Rund ein Drittel der Beschäftigten in NRW erhielten 2014 kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld

Düsseldorf (IT.NRW). Mehr als ein Drittel der 7,5 Millionen Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen bekamen im Jahr 2014 keinerlei Sonderzahlungen oder sonstige Bezüge wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Prämien oder Ähnliches.

Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als amtliche Statistikstelle des Landes anhand von Ergebnissen der Verdienststrukturerhebung 2014 mitteilt, erhielten die anderen zwei Drittel Jahressonderzahlungen in Höhe von durchschnittlich 4 001 Euro.

Bei der Differenzierung der Empfänger von Sonderzahlungen nach Geschlecht zeigt sich, dass diese Zahlungen bei weiblichen Beschäftigten mit 2 671 Euro etwa halb so hoch waren wie die ihrer männlichen Kollegen (5 114 Euro).

Diese Differenz kommt vor allem dadurch zustande, dass überdurchschnittlich hohe Sonderzahlungen (4 000 Euro und mehr) vor allem an männliche Beschäftigte flossen. Während rund 14 Prozent der weiblichen Beschäftigten sonstige Bezüge in dieser Höhe erhielten, waren es etwa 36 Prozent der Männer.

Allerdings gab es auch am anderen Ende der Skala Unterschiede: Während etwa 51 Prozent der Frauen Sonderzahlungen von weniger als 2 000 Euro erhielten, traf dies auf rund 34 Prozent der Männer zu.

Umleitung: Neun Links von Public History über „Fake News“ bis zur Kino-Ödnis in Dortmund

Kürzlich im Kölner Hafen. Der Kapitän will einen Ausflug machen. (foto: zoom)

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Klage des Vereins Sauerländer Bürgerliste (SBL) gegen die Sperrklausel

Münster. (pm_verfgh) Die Klage des Vereins Sauerländer Bürgerliste (SBL) gegen die Sperrklausel bei Kommunalwahlen ist beim Verfassungsgerichtshof NRW eingegangen.

In der Pressemeldung des Verfassungsgerichtshofs heißt es:

Die Sauerländer Bürgerliste e. V., eine kommunale Wählervereinigung aus dem Hochsauerlandkreis, hat am 10. Dezember 2016 ein Organstreitverfahren gegen den Landtag eingeleitet, mit dem sie sich gegen die Einführung einer 2,5 %-Sperrklausel für Kommunalwahlen wendet.

Der Landtag hat am 10. Juni 2016 das Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen und wahlrechtlicher Vorschriften (Kommunalvertretungsstärkungsgesetz) beschlossen. Es sieht eine Änderung der Landesverfassung vor, in deren Art. 78 Abs. 1 Satz 3 für die Wahlen der Räte der Gemeinden, der Bezirksvertretungen, der Kreistage und der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr eine 2,5 %-Sperrklausel festgeschrieben wird. Zudem wird das Kommunalwahlgesetz entsprechend geändert. Das Kommunalvertretungsstärkungsgesetz ist am 30. Juni 2016 verkündet worden (GVBl. NRW. S. 442) und am folgenden Tag in Kraft getreten.

Die Antragstellerin sieht sich hierdurch in ihrem Recht auf Chancengleichheit und auf Gleichheit der Wahl aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes sowie Art. 1 Abs. 1, Art. 2 der Landesverfassung verletzt. Die Sperrklausel bewirke eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Erfolgswertes der für einzelne Parteien und Wählergruppen abgegebenen Wählerstimmen. Stimmen für Kandidaten einer Liste, die an der Sperrklausel scheitere, hätten keinen Erfolgswert, weil dieser Liste kein Sitz zugeteilt werde, obwohl ihr rechnerisch ein Sitz oder mehrere Sitze zustünden. Erschwerend komme hinzu, dass sich die Sperrklausel bereits im Vorfeld der Sitzverteilung nachteilig auf kleinere Parteien und Wählergruppen auswirke, weil viele Wähler wegen der vermeintlichen Chancenlosigkeit solcher Parteien und Wählergruppen davon absähen, für diese zu stimmen. Diese Beeinträchtigungen der Wahlrechts- und Chancengleicheit seien verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere gebe es trotz der Abschaffung der früheren kommunalwahlrechtlichen Sperrklausel in Nordrhein-Westfalen keine belegbaren Hinweise auf drohende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kommunalvertretungen infolge einer „Parteizersplitterung“.

Der Verfassungsgerichtshof hatte im Jahr 1999 entschieden, dass die damals im Kommunalwahlgesetz geregelte 5 %-Sperrklausel mit der Landesverfassung nicht vereinbar war (Urteil vom 6. Juli 1999 – VerfGH 14/98, 15/98 –).

Gegen die aktuelle 2,5 %-Sperrklausel sind bereits von NPD, Piratenpartei und der Partei „Volksabstimmung“ eingeleitete Organstreitverfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig (Aktenzeichen: VerfGH 9/16, 11/16 und 13/16, Pressemitteilungen vom 4. August, 13. Oktober und 7. Dezember 2016).

Die Klage hat das Aktenzeichen VerfGH 14/16.

Quelle: http://www.vgh.nrw.de/pressemitteilungen/14_161215/index.php

+++ Wir und Heute – Für Römer +++

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Video-Link: https://youtube.com/watch?v=_RbvNMB_7EY

Martin Kaysh verteidigt in der neuen Folge von „Wir und Heute“ den SPD-Fraktionsvorsitzenden im NRW-Landtag Norbert Römer.

Und zwar leidenschaftlich: Dieser sitzt immerhin für die IGBCE in den Aufsichtsräten und da ist es doch super, dass Römer nebenher Geld kriegt – meint Martin. Alles andere sei aufgebauschte Suppe. Martin sagt, er rechnet fest damit, dass Norbert Römer das Geld aus den Aufsichtsräten an die IGBCE weitergibt, so wie es abgemacht ist.

Die Gewerkschaft macht damit sicher was Gutes. David sagt, das wird überprüft. Ansonsten geht es diesmal um Angst, die AfD und den Pannekopp-Orden. Wir sammeln nämlich Vorschläge. Immer her damit.

Es unterhalten sich Martin Kaysh, der den Geierabend in Dortmund als Steiger präsentiert, und David Schraven, der Leiter von CORRECTIV.

Nebeneinkünfte im Landtag NRW: Die Problemfälle

Immer wieder kommt es zu Interessenkonflikten. Oft werden diese nicht offengelegt. Trotz Transparenzrichtlinien.


Illustration: Charlotte Hintzmann (charlotte-hintzmann.de[1])
Lobbyismus und Politik sind tief und eng miteinander verbunden. Es geht um Macht und Einfluss. Die gesetzlichen Regeln schreiben in NRW vor, dass die Abgeordneten die meisten Nebeneinkünfte veröffentlichen müssen. Das tun sie. Aber zu oft ziehen sie keine Konsequenzen aus den offengelegten Interessenkonflikten.

Von Bastian Schlange und David Schraven (correctiv.ruhr)

Die Regel sagt, dass es auf Transparenz ankommt. Wer gibt wem Geld? Erst im vergangenen Monat kam der Skandal um die käuflichen Ministergespräche der NRW-SPD ans Licht – und sorgte für Aufregung. Der Fall erinnerte stark an die Diskussion um käufliche Treffen mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) kurz vor der NRW-Landtagswahl im Jahr 2010.

Doch selbst wenn Transparenz herrscht, gibt es immer noch Interessenkonflikte, die nicht einfach erledigt sind, wenn sie offen gelegt werden. Das Konfliktpotenzial bleibt. So dokumentiert eine Recherche von CORRECTIV.RUHR in den Abgeordnetenprofilen, wie weit der Einfluss von Banken, der Kohleindustrie und der Sparkassen in den NRW-Landtag reicht. Ausgewertet wurden die zusätzlichen Tätigkeiten. Wird von einem Abgeordneten sein erlernter Beruf oder sein Geschäft parallel zum Mandat weiter ausgeübt bzw. geführt, floss das nicht in die Auswertung ein.

Römer im Zeichen der Kohleindustrie

Der vermutlich größte Fall ist der von Norbert Römer, dem Fraktionsvorsitzender der SPD. Neben seinen Landtagsbezügen verdiente er im Jahr 2015 über 60.000 Euro hinzu. In der ersten Hälfte 2016 waren dies bereits über 85.000 Euro – wobei jeder Abgeordnete noch bis Anfang des Folgejahres für das vergangene Einkünfte nachtragen kann; heißt, die Summe wird weiter steigen. Römer teilte uns mit, dass er seine gesamten Einnahmen gemäß der Auflagen für Abgeordnete veröffentliche und die Einkünfte ordnungsgemäß versteuere.

Interessant wird es, genauer zu schauen, woher das Geld in Römers Tasche fließt. Neben den rund 11.000 Euro von der landeseigenen NRW.Bank erhält er rund 9.000 Euro vom BvB, dessen Hauptsponsor ist der Konzern Evonik. Evonik selber ist wiederum die wichtigste Tochter der RAG-Stiftung, die den Auslauf des Bergbaus in NRW überwachen soll. Die RAG-Stiftung ist schließlich eine öffentliche Anstalt, die von mehreren Politikern im Kuratorium beaufsichtigt wird. Die SPD stellt die größte Gruppe im Kuratorium. Zum Beispiel sitzt dort Hannelore Kraft (SPD) Ministerpräsidentin von NRW, Sigmar Gabriel (SPD), Bundesminister für Wirtschaft und SPD-Chef, sowie Heiko Maas (SPD), Bundesminister der Justiz, oder Harry Voigtsberger (SPD), früherer Wirtschaftsminister aus NRW.

Doch nicht nur über diese Kurve bekam Römer Geld aus der Kohlerichtung. Darüber hinaus bekam er bis Juni rund 45.000 Euro als Aufsichtsrat der Ruhrkohle AG (RAG), dem Bergbaukonzern aus dem Ruhrgebiet. Diese Firma gehört ebenfalls der RAG-Stiftung.

Fraktionschef Römer bekam also direkt und indirekt rund 65.000 Euro aus Kassen, die der öffentlichen Hand zuzurechnen sind, neben seinem Gehalt als Chef der SPD-Landtagsfraktion. Anders gesagt: Er bekam aus zwei getrennten Wegen Geld aus öffentlichen Kassen.

Weitere rund 25.000 Euro kassierte Römer obendrauf von der Rütgers GmbH, einem Kohle-Chemie-Unternehmen, das früher Evonik gehörte. Mittlerweile ist die Rütgers GmbH in der Hand eines amerikanischen Unternehmens und unterhält ein Joint Venture in Russland.

All diese Nebentätigkeiten sind legal. Allerdings hinterlässt der Geldfluss einen schalen Geschmack. Die Nebentätigkeiten erzeugen Abhängigkeiten, die zu Lasten einer ehrlichen Politik gehen können. Und hier fließt Geld aus einem öffentlichen Topf über Umwege an eine öffentliche Figur. Kann Norbert Römer unabhängig entscheiden, wenn es um die Kohle und den Bergbau im Ruhrgebiet geht?

Weitere Nebeneinkünfte stechen heraus

Jeder vierte Abgeordnete verdient neben seiner monatlichen Diät von 11.006 Euro brutto (inklusive Altersvorsorge) etwas hinzu. Im Schnitt waren das im vergangenen Jahr immerhin 1.028 Euro im Monat. Ein weiterer Spitzenverdiener in NRW ist der FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Lindner. Er verdiente im vergangenen Jahr rund 65.000 Euro nebenher. Bis November diesen Jahres gab er 78.500 Euro als Nebenverdienst an. Seine Einnahmequellen fallen auf: Er bekommt vor allem Geld für seine Vorträge vor Bankern, Unternehmen und Unternehmensberatern – unter anderem 6000 Euro für die Wohnungswirtschaftlichen Gespräche in Weißach.

Für die Kapitalmarktkonferenz der DZ Bank und den Politischen Salon der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG gab es im Juli 2016 nochmals 11.000 Euro. Dazu kamen im April zusammen 19.500 Euro unter anderem von der Hitmeister GmbH und dem Handelsriesen REWE. Als das Geld von REWE kam, tobte übrigens die Übernahmeschlacht um die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann.

Lindner sieht in seinen Vorträgen keine Interessenkonflikte. „Obwohl ich gelegentlich zu Reden vor den Kunden von Banken eingeladen werde, gehöre ich ja beispielsweise zu den schärfsten Kritikern der staatlichen Bankenrettung“, sagte er auf unsere Anfrage.


Als recht geschäftstüchtig beweisen sich die meisten Liberalen im NRW-Landtag. Zwar liegen sie mit 18,18 Prozent beim Anteil der Hinzuverdiener innerhalb der Partei nur an dritter Stelle – rund jeder dritte Sozialdemokrat (29,59 Prozent) erwirtschaftet neben dem Landtag hinzu und führt damit die zweifelhafte Tabelle an, gefolgt von den Christdemokraten mit rund 26,47 Prozent – bekommen die FDP-ler doch im Parteiendurchschnitt am meisten Geld: 22.426,77 Euro im vergangenen Jahr. Das ist fast so viel wie die Durchschnitts-Nebenverdienste von SPD und CDU zusammengerechnet. Trotzdem wird es besonders für die Sozialdemokraten unangenehm, wenn man genauer in die Verdiensttabellen schaut.

Direkter Einfluss der Banken

Brisant sind zudem die Aktivitäten der Sparkassenvertreter im Landtag NRW. Auch hier gibt es jede Menge Nebenverdienste. Allen voran die Sozialdemokraten, die mit insgesamt über 330.000 Euro fast die Hälfte aller Nebeneinkünfte für sich beanspruchen.

Ein halbes Dutzend Abgeordneter sitzen in den Verwaltungsräten kommunaler Sparkassen und beziehen dafür Geld. Im Einzelfall über 70.000 Euro. Gleichzeitig sitzen ausgerechnet diese Abgeordneten auch noch im Haushalts- und Finanzausschuss. Dort berät das Parlament über das Sparkassengesetz und wichtige Regelungen für die kommunalen Kassen, von den Renten und Gehälter für das Spitzenmanagement bis zu den Transparenzvorschriften. Rechnet man die Einkünfte zusammen, die der SPD-Abgeordnete Martin Börschel 2015 und bislang für 2016 veröffentlicht hat, hat er allein von der Sparkasse KölnBonn über 76.000 Euro bekommen.

Sein Ausschuss-Genosse Hans-Willi Körfges (SPD) kommt bisher auf insgesamt knapp 44.000 Euro von der Stadtsparkasse Mönchengladbach. Der dritte SPD-Mann, der im Haushalts- und Finanzausschuss sitzt und von einer Sparkasse Geld bekommt, heißt Wolfgang Große-Brömer. Er hat seit 2015 über 22.000 Euro von der Stadtsparkasse Oberhausen bekommen. Große-Brömer sagte gegenüber CORRECTIV.RUHR: „Nein, ich sehe keinen Interessenskonflikt zwischen meiner Aufgabe als Mitglied des Verwaltungsrates der Stadtsparkasse Oberhausen und meiner Funktion als stellvertretendes Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses. Selbst dann nicht, wenn ich im HFA ordentliches Mitglied wäre.“

Kein Problem oder Interessenkonflikt, über die Institute zu bestimmen, die einen bezahlen? Bei den Christdemokraten im Finanzausschuss hat Norbert Post seit 2015 rund 60.000 Euro von der Stadtsparkasse Mönchengladbach kassiert. „Ich gehöre dem Aufsichtsrat der Volksbank Heinsberg eG und deren Vorgängerinstituten seit mehr als 27 Jahren an, also viel länger, als ich Landtagsabgeordneter bin. (…) Zwischen Aufsichtsratsmandat und politischer Tätigkeit hat es nie Wechselwirkungen gegeben“, sagt sein CDU-Kollege Bernd Krückel. Er bekam seit vergangenem Jahr über 35.000 Euro von der Volksbank Heinsberg, sowie rund 3000 Euro von der NRW-Bank.

„Derart üppige Nebenverdienste sind schädlich für das Ansehen aller Abgeordneten“, heißt es in einer Mitteilung der Internetplatform Abgeordnetenwatch. „Einige Landtagsabgeordnete kassieren zum Teil beträchtliche Summen aus der Wirtschaft, woraus sich massive potentielle Interessenkonflikte ergeben können.“ Dass sich ein Abgeordneter bei Themen, die Interessenskonflikte darstellen könnten, einer Abstimmung enthält, käme nie vor, sagte Abgeordneter des Haushaltsausschusses im Gespräch mit CORRECTIV.RUHR.
Die Affären der Volksparteien

Mit Affären um Nebenverdienste haben die zwei großen Volksparteien in NRW immer wieder für Furore gesorgt: Als 2010 der damalige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) für 20.000 Euro Gespräche mit Unternehmern wahrnahm, kritisierten die Sozialdemokraten um Kraft scharf die Käuflichkeit der Politik. Allen voran polterte Parteioberhaupt Sigmar Gabriel: „Wir verkaufen keine Amtsträger und auch nicht die Partei an andere Leute, die genug Geld haben. Das gilt für die deutsche Sozialdemokratie“, hatte er gesagt.

Im vergangenen Monat folgte dann die Affäre „rent-a-sozi“. Die Kommunikationsagentur des SPD-Parteimagazins „Vorwärts“ ließ sich Treffen mit hochrangigen Politikern „sponsern“. 3000 bis 7000 Euro wurden für Politikertreffen eingenommen: Darunter SPD-Wirtschaftsminister Garrelt Duin und Verkehrsminister Michael Groschek. Angeblich alles legal – obwohl der Vorwurf wegen illegaler Parteienfinanzierung weiterhin im Raum steht.

Ein Vertreter der SPD-Agentur sagte einer verdeckt arbeitenden Reporterin des ZDF-Magazins Frontal 21: „Mit zwei, drei Monaten Vorlauf organisieren wir für Sie ein Vorwärts-Gespräch. Früher hießen die Kamingespräche. Aber das muss seit Rent-a-Rüttgers alles etwas offizieller klingen. (…) Sie sind ein sogenannter Unterstützer und zahlen 7000 Euro für ein gesetztes Essen. Sie entscheiden dann, wer daran teilnehmen soll, und wir organisieren ihnen dann den Minister, den Fraktionsvorsitzenden oder den Staatssekretär, den sie haben wollen.“

Die Landtagsabgeordneten Börschel, Körfges und Post hatten sich bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht zu unserer Anfrage geäußert.

Mitarbeit: Julian Hilgers

[1] Bildnachweis: charlotte-hintzmann.de

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Die Autoren sind Redakteure bei CORRECTIV.RUHR. Die Redaktion finanziert sich ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Ihr Anspruch: Missstände aufdecken und unvoreingenommen darüber berichten. Wenn Sie CORRECTIV.RUHR unterstützen möchten, werden Sie Fördermitglied des Recherchenzentrums correctiv.org. Informationen finden Sie unter correctiv.org

+++ Wir und Heute – Wunderstäbe +++

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Video-Link: https://youtube.com/watch?v=Pu2kij1y_SY

Die Themen des Podcasts „Wir und Heute“ sind heute weihnachtlich aufgeschlossen. Es geht um Wunderstäbe aus dem OTTO-Katalog in den 70er Jahren, um Sexbuden auf dem Weihnachtsmarkt, einen Apotheker aus Bottrop und ganz viel Lametta.

Dazu: eine spannende Information zur AfD. Denn die kann vielleicht nicht zur AfD-Wahl antreten. Lasst Euch von Martin und David adventszeitlich verwöhnen.

Es unterhalten sich Martin Kaysh, der den Geierabend in Dortmund als Steiger präsentiert, und David Schraven, der Leiter von CORRECTIV.

Das Chaos einer Partei: Fazit des Listenparteitages der AfD-NRW

Markus Bensmann hat für CORRECTIV.RUHR den Listenparteitag der AfD in NRW begleitet. Hier wurde ausgewählt, wer die AfD-NRW in den Landtagswahlkampf im kommenden Mai führen soll.

Hier sein Fazit nach zwei Tagen Chaos und Machtspielen.

  • Der AfD-NRW-Chef Marcus Pretzell hat seine Mehrheit im größten Landesverband der AfD verloren.
  • Mit ihm wurde seine Lebensgefährtin Frauke Petry als Bundeschefin der AfD erheblich geschwächt. Das Machtpaar der Rechtspopulisten hat an Einfluss verloren.
  • Der Machtkampf in der AfD wird jetzt offen zwischen Alexander Gauland, Chef der AfD in Brandenburg, und Björn Höcke, Chef der AfD in Thüringen, auf der einen Seite sowie Frauke Petry und ihrem geschwächten Lebensgefährten Marcus Pretzell auf der anderen Seite ausgetragen. Petry hat sich CORRECTIV.RUHR gegenüber erstmals offen dazu bekannt, dass die AfD sich entscheiden muss, wem sie folgen will. Ihr oder dem Duo Gauland/Höcke.
  • Der Ruhrgebiets-AfD-ler Guido Reil präsentierte sich der AfD-NRW als „Nationaler Sozialdemokrat“. Dem früheren SPD-Mann aus dem Essener Norden gelang es, sich gegen die erklärten Absichten der Pretezll-Leute durchzusetzen. Er gewann einen als sicher geltenden Listenplatz gegen einen Pretzell-Gefolgsmann. Damit könnte ein neuer „sozialdemokratischer“ Flügel in der AfD entstehen.

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Markus Bensmann ist Redakteur bei CORRECTIV.RUHR. Die Redaktion finanziert sich ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Ihr Anspruch: Missstände aufdecken und unvoreingenommen darüber berichten. Wenn Sie CORRECTIV.RUHR unterstützen möchten, werden Sie Fördermitglied des Recherchenzentrums correctiv.org. Informationen finden Sie unter correctiv.org

David Schraven ist Journalist und gemeinsam mit Dr. Christian Humborg Geschäftsführer von „CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH

Umleitung: Polit-Theater Autobahn? SPD im Revier wählen? Maskulinismus an der Macht, Snowden, USB-Killer, soziale Schieflage bei der AfD und mehr …

Manchmal muss man wieder aufpumpen. Hier am Hennesee bei Meschede. (foto: zoom)
Manchmal muss man wieder aufpumpen. Hier am Hennesee bei Meschede. (foto: zoom)

Privatisierung der Autobahnen: „Das ist Polit-Theater“. Carl Waßmuth im Gespräch mit Anke Schaefer … dradiokultur

Privatisierung von Infrastruktur: Gabriel trickst bei Autobahnen … taz

Debatte: Warum es sich lohnt, die SPD im Revier zu wählen … correctivruhr

Gegenrede: Lohnt es sich WIRKLICH, im #Ruhrgebiet die .@NRWSPD @SPDde zu wählen??? Meine Antwort auf Sarah Phillip`s Meinung! … littledevil

Maskulinismus an der Macht: Mit Donald Trump hat eine Kultur des Rassismus und der Frauenverachtung gewonnen … derstandard

Soziale Schieflage bei der AfD: Die rechtspopulistische AfD holt bei Landtagswahlen überproportionale Stimmenanteile bei Arbeitern und Arbeitslosen – tatsächlich hat sie für die so genannten „kleinen Leute“ nichts zu bieten, „soziale Gerechtigkeit“ steht nicht mal im Programm … bnr

Die AfD und die „Volksfront von rechts“: In der neuen Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung stellen die beteiligten Forscher fest: Die AfD habe sich zu einem parteipolitischen Dach neurechter und rassistischer Protestmilieus entwickelt. Eine Entwicklung, die sich längst abgezeichnet hat – und die zur Bedrohung der Demokratie geworden ist … PatrickGensing

Klimakonferenz in Marrakesch: im Rausch der guten Vorsätze … gedankenwerkstatt

Bundesgerichtshof: NSA-Untersuchungsausschuss muss Snowden persönlich einladen … netzpolitik

Journalismus, Überwachung: USB Killer zerstört Geräte in Sekunden … ruhrnalist

Geschichte: Zur Diagnose und Behebung von narrativen Untugenden … publicHistory

Couragierter Einsatz für die Pressefreiheit: Kesten-Preis an türkische Journalisten … revierpassagen

Nordrhein-Westfalen: Tausende Flüchtlingskinder warten auf Unterrichtsplatz … zeitonline

Inklusion: Brilon und Olsberg verklagen Land NRW … wpbrilon

„Ein Buch zur rechten Zeit“: Historische Kommission für Westfalen des LWL vollendet Handbuch zur jüdischen Geschichte … doppelwacholder

Rette sich, wer Mann! Nur noch jede vierte Lehrkraft an allgemeinbildenden Schulen in NRW ist männlich. Was bedeutet die Feminisierung des Lehrerberufs?

Männeranteil am Lehrpersonal in NRW. (grafik: it.nrw)
Männeranteil am Lehrpersonal in NRW. (grafik: it.nrw)

Düsseldorf (IT.NRW). Von den 154 010 hauptamtlichen bzw. hauptberuflichen Lehrkräften an den allgemeinbildenden Schulen (ohne zweiten Bildungsweg) in Nordrhein-Westfalen waren im Schuljahr 2015/16 mehr als ein Viertel Männer.

Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als amtliche Statistikstelle des Landes anlässlich des Weltmännertages (3. November 2016) mitteilt, ist der Anteil der männlichen Lehrkräfte gegenüber dem Schuljahr 2005/06 von 32,9 Prozent um fünf Prozentpunkte auf 27,9 Prozent gesunken.

Bei der Unterrichtung der jüngsten Schüler waren die Männeranteile am niedrigsten: Der Lehreranteil an Grundschulen hat sich von 10,9 Prozent (2005/06) auf 8,7 Prozent (2015/16) verringert. Den höchsten Männeranteil gab es 2015/16 in NRW mit 41,2 Prozent an Gymnasien. Hier war der Rückgang der männlichen Lehrkräfte mit zehn Prozentpunkten am höchsten; vor zehn Jahren hatte diese Quote noch bei über 50 Prozent gelegen.

Wie die Grafik zeigt, waren männliche Lehrer im letzten Schuljahr auch an allen anderen Regelschulformen auf dem Rückzug. An Hauptschulen sank die Männerquote z. B. binnen zehn Jahren von 39,8 auf 32,9 Prozent. Die innerhalb der letzten fünf Schuljahre neu hinzugekommenen PRIMUS-Schulen (17,3 Prozent), Gemeinschafts- (28,2 Prozent) und Sekundarschulen (29,6 Prozent) wiesen im Vergleich zu den anderen Schulformen eher niedrige Männeranteile auf.

Soweit die Pressemitteilung. Was aber bedeutet der sinkende Männeranteil für den Lehrerberuf?

Soziologinnen und Soziologen beobachten diese „Verweiblichung“ von Berufen schon seit vielen Jahren sehr genau. Sebastian Möller Dreischer zitiert in einem Aufsatz 2002 Angelika Wetterer:

„Die Feminisierung von Berufs- und Arbeitsfeldern geht stets einher mit einer Statusminderung, deren Vermännlichung ist stets verbunden mit Statusgewinn oder zumindest einer Statuskonsolidierung“ (Wetterer 1995: 208).

Die Feminisierung eines Berufsbereiches hat darüber hinaus zur Folge, dass sich zunehmend mehr Männer von diesem Bereich abwenden oder sich prestigeträchtigeren Bereichen innerhalb dieses Berufsfeldes zuwenden.

Folgen hiervon sind, dass sich die Geschlechterdisparitäten verstärken und die Konstruktion der Vergeschlechtlichung des Berufes „im
Ergebnis verschwindet, weil jedenfalls ex post der Effekt von Vergeschlechtlichungsprozessen mit schöner Regelmäßigkeit als deren Voraussetzung erscheint“.

Ich deute dies so, dass das Ansehen des Lehrerberufs sehr stark gesunken ist. Der Beruf hat an Attraktivität verloren. Männer suchen ihr berufliches Heil, ihre Karriere mehr und mehr in anderen Arbeitsfeldern.

Die Frage nach den Gründen für den Statusverlust des Lehrerberufs muss ich an dieser Stelle offenlassen, da mir belastbare Quellen und Belege fehlen.

Nach diesem kleinen Exkurs in die Geschlechter- und Arbeitsfeldsoziologie will ich noch einen Blick auf die Entwicklung in und um Winterberg werfen.

Fliehen auch hier die Männer aus den Schulen des öffentlichen Bildungssystems?

Collage aus dem IT.NRW Statistik-PDF: zoom
Collage aus dem IT.NRW Statistik-PDF: zoom

Man muss nicht lange suchen, um zu sehen, dass sich innerhalb von nur zehn Jahren der Männeranteil an den Schulen in den ausgesuchten Städten des HSK tlw. dramatisch verringert hat. Selbst die alte Männerhochburg „Gymnasium“ ist geschliffen: Um einen Batzen von fast 17% ist der Männeranteil in Winterberg gesunken, 13% in Brilon, im HSK um etwas mehr als 12%.

Vorsicht bei der Prozentrechnung: Der Männeranteil in Winterberg ist von 67,6 auf 50,9 Prozent gesunken. Dies bedeutet, bitte nachrechnen, er ist um fast 25% gesunken.

Den traditionell geringsten Männeranteil haben und hatten die Grundschulen. Hier hat sich in zehn Jahren der Männeranteil von 16,7 auf 8,1 Prozent mehr als halbiert.

Die Devise „Rette sich, wer Mann!“ gilt anscheinend über alle Schulformen. Wer findet die Gründe, die Ursachen?

Die Statistik für Gesamt-NRW kann man sich hier als PDF herunterladen:

https://www.it.nrw.de/presse/pressemitteilungen/2016/pdf/291_16.pdf

Umleitung: „Von Gräten und Grenzen“ – Schule, Medien, Geschichte, Politik, Kultur und Sprache

Der heutige Herbsttag am Stausee zwischen Siedlinghausen und Brunskappel. (foto: zoom)
Der heutige Herbsttag am Stausee zwischen Siedlinghausen und Brunskappel. (foto: zoom)

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