Meine Google News Seite macht mich gerade stutzig. In einer Meldung ganz oben auf der Seite geht es laut Überschrift um Hohn und Spott für Steinbrück, direkt darunter um die Günstlingswirtschaft von Schwarz-Gelb, die ihre Parteifreunde mit guten Posten versorgen.
Wird das jetzt bis September 2013 so weitergehen? Die einen versuchen, Steinbrück runterzumachen, die anderen kritisieren Schwarz-Gelb? Wann geht es mal wieder um Politik an sich, um die Situation in diesem Land und auf dieser Welt? Haben wir sonst keine Sorgen? Anscheinend nicht.
Also gut, dann kann ich mich ja auch mal mit diesem Schlagwort „Frauenbonus“ befassen. Warum reagieren viele höhnisch auf die Aussage, Frau Merkel habe einen Frauenbonus?
Liegt es etwa daran, dass man sie schon lange nicht mehr als Frau wahrnimmt? Vielleicht sollte man nicht über den Vorschlag das Gott“ diskutieren, sondern über „das Kanzler“ oder gar „das Merkel“. Frau Merkel scheint sich viel Mühe zu geben, eben nicht als Frau wahrgenommen zu werden.
Immer gleich wirkende Hosenanzüge -nur die Farbe variiert- dienen ihr als Uniform. Längst vergessen scheint der Auftritt in Oslo.
Und, seien wir ehrlich, auch beim jährlichen Schaulaufen bei den Festspielen in Bayreuth geht es kaum um Weiblichkeit. Auch über Angela Merkels Frisur, die früher manchmal noch Gesprächsthema war, haben wir lange nichts mehr gehört. Selbst über Barack Obamas Haare liest man öfter etwas. Und waren nicht auch die von Gerhard Schröder damals häufig Gesprächsthema?
In letzter Zeit wirkt sie immer mehr wie ein Roboter, Emotionen scheinen ihr fremd geworden zu sein, obwohl es doch heißt, Frauen seien emotionaler als Männer. Wann hat man zuletzt etwas über ihre Standpunkte in der Innenpolitik gehört? Einmal kurz vor dem CDU-Bundesparteitag, aber sonst?
Wie steht sie als Kanzlerin zum Betreuungsgeld, zu Altersarmut, zum Mindestlohn, zur Bildungspolitik etc.? Wann hat sie sich da zuletzt geäußert? Was wissen wir eigentlich über die politischen Standpunkte und Ansichten unserer Kanzlerin? Sie wird manchmal als „Mutti“ bezeichnet, aber erweckt sie eigentlich den Eindruck einer fürsorgenden Mutter?
Sie hat sich stilisiert: Merkel. Kanzlerin. Um sie herum eine Teflon-Schicht, und niemand traut sich so recht, sie zu kritisieren. Ein bisschen erinnert es an das Ende des Films „Elizabeth“. Auch sie hat sich stilisiert, um nicht mehr als Frau wahrgenommen zu werden; denn ansonsten hätte sie nicht ihre Macht wahren können. Alles, was Merkel sagt, ist vorher gut überlegt.
Eine spontane Äußerung von ihr, womöglich auch noch emotional? Darauf kann man lange warten. Sie legt großen Wert darauf, sich unangreifbar zu machen. Würde Weiblichkeit bei ihrer Politik auch nur durchschimmern, wäre dies ein Punkt, an dem Kritiker ansetzen könnten.
Ja, sie hat dennoch einen Frauenbonus, aber nicht den, an den viele zuerst denken, wenn sie dieses Wort hören. Es geht nicht um weibliche Reize, einen betörenden Augenaufschlag, ein herzerwärmendes Lächeln und emotionale Handlungen, sondern es geht darum, dass man einer Frau dieses Verhalten durchgehen lässt, dieses sich Stilisieren, keinen festen Standpunkt haben und alles aussitzen.
Bei einem Mann würde man sofort sagen, dass man ihm nicht traut, er sei zu aalglatt, man wisse ja gar nicht, wofür er stehe. Bei Merkel, Kanzlerin, wird bewundert, dass sie es auf diese Weise schafft, sich an der Spitze zu halten. Alles andere scheint egal.