„No Tännchen, Please!“

fotograf: camera
Weihnachten steht vor der Tür, die Weihnachtsbäume werden durch das Sauerland gefahren. (fotograf: camera)

Wir möchten noch einen weiteren kleinen, etwas drögen Beitrag über den Verlauf des spannenden Diskussionsabends am 09. November 2011 in Bestwig in die Tasten tippen.

Manche erinnern sich vielleicht? Es ging um etwas Grünes, etwas, das laut Aussage des CDU-Fraktionsvorsitzenden zur Gemeinde Bestwig gehört, genau gesagt, es ging um Weihnachtsbäume.

Zahlreiche, wahrscheinlich mehr denn weniger fach- und sachkundige Podiumsteilnehmer berichteten teils mehr, teils weniger ausführlich von ihrem Wissen und ihren Erkenntnissen, die sie speziell in Sachen Weihnachtsbaumanbau gesammelt haben.

Robert Dietrich, Geschäftsführer der Hochsauerlandwasser GmbH
Auch der örtliche Wasserversorger hatte einen Vertreter geschickt. Herr Robert Dietrich, seines Zeichens Geschäftsführer der Hochsauerlandwasser GmbH, äußerte sich unter anderem zur Ballenentnahme, die er offenbar nicht ganz unkritisch sieht.

Warnung! Ab jetzt wird der Bericht relativ trocken, obwohl es ums nasse Element geht.

Direkter Eintrag von Pflanzenschutzmitteln wie beispielsweise Herbiziden in den Untergrund
Der Geschäftsführer des Wasserwerks sagte zu den mit Ballen entnommenen Weihnachtsbäumen, der Abtrag der Deckschichten könne zu einem direkten Eintrag von Pflanzenschutzmitteln wie beispielsweise Herbiziden in den Untergrund führen. Das wiederum könne zur Verunreinigung des Oberflächenwassers, wie z.B. des Ruhrwassers führen.

Nutzung von Pflanzenschutzmitteln auf Weihnachtsbaumflächen ein schlechtes Beispiel für die Bevölkerung
Ein bis zweimal jährlich, je nach Anlagengröße, führe die Hochsauerlandwasser GmbH Untersuchungen auf „übliche Verdächtige“ durch, bisher ohne positiven Befund. Aber, äußerte Herr Dietrich, wenn nicht gehandelt würde, bliebe das nicht so. Im übrigen sei die intensive Nutzung von Pflanzenschutzmitteln auf Weihnachtsbaumflächen ein schlechtes Beispiel für die Bevölkerung. Ein Durchbruch ins Trinkwasser sei nicht auszuschließen. Weihnachtsbäume stünden mittlerweile auch in Trinkwasserschutzgebieten. Herr Dietrich forderte: „Keine Ausweitung der Weihnachtsbaumkulturen“ und „Keine Ballenentnahme in Trinkwasserschutzgebieten“.

Verbotsausweitung nötig
Eine spätere Nachfrage, ob es sein dürfe, dass in Wasserschutzgebieten Weihnachtsbäume angebaut werden, bejahte Herr Dietrich, wobei die Ballenentnahme in Wasserschutzzonen II verboten sei, in Wasserschutzzonen III aber nicht. Er hielte es für richtig, das Verbot auszuweiten.

Trinkwasserbrunnen in Ostwig bleibt geschlossen
Auch eine Frage nach der aktuellen Situation bei einem Trinkwasserbrunnen in Ostwig, der wegen der hohen PFT-Belastung im Jahr 2006 vom Netz genommenen worden ist, beantwortete Herr Dietrich eindeutig. Demnach bleibt der Brunnen geschlossen. Er weist immer noch hohe PFT-Werte auf.

Erinnerung an den PFT-Skandal
Wer sich an den PFT-Skandal erinnert weiß vielleicht, dass spätestens 2006 die sehr wahrscheinlich krebserregende Chemikalie PFT ins Trinkwasser durchgeschlagen ist. Die Wasserwerke an der Ruhr mussten mit hohem Aufwand und enormen Kosten mit Aktivkohle-Filtern aufgerüstet werden. Mit PFT-haltigen „Bodenhilfsstoffen“ waren u.a. auch Weihnachtsbaumflächen in Bestwig „gedüngt“ worden.

Was bekommen die kleinen Grünen alles ab in ihrem kurzen Leben? Von unten PFT, von oben Round Up und weiß der Himmel was sonst noch alles!? Kann diese Mixtour ohne unangenehme Folgen bleiben?

„No Tännchen, Please!“
Bei uns erfolgt jedenfalls etwas, nämlich die Verweigerung. Seit dem Jahr in dem die erste Folge des „PFT-Krimis“ lief, sag ich mir immer wieder zur Weihnachtszeit:

„No Tännchen, Please!”

(Und was den PFT-Film anbelangt, da folgt im Januar eine neue Folge mit dem Titel: „Prozessbeginn“!)

Weihnachtsbaumkulturen: Giftspritzen im Sauerland

Weihnachtsbaumkultur am Kreuzberg (foto: zoom)
Weihnachtsbaumkultur am Kreuzberg in Winterberg (archivfoto: zoom)

Endlich regen sich die Zeitungen, die Menschen und die Gemüter! Der Grund der Aufregung: Gift in unserer Nachbarschaft, genauer gesagt um Gift in Weihnachtsbaum- (un)kulturen. (update: http://www.giftfreies-sauerland.de/)

Wir werden jetzt wiederholt konfrontiert mit solchen Horrorschlagzeilen wie:

„Angst vor Gift auf Christbäumen“ und „Angst vor Chemiekeule im Sauerland“.

Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) geht diesem Thema nun schon seit 5 Jahren, seit dem Entstehen ihrer Wählergemeinschaft nach. 2006 wurden wir alle mit der Formel „PFT“ konfrontiert.

Perfluorierte Tenside „PFT“ sind hochtoxische Stoffe, die u.a. im Raum Bestwig auf die Weihnachtsbaumäcker aufgebracht wurden. Als Folge sind Böden, Fluss-, Grund- und Trinkwasser verseucht. Die Wasserwerke im Einzugsbereich der Ruhr reagierten nach und nach auf das Problem mit dem Einbau von entsprechenden Spezialfiltern (Aktivkohlefilter).

Im Oktober 2009 unternahm die SBL zusammen mit einem „Insider“ einen Spaziergang über die öden PFT-„gedüngten“ und „anderweitig behandelten“ Monokulturen in und um Bestwig.

Wir wunderten uns damals nicht nur über den traurigen Zustand der Böden, sondern auch darüber, dass sich augenscheinlich nur wenige Bürgerinnen und Bürger gegen die Spritz- und „Dünge“-Gewohnheiten der Weihnachtsbaumproduzenten zur Wehr setzten. Hier unser in die Jahre gekommener und doch noch aktueller Bericht:

http://sbl-fraktion.de/?p=440

PFT ist nur ein Problem von vielen. Sogenannte „Pflanzenschutzmittel“ wie „Round up“ tragen ganz legal zur Ruinierung unserer Umwelt und wahrscheinlich auch unserer Gesundheit bei. Wie wir lesen und hören und manchmal zufällig sogar selbst beobachten können, wird das Zeug anscheinend hemmungslos auf Weihnachtsbaumflächen gepulvert. Wir Sauerländer werden quasi damit eingenebelt (zum Wohle der Tannenbaumproduzenten und deren zum Teil weit entfernt lebender Kundschaft). „Nein, danke! Mir kommt kein Weihnachtsbaum mehr ins Haus, egal wie gerade und makellos er gewachsen ist!“ Der Christbaum ist für mich ein Symbol für Umweltsünden!

Die vielen Presseartikel und Leserbriefe der letzten Tage sagen mir: Es gibt etwas Hoffnung!

Hier als Beispiel die Zuschrift von Herrn Nieder, der einen weiteren Aspekt des Dilemmas beleuchtet:

„Giftspritzerei im Focus der Öffentlichkeit

Es ist für mich als Bürger der Gemeinde Bestwig sehr erfreulich zu sehen, daß der großflächige Weihnachtsbaumanbau mit seiner Giftspritzerei nun in den Focus der Öffentlichkeit kommt. Mit Brief vom 10. Mai 2011 an unseren obersten Bürgervertreter, Herrn Péus, habe ich explizit unter Angabe zweier Studien auf die Roundup (Glyphosat)-Problematik hingewiesen (u.a. Krebsgefahr, Kreuzresistenzen, Verseuchung des Trinkwassers). Bis zum heutigen Tage habe ich von ihm keine Antwort erhalten.

Daher schrieb ich in einem zweiten Versuch ähnliches an den Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Gemeinderat, Herrn Gerold. In seiner Antwort versuchte er auf arrogante Art und Weise die bekannte Unterschriftenaktion mit „lediglich“ (O-Ton) 136 Unterschriften herunterzuspielen. Weiterhin wäre er hinsichtlich der Spritzthematik kein Biologe und kein Chemiker und das sei eher die Aufgabe von Fachleuten. Ich bin weder das eine noch das andere, dennoch war es mir mit Engagement und Interesse möglich, mich vertieft in das mir fremde Gebiet einzuarbeiten. Das sollten schnellstens auch diejenigen tun, die meinungsbildend in der Politik tätig sind.

Meines Erachtens ist für die heutigen erschreckenden Zustände die Verflechtung von Politik und Wirtschaft mitverantwortlich. Weshalb befinden sich unter den Parteikollegen der oben genannten Personen bzw. unter den Gemeinderatsmitgliedern einige der am Weihnachtsbaumgeschäft Beteiligten (sei es als Anbauer oder als Verpächter)? Davon können auch die eventartigen Politikaktionen (ständige Medienpräsenz, Parteiwerbeblättchen) nicht ablenken, denn das berechtigte Bürgerinteresse auf eine gesundheitlich unbedenkliche Umwelt hört in Bestwig anscheinend dort auf, wo die finanziellen Einzelinteressen anderer beginnen.“

In der Ausgabe der WR vom 18.10.2011 geht eine Leserin aus Meschede auf die hohe Krebsrate im Raum Bestwig ein. In der Tannenbaum-Hochburg Heringhausen sei inzwischen in jedem Haus mindestens ein Bewohner an Krebs erkrankt. Außerdem weist sie darauf hin, dass wir das Problem „Gift“ exportieren und beendet ihren Leserbrief mit dem Hinweis: „In diesem Zusammenhang weise ich den Einsatz von überwiegenden polnischen Arbeitskräften hin, die diese Gifteinsätze durchführen und durch die Kontaminierung hohe Krebsraten aufweisen“.

Update: http://www.giftfreies-sauerland.de/