In einem Blog-Artikel mit einer Anfrage an den Bürgermeister der Stadt Winterberg, ging es im Kern um die Frage, ob im Winterberger Rathaus rassistische Sprachstereotypen wie „Asylant“ verwendet werden, und ob diese „Asylanten“ für die Haushaltsprobleme der Stadt Winterberg verantwortlich sein könnten. Die Antwort der Stadt Winterberg lässt tief in die Diskussionskultur und die politischen Gepflogenheiten des hohen Hochsauerlandes blicken.
Wir hatten gefragt:
1. Wie hoch sind die Mindereinnahmen der Gewerbesteuer?
2. Wie hoch sind die Mehrkosten der Stadt nach dem AsylbLG?
3. Wie hoch sind die Gesamtkosten der Stadt nach dem AsylbLG? Wie schlüsseln sich diese Mehrkosten auf?
4. Wie viele Menschen erhalten in Winterberg Leistungen nach dem AsylbLG?
5. Hat Herr Östreich den Begriff “Asylant” in seinen Darlegungen verwendet?
Im Ratsinformationssystem habe ich keine entsprechenden Informationen bzw. Protokolle zu der besagten Sitzung des “Haupt- und Finanzausschusses” gefunden.
Die Antwort der Stadt Winterberg ist keine Antwort, sondern ein Ausweichen:
Sehr geehrter Herr Schiebener,
auf Ihre Presseanfrage vom 27. August 2014 an die Stadt Winterberg kann ich Ihnen die nachfolgende Antwort geben:
Sie bedienen einen privat geführten Internet-Blog. Aus dem Kontext Ihrer aktuellen Anfrage lässt sich schließen, dass Ihre gestellten Fragen mit den erbetenen Antworten durch eine Veröffentlichung in Ihrem privaten Blog zur allgemeinen Diskussion in einem freien Austausch anregen sollen. Sie werden sich sicherlich schon mal die Frage gestellt haben, warum alle öffentlichen Stellen Anfragen von privaten Internet-Blogs oder ähnlichen anders behandeln als Anfragen der offiziellen Presseorgane? Weil offizielle Presseorgane eine andere presserechtliche Verantwortung übernehmen, als die privaten Plattformen.
Deshalb verweisen wir Anfragen, die nicht von offiziellen Presseorganen kommen, auf die allgemein zugänglichen Quellen, die in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Alle, die sich für die Stadtentwicklung und das Gremiengeschehen interessieren, sind herzlich eingeladen, an den öffentlichen Teilen der Gremiensitzungen teilzunehmen und den kompletten Beratungsverlauf zu verfolgen. Ort und Zeitpunkt der Sitzungen sowie alle öffentlichen Verwaltungsvorlagen mit Anlagen können über das Ratsinformationssystem auf der Website der Stadt Winterberg abgerufen werden. Öffentliche Presseerklärungen, wie sie auch den Presseorganen zugehen, sind gleichzeitig auch auf der städtischen Website unter Aktuelles veröffentlicht. Die öffentlichen Protokollteile zu allen Rats- und Ausschusssitzungen werden nach Erstellung ebenfalls unter der jeweiligen Sitzung im Ratsinformationssystem eingestellt. Die Protokolle des Rates, des Haupt- und Finanzausschusses und des Bauausschusses werden sogar zusätzlich im Mitteilungsblatt abgedruckt. Das Protokoll des Haupt- und Finanzausschusses vom 19.08.2014 wird in den nächsten Tagen veröffentlicht.
PS: Das Ratsinformationssystem der Stadt Winterberg wird nach einem Serverausfall voraussichtlich im Laufe des morgigen Vormittags wieder zur Verfügung stehen.
Mit freundlichen Grüßen aus Winterberg
Der Bürgermeister
gez. i.A. Gerda Schütte
Presse-/Projektkoordination
Unsere Anmerkungen:
„Sie werden sich sicherlich schon mal die Frage gestellt haben, warum alle öffentlichen Stellen Anfragen von privaten Internet-Blogs oder ähnlichen anders behandeln als Anfragen der offiziellen Presseorgane?“
Nein, das habe ich mich noch nicht gefragt, weil ich von sehr vielen öffentlichen Stellen Pressemeldungen und Auskünfte erhalte. Allein die Stadt Winterberg schickt uns, trotz mehrfacher Nachfrage, keine Pressemeldungen, und das seit Jahren.
„Weil offizielle Presseorgane eine andere presserechtliche Verantwortung übernehmen, als die privaten Plattformen.“
Das verstehe ich nicht. Ab wann ist in den Augen des BM Eickler ein Presseorgan „offiziell“? Die Westfalenpost ist die private Plattform der Funke Mediengruppe. Die anderen Printmedien, die in den Briefkästen der WinterbergerInnen liegen, finanzieren sich über Reklame.
„Alle, die sich für die Stadtentwicklung und das Gremiengeschehen interessieren, sind herzlich eingeladen, an den öffentlichen Teilen der Gremiensitzungen teilzunehmen und den kompletten Beratungsverlauf zu verfolgen.“
Ich bin berufstätig und habe leider meist keine Zeit, die Ratssitzungen live zu verfolgen. Daher habe ich ja auch nachgefragt, um sicher zu gehen, dass die vom Sauerlandkurier berichteten rassistischen Äußerungen tatsächlich gefallen sind. Außerdem wollte ich gerne die genauen Zahlen haben, um mir ein Urteil zu bilden.
„Aus dem Kontext Ihrer aktuellen Anfrage lässt sich schließen, dass Ihre gestellten Fragen mit den erbetenen Antworten durch eine Veröffentlichung in Ihrem privaten Blog zur allgemeinen Diskussion in einem freien Austausch anregen sollen“
Abgesehen von der Tatsache, dass „privat“ im Zusammenhang mit Blogs für Sie so etwas wie ein Schmuddelwort zu sein scheint, kann ich Ihnen nur zustimmen.
Natürlich möchte im Blog „zur allgemeinen Diskussion in einem freien Austausch anregen“. Was gibt es in einer Demokratie besseres?