In der ehemaligen im Wald gelegenen Jugendherberge „Haus Dortmund“, einige Kilometer entfernt von Meschede, wurde vor wenigen Tagen eine Unterkunft für rund 140 Flüchtlinge eingerichtet. Die Menschen sollen nicht lange dort bleiben. Laut Medienberichten werden sie von hier aus auf die andere Städte und Gemeinden in NRW verteilt.
Artikel in der WP
Die Westfalenpost nahm die Neuankömmlinge im „Haus Dortmund“ offenbar zum Anlass, der Ausländerbehörde des Hochsauerlandkreises einige Fragen zum Thema „Asyl“ zu stellen. Daraus wurde dann dieser Artikel (zu dem noch einiges zu sagen wäre):
http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-meschede-eslohe-bestwig-und-schmallenberg/hoffnung-auf-asyl-vielfach-aussichtslos-id10843213.html
Anfrage der SBL/FW; hier die „Vorrede“
Auch die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) stellt immer mal wieder Fragen an das Ausländeramt, wie z.B. am 17. Februar 2015 zur Einführung einer Krankenkassenkarte für Flüchtlinge und Asylbewerber und diese vom 7. April 2015 zu Gesundheitsgutachten für die Kreisausländerbehörde:
„Immer wieder berichten Medien über von Ausländerbehörden beauftragte Gutachter, die fragwürdige Gesundheitsgutachten über Asylbewerber erstellt haben sollen.
So sendete beispielsweise am 31.03.2015 das ARD-Fernsehmagazin Fakt einen Beitrag über einen Arzt, der vorwiegend in Berlin in mehreren tausend Abschiebefällen Gefälligkeitsgutachten für die Ausländerbehörden erstellt haben soll, und das ohne eine entsprechende Qualifikation. Den Namen dieses „Gutachters“ gab das Fernsehmagazin mit „Rainer Lerche“ (angeblich wohnhaft in Kassel) an. Nach Recherchen des Fernsehsenders ist der Arzt derzeit nicht auffindbar.
Im Jahr 2012 sah sich nach einer ZDF-Reportage (Report-Mainz) die Ausländerbehörde des Rheinisch Bergischen Kreises mit dem Vorwurf, die Behörde bediene sich „medizinischer Gefälligkeitsgutachten“, konfrontiert. In der Reportage soll dargestellt worden sein, dass erhebliche Zweifel an der Befähigung des ärztlichen Gutachters Michael K. bestehen. Er arbeite als Arzt im Rettungsdienst. Nachforschungen hätten ergeben, dass dieser Arzt verschiedenen Ausländerbehörden und der Polizei bundesweit seinen „Service“ anbiete, wobei so ein Vorgehen aber wohl kein Einzelfall sei.
Auch Ihre Ausländerbehörde bestellte über einen längeren Zeitraum wiederholt einen umstrittenen Nervenarzt aus Weinheim als Gutachter. Die fachliche Kompetenz des ehemaligen Gefängnispsychiaters Dr. M. war zu dem Zeitpunkt (2009/2010) in seinem Heimatkreis schon lange umstritten. Dort durfte er schon seit vielen Jahren keine Gutachten mehr erstellen. Obwohl diese Tatsache allgemein bekannt war, bediente sich der HSK längere Zeit der Dienste des damals 78jährigen Arztes aus dem Rhein-Neckar-Kreis.“
Anfrage der SBL/FW; hier die Fragen
„Wir bitten Sie daher zu beantworten:
1. Nach welchen Kriterien wählt der die HSK-Ausländerbehörde Gutachter aus, die im jeweiligen Einzelfall überprüfen, ob „Vollstreckungshindernisse“ bestehen?
2. Wie viele externe ärztliche Begutachtungen wurden seit Januar 2010 bis heute vor geplanten Abschiebungen durchgeführt? Wie viele Gutachten sind derzeit anhängig?
3. Wurden in diesem Zeitraum auch Gutachten durch das Kreisgesundheitsamt erstellt? Wenn ja, wie viele?
4. Wie genau berücksichtigt Ihre Behörde die besonderen Gegebenheiten, die bei Abschiebevorhaben von Schwangeren, Kranken und ggf. von Kindern und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu beachten sind?
5. Wie dokumentiert die HSK-Ausländerbehörde die gutachterlichen Empfehlungen in Abschiebefällen?
6. In wie vielen Fällen in den letzten 5 Jahren sprach sich der Gutachter/die Gutachterin gegen die Durchführung der Abschiebung aus und aus welchen Gründen?
7. Wurden und werden die vom HSK beauftragten Gutachter in Petitionsverfahren akzeptiert? Wenn nein, in wie vielen Fällen bestand in den letzten 5 Jahren keine Akzeptanz seitens des Petitionsausschusses?
8. Bieten sogenannten Abschiebegutachter dem HSK ihre Dienste offensiv an? Wenn ja, wie und welche? Oder sucht die Ausländerbehörde ihrerseits nach geeigneten Gutachtern? Wenn ja, wie?
9. Welche und wie viele verschiedene Gutachter wurden seit Beginn des Jahres 2010 bis heute vom HSK eingesetzt? Über welche Qualifikation verfügen sie? Wie genau weisen sie Ihrer Behörde ihre Befähigung nach?
10. Waren bzw. sind unter den von der HSK-Ausländerbehörde beauftragten Gutachtern auch die Ärzte Rainer Lerche und Michael K., über den „Report-Mainz“ 2012 berichtete, oder andere umstrittene Ärzte?
11. Welches Honorar/welche Kostenpauschale erhält ein externer ärztlicher „Abschiebegutachter“ vom Kreisausländeramt (Stundensatz und Gesamthonorar je Gutachten)?
12. Wie hoch sind die Ausgaben, die dem HSK seit Januar 2010 bis heute für sogenannte Abschiebegutachten entstanden sind?“
Antwort des HSK; hier die „Vorrede der SBL“
Leider antwortete die Kreisausländerbehörde der SBL/FW nicht so prompt und ausgiebig wie dem Redakteur der Westfalenpost.
Fakt ist, das Ausländeramt ließ die laut Kreisordnung vorgegebene Frist von 2 Wochen (ohne Angabe von Gründen) deutlich verstreichen. Mehr als 2 Monate wartete die SBL/FW auf das Antwortschreiben (das auf den 3. Juli datiert ist und bei den Fraktionen am 7. Juli per Mail ankam).
Fakt ist, dass von den 12 Fragen kaum eine wirklich beantwortet wurde. Zu vier Fragestellungen (z.B. zu externen ärztlichen Begutachtungen) heißt es, darüber würde keine gesonderte Statistik erhoben. Die anderen Antworten sind u.E. unkonkret.
Aber sehen Sie selbst:
Antwort des HSK; hier die „Antworten“
„Ihre Anfrage gern. § 11 Gesch0 für den Kreistag des Hochsauerlandkreises;
hier: Gesundheitsgutachten für die Kreisausländerbehörde vom 07.04.2015
Sehr geehrter Herr Loos,
Ihre Fragen beantworte ich nachstehend wie folgt:
1. Nach welchen Kriterien wählt der die HSK-Ausländerbehörde Gutachter aus, die im
jeweiligen Einzelfall überprüfen, ob „Vollstreckungshindernisse“ bestehen?
Die Auswahl des Arztes, der für eine Prüfung beauftragt werden soll, erfolgt unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Untersuchungen und der konkreten Einzelfallumstände und geltenden Erlasslage.
2. Wie viele externe ärztliche Begutachten wurden seit Januar 2010 bis heute vor geplanten Abschiebungen durchgeführt? Wie viele Gutachten sind derzeit anhängig?
3. Wurden in diesem Zeitraum auch Gutachten durch das Kreisgesundheitsamt erstellt?
Wenn ja, wie viele?
Zu diesen Fragestellungen werden keine gesonderten Statistiken geführt.
4. Wie genau berücksichtigt Ihre Behörde die besonderen Gegebenheiten, die bei Abschiebevorhaben von Schwangeren, Kranken und ggf. von Kindern und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu beachten sind?
Siehe Antwort zu Frage 1.
5. Wie dokumentiert die HSK-Ausländerbehörde die gutachterlichen Empfehlungen in
Abschiebefällen?
Sie sind Bestandteil des ausländerrechtlichen Vorganges.
6. In wie vielen Fällen in den letzten 5 Jahren sprach sich der Gutachter/die Gutachterin gegen die Durchführung der Abschiebung aus und aus welchen Gründen?
Zu dieser Fragestellung wird keine gesonderte Statistik geführt.
7. Wurden und werden die vom HSK beauftragten Gutachter in Petitionsverfahren akzeptiert?
Wenn nein, in wie vielen Fällen bestand in den letzten 5 Jahren keine Akzeptanz
seitens des Petitionsausschusses?
Die vom HSK beauftragten Gutachter wurden und werden akzeptiert.
8. Bieten sogenannten Abschiebegutachter dem HSK ihre Dienste offensiv an? Wenn ja, wie und welche?
Offensive Angebote bestimmter Gutachter gibt es nicht.
Oder sucht die Ausländerbehörde ihrerseits nach geeigneten Gutachtern? Wenn ja,
wie?
Siehe Antwort zu Frage 1.
9. Welche und wie viele verschiedene Gutachter wurden seit Beginn des Jahres 2010
bis heute vom HSK eingesetzt?
Zu dieser Fragestellung wird keine gesonderte Statistik geführt.
Über welche Qualifikation verfügen sie? Wie genau weisen sie Ihrer Behörde ihre Befähigung nach?
Die Ärzte verfügen über die für den jeweiligen Einzelfall erforderliche Qualifikation und sind von der Ärztekammer zugelassen.
10. Waren bzw sind unter den von der HSK-Ausländerbehörde beauftragten Gutachternauch die Ärzte Rainer Lerche und Michael K., über den „Report-Mainz“ 2012 berichtete, oder andere umstrittene Ärzte?
Mir ist der Bericht „Report-Mainz“ 2012 nicht bekannt.
Von der Ausländerbehörde des Hochsauerlandkreises werden keine Ärzte beauftragt, an deren fachlicher und gutachterlicher Qualifikation berechtigte Zweifel bestünden.
11. Welches Honorar/welche Kostenpauschale erhält ein externer ärztlicher „Abschiebegutachter“
vom Kreisausländeramt (Stundensatz und Gesamthonorar je Gutachten)?
Dies ist immer von den Besonderheiten des Einzelfalles und dem Umfang der Begutachtung
abhängig.
12. Wie hoch sind die Ausgaben, die dem HSK seit Januar 2010 bis heute für sogenannte Abschiebegutachten entstanden sind?
Zu dieser Fragestellung wird keine gesonderte Statistik geführt.“
Resümee der SBL/FW
Der Sauerländer Bürgerliste ist ja durchaus bewusst, dass die Behörden bei der aktuellen Flüchtlingslage alle Hände voll zu tun haben. Es ist auch nur ein Gerücht, dass die SBL-Fraktion Anfragen schreibt, um die Verwaltung zu „ärgern“. (Diese Behauptung stellen ja immer mal wieder gerne Mitglieder der größten Kreistagsfraktion bei öffentlichen Sitzungen auf.)
Fakt ist, die SBL/FW befürchtet, dass die Behörden in nicht wenigen Fällen vom Schreibtisch aus nach „Schema F“ über Schicksal, Leben und Tod entscheiden und Familien auseinanderdividieren. Dazu bedienen sich manche Ausländerämter offenbar mitunter „hilfsbereiter“ medizinische Gutachter. Solch ein „Abschiebegutachter“ war bekanntermaßen vor einigen Jahren auch im Hochsauerlandkreis tätig.
Wie ist das heute? Werden die Flüchtlingsströme jetzt auch wieder mit Hilfe von zweifelhaften Gutachtern in die rückwärtige Richtung gelenkt? Warum will uns das HSK-Ausländeramt dazu nichts sagen?