Deutschland: Kein Land zum Kinder kriegen!

kinderparadies
Das letzte Reservat einer aussterbenden Spezies: Kinder (foto:chris)

Kinderfeindlich ist unser Land, kinder-, frauen- und familienfeindlich. Plakativ? Ja, aber leider dennoch wahr.

Das eine hängt mit dem anderen zusammen: Wenn es keine Kinderbetreuung gibt, dann sind meist die Mütter gemeinsam mit ihren Kindern davon betroffen. Wenn die Schule nicht für einen vernünftigen Ganztag und eine qualifizierte Betreuung sorgt, dann machen Eltern Hausaufgaben, üben mit ihren Kindern, kutschieren sie zu Sport- und Musikterminen – und bezahlen.

In der Schule steigen die Anforderungen, gleichzeitig vermittelt die  Lehranstalt immer weniger das Wissen und die Fertigkeiten, die den Schülern anschließend abverlangt werden.

So berichtete die Süddeutsche Zeitung über Eltern, die ihren Kindern die Facharbeiten schreiben. Eine Hamburger Freundin erstellte kürzlich gemeinsam mit ihrer Tochter eine Präsentation im Fach Biologie. Ihr Kommentar: „So etwas haben wir nicht einmal an der Uni gemacht.“ Neben der technischen Seite meinte sie auch die inhaltlichen Anforderungen.

Gut, dass meine Freundin ihrer Tochter helfen kann. Kinder aus so genannten bildungsfernen Schichten haben weniger Hilfe von zu Hause. Facharbeiten und Präsentationen müssen sie selbst erstellen. Ob sie da mit den studierten Eltern ihrer Klassenkameraden werden mithalten können?

Finanziell sind Familien ebenfalls stark gebeutelt. Ein Gehalt fällt ganz oder teilweise aus. Die taz berichtet heute, dass Mütter in Westdeutschland immer weniger arbeiten. Sie warten zunehmend länger mit der Wiederaufnahme der Berufstätigkeit und wählen häufiger Teilzeit.  Fortschritt sieht anders aus. Wer einen Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen vermutet, liegt sicher nicht ganz falsch.

Wenn die Familie gar in einer deutschen Großstadt auf Wohnungssuche gehen muss, dann ist es für sie kaum noch möglich, eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Das Hamburger Abendblatt hat im Sommer den Test gemacht, mit ernüchterndem Ergebnis:  Vermieter wollten oftmals keine Familien, diese wären zu laut. Wohnungen waren zu teuer.

Familien zahlen mit Zeit (häufig die der Mütter) und Geld für die Versäumnisse einer Politik, die Kinder und Jugendliche nicht in den Mittelpunkt stellt.

Investitionen in die Struktur statt Herdprämie, Kindergeld und Kinderfreibeträge
Ich möchte keine Herdprämie. Auch Kindergeld und Kinderfreibeträge sollten sofort abgeschafft werden. Stattdessen müsste dieses Geld, und noch viel mehr, in die Verbesserung von Kinderbetreuung, Schulen, Universitäten gesteckt werden. Der Staat sollte verstärkt Sportvereine, Jugendzentren, Jugendkulturaktivitäten, öffentliche Büchereien u.v.m.  unterstützen und somit die Strukturen schaffen, um diese Gesellschaft kinder-, frauen- und familienfreundlicher zu gestalten.

3 Gedanken zu „Deutschland: Kein Land zum Kinder kriegen!“

  1. „Auch Kindergeld und Kinderfreibeträge sollten sofort abgeschafft werden.“???
    Nein, die Familien müssen in der Lage sein, sich die notwendigen Ausgaben für die Kinder überhaupt leisten zu können. Dazu zählen z.B. Wohnen, Heizen, Ernährung und Kleidung. Dafür sind viele Familien dringend auf das Kindergeld (und auf weitere Transferleistungen wie z.B. Wohngeld) angewiesen.

  2. @ Reinhard
    Zunächst muss selbstverständlich der Lebensunterhalt jeder Familie in diesem Land gesichert sein.
    Es ist skandalös, dass Einkommen immer seltener eine Familie ernähren. Für skandalös und familienfeindlich halte ich ebenfalls die Anrechnung von Elterngeld und Herdprämie (geplant) auf die sehr bescheidenen Hartz IV Sätze.

    Wenn aber Eltern das Kindergeld für die „notwendigen Leistungen“ für ihre Kinder ausgeben müssen, wo kann sich für diese Kinder eine Perspektive entwickeln? Diese Familien haben kein Geld für Nachhilfeunterricht, Reisen, für die Wahrnehmung von Kulturangeboten.
    Gerade Kinder aus ärmeren Familien müssen vor und während ihrer Schulzeit besonders gut und intensiv gefördert werden. Nur so können diese Kinder Perspektiven entwickeln, die über ihre unmittelbaren Erfahrungen hinausgehen.

    Wie wäre es also mit dem bedingungslosen Grundeinkommen und anschließender Streichung von Kindergeld und insbesondere von Kinderfreibeträgen? Ist der Lebensunterhalt gesichert, dann sind staatliche Investitionen in Bildung allemal sinnvoller als Transferleistungen in die einzelnen Familien.

Kommentare sind geschlossen.