Grundwasser-Atlas: Wo in Deutschland die Wasserspiegel sinken

Erstmals liefert CORRECTIV mit einer interaktiven Karte einen Überblick, in welchen Landkreisen das Grundwasser seit 1990 sinkt, gleich bleibt oder steigt. Verantwortlich für die extremen Trends sind vor allem Industrie und Trinkwasserförderung. 
Stauseen sind besonders verletzlich. Blick auf das Möhnesee-Ufer im Dezember 2020 (archivfoto: zoom)

Essen, 25. Oktober 2022. Erstmals hat das gemeinnützige Recherchezentrum CORRECTIV Grundwasserdaten von rund 6.700 Messstellen aus den vergangenen drei Jahrzehnten analysiert. Die Auswertung liefert besorgniserregende Befunde: An knapp der Hälfte der ausgewerteten Messstellen ist das Grundwasser in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 auf den tiefsten Stand seit 1990 gefallen. Insgesamt ist in den vergangenen 32 Jahren das Grundwasser mehr gesunken als gestiegen. 

(Pressemitteilung Correctiv)

Eine Entwicklung mit weitreichenden Folgen. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums (BMUV) unter Steffi Lemke (Grüne) sagt: „Wir müssen uns sicher auch in Deutschland von der Gewissheit verabschieden, dass Wasser immer und überall in scheinbar unbegrenzter Menge zur Verfügung steht.“
 

Erstmals bundesweiter Überblick über Grundwasser

Erstmals macht die CORRECTIV-Analyse sichtbar, was bisher im Untergrund verborgen war: Eine Übersicht in den Landkreisen von 13 Bundesländern, wie sich das Grundwasser verändert hat. Ein Überblick, der bisher in Deutschland fehlte. Die Daten aus dem Saarland, aus Bremen und Hamburg waren für die Analyse nicht ausreichend. 

Besonders in Norddeutschland sowie in Nordrhein-Westfalen (NRW) und Bayern sinken die Grundwasserstände. In NRW, Thüringen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein fallen sie an jeder dritten Messstelle, ein deutschlandweiter Spitzenwert. Hauptverursacher der Trends sind in vielen Regionen Bergbau, Industrieanlagen sowie die Trinkwasserförderung.

Drohender Wassermangel: Bisher handeln Bund und Länder kaum

Nicht nur die Klimakrise lässt die Wasserreserven sinken. Auch der tägliche Bedarf an Trinkwasser und die Industrie sind für die extremen Trends verantwortlich. CORRECTIV hat für über 50 Messstellen, an denen seit 1990 das Grundwasser am stärksten gestiegen oder gesunken ist, die Landkreise und Landesumweltämter nach den Gründen gefragt. Für rund die Hälfte der Fälle nennen die Behörden den Bergbau als Ursache. 

Claudia Pahl-Wostl, Professorin für Geografie an der Universität Osnabrück, kritisiert, dass bisher weder die Länder noch die Bundesregierung eine einheitliche Datenerhebung zur Lage des Grundwassers veröffentlicht und damit transparent gemacht haben: „Die Verwaltung muss sich mit dem Thema befassen, die Daten sammeln und auswerten, verstehen, was und warum es passiert, welche Unsicherheiten es gibt und dann handeln.“

Ein Sprecher des BMUV sagt gegenüber CORRECTIV: „Auf Bundesebene werden bisher keine Daten zum Grundwasserzustand erhoben“. Auch der Entwurf für die „Nationale Wasserstrategie“, den das BMUV unter der vorherigen schwarz-roten Bundesregierung veröffentlicht hat und der bis Ende des Jahres durch das Bundeskabinett verabschiedet werden soll, enthält keinen bundesweiten Datenüberblick. Dabei soll diese Strategie die Wasserversorgung für Jahrzehnte sichern. Das Bundesumweltministerium ist sich dieses Defizits bewusst: „In seinem Entwurf zur Nationalen Wasserstrategie hat das BMUV deutlich gemacht, dass es Verbesserungsbedarf bei der Prognosefähigkeit und der Datenbereitstellung sieht“, so der Sprecher zu CORRECTIV. 

Nach dem Dürresommer zieht die aktuelle Bundesregierung jedoch kaum konkrete Konsequenzen: Nach CORRECTIV-Recherchen nutzen bestimmte Industrien, wie etwa der Chemiekonzern BASF oder der Energieversorger RWE, viele Millionen Kubikmeter Wasser jährlich – ohne, dass sie wie private Haushalte bereits von der Politik zum Sparen angehalten würden. Das Umweltministerium schreibt CORRECTIV dazu auf Anfrage: „Auf Bundesebene werden aktuell keine Gespräche zu Einsparzielen mit der Industrie bzw. dem verarbeitenden Gewerbe geführt.“

„Trinkwasserversorgung in einigen Regionen gefährdet“

Laut der Wasserexpertin Claudia Pahl-Wostl sind die Grundwasser-Trends in einigen Regionen „besorgniserregend“. Bereits jetzt sei die Versorgung mit Trinkwasser teilweise gefährdet. Konflikte rund um Wasser nehmen zu. Laut dem Bundesumweltministerium sei in der Vergangenheit zu wenig auf Wasserressourcen geachtet worden, wenn lokale Behörden über Wasserentnahmen entscheiden. Zwar seien die Regionen unterschiedlich betroffen, doch „wir sollten alles tun, um künftige Wasserkrisen zu vermeiden“, sagt Pahl-Wostl gegenüber CORRECTIV. 

Marsberg: (Angeblich) Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser nie überschritten

Wasser ist faszinierend, für uns selbstverständlich makellos. Wird dies so bleiben? (foto: zoom)

„Nitratwert“ – fester Bestandteil unseres Wortschatzes

Ein Begriff hat sich mittlerweile fest ins Vokabular einiger an Gesundheit und Umwelt interessierten Menschen eingeschlichen: „Nitratwert“. Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) kann darüber schon eine kleine Fortsetzungsgeschichte schreiben.

(Der Artikel ist heute in ähnlicher Form  zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Zur neuesten Folge

Fragen
Sie beginnt am 15.08.2017 mit der Anfrage der SBL/FW „Hohe Nitratwerte im Raum Marsberg“ an Landrat Dr. Karl Schneider.

Klick:
http://sbl-fraktion.de/?p=7727

Antworten
Zusammenfassung (Das komplette Antwortschreiben des HSK finden Sie am Ende unseres Berichts.)

Grenzwertüberschreitung „nur“ im Rohwasser
Der Hochsauerlandkreis teilte daraufhin der SBL/FW mit Schreiben mit Stempel vom 29.08.2017 (immer bezogen auf das Stadtgebiet Marsberg!) mit:
„Im Trinkwasser wurde der Grenzwert für Nitrat seit 2013 nie überschritten“. Im Rohwasser hätte es aber im Jahr 2013 acht Messwerte für Nitrat über 50 mg/l, max. bei 52 mg/l, gegeben. 2017 hätte ein Nitratwert im Rohwasser bei 51 mg/l gelegen.

Wasserwirtschaft und Landwirtschaft kooperieren
In Kooperation zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft würden Maßnahmen ergriffen, wie der Bau einer Biogasanlage in Marsberg-Borntosten sowie Einzelmaßnahmen der Anbau von Extensivmais und die Anschaffung von modernster Düngetechnik.

Keine Nitrat-Aufbereitung des Trinkwassers
Die Reduktion des Nitrateintrags sei im fraglichen Gebiet aufgrund der dortigen Bodenbeschaffenheit erst nach frühestens drei Jahren im Grundwasser messbar, schreibt der Hochsauerlandkreis.

Der HSK möchte in diesem Zusammenhang nicht von „belastetem Wasser“ sprechen. Denn derzeit liege die Nitratkonzentration sicher unter dem Grenzwert von 50 mg/l. (Die SBL/FW hat dazu andere Informationen. Darüber später einmal mehr …)
Die Kreisverwaltung lässt uns auch noch wissen, dass eine Nitrat-Aufbereitung für das Trinkwasser weder vorhanden noch vorgesehen sei. Es erfolge lediglich eine allgemein übliche Desinfektion des Rohwassers (mit Chlor?).

Gülle-Dünger in Naturschutz- und Wasserschutzgebieten ist erlaubt
Aus Schmallenberg wissen wir, dass Gülle in mindestens einem Wasserschutzgebiet „legal“ aufgebracht worden ist. Über die Sinnhaftigkeit lässt sich sicher streiten.

Klack:
http://sbl-fraktion.de/?p=7714

Wie die Kreisverwaltung nun schreibt, ist auch im Stadtgebiet Marsberg „auf landwirtschaftlich genutzten Naturschutzflächen Düngung mit Gülle in bisherigem Umfang (Bestandsschutz) nach den Bestimmungen des Landschaftsplans Marsberg zulässig“.

HSK macht keine Angaben über Nitrat in Naturschutzgebieten
Die Frage Nr. 5 der SBL/FW-Fraktion, das ist die nach nachgewiesener Nitrat-Belastung in Naturschutzgebieten, beantwortet der HSK nicht konkret. Er stellt lediglich bei der Antwort auf die vorhergehende Frage fest: „Ein Zusammenhang zwischen Naturschutzgebiet, Gülleaufbringung und Nitrat-Belastung lässt sich aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht herstellen“.

Trinkwasser wird online ständig auf Nitrat überwacht …
… schreibt der Hochsauerlandkreis, und zwar durch die Stadtwerke Marsberg.
Dann dürfte den Stadtwerken ja auch nicht entgangen sein, dass laut einer Analyse eines unabhängigen Labors der Nitratwert im Trinkwasser merklich über 50 mg/l gelegen hat!? Momentaufnahme?

Messwerte nicht auf Anhieb auffindbar
Die Verwaltung verweist auch auf ihre Antwort vom 25.01.2016 (auf eine SBL/FW-Anfrage vom 05.01.2016).

Klick:
http://sbl-fraktion.de/?p=6508

Auch sie dreht sich u.a. um Nitratkontrollen. Der HSK verwies seinerzeit auf das Portal ELWAS-WEB, das über den Link
http://www.elwasweb.nrw.de/elwas-web/index.jsf
zu erreichen ist.

Super, da sehe ich jetzt Borntosten aus der Luft mitsamt Wasserwerk. Was ich nicht sehe, sind die Nitrat-Messwerte. Nun gut, vielleicht sind die Seiten in Überarbeitung? Das Portal bietet jedenfalls eine schöne Beschäftigung für einen langweiligen, verregneten Sonntag.

Bei den Stadtwerken Marsberg finde ich „Nitrat“ unter der der Stichwortsuche. Sie erklären auf ihrer Web-Seite vorsichtshalber:

„Da Nitrat nicht nur im Trinkwasser, sondern auch in vielen anderen Nahrungsmitteln enthalten ist, hängt die gesamte Nitrataufnahme nicht so sehr vom Trinkwasser sondern viel mehr von der sonstigen Ernährung ab. Je nach Jahreszeit können z. B. Kopf- und Feldsalat sowie Grünkohl, Weißkohl und Wirsing und verschiedene Wurzelgemüse wie Rote Beete, Radieschen und Rettich bis zu 4.000 mg/kg Nitrat enthalten.“

Gut zu wissen. Lassen wir besser die Radieschen weg!?

Nitratanstieg ausgebremst
Der Hochsauerlandkreis betont auch (siehe Antwort auf Frage 7!), im Bereich des Wasserschutzgebietes sei der Nitratgehalt geogen bedingt schon immer recht hoch. Seit 2005 wäre ein deutliches Ausbremsen des Nitratanstiegs im Trinkwasser mit einem Rückgang unter den Grenzwert von 50 mg/l feststellbar. Und hinsichtlich Bakterien und anderen Umweltgiften gebe es keine Auffälligkeiten.

 


 

Um Missverständnissen vorzubeugen, hier das Schreiben der Kreisverwaltung vollständig:

„Ihre Anfrage gem. § 11 GeschO für den Kreistag des Hochsauerlandkreises;
hier: Hohe Nitratwerte im Raum Marsberg vom 15.08.2017

Sehr geehrter Herr Loos,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:

1. Wie häufig kam es seit dem Jahr 2013 im Stadtgebiet von Marsberg zu Auffälligkeiten bzgl. des Nitratgehalts von Roh- und Trinkwasser?

Im Trinkwasser wurde der Grenzwert für Nitrat seit 2013 nie überschritten. Im Rohwasser gab es im Jahr 2013 acht Messwerte für Nitrat über 50 mg/I; max. bei 52 mg/l. Im Jahr 2017 lag ein Nitratwert im Rohwasser bei 51 mgl.

2. Welche Maßnahmen sind ergriffen worden, welche sind beabsichtigt, um den Nitratgehalt in den Böden und im Wasser deutlich zu reduzieren?

Maßnahmen für den Bereich der Wassersschutzgebiete in Marsberg werden in der Kooperation zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft erörtert und festgelegt. Die wirksamste Maßnahme wurde mit dem Bau der Biogasanlage in Marsberg-Borntosten umgesetzt. In der Schutzzone II und in weiten Teilen der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes Marsberg-Vasbeck wird eine Gesamtfläche von ca. 1.600 ha mit hygienisiertem Gärsubstrat der Biogasanlage Borntosten pflanzenbedarfsgerecht gedüngt. Die Düngeplanung erfolgt durch den Kooperationsberater. Es stehen ausreichend Lagerkapazitäten zur Verfügung. Die grundwasserschonende Düngung wird durch zahlreiche Nmin-Beprobungen, die jedes Jahr auf der Hälfte der Flächen genommen wird, dokumentiert. Die Nmin-Werte haben sich in den letzten Jahren deutlich verringert.
Daneben werden zahlreiche Einzelmaßnahmen wie z.B. Förderung von Extensivierung auf besonders auswaschungsgefährdeten Standorten, Förderungen für Zwischenfrüchte, Grünlandumbruchverbote, Anbau von Extensivmais, Anschaffung von modernster Düngetechnik usw. verfolgt.

3. Wie lang ist (von — bis?)‚ je nach Beschaffenheit des Untergrunds und anderer Faktoren, im Gebiet der Stadt Marsberg der Zeitraum, bis Gülle und andere Düngerbestandteile von der Oberfläche in wasserführende Schichten gelangt? Wie lange dauert es, bis dieses belastete Wasser durch das Wasserwerk aufbereitet wird?

Das durch die Düngung entstehende Umwandlungsprodukt Nitrat kann, da es nur unzureichend im Boden gespeichert und zurückgehalten wird, gerade bei unsachgemäßer Überdüngung in das Grundwasser ausgetragen werden. Je nach Beschaffenheit und Aufbau der oberen Bodenschichten kann der Weg von der belebten Bodenzone bis in das Grundwasser wenige Tage, aber auch Wochen dauern. Da der Oberboden je nach Aufbau ein Puffer— und Rückhaltevermögen hat, sind die Zeiten demensprechend länger. Bei dem Grundwasser in Marsberg-Vasbeck handelt es sich um ein relativ junges Grundwasser. Die Grundwasserneubildung entspricht einem Zeitraum von ca. 3 Jahren. Das bedeutet, dass Maßnahmen zur Reduzierung des Nitrateintrags frühestens nach 3 Jahren im Grundwasser messbar sein sollten. Bei andern Wasserschutzgebieten ist der Zeitraum der Grundwasserneubildung wesentlich länger.
Die Nitratwerte sind in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Sie liegen derzeit sicher unter dem Grenzwert von 50 mg/I. Von belastetem Wasser sollte in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden. Eine Nitrat-Aufbereitung für das Trinkwasser ist nicht vorhanden und auch nicht vorgesehen. Ziel ist die weitere Nitratreduzierung im Grundwasser mit Hilfe der Kooperation. Das gewonnene Wasser wird im Wasserwerk nicht weiter aufbereitet. Es erfolgt lediglich eine allgemein übliche Desinfektion des Rohwassers.

4. Hat der Hochsauerlandkreis entsprechende Auflagen gemacht, um die GüIlebelastung in den Naturschutzgebieten zu verhindern bzw. einzuschränken? Wenn nein, warum nicht?

Im Bereich des Wasserschutzgebiets Marsberg-Vasbeck sind nur in geringem Umfang Naturschutzflächen im Landschaftsplan der Stadt Marsberg festgesetzt worden. Gerade bei diesen Flächen handelt es sich um stark geneigte bzw. von Schafen beweidete oder extensiv genutzte Flächen oder Waldnaturschutzgebiete, die eine Gülleaufbringung ohnehin nur sehr begrenzt zulassen. Ein Zusammenhang zwischen Naturschutzgebiet, Gülleaufbringung und Nitratbelastung lässt sich aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht herstellen. Im Übrigen ist anzuführen, dass auf landwirtschaftlich genutzten Naturschutzflächen eine Gülleaufbringung in bisherigem Umfang (Bestandsschutz) nach den Bestimmungen des Landschaftsplans Marsberg zulässig ist. Ein generelles Verbot der Gülleaufbringung in diesen Naturschutzgebieten wäre somit rechtlich nicht durchsetzbar.

5. In welchen Naturschutzgebieten im Stadtgebiet ist Nitrat nachgewiesen worden und auch aktuell nachweisbar?

Siehe Antwort zu Frage 4.

6. Wie engmaschig sind die Kontrollen von Trinkwasser, Rohwasser, Fließgewässern und Böden?

Der Nitratwert im Trinkwasser wird von den Stadtwerken Marsberg ständig online aufgezeichnet und überwacht. Die Kontrollintervalle sind im Trinkwasser je nach entnommener Wassermenge unterschiedlich. Eine umfassende Trinkwasseruntersuchung findet wie folgt statt:
– Kontrollen des Trinkwassers im Hochbehälter Eichholz 2-mal jährlich.
– Kontrollen des Trinkwassers in den Hochbehältern Giershagen, Padberg, Helmighausen und Westheim 1-mal jährlich.
– Mikrobiologische Kontrollen an den Wassergewinnungsanlagenund in den Hochbehältern erfolgen je nach Wasserförderung zwischen 2 bis 4-mal jährlich.
– Kontrollen auf Pflanzenschutzmittel alle 3 Jahre.
– Zur Kontrolle der Böden siehe Ausführung unter Punkt 2 zu Nmin-Untersuchungen.

Hinsichtlich der Messhäufigkeit in Oberfächengewässern verweise ich auf meine Antwort zu Frage 1 und 2 Ihrer Anfrage vom 5.01.2016.

7. Welche Ergebnisse zeigten und zeigen sie hinsichtlich Nitrat, Bakterien und anderen Umweltgiften?

Seit dem Jahr 2005 ist ein deutliches Ausbremsen der Nitratanstiegs im Trinkwasser mit nunmehr einem Rückgang unter den Grenzwert von 50 mg/I Nitrat feststellbar. Langfristige Auswertungen des Grundwassers zeigen, dass der Nitratwert im Bereich des Wasserschutzgebietes geogen bedingt schon immer recht hoch war. Selbst in den Jahren ab 1960 liegen die Nitratwerte bereits über 30 mg/l.

Hinsichtlich Bakterien und anderen Umweltgiften ergeben sich keine Auffälligkeiten, so dass in Bezug darauf keine weitergehende Aufbereitung des Trinkwassers erforderlich ist.

8. Wie wirkt sich das Trinkwasserschutzgebiet auf die Qualität von Roh- und Trinkwasser aus?

Positiv, siehe vorstehende Ausführungen.“

Gülle kein Problem im Wasserschutzgebiet „Latroptal“?

Fragen kann nicht schaden

(Der Artikel ist heute zuerst in ähnlicher Form auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) hatte Informationen über Gülle-Aufbringung im Wasserschutzgebiet „Latroptal“ im Stadtgebiet Schmallenberg erhalten.

Die SBL/FW berichtete über Auffälligkeiten wie „Coliforme Bakterien“ und „Nitrat“, die bei den Kontrollen im Latroptal festgestellt worden sind und richtete am 25.07.2017 eine Anfrage an den Landrat.: http://sbl-fraktion.de/?p=7706

Glaube ist gut, Kontrolle ist besser, keine Fäkalien im Wasser sind noch besser
Die Verwaltung des Hochsauerlandkreises antwortete daraufhin mit Schreiben vom 07.08.2017, bei der Wassergewinnungsanlage aus dem „Latroptal“ handele es sich um eine Sickeranlage parallel zum Gewässer Latrop. Trinkwasser würde hier also aus oberflächennahem Wasser aus dem Uferfiltrat gewonnen, das einer weitergehenden Aufbereitung bedürfe.

Das Ergebnis: Die am 08.06.2017 entnommenen Proben des Roh- und Trinkwassers aus dem „Latroptal“ seien in mikrobiologischer Hinsicht unauffällig und weiter, das Ergebnis der Analyse vom 08.06.2017 zeige auf, dass im „Latroptal“ keine fäkale Belastung im Umfeld nachgewiesen werden konnte. Der Grenzwert für „Coliforme Bakterien“ sei 0.

Nitrat „nur“ bei 6,0 mg/l
Den Nitrat-Grenzwert lege die Trinkwasserverordnung bei 50 mg/l fest. Ein Wert von 6,0 mg/l, so wie im „Latroptal“ festgestellt, sei also aus gesundheitlicher Sicht unbedenklich.

Die Landwirtschaftskammer empfiehlt
Der Landwirt, der das Wasserschutzgebiet „Latroptal“ gedüngt hat, habe eine ordnungsgemäße Düngung nachgewiesen, alles nach den Vorgaben der Wasserschutzgebietsverordnung und unter Berücksichtigung der Beratungsempfehlungen des von der Landwirtschaftskammer erstellten Düngeplans. Die Düngung sei ausschließlich in der Schutzzone III erfolgt.

Keine Grenzwerte für Rohwasser
Roh- und Trinkwasser, so schreibt der Hochsauerlandkreis, würden regelmäßig durch eine zulässige Untersuchungsstelle untersucht. Die Ergebnisse der Trinkwasseranalysen seien seit 2015 unauffällig. (Nach dem Zeitraum vor 2015 hatte die SBL/FW nicht gefragt). Für Rohwasser gebe es weder Richt- noch Grenzwerte.

„Coliforme Bakterien“ etwa auch in anderen Wasserschutzgebieten?
Die Antwort des HSK erscheint uns etwas nebulös. Zitat: „Da es sich bei dem zitierten Nachweis von 18 „Coliformen Bakterien“ im Rohwasser einer oberflächennahen Wassergewinnungsanlage nicht um einen hohen Wert und auch der hier nachgewiesene Messwert für Nitrat derart niedrig ist, erübrigt sich eine Beantwortung dieser Frage.“

Gesetzgeber ist dringend gefragt
Nachdem sich in den letzten Tagen die Meldungen über ein Zuviel an Gülle, die möglichen gesundheitlichen Folgen und die deswegen wahrscheinlich bald explodierenden Trinkwasserkosten häufen, können wir gut verstehen, warum die Kreisverwaltung darauf verweist, dass die Wasserbehörde unter den gegebenen Umständen keinen Raum für ein unmittelbares gewässerschutzrechtliches Einschreiten habe.

Leseempfehlungen:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/nitratwerte-im-grundwasser-gefahr-fuers-trinkwasser-1.3617856
http://www.deutschlandfunk.de/nitrat-im-grundwasser-trinkwasser-koennte-teurer-werden.1939.de.html?drn:news_id=777535

Die Antwort des HSK in voller Länge:

„Ihre Anfrage gem. 5 11 GeschO für den Kreistag des Hochsauerlandkreises;
hier: Gülle im Wasserschutzgebiet Latroptal vom 25.07.2017

Sehr geehrter Herr Loos,

zu den mit Ihrer Anfrage vom 25.07.2017 aufgeworfenen Fragen nehme ich wie folgt Stellung:

Frage 1: Welche Kenntnisse haben Sie von den Vorgängen und der Situation im Wasserschutzgebiet Latroptal?

Die Stadtwerke Schmallenberg informierten mich am 06.06.2017 darüber, dass im Wasserschutzgebiet „Latroptal“ in der Schutzzone llI Jauche ausgebracht worden wäre. Daraufhin wurden unmittelbar mikrobiologische Kontrolluntersuchungen des gewonnenen Rohwassers sowie des Trinkwassers veranlasst. Diese Proben wurden am 08.06.2017 entnommen. Das Ergebnis der Trinkwasseruntersuchung aus dem Ausgang des Wasseniverks Latroptal war in mikrobiologischer und chemischer Hinsicht unauffällig. Das Ergebnis der Rohwasseranalyse — also das Wasser vor Eingang in das Wasserwerk — haben Sie in Ihrer Anfrage zum Teil zitiert. Dieses Ergebnis der Rohwasseranalyse ist ebenfalls als unauffällig anzusehen. Dieses Ergebnis möchte ich aus Sicht des Trinkwasserschutzes näher erläutern.

Bei der Wassergewinnungsanlage Latroptal handelt es sich um eine Sickeranlage parallel zum Gewässer Latrop, d.h. hier wird oberflächennahes Wasser aus dem Uferfiltrat des Gewässers entnommen und anschließend zu Trinkwasser aufbereitet. Aufgrund der unmittelbaren Beeinflussung durch das Gewässer bedarf das hier gewonnene Wasser (Rohwasser) einer weitergehenden Aufbereitung. Das oben zitierte Ergebnis der Wasseranalyse wurde vor Eingang in das Wasserwerk, also vor dieser Aufbereitung, entnommen (Rohwasser).

Coliforme Bakterien ist ein Sammelbegriff für mehrere verschiedene Bakterienarten. In der heute anzuwendenden Analytik werden nicht ausschließlich fäkalbürtige Coliforme Bakterien nachgewiesen, sondern auch Coliforme Bakterien erfasst, die natürlicher Weise in der Umwelt vorkommen. Das gleichzeitige Fehlen von E.coli oder auch intestinalen Enterokken, die im Gegensatz zu den Coliformen Bakterien auf einen unmittelbaren Zusammenhang einer vorherigen fäkalen Belastung schließen lassen würden, im Ergebnis der Analyse vom 08.06.2017 zeigt auf, dass dort keine fäkale Belastung im Umfeld nachgewiesen werden konnte. Für coliforme Bakterien gilt im Trinkwasser ein Grenzwert von 0.

Für Nitrat legt die Trinkwasserverordnung einen Grenzwert von 50 mg/I im Trinkwasser fest. Dieser Grenzwert basiert toxikologisch begründet auf den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen durch eine erhöhte Nitrataufnahme bei der körperlich sensibelsten Bevölkerungsgruppe, den Säuglingen. Ein Wert von 6,0 mg/I Nitrat im Rohwasser oder Trinkwasser ist aus gesundheitlicher Sicht also unauffällig.

Die von der Bezirksregierung Arnsberg erlassene Wasserschutzgebietsverordnung Latroptal vom 23. September 1988 regelt Vorgaben für die landwirtschaftliche Düngung. Danach ist in der Schutzzone III das Aufbringen von Nährstoffträgern zum Zwecke der Düngung nach einem unter Berücksichtigung der Beratungsempfehlungen der Landwirtschaftskammer erstellten Düngeplan zulässig. Der Landwirt hat die ordnungsgemäße Düngung anhand eines aktuellen Düngeplans nachgewiesen. Die Düngung erfolgte ausschließlich in der Schutzzone lll. Somit sind die Vorgaben der Wasserschutzgebietsverordnung eingehalten worden.

Frage 2: Wurden und werden von Ihrer Behörde im Latroptal regelmäßig oder unregelmäßig Wasser- und Bodenproben entnommen?

Sowohl Roh-, als auch Trinkwasser werden regelmäßig der geltenden Trinkwasserverordnung und den gesetzlichen Vorgaben der Rohwasserüberwachung entsprechend durch eine nach Trinkwasserverordnung zulässige Untersuchungsstelle untersucht.

Frage 3: Wenn ja, wie waren die Ergebnisse seit 2015?

Die Ergebnisse der Trinkwasseranalysen waren in mikrobiologischer und chemischer Hinsicht in diesem Zeitraum unauffällig. Für Rohwasser gibt es weder Richt-, noch Grenzwerte.

Frage 4: Gibt es Ihres Wissens im HSK weitere Wasserschutzgebiete, die ähnlich hohe Messwerte bei coliformen Bakterien und Nitrat aufweisen oder andere nicht akzeptable Werte, z.B. für Enterokokken oder Antibiotika-Rückstände?

Da es sich bei dem zitierten Nachweis von 18 Coliformen Bakterien im Rohwasser einer oberflächen-nahen Wassergewinnungsanlage nicht um einen hohen Wert und auch der hier nachgewiesene
Messwert für Nitrat derart niedrig ist, erübrigt sich eine Beantwortung dieser Frage.

Frage 5: Wenn ja, wo und welche? Wie sind die jeweiligen Messwerte?

Siehe Antwort zu Frage 4.

Frage 6: Welche Möglichkeiten hat lhre Behörde, gegen das Aufbringen von Gülle in Wasserschutzgebieten vorzugehen?

Generell richtet sich das Vorgehen der Wasserbehörde nach dem jeweils geltenden Recht, also nach Wasserhaushaltsgesetz, Landeswassergesetz und den jeweiligen Wasserschutzgebietsverordnungen. Sofern insbesondere die jeweilige Wasserschutzgebietsverordnung für das Aufbringen von Gülle, Jauche, Festmist etc. in der Schutzzone IlI kein Verbot enthält, ist für ein unmittelbares gewässeraufsichtliches Einschreiten der Wasserbehörde kein Raum gegeben.“

SBL/FW stellt Anfrage zu PFT-Funden in zwei Trinkwasserbrunnen in Elpe

In unserem BriefkastenMeschede. (sbl_pm) Der Hochsauerlandkreis veröffentlichte vor einigen Tagen die Meldung, die Quelle der PFT-Belastung zweier privater Trinkwasserbrunnen in Olsberg-Elpe sei gefunden.

Demnach führe ein in die Elpe mündender Bach eine PFT-Fracht. Außerdem wiesen zwei an diesem Gewässer liegende Grundstücke eine PFT-Belastung auf.

Doch wo liegt die eigentliche Quelle der PFT-Belastung der beiden Brunnen? Naheliegend scheint es, sie in den in der Nähe liegenden Weihnachtsbaumkulturen zu suchen.

Wie wir wissen, wurden in den 2000er Jahren Weihnachtsbaumflächen auch im Einzugsbereich des Flusses Elpe im großen Stile mit PFT-haltigen Klärschlämmen „gedüngt“. Wasser und Böden wurden kontaminiert. Die Wasserwerke an der Ruhr sahen sich genötigt, ihre Filteranlagen kostspielig aufzurüsten.

Die „Ruhrbarone“ veröffentlichten später Listen mit den Namen der Betriebe, die große Mengen  PFT-verdächtige Schlämme zur „Bodenverbesserung“ eingesetzt haben. Dazu gehören in unserem Bereich u.a. Baumschule Gockel, Wiese Forstbetrieb und der Betrieb Anton Nieder, allesamt Weihnachtsbaum-Produzenten. Uns ist nicht bekannt, dass der Hochsauerlandkreis jemals die Namen der PFT-Großabnehmer öffentlich nannte.

Bemühungen um Transparenz und Aufklärung scheiterten oft auch am Verhalten der Behörden. Wie wir alle wissen, wurden die Verursacher der Umwelt-Vergiftung nicht zur Verantwortung gezogen. Die bisher entstandenen und künftig entstehenden Kosten für die Sanierung und Gefahrenabwehr im Zusammenhang mit PFT fallen daher der Allgemeinheit zur Last.

Im Zusammenhang mit den PFT-verseuchten Brunnen stellte Reinhard Loos, Kreistagsmitglied und Landratskandidat der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW), folgende Anfrage an den Landrat:

  1. Wann, wie und durch wen erhielten Sie erstmals Kenntnis von dem
    Verdacht, dass das Wasser der zwei privaten Trinkwasser-Brunnen in Elpe
    PFT-belastet ist?
  2. Wie hoch waren und sind die PFT-Werte der beiden Brunnen? (Bitte
    um Bekanntgabe der Auswertung aller Proben.)
  3. Wurde das Brunnenwasser auch auf andere schädliche Substanzen,
    z.B. Überreste aus Pflanzenschutzmitteln, untersucht?
    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
  4. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass weitere
    Trinkwassergewinnungsanlagen im Kreisgebiet kontaminiert sind?
    Wenn ja, welche?
  5. Sehen Sie Möglichkeiten für die privaten Brunnenbesitzer, den
    oder die „PFT-Verursacher“ auf Schadensersatz zu verklagen?
  6. Wann, wo und wie oft wurden in den Jahren 2010 bis heute Boden-
    und Wasserproben von PFT-belasteten und -verdächtigen Flächen und
    Gewässern genommen und ausgewertet?
    Wie sind die Ergebnisse?
    Welche Belastungen wurden in diesem Zeitraum wann und wo in welcher
    Höhe festgestellt?
  7. Welche weiteren Flächen für den Anbau von Weihnachtsbäumen und
    Schmuckreisigkulturen im HSK wurden seit dem Jahr 2012 bis heute durch
    Ihre Behörde genehmigt?
    Wo genau liegen sie?
    Wie groß sind einzelnen Flächen?
  8. Wie viele Hektar beträgt die genehmigte Weihnachtsbaum- und
    Schmuckreisigfläche im HSK (im Wald und außerhalb, z.B. auf ehemaligen
    Wiesen- und Ackerflächen) insgesamt?
    Wie groß sind diese Flächen in Bestwig, wie groß in Olsberg?
  9. Welche Erkenntnisse haben Sie über die Art und die Menge der auf
    diesen Flächen eingesetzten Pflanzenschutzmittel und Dünger?

Umleitung: Wir kriegen die Krise – vom Wasser bis zur WAZ.

Spiegel im Schnee (foto: zoom)
Spiegel im Schnee (foto: zoom)

Weltwassertag: eine gute Gelegenheit, Ihre Abgeordneten auf ihr Abstimmungsverhalten zur Privatisierung der Wasserversorgung anzusprechen … nachdenkseiten

Unsere Eliten: Deutsche Milliardäre in Steueroase – Porsche, Piëch und Quandt in Panama … sueddeutsche

“Sündenfall Zypern – Vertrauen weg bei Europas Sparern?” Dass sie das Fragezeichen stehen lassen, können wir getrost als Trick abtun … wiesaussieht

Medienkritik: Unsere Mütter, unsere Väter, unsere FAZ und ihre Freunde … erbloggtes

NRW-Landesmutter muss kürzen: Kraft am Ende der Gemütlichkeit … postvonhorn

Medienkrise I: WAZ-Axt schlägt zu – Nochmal 200 Stellen weg … charly&friends

Medienkrise II: WAZ-/Funke-Mediengruppe streicht 200 Stellen und u.a. “Unser Vest” – die merkwürdige “Lokal”ausgabe für den Kreis Recklinghausen … pottblog

Medienkrise III: Vest, Fotografen, Content-Desk – Wo die WAZ streichen will … ruhrbarone

Medienkrise IV: WAZ Zeitungsgruppe baut 200 Stellen in Nordrhein-Westfalen ab … newsroom

Medienkrise V: Neuer Satz im WAZ-Streichkonzert … neheimsnetz

„Wasser ist ein Menschenrecht und kein handelbares Gut“ – Bürgerantrag hat gute Chancen im Rat der Stadt Winterberg.

Norbert Hunke
Norbert Hunke: „Wasser ist kein handelbares Gut“ (foto: hunke)

„Wasser ist kein handelbares Gut“, meint der Winterberger Norbert Hunke. Gemeinsam mit seiner Frau Sabine Sögtrop-Hunke hat er einen Antrag an den Gemeinderat der Stadt Winterberg gestellt.

Der Rat möge die Europäische Bürgerinitiative „Wasser ist Menschenrecht“ unterstützen:

  1. Wasser und sanitäre Grundversorgung als Garantie für alle Menschen in Europa.
  2. Keine Liberalisierung der Wasserwirtschaft.
  3. Verbesserung des Wassers und sanitärer Grundversorgurg weltweit.

Norbert Hunke schildert, wie am Ende des Films „Flow –  Wasser ist Leben“ der „Boss“ von Nestle sinngemäß sage, Wasser müsse ein handelbares Gut sein und einen Preis haben.

Diese Aussage und die Pläne der Europäischen Kommission Wasser zu privatisieren, so Hunke, hätten ihn und seine Frau empört. Wasser habe ja schon einen Preis. „Ich will verhindern, dass es hier in private Hände gerät, unkontrollierbar für die Allgemeinheit.“

Noch nie hätten sie sich politisch derart exponiert, aber das Anliegen sei ihnen wichtig und sie hätten sich gedacht: „Wenn es denn hier bei uns keiner tut, machen wir es mal.“

Norbert und Sabine Hunke könnten Erfolg mit ihrer Aktion haben. In der Beschlussvorlage für die Ratssitzung am kommenden Donnerstag, dem 21. März, ist unter anderem zu lesen:

„Dem Rat der Stadt Winterberg wird empfohlen, einen Beschluss zu fassen, wonach die Wasserversorgung nicht allein als Bestandteil des liberalisierten und weithin deregulierten Marktes anzusehen ist, sondern in erster Linie als Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge zu begreifen ist. Der Rat der Stadt Winterberg sollte sich gegen die Gesetzesinitiative aussprechen und das Recht der Menschen auf den Zugang zu einer ausreichenden Wasserversorgung als ein Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge unterstützen.“

Der Beschlussvorschlag lautet:

„Der Rat der Stadt Winterberg spricht sich gegen die Gesetzesinitiative des Europäischen Parlaments zur Liberalisierung des Trinkwassermarktes aus.

Er fordert die Abgeordneten des Landtags, des Bundestags sowie die Abgeordneten des Europäischen Parlaments wie auch die Europäische Kommission auf,

  • sich für einen Gesetzesvorschlag für das Wasser als Menschenrecht entsprechend der Resolution der Vereinten Nationen einzusetzen und eine funktionierende Wasser- und Abwasserwirtschaft als existenzsichernde öffentliche Dienstleistung für alle Menschen zu fördern;
  • die Wasserwirtschaft von der Liberalisierungsagenda auszuschließen und aus der EU-Konzessionsrichtlinie herauszunehmen;
  • die kommunale Wasserversorgung zu stärken, Optionen zur Rekommunalisierung und zur Bildung von interkommunalen Wasserversorgungsverbünden zu gewährleisten,
  • Trinkwasser als das Lebensmittel Nr. 1 zu schützen, zu verteidigen und entsprechend zu behandeln, denn der Zugang zu Wasser ist Menschenrecht, und Wasser ist deshalb keine übliche Handelsware.

Der Rat der Stadt Winterberg unterstützt ausdrücklich sowohl die Europäische Bürgerinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“, als auch die Position des Deutschen Städtetages, der sich eindeu-tig für den Verbleib der Wasserversorgung in der öffentlichen Hand ausgesprochen hat.

Der Bürgermeister

W. Eickler“

MdB Patrick Sensburg (CDU) will Fracking im Hochsauerland stoppen – reicht das?

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Screenshot von Patrick Sensburgs Internetauftritt vom heutigen Sonntag.

Der Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg bezieht deutlich Stellung gegen Fracking. Auf seiner Website erklärt er:

„Ich bin eindeutig gegen Fracking im Hochsauerlandkreis und habe dies sehr oft betont.“

Sensburg bezieht sich auf seinen Wahlkreis, den HSK. Hier sieht der CDU-Abgeordnete kein sinnvolles Verhältnis von Risiko und Ausbeutung, denn hier geht es um die Reinheit des Grundwassers für „unsere Brauereien… und … die Trinkwassergewinnung für Regionen weit über das Sauerland hinaus.“

Sensburg spricht sich für die Änderung des Bergerechts (sic!) aus und er fordert, dass die „Umweltverträglichkeitsprüfung für die Erkundung von Bodenschätzen unbedingt zwingend“ werden muss. Weiterhin verlangt der MdB eine Öffentlichkeitsbeteiligung sowie die Beteiligung von Wasserbehörden, Landkreisen und Kommunen.

Und wie soll es weitergehen beim Thema Fracking?
Dazu Sensburg:
„CDU/CSU und FDP arbeiten zur Zeit an einem Gesetzesentwurf, der die Risiken der neuen Fracking-Techniken berücksichtigt, den Umweltschutz an erste Stelle stellt und in dem einfache Genehmigungen nach Bundesberggesetz nicht mehr möglich sein werden.“

Halten wir also fest: Herr Patrick Sensburg ist nicht grundsätzlich gegen Fracking, er ist allenfalls gegen Fracking im Hochsauerlandkreis. Außerdem möchte er die Bedingungen modifizieren, unter denen gefrackt wird.

Mit Patrick Sensburg und der CDU wird es voraussichtlich keinen STOPP von FRACKING in Deutschland geben, allenfalls im HSK. Ob das genügt?

What the ‚frack‘ is this? Pressebericht über Gas- und Erdölabbau in den USA

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Website von Josh Fox: Die Karte zeigt, wo nach Erdöl und Erdgas gebohrt wird. (screenshot: chris)

Gestern berichtete die US-Korrespondentin des Guardian über die Verhaftung des Dokumentarfilmers Josh Fox.  Fox wurde in Handschellen abgeführt, als er eine Anhörung des ‚House Science Committee‘ des US-Kongresses filmen wollte.

In der Anhörung beschäftigte sich der Wissenschafts-Ausschuss mit dem Thema ‚Fracking‘, einer umstrittenen Methode zur Gas- und Erdölgewinnung.

Diskussionsgrundlage bildete eine 620-seitige Dokumentation der Umweltbehörde Environmental Protection Agency EPA (hier ist der 121-seitige Entwurf der EPA vom Dez. 2011 mit vielen Zahlen und Fotos zum Verfahren verlinkt). Die EPA hatte die Folgen von Hydraulic Fracking in Wyoming untersucht und die Ergebnisse nun zusammengestellt. Die Bitte des Dokumentarfilmers um eine Filmerlaubnis war bereits im Vorfeld abgelehnt worden.

Josh Fox hat in seiner Oscar-nominierten Dokumentation Gasland (sehr informative Website) die Gefahren dieser Art der Rohstoffgewinnung aufgezeigt. Bekannt wurde Gasland insbesondere durch seine spektakulären Bilder von brennendem Trinkwasser. Die beim Fracking freiwerdenden Gase hatten ihren Weg in das Trinkwassersystem gefunden. Von dort aus traten sie gemeinsam mit dem wertvollen Nass durch den Wasserhahn aus.

In dem Bericht der EPA wird erstmals der Zusammenhang von Wasserverschmutzung und Fracking belegt. Die Umweltbehörde nennt Zahlen über Trinkwasserbelastung durch Benzol und andere Chemikalien, die bei dem Fracking-Verfahren verwendet werden.

Josh Fox hat sich mit der mächtigen Energieindustrie angelegt, die in den USA in großem Umfang ‚frackt‘. Nun fürchten die finanzstarken Konzerne neue Auflagen, Beschränkungen oder gar ein Verbot ihrer Tätigkeit.

Der Dokumentarfilmer macht weiter, trotz der Behinderung seiner Filmtätigkeit. Er arbeitet an einer Fortsetzung seiner Dokumentation und verurteilt seinen Ausschluss von der Anhörung, denn „everyone should be allowed to take in these hearings. They are public speech.“

Und Fox steht mit seiner Skepsis gegenüber der umweltverschlingenden Abbaumethode nicht allein. So berichtet der Nachrichtensender msnbc.com, das Wort  ‚fracking‘ sei das neue ‚f-word‘ geworden. Zahlreiche Wortspiele entstanden wie:

No fracking way.
– Don’t frack with New York.

‚Frack‘ habe eine negative Konnotation, es klinge wie ’smack‘ und ‚whack‘ und eben das ‚f-word‘ selbst.

Diese Einschätzung teilt inzwischen auch die Industrie und vermeidet ihre eigene Wortschöpfung. Sie spricht lieber von ‚hydraulic fracturing‘.

Das macht die ganze Sache jedoch kein bisschen sauberer.

— Zum Weiterlesen: Wir berichteten in diesem Blog schon mehrfach über geplante Erdgasbohrungen in Nordrhein-Westfalen. —

„No Tännchen, Please!“

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Weihnachten steht vor der Tür, die Weihnachtsbäume werden durch das Sauerland gefahren. (fotograf: camera)

Wir möchten noch einen weiteren kleinen, etwas drögen Beitrag über den Verlauf des spannenden Diskussionsabends am 09. November 2011 in Bestwig in die Tasten tippen.

Manche erinnern sich vielleicht? Es ging um etwas Grünes, etwas, das laut Aussage des CDU-Fraktionsvorsitzenden zur Gemeinde Bestwig gehört, genau gesagt, es ging um Weihnachtsbäume.

Zahlreiche, wahrscheinlich mehr denn weniger fach- und sachkundige Podiumsteilnehmer berichteten teils mehr, teils weniger ausführlich von ihrem Wissen und ihren Erkenntnissen, die sie speziell in Sachen Weihnachtsbaumanbau gesammelt haben.

Robert Dietrich, Geschäftsführer der Hochsauerlandwasser GmbH
Auch der örtliche Wasserversorger hatte einen Vertreter geschickt. Herr Robert Dietrich, seines Zeichens Geschäftsführer der Hochsauerlandwasser GmbH, äußerte sich unter anderem zur Ballenentnahme, die er offenbar nicht ganz unkritisch sieht.

Warnung! Ab jetzt wird der Bericht relativ trocken, obwohl es ums nasse Element geht.

Direkter Eintrag von Pflanzenschutzmitteln wie beispielsweise Herbiziden in den Untergrund
Der Geschäftsführer des Wasserwerks sagte zu den mit Ballen entnommenen Weihnachtsbäumen, der Abtrag der Deckschichten könne zu einem direkten Eintrag von Pflanzenschutzmitteln wie beispielsweise Herbiziden in den Untergrund führen. Das wiederum könne zur Verunreinigung des Oberflächenwassers, wie z.B. des Ruhrwassers führen.

Nutzung von Pflanzenschutzmitteln auf Weihnachtsbaumflächen ein schlechtes Beispiel für die Bevölkerung
Ein bis zweimal jährlich, je nach Anlagengröße, führe die Hochsauerlandwasser GmbH Untersuchungen auf „übliche Verdächtige“ durch, bisher ohne positiven Befund. Aber, äußerte Herr Dietrich, wenn nicht gehandelt würde, bliebe das nicht so. Im übrigen sei die intensive Nutzung von Pflanzenschutzmitteln auf Weihnachtsbaumflächen ein schlechtes Beispiel für die Bevölkerung. Ein Durchbruch ins Trinkwasser sei nicht auszuschließen. Weihnachtsbäume stünden mittlerweile auch in Trinkwasserschutzgebieten. Herr Dietrich forderte: „Keine Ausweitung der Weihnachtsbaumkulturen“ und „Keine Ballenentnahme in Trinkwasserschutzgebieten“.

Verbotsausweitung nötig
Eine spätere Nachfrage, ob es sein dürfe, dass in Wasserschutzgebieten Weihnachtsbäume angebaut werden, bejahte Herr Dietrich, wobei die Ballenentnahme in Wasserschutzzonen II verboten sei, in Wasserschutzzonen III aber nicht. Er hielte es für richtig, das Verbot auszuweiten.

Trinkwasserbrunnen in Ostwig bleibt geschlossen
Auch eine Frage nach der aktuellen Situation bei einem Trinkwasserbrunnen in Ostwig, der wegen der hohen PFT-Belastung im Jahr 2006 vom Netz genommenen worden ist, beantwortete Herr Dietrich eindeutig. Demnach bleibt der Brunnen geschlossen. Er weist immer noch hohe PFT-Werte auf.

Erinnerung an den PFT-Skandal
Wer sich an den PFT-Skandal erinnert weiß vielleicht, dass spätestens 2006 die sehr wahrscheinlich krebserregende Chemikalie PFT ins Trinkwasser durchgeschlagen ist. Die Wasserwerke an der Ruhr mussten mit hohem Aufwand und enormen Kosten mit Aktivkohle-Filtern aufgerüstet werden. Mit PFT-haltigen „Bodenhilfsstoffen“ waren u.a. auch Weihnachtsbaumflächen in Bestwig „gedüngt“ worden.

Was bekommen die kleinen Grünen alles ab in ihrem kurzen Leben? Von unten PFT, von oben Round Up und weiß der Himmel was sonst noch alles!? Kann diese Mixtour ohne unangenehme Folgen bleiben?

„No Tännchen, Please!“
Bei uns erfolgt jedenfalls etwas, nämlich die Verweigerung. Seit dem Jahr in dem die erste Folge des „PFT-Krimis“ lief, sag ich mir immer wieder zur Weihnachtszeit:

„No Tännchen, Please!”

(Und was den PFT-Film anbelangt, da folgt im Januar eine neue Folge mit dem Titel: „Prozessbeginn“!)

PFT = Push Für Trinkwasserpreis? Gewinne sind Privat- oder Firmensache, Verluste und Schäden kompensiert die Allgemeinheit

In meinem BriefkastenPFT = Push Für Trinkwasserpreis? „Gebühr für Wasserzähler wird zum 01.01. 2010 erhöht.“ Das entnahmen die Kunden der Hochsauerlandwasser GmbH kürzlich des Tageszeitung. Den Meschedern kostet ab Januar ihr Zähler “Qn 2,5″ jährlich brutto 145,52 Euro und somit 11,73 Euro mehr als in den Vorjahren. Der Kubikmeterpreis bleibt dagegen wie gehabt bei 1,26 Euro brutto.

Die 2005 gegründete Hochsauerlandwasser GmbH, die Bestwig, Meschede und Olsberg mit Trinkwasser versorgt, begründet die Tariferhöhung vor allem mit „den erheblichen Investitionen in die Trinkwasseraufbereitungsanlagen und das Versorgungsnetz in den drei Kommunen“.

Zurzeit würde das Wasserwerk Stockhausen für rund drei Millionen Euro erweitert, und für 450 000 Euro sei beim Werk Mengesohl Aktivkohlefiltration installiert worden. Die Sauerländer Bürgerliste ist überzeugt, die Hochsauerlandwasser GmbH handelt in Punkto Wasseraufbereitung nach bestem Wissen und Gewissen. Schließlich hat sie – genau wie ihre Kundinnen und Kunden – die PFT-Suppe auszulöffeln, die ihr andere eingefüllt haben.

Böden, Fluss- und Grundwasser im Hochsauerlandkreis und anderenorts sind nach wie vor erheblich mit der Industriechemikalie PFT verseucht. Im Sauerland geht die Giftbelastung vor allem von den zahlreichen Weihnachtsbaumflächen aus, die ja bekanntlich zum Teil erheblich mit PFT „gedüngt“ worden sind.

Die Kreisverwaltung veröffentlichte vor einigen Monaten endlich, aufgrund mehrfacher Nachfragen der Sauerländer Bürgerliste (SBL), wie hoch die Belastung der 55 bisher im HSK ermittelten PFT-Flächen ist. Leider schwieg sich die Verwaltung über die genaue Lage und die Besitzer und Pächter der Weihnachtsbaum- und landwirtschaftlichen Felder aus.

Doch wir wissen, etliche dieser PFT-Areale befinden sich in Bestwig und im Stadtgebiet Meschede, z.B. auch in Wennemen, vermutlich in unmittelbarer Nähe zur Ruhr. Das Wasser der Ruhr wird für die Trinkwassergewinnung genutzt. Und da schließt sich der Kreis zur Hochsauerlandwasser GmbH.

Der Wasserversorger will uns ein möglichst sauberes und von Chemikalien unbelastetes Trinkwasser anbieten. Um die hochgiftige und gesundheitsschädliche Chemikalie PFT aus dem Wasser effektiv zu entfernen, rüstete er die Wasserwerke Mengesohl und Stockhausen mit Aktivkohlefiltern aus. Dafür bezahlen müssen wir die Verbraucher.

Die Namen der Verursacher, also derjenigen die Flächen mit PFT und anderen Umweltgiften und Pestiziden befrachten und somit für einen Teil der Erhöhung des Wasserpreises verantwortlich sind, werden uns von den Behörden nicht genannt.

Warum auch, denn es ist wie es immer ist, Gewinne sind Privat- oder Firmensache, Verluste und Schäden kompensiert die Allgemeinheit.