein-Westfalen gefördert wird.

Anmeldungen zur Tagung werden bis zum 25.10.17 von der Biologische Station Hochsauerlandkreis entgegengenommen:

Tel.: 02961/98913-06 oder per e-mail unter b.wrede@biostation-hsk.de

Marsberg – Nitrat im Leitungswasser überschritt offenbar doch den Grenzwert

Im Trinkwasser wurde der Grenzwert für Nitrat seit 2013 nie überschritten“ stellte die Kreisverwaltung in einem Schreiben vom 28. August 2017 fest. Der Adressat war die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW), der Anlass eine Anfrage des SBL/FW-Fraktionssprechers Reinhard Loos:

http://sbl-fraktion.de/?p=7768

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(Der Artikel ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

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„Nie überschritten“?

An dieser Aussage hat die SBL/FW Zweifel.

Warum?

Der Fraktion liegt ein Untersuchungsbefund vor. Ein unabhängiger Laborservice hatte Anfang November 2016 eine Leitungswasser-Probe aus Marsberg vom 24.10.2016 auf 32 Chemische Parameter hin analysiert wie Blei, Cadmium, Kalium, Magnesium und eben auch Nitrat. Alle Ergebnisse waren unauffällig, alle bis auf eines. Der Messwert für Nitrat lag bei 57,48 mg/l und somit über dem Grenzwert von 50 mg/l. Das Labor beurteilte das Trinkwasser als „stark belastet“.

Zufallstreffer?
Schauen wir uns noch einmal an, was der Hochsauerlandkreis am 28.08.2017 zu den Trinkwasser-Kontrollen geschrieben hat:

„Der Nitratwert im Trinkwasser wird von den Stadtwerken Marsberg ständig online aufgezeichnet und überwacht. Die Kontrollintervalle sind im Trinkwasser je nach entnommener Wassermenge unterschiedlich. Eine umfassende Trinkwasseruntersuchung findet wie folgt statt:

  • Kontrollen des Trinkwassers im Hochbehälter Eichholz 2-mal jährlich.
  • Kontrollen des Trinkwassers in den Hochbehältern Giershagen, Padberg, Helmighausen und Westheim 1-mal jährlich.
  • Mikrobiologische Kontrollen an den Wassergewinnungsanlagenund in den Hochbehältern erfolgen je nach Wasserförderung zwischen zwei- bis viermal jährlich.
  • Kontrollen auf Pflanzenschutzmittel alle 3 Jahre.“

Gute Idee, eine Probe aus dem eigenen Wasserkran analysieren zu lassen!

Marsberg: (Angeblich) Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser nie überschritten

Wasser ist faszinierend, für uns selbstverständlich makellos. Wird dies so bleiben? (foto: zoom)

„Nitratwert“ – fester Bestandteil unseres Wortschatzes

Ein Begriff hat sich mittlerweile fest ins Vokabular einiger an Gesundheit und Umwelt interessierten Menschen eingeschlichen: „Nitratwert“. Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) kann darüber schon eine kleine Fortsetzungsgeschichte schreiben.

(Der Artikel ist heute in ähnlicher Form  zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Zur neuesten Folge

Fragen
Sie beginnt am 15.08.2017 mit der Anfrage der SBL/FW „Hohe Nitratwerte im Raum Marsberg“ an Landrat Dr. Karl Schneider.

Klick:
http://sbl-fraktion.de/?p=7727

Antworten
Zusammenfassung (Das komplette Antwortschreiben des HSK finden Sie am Ende unseres Berichts.)

Grenzwertüberschreitung „nur“ im Rohwasser
Der Hochsauerlandkreis teilte daraufhin der SBL/FW mit Schreiben mit Stempel vom 29.08.2017 (immer bezogen auf das Stadtgebiet Marsberg!) mit:
„Im Trinkwasser wurde der Grenzwert für Nitrat seit 2013 nie überschritten“. Im Rohwasser hätte es aber im Jahr 2013 acht Messwerte für Nitrat über 50 mg/l, max. bei 52 mg/l, gegeben. 2017 hätte ein Nitratwert im Rohwasser bei 51 mg/l gelegen.

Wasserwirtschaft und Landwirtschaft kooperieren
In Kooperation zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft würden Maßnahmen ergriffen, wie der Bau einer Biogasanlage in Marsberg-Borntosten sowie Einzelmaßnahmen der Anbau von Extensivmais und die Anschaffung von modernster Düngetechnik.

Keine Nitrat-Aufbereitung des Trinkwassers
Die Reduktion des Nitrateintrags sei im fraglichen Gebiet aufgrund der dortigen Bodenbeschaffenheit erst nach frühestens drei Jahren im Grundwasser messbar, schreibt der Hochsauerlandkreis.

Der HSK möchte in diesem Zusammenhang nicht von „belastetem Wasser“ sprechen. Denn derzeit liege die Nitratkonzentration sicher unter dem Grenzwert von 50 mg/l. (Die SBL/FW hat dazu andere Informationen. Darüber später einmal mehr …)
Die Kreisverwaltung lässt uns auch noch wissen, dass eine Nitrat-Aufbereitung für das Trinkwasser weder vorhanden noch vorgesehen sei. Es erfolge lediglich eine allgemein übliche Desinfektion des Rohwassers (mit Chlor?).

Gülle-Dünger in Naturschutz- und Wasserschutzgebieten ist erlaubt
Aus Schmallenberg wissen wir, dass Gülle in mindestens einem Wasserschutzgebiet „legal“ aufgebracht worden ist. Über die Sinnhaftigkeit lässt sich sicher streiten.

Klack:
http://sbl-fraktion.de/?p=7714

Wie die Kreisverwaltung nun schreibt, ist auch im Stadtgebiet Marsberg „auf landwirtschaftlich genutzten Naturschutzflächen Düngung mit Gülle in bisherigem Umfang (Bestandsschutz) nach den Bestimmungen des Landschaftsplans Marsberg zulässig“.

HSK macht keine Angaben über Nitrat in Naturschutzgebieten
Die Frage Nr. 5 der SBL/FW-Fraktion, das ist die nach nachgewiesener Nitrat-Belastung in Naturschutzgebieten, beantwortet der HSK nicht konkret. Er stellt lediglich bei der Antwort auf die vorhergehende Frage fest: „Ein Zusammenhang zwischen Naturschutzgebiet, Gülleaufbringung und Nitrat-Belastung lässt sich aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht herstellen“.

Trinkwasser wird online ständig auf Nitrat überwacht …
… schreibt der Hochsauerlandkreis, und zwar durch die Stadtwerke Marsberg.
Dann dürfte den Stadtwerken ja auch nicht entgangen sein, dass laut einer Analyse eines unabhängigen Labors der Nitratwert im Trinkwasser merklich über 50 mg/l gelegen hat!? Momentaufnahme?

Messwerte nicht auf Anhieb auffindbar
Die Verwaltung verweist auch auf ihre Antwort vom 25.01.2016 (auf eine SBL/FW-Anfrage vom 05.01.2016).

Klick:
http://sbl-fraktion.de/?p=6508

Auch sie dreht sich u.a. um Nitratkontrollen. Der HSK verwies seinerzeit auf das Portal ELWAS-WEB, das über den Link
http://www.elwasweb.nrw.de/elwas-web/index.jsf
zu erreichen ist.

Super, da sehe ich jetzt Borntosten aus der Luft mitsamt Wasserwerk. Was ich nicht sehe, sind die Nitrat-Messwerte. Nun gut, vielleicht sind die Seiten in Überarbeitung? Das Portal bietet jedenfalls eine schöne Beschäftigung für einen langweiligen, verregneten Sonntag.

Bei den Stadtwerken Marsberg finde ich „Nitrat“ unter der der Stichwortsuche. Sie erklären auf ihrer Web-Seite vorsichtshalber:

„Da Nitrat nicht nur im Trinkwasser, sondern auch in vielen anderen Nahrungsmitteln enthalten ist, hängt die gesamte Nitrataufnahme nicht so sehr vom Trinkwasser sondern viel mehr von der sonstigen Ernährung ab. Je nach Jahreszeit können z. B. Kopf- und Feldsalat sowie Grünkohl, Weißkohl und Wirsing und verschiedene Wurzelgemüse wie Rote Beete, Radieschen und Rettich bis zu 4.000 mg/kg Nitrat enthalten.“

Gut zu wissen. Lassen wir besser die Radieschen weg!?

Nitratanstieg ausgebremst
Der Hochsauerlandkreis betont auch (siehe Antwort auf Frage 7!), im Bereich des Wasserschutzgebietes sei der Nitratgehalt geogen bedingt schon immer recht hoch. Seit 2005 wäre ein deutliches Ausbremsen des Nitratanstiegs im Trinkwasser mit einem Rückgang unter den Grenzwert von 50 mg/l feststellbar. Und hinsichtlich Bakterien und anderen Umweltgiften gebe es keine Auffälligkeiten.

 


 

Um Missverständnissen vorzubeugen, hier das Schreiben der Kreisverwaltung vollständig:

„Ihre Anfrage gem. § 11 GeschO für den Kreistag des Hochsauerlandkreises;
hier: Hohe Nitratwerte im Raum Marsberg vom 15.08.2017

Sehr geehrter Herr Loos,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:

1. Wie häufig kam es seit dem Jahr 2013 im Stadtgebiet von Marsberg zu Auffälligkeiten bzgl. des Nitratgehalts von Roh- und Trinkwasser?

Im Trinkwasser wurde der Grenzwert für Nitrat seit 2013 nie überschritten. Im Rohwasser gab es im Jahr 2013 acht Messwerte für Nitrat über 50 mg/I; max. bei 52 mg/l. Im Jahr 2017 lag ein Nitratwert im Rohwasser bei 51 mgl.

2. Welche Maßnahmen sind ergriffen worden, welche sind beabsichtigt, um den Nitratgehalt in den Böden und im Wasser deutlich zu reduzieren?

Maßnahmen für den Bereich der Wassersschutzgebiete in Marsberg werden in der Kooperation zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft erörtert und festgelegt. Die wirksamste Maßnahme wurde mit dem Bau der Biogasanlage in Marsberg-Borntosten umgesetzt. In der Schutzzone II und in weiten Teilen der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes Marsberg-Vasbeck wird eine Gesamtfläche von ca. 1.600 ha mit hygienisiertem Gärsubstrat der Biogasanlage Borntosten pflanzenbedarfsgerecht gedüngt. Die Düngeplanung erfolgt durch den Kooperationsberater. Es stehen ausreichend Lagerkapazitäten zur Verfügung. Die grundwasserschonende Düngung wird durch zahlreiche Nmin-Beprobungen, die jedes Jahr auf der Hälfte der Flächen genommen wird, dokumentiert. Die Nmin-Werte haben sich in den letzten Jahren deutlich verringert.
Daneben werden zahlreiche Einzelmaßnahmen wie z.B. Förderung von Extensivierung auf besonders auswaschungsgefährdeten Standorten, Förderungen für Zwischenfrüchte, Grünlandumbruchverbote, Anbau von Extensivmais, Anschaffung von modernster Düngetechnik usw. verfolgt.

3. Wie lang ist (von — bis?)‚ je nach Beschaffenheit des Untergrunds und anderer Faktoren, im Gebiet der Stadt Marsberg der Zeitraum, bis Gülle und andere Düngerbestandteile von der Oberfläche in wasserführende Schichten gelangt? Wie lange dauert es, bis dieses belastete Wasser durch das Wasserwerk aufbereitet wird?

Das durch die Düngung entstehende Umwandlungsprodukt Nitrat kann, da es nur unzureichend im Boden gespeichert und zurückgehalten wird, gerade bei unsachgemäßer Überdüngung in das Grundwasser ausgetragen werden. Je nach Beschaffenheit und Aufbau der oberen Bodenschichten kann der Weg von der belebten Bodenzone bis in das Grundwasser wenige Tage, aber auch Wochen dauern. Da der Oberboden je nach Aufbau ein Puffer— und Rückhaltevermögen hat, sind die Zeiten demensprechend länger. Bei dem Grundwasser in Marsberg-Vasbeck handelt es sich um ein relativ junges Grundwasser. Die Grundwasserneubildung entspricht einem Zeitraum von ca. 3 Jahren. Das bedeutet, dass Maßnahmen zur Reduzierung des Nitrateintrags frühestens nach 3 Jahren im Grundwasser messbar sein sollten. Bei andern Wasserschutzgebieten ist der Zeitraum der Grundwasserneubildung wesentlich länger.
Die Nitratwerte sind in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Sie liegen derzeit sicher unter dem Grenzwert von 50 mg/I. Von belastetem Wasser sollte in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden. Eine Nitrat-Aufbereitung für das Trinkwasser ist nicht vorhanden und auch nicht vorgesehen. Ziel ist die weitere Nitratreduzierung im Grundwasser mit Hilfe der Kooperation. Das gewonnene Wasser wird im Wasserwerk nicht weiter aufbereitet. Es erfolgt lediglich eine allgemein übliche Desinfektion des Rohwassers.

4. Hat der Hochsauerlandkreis entsprechende Auflagen gemacht, um die GüIlebelastung in den Naturschutzgebieten zu verhindern bzw. einzuschränken? Wenn nein, warum nicht?

Im Bereich des Wasserschutzgebiets Marsberg-Vasbeck sind nur in geringem Umfang Naturschutzflächen im Landschaftsplan der Stadt Marsberg festgesetzt worden. Gerade bei diesen Flächen handelt es sich um stark geneigte bzw. von Schafen beweidete oder extensiv genutzte Flächen oder Waldnaturschutzgebiete, die eine Gülleaufbringung ohnehin nur sehr begrenzt zulassen. Ein Zusammenhang zwischen Naturschutzgebiet, Gülleaufbringung und Nitratbelastung lässt sich aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht herstellen. Im Übrigen ist anzuführen, dass auf landwirtschaftlich genutzten Naturschutzflächen eine Gülleaufbringung in bisherigem Umfang (Bestandsschutz) nach den Bestimmungen des Landschaftsplans Marsberg zulässig ist. Ein generelles Verbot der Gülleaufbringung in diesen Naturschutzgebieten wäre somit rechtlich nicht durchsetzbar.

5. In welchen Naturschutzgebieten im Stadtgebiet ist Nitrat nachgewiesen worden und auch aktuell nachweisbar?

Siehe Antwort zu Frage 4.

6. Wie engmaschig sind die Kontrollen von Trinkwasser, Rohwasser, Fließgewässern und Böden?

Der Nitratwert im Trinkwasser wird von den Stadtwerken Marsberg ständig online aufgezeichnet und überwacht. Die Kontrollintervalle sind im Trinkwasser je nach entnommener Wassermenge unterschiedlich. Eine umfassende Trinkwasseruntersuchung findet wie folgt statt:
– Kontrollen des Trinkwassers im Hochbehälter Eichholz 2-mal jährlich.
– Kontrollen des Trinkwassers in den Hochbehältern Giershagen, Padberg, Helmighausen und Westheim 1-mal jährlich.
– Mikrobiologische Kontrollen an den Wassergewinnungsanlagenund in den Hochbehältern erfolgen je nach Wasserförderung zwischen 2 bis 4-mal jährlich.
– Kontrollen auf Pflanzenschutzmittel alle 3 Jahre.
– Zur Kontrolle der Böden siehe Ausführung unter Punkt 2 zu Nmin-Untersuchungen.

Hinsichtlich der Messhäufigkeit in Oberfächengewässern verweise ich auf meine Antwort zu Frage 1 und 2 Ihrer Anfrage vom 5.01.2016.

7. Welche Ergebnisse zeigten und zeigen sie hinsichtlich Nitrat, Bakterien und anderen Umweltgiften?

Seit dem Jahr 2005 ist ein deutliches Ausbremsen der Nitratanstiegs im Trinkwasser mit nunmehr einem Rückgang unter den Grenzwert von 50 mg/I Nitrat feststellbar. Langfristige Auswertungen des Grundwassers zeigen, dass der Nitratwert im Bereich des Wasserschutzgebietes geogen bedingt schon immer recht hoch war. Selbst in den Jahren ab 1960 liegen die Nitratwerte bereits über 30 mg/l.

Hinsichtlich Bakterien und anderen Umweltgiften ergeben sich keine Auffälligkeiten, so dass in Bezug darauf keine weitergehende Aufbereitung des Trinkwassers erforderlich ist.

8. Wie wirkt sich das Trinkwasserschutzgebiet auf die Qualität von Roh- und Trinkwasser aus?

Positiv, siehe vorstehende Ausführungen.“