Grundwasser-Atlas: Wo in Deutschland die Wasserspiegel sinken

Erstmals liefert CORRECTIV mit einer interaktiven Karte einen Überblick, in welchen Landkreisen das Grundwasser seit 1990 sinkt, gleich bleibt oder steigt. Verantwortlich für die extremen Trends sind vor allem Industrie und Trinkwasserförderung. 
Stauseen sind besonders verletzlich. Blick auf das Möhnesee-Ufer im Dezember 2020 (archivfoto: zoom)

Essen, 25. Oktober 2022. Erstmals hat das gemeinnützige Recherchezentrum CORRECTIV Grundwasserdaten von rund 6.700 Messstellen aus den vergangenen drei Jahrzehnten analysiert. Die Auswertung liefert besorgniserregende Befunde: An knapp der Hälfte der ausgewerteten Messstellen ist das Grundwasser in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 auf den tiefsten Stand seit 1990 gefallen. Insgesamt ist in den vergangenen 32 Jahren das Grundwasser mehr gesunken als gestiegen. 

(Pressemitteilung Correctiv)

Eine Entwicklung mit weitreichenden Folgen. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums (BMUV) unter Steffi Lemke (Grüne) sagt: „Wir müssen uns sicher auch in Deutschland von der Gewissheit verabschieden, dass Wasser immer und überall in scheinbar unbegrenzter Menge zur Verfügung steht.“
 

Erstmals bundesweiter Überblick über Grundwasser

Erstmals macht die CORRECTIV-Analyse sichtbar, was bisher im Untergrund verborgen war: Eine Übersicht in den Landkreisen von 13 Bundesländern, wie sich das Grundwasser verändert hat. Ein Überblick, der bisher in Deutschland fehlte. Die Daten aus dem Saarland, aus Bremen und Hamburg waren für die Analyse nicht ausreichend. 

Besonders in Norddeutschland sowie in Nordrhein-Westfalen (NRW) und Bayern sinken die Grundwasserstände. In NRW, Thüringen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein fallen sie an jeder dritten Messstelle, ein deutschlandweiter Spitzenwert. Hauptverursacher der Trends sind in vielen Regionen Bergbau, Industrieanlagen sowie die Trinkwasserförderung.

Drohender Wassermangel: Bisher handeln Bund und Länder kaum

Nicht nur die Klimakrise lässt die Wasserreserven sinken. Auch der tägliche Bedarf an Trinkwasser und die Industrie sind für die extremen Trends verantwortlich. CORRECTIV hat für über 50 Messstellen, an denen seit 1990 das Grundwasser am stärksten gestiegen oder gesunken ist, die Landkreise und Landesumweltämter nach den Gründen gefragt. Für rund die Hälfte der Fälle nennen die Behörden den Bergbau als Ursache. 

Claudia Pahl-Wostl, Professorin für Geografie an der Universität Osnabrück, kritisiert, dass bisher weder die Länder noch die Bundesregierung eine einheitliche Datenerhebung zur Lage des Grundwassers veröffentlicht und damit transparent gemacht haben: „Die Verwaltung muss sich mit dem Thema befassen, die Daten sammeln und auswerten, verstehen, was und warum es passiert, welche Unsicherheiten es gibt und dann handeln.“

Ein Sprecher des BMUV sagt gegenüber CORRECTIV: „Auf Bundesebene werden bisher keine Daten zum Grundwasserzustand erhoben“. Auch der Entwurf für die „Nationale Wasserstrategie“, den das BMUV unter der vorherigen schwarz-roten Bundesregierung veröffentlicht hat und der bis Ende des Jahres durch das Bundeskabinett verabschiedet werden soll, enthält keinen bundesweiten Datenüberblick. Dabei soll diese Strategie die Wasserversorgung für Jahrzehnte sichern. Das Bundesumweltministerium ist sich dieses Defizits bewusst: „In seinem Entwurf zur Nationalen Wasserstrategie hat das BMUV deutlich gemacht, dass es Verbesserungsbedarf bei der Prognosefähigkeit und der Datenbereitstellung sieht“, so der Sprecher zu CORRECTIV. 

Nach dem Dürresommer zieht die aktuelle Bundesregierung jedoch kaum konkrete Konsequenzen: Nach CORRECTIV-Recherchen nutzen bestimmte Industrien, wie etwa der Chemiekonzern BASF oder der Energieversorger RWE, viele Millionen Kubikmeter Wasser jährlich – ohne, dass sie wie private Haushalte bereits von der Politik zum Sparen angehalten würden. Das Umweltministerium schreibt CORRECTIV dazu auf Anfrage: „Auf Bundesebene werden aktuell keine Gespräche zu Einsparzielen mit der Industrie bzw. dem verarbeitenden Gewerbe geführt.“

„Trinkwasserversorgung in einigen Regionen gefährdet“

Laut der Wasserexpertin Claudia Pahl-Wostl sind die Grundwasser-Trends in einigen Regionen „besorgniserregend“. Bereits jetzt sei die Versorgung mit Trinkwasser teilweise gefährdet. Konflikte rund um Wasser nehmen zu. Laut dem Bundesumweltministerium sei in der Vergangenheit zu wenig auf Wasserressourcen geachtet worden, wenn lokale Behörden über Wasserentnahmen entscheiden. Zwar seien die Regionen unterschiedlich betroffen, doch „wir sollten alles tun, um künftige Wasserkrisen zu vermeiden“, sagt Pahl-Wostl gegenüber CORRECTIV. 

Anhaltende Trockenheit: HSK untersagt Entnahmen von Wasser mittels fahrbarer Behältnisse, Pump- und/oder Saugvorrichtungen aus Oberflächengewässern – Allgemeinverfügung gilt ab 28.07.2022

Aufgrund der anhaltenden Trockenheit haben sich auch in den Gewässern im Hochsauerlandkreis extrem niedrige Wasserstände eingestellt. Auch die Niederschläge der vergangenen Wochen haben nicht dafür gesorgt, dass sich die Situation entspannt. Aus diesem Grund erlässt der Hochsauerlandkreis am 25.07.2022, eine Allgemeinverfügung, die es im gesamten Kreisgebiet mit Ausnahme der Gewässer Ruhr und Lenne untersagt, Wasser aus Oberflächengewässern zu entnehmen. Die Verfügung tritt am 28.07.2022 in Kraft und bleibt bis zum 31.10.2022 bestehen.

(Pressemitteilung HSK)

Das Verbot gilt für Wasserentnahmen im Rahmen des Gemein-, Eigentümer- und Anliegergebrauchs. Verboten ist es damit nicht nur, größere Wassermengen (beispielsweise mit fahrbaren Behältnissen), sondern auch kleinere Mengen für die Bewässerung von Privatgärten zu entnehmen. Ausgenommen davon sind das Tränken von Vieh über an den Gewässern angeordneten Viehtränken und das Schöpfen mit Handgefäßen. Die Untere Wasserbehörde des Hochsauerlandkreises hat die Möglichkeit, Verstöße gegen die Allgemeinverfügung im Einzelfall mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 50.000 Euro zu ahnden.

Zum Hintergrund: Durch die unterdurchschnittlichen Niederschläge in den vergangenen Wochen befinden sich die Pegelstände der Oberflächengewässer im Hochsauerlandkreis unterhalb des mittleren Niedrigwassers und damit teilweise häufig auf einem sehr kritischen Niveau. Der für Fische, Kleinstlebewesen und Pflanzen lebensnotwendige Wasserzu- und -abfluss ist in vielen Teilen des Kreises nicht mehr flächendeckend gewährleistet. Um einem weiteren Absinken der Wasserstände – auch unter Berücksichtigung der für die nächsten Wochen gemeldeten Wetterlage – entgegenzuwirken, erlässt der Hochsauerlandkreis die Allgemeinverfügung. Diese ist auch unter dem nachfolgenden Link einzsehen:

https://www.hochsauerlandkreis.de/hochsauerlandkreis/buergerservice/umwelt/wasserwirtschaft/erlaubnisse-zur-gewaesserbenutzung

Marsberg – Nitrat im Leitungswasser überschritt offenbar doch den Grenzwert

Im Trinkwasser wurde der Grenzwert für Nitrat seit 2013 nie überschritten“ stellte die Kreisverwaltung in einem Schreiben vom 28. August 2017 fest. Der Adressat war die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW), der Anlass eine Anfrage des SBL/FW-Fraktionssprechers Reinhard Loos:

http://sbl-fraktion.de/?p=7768

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(Der Artikel ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

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„Nie überschritten“?

An dieser Aussage hat die SBL/FW Zweifel.

Warum?

Der Fraktion liegt ein Untersuchungsbefund vor. Ein unabhängiger Laborservice hatte Anfang November 2016 eine Leitungswasser-Probe aus Marsberg vom 24.10.2016 auf 32 Chemische Parameter hin analysiert wie Blei, Cadmium, Kalium, Magnesium und eben auch Nitrat. Alle Ergebnisse waren unauffällig, alle bis auf eines. Der Messwert für Nitrat lag bei 57,48 mg/l und somit über dem Grenzwert von 50 mg/l. Das Labor beurteilte das Trinkwasser als „stark belastet“.

Zufallstreffer?
Schauen wir uns noch einmal an, was der Hochsauerlandkreis am 28.08.2017 zu den Trinkwasser-Kontrollen geschrieben hat:

„Der Nitratwert im Trinkwasser wird von den Stadtwerken Marsberg ständig online aufgezeichnet und überwacht. Die Kontrollintervalle sind im Trinkwasser je nach entnommener Wassermenge unterschiedlich. Eine umfassende Trinkwasseruntersuchung findet wie folgt statt:

  • Kontrollen des Trinkwassers im Hochbehälter Eichholz 2-mal jährlich.
  • Kontrollen des Trinkwassers in den Hochbehältern Giershagen, Padberg, Helmighausen und Westheim 1-mal jährlich.
  • Mikrobiologische Kontrollen an den Wassergewinnungsanlagenund in den Hochbehältern erfolgen je nach Wasserförderung zwischen zwei- bis viermal jährlich.
  • Kontrollen auf Pflanzenschutzmittel alle 3 Jahre.“

Gute Idee, eine Probe aus dem eigenen Wasserkran analysieren zu lassen!

„No Tännchen, Please!“

fotograf: camera
Weihnachten steht vor der Tür, die Weihnachtsbäume werden durch das Sauerland gefahren. (fotograf: camera)

Wir möchten noch einen weiteren kleinen, etwas drögen Beitrag über den Verlauf des spannenden Diskussionsabends am 09. November 2011 in Bestwig in die Tasten tippen.

Manche erinnern sich vielleicht? Es ging um etwas Grünes, etwas, das laut Aussage des CDU-Fraktionsvorsitzenden zur Gemeinde Bestwig gehört, genau gesagt, es ging um Weihnachtsbäume.

Zahlreiche, wahrscheinlich mehr denn weniger fach- und sachkundige Podiumsteilnehmer berichteten teils mehr, teils weniger ausführlich von ihrem Wissen und ihren Erkenntnissen, die sie speziell in Sachen Weihnachtsbaumanbau gesammelt haben.

Robert Dietrich, Geschäftsführer der Hochsauerlandwasser GmbH
Auch der örtliche Wasserversorger hatte einen Vertreter geschickt. Herr Robert Dietrich, seines Zeichens Geschäftsführer der Hochsauerlandwasser GmbH, äußerte sich unter anderem zur Ballenentnahme, die er offenbar nicht ganz unkritisch sieht.

Warnung! Ab jetzt wird der Bericht relativ trocken, obwohl es ums nasse Element geht.

Direkter Eintrag von Pflanzenschutzmitteln wie beispielsweise Herbiziden in den Untergrund
Der Geschäftsführer des Wasserwerks sagte zu den mit Ballen entnommenen Weihnachtsbäumen, der Abtrag der Deckschichten könne zu einem direkten Eintrag von Pflanzenschutzmitteln wie beispielsweise Herbiziden in den Untergrund führen. Das wiederum könne zur Verunreinigung des Oberflächenwassers, wie z.B. des Ruhrwassers führen.

Nutzung von Pflanzenschutzmitteln auf Weihnachtsbaumflächen ein schlechtes Beispiel für die Bevölkerung
Ein bis zweimal jährlich, je nach Anlagengröße, führe die Hochsauerlandwasser GmbH Untersuchungen auf „übliche Verdächtige“ durch, bisher ohne positiven Befund. Aber, äußerte Herr Dietrich, wenn nicht gehandelt würde, bliebe das nicht so. Im übrigen sei die intensive Nutzung von Pflanzenschutzmitteln auf Weihnachtsbaumflächen ein schlechtes Beispiel für die Bevölkerung. Ein Durchbruch ins Trinkwasser sei nicht auszuschließen. Weihnachtsbäume stünden mittlerweile auch in Trinkwasserschutzgebieten. Herr Dietrich forderte: „Keine Ausweitung der Weihnachtsbaumkulturen“ und „Keine Ballenentnahme in Trinkwasserschutzgebieten“.

Verbotsausweitung nötig
Eine spätere Nachfrage, ob es sein dürfe, dass in Wasserschutzgebieten Weihnachtsbäume angebaut werden, bejahte Herr Dietrich, wobei die Ballenentnahme in Wasserschutzzonen II verboten sei, in Wasserschutzzonen III aber nicht. Er hielte es für richtig, das Verbot auszuweiten.

Trinkwasserbrunnen in Ostwig bleibt geschlossen
Auch eine Frage nach der aktuellen Situation bei einem Trinkwasserbrunnen in Ostwig, der wegen der hohen PFT-Belastung im Jahr 2006 vom Netz genommenen worden ist, beantwortete Herr Dietrich eindeutig. Demnach bleibt der Brunnen geschlossen. Er weist immer noch hohe PFT-Werte auf.

Erinnerung an den PFT-Skandal
Wer sich an den PFT-Skandal erinnert weiß vielleicht, dass spätestens 2006 die sehr wahrscheinlich krebserregende Chemikalie PFT ins Trinkwasser durchgeschlagen ist. Die Wasserwerke an der Ruhr mussten mit hohem Aufwand und enormen Kosten mit Aktivkohle-Filtern aufgerüstet werden. Mit PFT-haltigen „Bodenhilfsstoffen“ waren u.a. auch Weihnachtsbaumflächen in Bestwig „gedüngt“ worden.

Was bekommen die kleinen Grünen alles ab in ihrem kurzen Leben? Von unten PFT, von oben Round Up und weiß der Himmel was sonst noch alles!? Kann diese Mixtour ohne unangenehme Folgen bleiben?

„No Tännchen, Please!“
Bei uns erfolgt jedenfalls etwas, nämlich die Verweigerung. Seit dem Jahr in dem die erste Folge des „PFT-Krimis“ lief, sag ich mir immer wieder zur Weihnachtszeit:

„No Tännchen, Please!”

(Und was den PFT-Film anbelangt, da folgt im Januar eine neue Folge mit dem Titel: „Prozessbeginn“!)