Der Zauberwürfel war für mich in den 80ern eine Randerscheinung, aber heute hübsch zu fotografieren. (foto: zoom)
Vorgestern Abend wurde die neue Sonderausstellung „Ab in die 80er!“ eröffnet und seit gestern Morgen ist sie bis zum 6. September 2020 im Stadtmuseum am Ständeplatz 16 in Kassel zu besichtigen.
Wie der Zufall es wollte, waren wir um Punkt zehn an der Kasse, entrichteten jeder unsere vier Euro und betraten die 80er Jahre, die mit den Schlagworten „Zauberwürfel, Schwarzwaldklinik, Walkman, Schweißbänder, Discoroller, Vokuhila!“ beworben werden.
BMX, Skateboard und Discoroller (foto: zoom)
Mich hätten weder Schwarzwaldklinik noch Schweißbänder in das Stadtmuseum gelockt. Meine spontanen Assoziationen zu den 80ern sind:
Anti-AKW- und Friedensbewegung, Volkszählungsboykott, Frauenbewegung, NDW und Punk, Stadtteil-Initiativen und Internat-Feste, Wohngemeinschaften, Kohl, Reagan, Gorbatschow und am Ende der Mauerfall.
Protest gegen die geplante Wiederaufbereitungsanlage in Frankenberg. (foto: zoom)
Ohne eine starke Protestbewegung wäre die geplante atomare Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Frankenberg unweit von Winterberg gebaut worden.
Auch zu den anderen politischen Stichworten gibt es in der Ausstellung eine Vielzahl von Exponaten (u. a. Archiv der Frauenbewegung, Denkmal für die Deserteure, Kasseler Rüstungsindustrie …). Ich hatte jedenfalls jede Menge „Déjà vu“. Schaut es euch selbst an.
Und dann gingen die 80er mit einem Paukenschlag, dem Fall der Mauer, zu Ende.
Kassel empfängt die ostdeutschen Brüder und Schwestern mit Bananen. (foto: zoom)
Öffnungszeiten
Montag geschlossen
Dienstag 10 bis 17 Uhr
Mittwoch 10 bis 20 Uhr
Donnerstag 10 bis 17 Uhr
Freitag 10 bis 17 Uhr
Samstag 10 bis 17 Uhr
Sonntag 10 bis 17 Uhr
Eintritt
Erwachsene 4 Euro
ermäßigt* 3 Euro
freier Eintritt Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, Mitglieder des Vereins Freunde des Stadtmuseums Kassel e.V., Mitglieder des Bundesverbandes der Gästeführer Deutschlands, Inhaber von ICOM-Karte, Museumsbund-Karte, Kulturticket und MeineCard+
Gruppen ab 10 Personen 3 Euro pro Person
Schwerbehinderte 2 Euro pro Person – gilt für Gruppen ab vier Personen für Schwerbehinderte und ihre Begleitpersonen
* Ermäßigten Eintritt erhalten Studierende, Auszubildende, Freiwillige Wehrdienstleistende, Bundesfreiwilligendienstleistende, Inhaber der Service-Card, der NVV-Jahreskarte oder der Ehrenamtskarte, Rentnerinnen und Renter, Sozialhilfeempfangende, Schwerbehinderte und Arbeitslose
Oversum Winterberg: Vorne das Dach des Hallenbads, im Hintergrund das Hotel (foto: zoom)
Die jetzige Woche ist ein Zeitfresser. Darum bleibt mir trotz vieler spannender politischer Entwicklungen nicht viel Zeit fürs Bloggen.
Ein Bild des „Oversum“ in Winterberg, ein paar Zeilen und fertig. Gestern war ich nach der Arbeit noch kurz im Winterberger Schwimmbad.
Während ich meine Bahnen zog, konnte ich aus dem großen Fenster des Schwimmbads sehen, wie das Abendlicht den Dumel rot-gelb aufflammen ließ.
Leider konnte ich aus dem Wasser heraus nicht fotografieren, also schneller schwimmen, noch schneller abtrocknen und draußen gerade noch sehen, wie der Dumel in der grauen Abenddämmerung erloschen war.
Fotografen-Pech.
Ein paar Lichtstrahlen fielen noch auf die Metallmäntel der Schwimmbad-Schornsteine.
Knips!
Dann wurde es dunkel.
Eure Prognose für Thüringen?
Die bürgerliche Mitte wird durch die Linkspartei und Bodo Ramelow repräsentiert. Kein Witz. Die SPD ist nahezu implodiert, Grüne und FDP marginal. Der CDU könnte das Schicksal der SPD drohen. Die AfD ist eine Bedrohung für die Demokratie. Der unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehende Flügel mit dem West-Import Björn Höcke an der Spitze, hat fast ein Viertel der Stimmen erhalten.
Der Spiegel (abfotografiert von nadja thelen-khoder)
Heute vor 57 Jahren besetzte die Polizei die Redaktion des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ und verhaftete mehrere Redakteure. Der Herausgeber Rudolf Augstein stellte sich am nächsten Tag der Polizei und blieb für 103 Tage in Untersuchungshaft, Conrad Ahlers wurde als stellvertretender Chefredakteur auf einen Anruf des damaligen Bundesverteidigungsministers Franz-Josef Strauß im Spanien Francos verhaftet.
„Dieses Vorgehen ,etwas außerhalb der Legalität’ – so Bundesinnenminister Hermann Höcherl – führt zu einer schweren Regierungskrise“ (1), zumal der Herr Minister auch noch das Parlament belog und behauptete, mit der Verhaftung „nichts, im buchstäblichen Sinne nichts“ zu tun gehabt zu haben (a.a.O.).
Ausgelöst wurde dieser „massive Eingriff in die Pressefreiheit“ (a.a.O.) durch eine Anzeige wegen „Landesverrats“ von Friedrich August Freiherr von der Heydte (2), und ich kann nur immer wieder meiner Verwunderung darüber Ausdruck verleihen. Wie ist es nur möglich, daß so viele Menschen diesen Riesen nicht kennen? Von der Staatsaffäre, die wir „Spiegelaffäre“ zu nennen gewohnt sind, ist so manches Mal die Rede, aber von dem „General-Anzeiger“ (3) fast nie (auch in dem oben zitierten Artikel nicht).
Als vor vier Jahren gegen André Meister und Markus Beckedahl von „Netzpolitik.org“ ebenfalls der Vorwurf des „Landesverrats“ erhoben wurde, schrieb Gerhard Baum: „Dieser Vorwurf ist angesichts der veröffentlichten Tatsachen absurd. Netzpolitik.org bemüht sich um Aufklärung von möglicherweise gesetz- und verfassungswidrigen Praktiken der Nachrichtendienste. Das Ziel ist die öffentliche Diskussion“ (4).
Und um die geht es mir hier auch. Wie kommt es, daß so selten von Friedrich August Freiherr von der Heydte und seinen zahlreichen Aktivitäten gesprochen wird?
Orden und ihre Bedeutung …
In seinen Lebenserinnerungen schreibt der Freiherr: „Die ganze ,Spiegel-Affäre’ zeigte, daß in der Bundesrepublik das militärische Geheimnis keinen allzu großen Wert hatte – ein Faktum, das spätere Verfahren wegen Spionage oder sonstiger Geheimnisverletzungen nur bestätigen. Manchmal schien es, als sei das deutsche Volk für die Wahrung eines Geheimnisses noch nicht reif genug …“ (5). Mir scheint es vielmehr, als schleppten sich manche Geheimnisse „von Geschlechte zu Geschlechte wie eine ew’ge Krankheit fort“ (aus Goethes „Faust“).
So kennen auch viele das „Centro Europeo de Documentación e Información (CEDI)“(6) nicht, obwohl sich bei jährlichen Kongressen, vorzugsweise im „Escorial“ und im „Vaille de los Caídos“ (7), dort hoch- und höchstrangige Vertreter vieler Staaten [Militärs, Politiker, Verleger, Bankiers und Staatsoberhäupter wie Franco, Juan Carlos, Otto von Habsburg, Salazar und eben Friedrich August Freiherr von der Heydte (8) und sein Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß] versammelten.
„20 años/années/years/Jahre C.E.D.I.“ heißt die Festschrift von Georg von Gaupp-Berghausen, die 1971 in Madrid erschien und mit ihren zahlreichen Photos die intensive Zusammenarbeit höchster bundesdeutscher Politiker und Militärs mit Spanien „unter Franco“ im wahrsten Sinne des Wortes veranschaulicht (9).
Er war begeistert von Dr. Gerhard Krolls „Grundlagen abendländischer Erneuerung. Das Manifest der Abendländischen Aktion“ (München 1951) und schrieb am 19.10.1953 an den spanischen Außenminister Martín Artajo: „España es la conciencia católica de Europa” [„Spanien ist das katholische Gewissen Europas” (8)].
Das Landgerichts in Würzburg urteilte (zu 3/14 über ihn) am 20.1.1965: „Zweifellos werden derartige von der Abendländischen Aktion vertretene Gedankengänge gefährlich, wenn sie von Menschen in Besitz genommen werden, die … durch Sturz der bestehenden Ordnung ihr Gedankengut verwirklichen wollen“ (10).
(5) Friedrich August Freiherr von der Heydte: „ ,Muß ich sterben, will ich fallen…’.Ein ,Zeitzeuge’ erinnert sich“, Berg am See 1987 (Vowinckel), S. 212
„Ich freue mich, dass wir mit Rainer Wendt einen der profiliertesten Köpfe zum Thema Sicherheitspolitik in Deutschland für unsere Podiumsdiskussion gewinnen konnten und hoffe auf zahlreiche Gäste und Diskussionsteilnehmer! Es wird spannend.“
„Der heimische Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg und der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizei Gewerkschaft Rainer Wendt diskutieren am Mittwoch, den 30. Oktober 2019 um 19:00 Uhr im Briloner Pfarrheim über Fragen der Inneren Sicherheit in Deutschland und vor Ort im Sauerland. Ebenfalls auf dem Podium werden Polizeidirektor Klaus Bunse von der Kreispolizeibehörde Hochsauerland und Eberhard Fisch, Direktor des Amtsgerichts Brilon und Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Brilon, mit diskutieren. Die Veranstaltung ist öffentlich und wird vom CDU-Stadtverband Brilon organisiert.“
Ich finde es sehr eigentümlich, dass sich der CDU-Abgeordnete mit dem, vorsichtig formuliert, umstrittenen sogenannten Gewerkschaftsführer Wendt profilieren will, es sei denn er will sich wieder einmal am rechten Saum positionieren.
Über Wendt ist bei Wikipedia u. a. Folgendes zu lesen:
„Kein anderer deutscher Arbeitnehmerführer steht so weit rechts wie CDU-Mitglied Wendt.“
„Im März 2017 berichtete Report München über Wendts jahrelange Weiterbesoldung als Polizeihauptkommissar ohne Ausübung dieser Tätigkeit. In einem ersten Interview hatte er dies zunächst explizit verneint, gab dann aber in einem zweiten Interview zu, „nicht die ganze Wahrheit“ gesagt zu haben; angeblich, um NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) zu schützen. Kurz nach den Interviews beantragte Wendt seine vorzeitige Pensionierung aus dem Polizeidienst.“
„Eine interne Ermittlung des Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen kam 2018 zu dem Schluss, dass Wendts Besoldung unrechtmäßig war. Auch dass Wendt 2008 in einer Beurteilung des Polizeipräsidenten Mönchengladbach mit Bestnote beurteilt wurde, obwohl er zur fraglichen Zeit überhaupt keinen Dienst verrichtet hatte, sei genauso rechtswidrig, wie seine Beförderung „auf eine neu geschaffene Stelle der höheren Besoldungsgruppe A12 beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste“ im Jahr 2010, die klar gegen den „Grundsatz der Besten-Auslese“ verstoßen habe.“
„Report München berichtete außerdem über eine jährliche Aufwandsentschädigung von 50.000 Euro als Aufsichtsratsmitglied des Versicherungskonzerns AXA, die Wendt als Beamter nicht wie vorgeschrieben als Nebentätigkeit angezeigt hatte. Dies sei nur für die Geschäftsführung bei der DPolG-Service-Gesellschaft geschehen. Daraufhin leitete das Land Nordrhein-Westfalen ein Disziplinarverfahren ein. Laut Spiegel Online erhielt Wendt insgesamt 77.721,13 Euro für fünf verschiedene Gremienposten, ohne diese angegeben zu haben. Zusammen mit seinem Beamtensold von 3.348,68 Euro und 520 Euro Aufwandsentschädigung der DPolG, jeweils im Monat, ergäben sich somit Jahresbruttobezüge von 124.145,29 Euro.“
Weitere „Großtaten“ des Rechtsauslegers kann man in ausreichendem Maße hier nachlesen:
Cool Germania? – Willy Brandt und die alte SPD. (foto: zoom)
Es ist schon ein Ritual. Wenn ich in Lübeck bin, gehe ich ins Willy-Brandt-Haus.
Mit „Mehr Demokratie wagen“, hüllt mich zuerst eine wohlige Sentimentalität ein, bevor ich mir die Ausstellung genauer anschaue. Das Willy-Brandt-Haus begleitet mich immerhin schon über neun Jahre. Hier der erste Blogeintrag:
Heute wirkt die Präsentation sehr angestaubt, in die Jahre gekommen, und ich habe mich gefragt, woran es liegen könnte.
Ein Gedanke: das antifaschistische Denken und Handeln von Brandt, die Flucht und das Exil in Norwegen und Schweden, müssten mit der heutigen Zeit verknüpft und nicht als Verpuppungsstadium gesehen werden, aus dem er schließlich zum bundesdeutsche SPD-Politiker und Bundeskanzler, von radikalen sozialistischen Idealen geläutert, schlüpfte.
Ein zweiter Gedanke: mögliche Traditionsbrüche zwischen Frahm/Brandt und der Sozialdemokratie sollten offen gelegt werden.
Ein dritter Gedanke: die Widersprüche des Menschen Brandt müssen tiefgründiger nachgezeichnet werden.
Soweit erst einmal.
Willy Brand 1970 am Fenster in Erfurt – an der Wand in Lübeck (foto: zoom)
Klaus Beuermann hatte 1974 hier im Blog 2013 das kommende Ende von Brandt dokumentiert, mit dem Spion Günter Guillaume im Hintergrund.
Die Freien Wähler vor der Thomasbirne am Phönix-See in Dortmund-Hörde v.l. Marianne Beumer (BFH), Sebastian Vielhaber (FWG Wtb), Christa Hudyma (FWG MB), Gudrun Koch (BFH), Heinrich Kräling (FWG Wtb) (foto: FW)
Die Wählergemeinschaften Bürger für Hallenberg sowie Freie Wähler aus Medebach und Winterberg haben sich am Samstag, dem 19.10.2019, in der Geschäftsstelle des Landesverbandes Freie Wähler NRW in Dortmund zu ihrer 2. Klausurtagung getroffen, um u.a. am Seminar/Workshop „Wahlkampf 2020“ teilzunehmen.
(Pressemitteilung der FW)
Ein besonderer Highlight dieser Klausurtagung war, dass sich die Bürger für Hallenberg an diesem Tag auch dem Landesverband der Freie Wähler NRW angeschlossen haben.
Im Anschluss an die Klausurtagung besichtigten die Teilnehmer den Phönix See, der ein künstlich angelegter See auf dem ehemaligen Stahlwerksareal „Phönix-Ost“ im Dortmunder Stadtteil Hörde ist.
Foto v.l.: Lena Neumann, Lisa Brom, Michael Klaucke, Jennifer Stadler, Stefan Scharfenbaum, Bastian Grunwald (foto: gruene brilon)
Brilon/Meschede. Am 10. Oktober 2019 hat sich der Ortsverband Brilon von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN gegründet.
Unterstützt von Kreisgeschäftsführer Jörg Rostek und den Kreissprecher*innen Susanne Ulmke und Stefan Schütte verabschiedeten die Mitglieder eine Satzung und wählten zwei Sprecher*innen, eine Kassiererin und zwei Beisitzende in den neuen Vorstand des Ortsverbandes.
Der Vorstand besteht aus sechs stimmberechtigten Mitgliedern, die für zwei Jahre gewählt sind. „Wir freuen uns grüne Politik auf kommunaler Ebene voranzubringen“ meint Lena Neumann, die frischgewählte Sprecherin des Ortsverbandes.
„Gerade in Orten wie Brilon wollen wir auch junge Menschen von einer grünen Politk überzeugen. Wenn nicht jetzt, wann dann?“ergänzt Sprecher Bastian Grunwald .
Kassiererin ist Lisa Brom. Beisitzer sind Michael Klaucke und Stefan Scharfenbaum. Jennifer Stadler ist für die GRÜNE Jugend Brilon im Vorstand aktiv.
Blick aus dem Fenster – zum Ende des Regenbogens (foto: zoom)
Der letzte Dreck: Marit Hofmann über den Film »Deutschstunde« von Christian Schwochow … konkret
Mimmi-ism: Medienschicksal, Binge-Watching und der Überdruß am Serienglück … endoplast
Franziskus: Glocken läuten am 4.10. für den christlich-islamischen Dialog … scilogs
Dat Gulden Bild Onser Vrouwen: unmittelbare Begegnung mit einer Schnittstelle von christlichem Orient und Okzident als Inbegriff der ottonischen Herrschaftskultur … paralipomena
Datenschutz: Extinction Rebellion nimmt umstrittenen Fragebogen vom Netz … netzpolitik
„Katarstrophale Katarstimmung“ oder: Bloß nicht auch noch eine Fußball-WM im Wüstenstaat! … revierpassagen
Sehet: Ein Mensch! Klick führt zur Rede auf Youtube. (screenshot: Nadja Thelen-Khoder)(Abschrift der Übersetzung des Videos auf You Tube mit kleinsten Veränderungen
von Nadja Thelen-Khoder)
„Das ist alles falsch. Ich sollte nicht hier sein. Ich sollte auf der anderen Seite des Ozeans wieder in der Schule sein. Doch Ihr sucht Hoffnung bei uns Jugendlichen. Wie könnt Ihr es wagen? Ihr habt meine Träume gestohlen und meine Kindheit mit Euren leeren Worten. Und dabei bin ich noch eine der Glücklichen.
Die Menschen leiden, sie sterben, ganze Ökosysteme brechen zusammen. Wir stehen am Beginn eines Massensterbens – und alles, worüber Ihr sprechen könnt, sind Geld und Märchen von ewigem Wirtschaftswachstum. Wie könnt Ihr es wagen?
Die Wissenschaft ist seit mehr als 30 Jahren glasklar. Wie könnt Ihr es wagen wegzuschauen und jetzt hier zu sagen, daß Ihr genug tut, wenn die notwendige Politik und Lösungen noch immer nicht in Sicht sind?
Ihr sagt, daß Ihr uns hört und die Dringlichkeit versteht. Aber egal, wie traurig und wütend ich bin – ich will das nicht glauben. Denn wenn Ihr die Situation wirklich verstehen und trotzdem weiter nicht handeln würdet, dann wäret Ihr böse – und das will ich nicht glauben!
Die beliebte Idee, unsere Emissionen in zehn Jahren zu halbieren, gibt uns nur eine 50%ige Chance, unter 1,5 Grad zu bleiben – und das Risiko, irreversible Kettenreaktionen auszulösen, die sich der Kontrolle des Menschen entziehen.
50% mögen für Euch akzeptabel sein, aber diese Zahlen enthalten keine Kipp-Punkte, kaum Feedback-Schleifen, nicht die zusätzliche Erwärmung versteckt durch giftige Luftverschmutzung und auch nicht Aspekte wie Fairness und Klimagerechtigkeit.
Ihr verlaßt Euch außerdem darauf, daß meine Generation mit Technologien, die es kaum gibt, Hunderte von Milliarden Tonnen CO2 aus der Luft saugt. Deshalb sind 50% einfach nicht akzeptabel – für uns, die mit den Folgen leben müssen!
Um eine 67%ige Chance zu haben, unter einem globalen Temperaturanstieg von 1,5 Grad zu bleiben, hatte die Welt laut Weltklimarat am 1. Januar 2018 im besten Fall noch 420 Giga-Tonnen CO2 über, die sie noch ausstoßen kann. Heute liegt diese Zahl unter 350 Giga-Tonnen. Wie könnt Ihr es wagen, so zu tun, als ob dies mit Mitteln wie bisher und einigen technischen Lösungen gelöst werden kann?
Bei den heuitigen Emissionswerten wird das verbleibende CO2-Budget in weniger als 8,5 Jahren vollständig aufgebraucht sein. Es werden heute keine Lösungen oder Pläne entsprechend dieser Zahlen vorgestellt, weil diese Zahlen zu unangenehm sind und Ihr noch nicht reif genug seid, um zu sagen, wie es ist. Ihr versagt vor uns.
Aber junge Leute fangen an, Euren Verrat zu sehen. Die Augen aller künftigen Generationen sind auf Euch gerichtet. Und wenn Ihr uns im Stich lasst, werden wir Euch niemals vergeben.
Damit werdet Ihr nicht durchkommen. Genau hier, genau jetzt ziehen wir die Grenze. Die Welt erwacht, und es kommt eine Veränderung, ob Ihr es wollt oder nicht. Danke!“
Ab 13 Uhr wurde es heute jung, bunt und politisch in Brilon (foto: zoom)
1.400.000 Menschen sollen heute weltweit am Freitag für die Zukunft, Fridays for Future, gestreikt und demonstriert haben. 140 überwiegend junge Leute haben sich um 13 Uhr auf dem Marktplatz in Brilon versammelt. Wieviel Prozent das sind, das wird ab sofort mit spitzer Mine berechnet.
Als ich heute nach Brilon fuhr, hatte ich Bedenken, allein oder nur mit einer handvoll Aktivisten vor dem Rathaus zu stehen.
Seit 11 Uhr saß dort schon Gernot Hattig auf seinem Klappstuhl, ein paar ältere Mitstreiter um sich gescharrt. Von Demo und Klimastreik keine Spur. Alte Leute und Zukunft?
Aber sicher doch! Im Gespräch an Tisch und Klappstuhl habe ich erfahren, wie das alles anfing in Brilon. Die Senioren sind Teilnehmer eines Arbeitskreises des Briloner Mosaiks. Das Mosaik ist ein Projekt der evangelischen Kirchengemeinde. Im Gesprächskreis „Gott und die Welt“ sind die Teilnehmer auf die Idee gekommen, dass man sich neben Gott eben auch um die Welt kümmern müsse. Und so ist wohl die Idee entstanden, sich als Keimzelle der Briloner Klimaschutzbewegung am Tag des weltweiten Fridays for Future als Mini-Demo auf den Marktplatz zu setzen.
Die Idee wurde in Brilon gestreut und die Senioren entflammten ein paar Jugendliche und junge Erwachsene. So wurde aus der Klappstuhl-Demo das bunte Briloner „Fridays for Future“ Event.
Während in anderen Städten Zehntausende auf die Straße gingen, waren die Briloner Organisatoren mit der wesentlich kleineren Menge vollkommen zufrieden.
Eigentlich, so Bastian Grunwald, habe er nur mit maximal 15 Leuten gerechnet. Die Vorbereitung wäre kurzfristig und spontan gewesen, und heute sei noch eine 0 hinter die 15 gekommen.
Die jungen Demonstrantinnen sind sichtlich engagiert. (foto: zoom)
Als ich um halb drei den Marktplatz verließ, hatte ich viele Gespräche geführt und die Hoffnung mitgenommen, dass sich aus der Keimzelle in Brilon doch noch mehr entwickelt.
„Was solle man tun?“, wurde vor kurzem Greta Thunberg gefragt. Sich informieren, lautete sinngemäß die Antwort.
Klima und Wirtschaft – auf der Suche nach dem Zusammenhang. (foto: zoom)
Noch während die kleine Kundgebung in Brilon lief, tickerten die ersten Nachrichten über das (Breaking News) heute beschlossene Klimapaket der Bundesregierung auf die Smartphones.
„Daumen runter“ waren die ersten Reaktionen in den sozialen Netzwerken. Ich werde mich jetzt erst einmal informieren, ob da mehr beschlossen wurde als die Erhöhung der Pendlerpauschale.
Wenn nicht, muss es wohl weitergehen mit den Klimastreiks, auch in Brilon.
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