Kreispolitik im HSK: Handlungsbedarf bei den Kosten der Unterkunft ?

Nach fast 4 Monaten steht am Mittwoch (15.06.) ein Antrag der SBL/FW-Fraktion zu den Unterkunftskosten für Grundsicherungsempfänger auf der Tagesordnung des Gesundheits- und Sozialausschusses (GSA).

(Der Artikel ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Bekanntlich hatte das Sozialgericht Dortmund das Unterkunftskostenkonzept, das im Auftrag der Kreisverwaltung von einer Hamburger Firma erstellt worden war, für rechtswidrig erklärt. Geklagt hatte eine 80jährige schwerbehinderte Rentnerin aus Brilon.

Die Kreisverwaltung erklärt in ihrer Vorlage für die Ausschusssitzung, dass sie nicht bereit ist, das Urteil in anderen Fällen zu berücksichtigen: “Solange das Urteil vom 19.02.2016 keine Rechtskraft erlangt, ergibt sich keine Veranlassung, die bisherige Verwaltungspraxis abzuändern. Insoweit bemisst sich die Angemessenheit der zu gewährenden Unterkunftskosten weiterhin anhand der von Analyse & Konzepte ermittelten Richtwerte.” Die Kreisverwaltung hatte einen Rechtsanwalt aus Delmenhorst(!) beauftragt, Berufung beim Landessozialgericht einzulegen. Bisher kennt die Klägerin allerdings keine Begründung für die Berufung.

Die SBL/FW-Fraktion hat für die Ausschusssitzung einen Änderungsantrag zum Beschlussvorschlag der Verwaltung eingebracht:

“Der GSA nimmt zur Kenntnis,
– dass das Sozialgericht Dortmund in seinem Urteil vom 19.02.2016 zum Unterkunfts¬kostenkonzept der HSK für Grundsicherungsempfänger festgestellt hat: ‘Die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze entspricht nicht den Vorgaben des BSG‘;
– dass das Sozialgericht Dortmund in seinem Urteil vom 19.02.2016 auf viele weitere, von der Klägerin vorgetragene Bedenken nicht mehr eingegangen ist, so dass die Aussage der Kreisverwaltung in der Drucksache 9/499, das Konzept sei ‘hinsichtlich der grundsätzlichen Vorgehensweise nicht beanstandet’ worden, einen falschen Eindruck erweckt;
– dass der Sachverhalt in dem von der Kreisverwaltung zitierten Urteil des LSG NRW vom 27.01.2016 (L 12 AS 1180/12) inhaltlich nicht auf den HSK anwendbar ist.

Das gilt z.B. deswegen, weil in diesem vom LSG entschiedenen Fall:

o das Gebiet, für die Höhe der Unterkunftskosten ermittelt wurde, nur aus einer einzigen Stadt besteht, während es im HSK um eine Ermittlung einer Einheitsmiethöhe anhand der Daten aus 7 räumlich nicht eng verbundenen Gemeinden geht;
o die Klägerin nicht zum Verhandlungstermin beim LSG erschien und schon etwa ein Jahr vorher in ein anderes Bundesland verzogen ist;
o die Klägerin trotz einer fast 3 Monate vor dem Verhandlungstermin ergangenen Aufforderung nicht die vom LSG geforderten weiteren Angaben lieferte;
o die Klägerin bereits Leistungen für ihre Unterkunftskosten erhielt, die erheblich über dem Wohngeldniveau lagen, während in der Stadt Brilon durch das angegriffene Konzept das Niveau der Wohngeldtabelle plus 10% vom Sozialgericht festgelegtem Sicherheitszuschlag deutlich unterschritten wurde.
o von der Beklagten konkret die Verfügbarkeit anderer geeigneter und preisgünstigerer Wohnungen nachgewiesen werden konnte;

– dass erst vor wenigen Tagen die Begründung eines aktuellen Urteils des SG Magdeburg (S 14 AS 1766/13) zum von der Firma A&K für den LK Harz erstellten Unterkunftskosten¬konzept veröffentlicht wurde. In dieser Entscheidung wird das Konzept für rechtswidrig erklärt, da die in die Vergleichsräume einbezogenen Gemeinden nicht die nach der Rechtsprechung des BSG notwendige verkehrstechnische Verbundenheit aufweisen. Der LK Harz ist wegen der gebildeten Wohnungsmarkttypen, seiner Größe (ca. 2.100 km2) und Einwohnerzahl (ca. 220 T) gut mit dem HSK vergleichbar;
– dass er mittlerweile zahlreiche Entscheidungen von Sozialgerichten gibt (z.B. von den Sozialgerichten Bayreuth, Dessau-Roßlau, Dresden, Gießen und Magdeburg sowie vom Landessozialgericht Niedersachsen), die – bei ähnlichen räumlichen Gegebenheiten wie im HSK – die Konzepte der vom HSK beauftragten Firma A&K für rechtswidrig erklären.

Der GSA fordert daher die Kreisverwaltung auf,

– das Urteil des SG Dortmund vom 19.02.2016 bis zur endgültigen sozialgerichtlichen Klärung für alle Grundsicherungsempfänger im HSK anzuwenden,
– alle Grundsicherungsempfänger darauf hinzuweisen, dass die Kreisverwaltung im Falle einer rechtskräftigen Entscheidung, mit der das bisher verwendete Unterkunftskosten¬konzept endgültig für rechtswidrig erklärt wird, auf die Einrede der Verjährung bzw. der Nichteinlegung von Rechtsmitteln verzichten wird; dadurch können jetzt unnötige Widerspruchs- und Klageverfahren vermieden werden;
– eine Ausschreibung für die Neuerstellung des Konzepts durchzuführen und ein anderes Unternehmen als bisher mit der Erstellung des Konzepts zu beauftragen.”

Wir sind gespannt, wie die anderen Kreistagsfraktionen, die sich sonst als sozial orientieren, mit diesem Antrag umgehen

Doch Hauptsache, der Rubel rollt… Ein Kommentar zu der Gerichtsentscheidung über das Kükenschreddern des OVG Münster

kuekenschreddern2010525Seit letzter Woche Freitag ist es also offiziell. Durch das Stattgeben einer Klage von zwei Geflügelzüchtern aus NRW bleibt das millionenfache Schreddern bzw. Vergasen von männlichen Küken offiziell legal.

(Ein Gastbeitrag von Raik Häger)

Alleine im Jahre 2015 fielen rund 48 Millionen männliche Küken in Deutschland dieser gängigen Praxis zum Opfer. Doch ist diese überhaupt mit dem Tierschutzgesetz vereinbar? Laut dem OVG Münster anscheinend schon. Die Begründung lautet, dass die Aufzucht der männlichen Küken für die Brütereien unrentabel sei.

Weitergehend würde ich gerne die Frage erörtern, wie dieses Urteil einzuschätzen ist.

Paragraph 17 des Tierschutzgesetzes lautet: „ Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer […] ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet […]“

Soweit ist diese Vorschrift ein klar formulierter Satz und man könnte auf den ersten Blick durchaus meinen, dass durch den oben zitierten Paragraphen das Kükenschreddern ohne große Diskussion als absolut inkompatibel mit dem Tierschutzgesetz zu verstehen ist.

Das Problem ist jedoch die Formulierung „ohne vernünftigen Grund“. In der Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland sind solche offenen Formulierungen sehr häufig zu finden. Es handelt sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, welche durch die Rechtsprechung definiert und angepasst werden.

Im Falle des Kükenschredderns ist also davon auszugehen, dass das OVG Münster die fehlende Rentabilität der Aufzucht männlicher Küken als vernünftigen Grund zum Töten der Tiere angesehen und somit definiert hat. Juristisch ist hiermit der Sachverhalt klar definiert.

Jedoch würde ich gerne noch einmal den Sachverhalt ethisch betrachten.

Wenn ich einmal hinüber schwenke auf die Grundrechte, die menschliches Leben inne hat, haben wir in Deutschland (und in der EU / UN) glücklicherweise sehr komplexe und klare Vorstellungen darüber definiert, dass das Leben unantastbar ist, jeder Mensch gewisse Freiheiten hat etc.

Solche Rechte sind für Tiere zwar nicht in der Dogmatik und Komplexität zu finden, jedoch definiert der Paragraph 17 das tierische Leben immerhin als schützenswert. Das riesige Problem ist jedoch der unbestimmte Rechtsbegriff.

So lange von der Rechtsprechung ganz klar der Profit in diesem Land ÜBER das Leben von Lebewesen gestellt wird, könnte ich ganz gemein Fragen, ob hier bewusst solche „Hintertüren“ im Gesetz dafür verwendet werden, um gewisse unbequeme Entscheidungen gegenüber den Züchtern zu umgehen. Für mich persönlich ist das Urteil des OVG Münster ein Unding.

Die Tierzucht scheint im Moment mehr und mehr mit „klassisch“ industriellen Strukturen gleichgesetzt zu werden, in der Profit als höchste Maxime gilt. Diese Tendenz beinhaltet jedoch den schwerwiegenden Denkfehler, dass man nicht mit Objekten, wie z.B. Stahl oder Kunststoff arbeitet, sondern mit Lebewesen.

Ich persönlich wünsche mir ein möglichst schnelles Umdenken!

Pressemitteilung: Kosten der Unterkunft – SBL/FW bringt Antrag zum morgigen Gesundheits- und Sozialausschusses ein

Meschede. (sbl_pm) Am 19.02.2016 hat das Sozialgericht Dortmund aufgrund der Klage einer fast 80jährigen Rentnerin das Konzept des Hochsauerlandkreises über die angemessenen Mieten von Grundsicherungsempfängern für „gescheitert“ erklärt[1]. Die Klägerin hat nun Anspruch auf Anerkennung einer Miete in Höhe der Wohngeldtabelle plus 10% Sicherheitszuschlag.

Zuvor hatten bereits die Sozialgerichte Bayreuth, Dessau-Roßlau, Dresden, Gießen und Magdeburg sowie das Landessozialgericht Niedersachsen Unterkunftskosten-Konzepte desselben Unternehmens, das auch vom Hochsauerlandkreis mit der Erstellung des Konzepts beauftragt worden war, aufgehoben.

Aus diesem Anlass beantragte SBL-Fraktionssprecher Reinhard Loos, für die Sitzung des Gesundheits- und Sozialausschusses am 24.02.2016 den Tagesordnungspunkt „Information über kurzfristige Konsequenzen aus dem Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.02.2016 (Az S 62 SO 444/14)“ zusätzlich aufzunehmen und fragt:

  • Wie gehen der Hochsauerlandkreis bzw. seine Delegationskommunen nun mit Grundsicherungsempfängern um, bei denen bisher die Leistungen wegen angeblich zu hoher Unterkunftskosten gekürzt worden sind?
  • Wie gehen der Hochsauerlandkreis bzw. seine Delegationskommunen nun mit Grundsicherungsempfängern um, die bisher Umzugsaufforderungen wegen angeblich zu hoher
    Unterkunftskosten erhalten haben?
  • Wird der Hochsauerlandkreis für die bald anstehende Aktualisierung des Konzepts nun ein
    anderes Unternehmen beauftragen?

————————-

[1] Siehe zum Thema den Beitrag vom 21. Februar 2016 hier im Blog: Sozialgericht kippt Mietkostenkonzept des HSK

Sozialgericht kippt Mietkostenkonzept des HSK

Empfänger von Grundsicherungsleistungen nach SGB II (“Hartz IV” für Arbeitsfähige) und SGB XII (Sozialhilfe, z.B. für Rentner) erhalten auch die Kosten für ihre Unterkunft erstattet. Allerdings werden ihnen nicht immer die tatsächlichen Kosten gezahlt, sondern nur die als “angemessen” geltenden Kosten.

(Der Artikel ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienenen.)

Für diese Miethöchstbeträge hatten Landrat und Kreisverwaltung im Sommer 2013 ein Konzept in Kraft gesetzt, übrigens ohne einen Beschluss des Kreistages. Es sah für drei Teilgebiete und 5 Haushaltsgrößen differenzierte Höchstmieten vor; für Brilon waren das einschließlich der “kalten” Nebenkosten (also ohne Heizung) für einen Ein-Personen-Haushalt 285,50 Euro. Die selben Werte wie für Brilon galten auch für Bestwig, Eslohe, Olsberg, Marsberg, Medebach und Hallenberg, eine aus Sicht vieler Betroffener fragwürdige Gleichsetzung.

Heute wurde dieses Konzept über die Kosten der Unterkunft vom Sozialgericht Dortmund für “gescheitert” erklärt (Az S62 SO 444/14). Eine fast 80 Jahre alte Rentnerin hatte dagegen geklagt. Die zu 100% schwerbehinderte Frau, die u.a. mit Hüften, Rücken und Augen erhebliche Probleme hat, hatte bis Juni 2014 in Olsberg gewohnt, in der II. Etage. Da sie die Treppe nicht mehr bewältigen konnte und sie in die Nähe ihrer Tochter, die sich intensiv um sie kümmert, ziehen wollte, zog sie nach Brilon, ins Stadtzentrum, in eine ebenerdige, 56 qm große Wohnung. Von dort konnte sie noch viele Besorgungen selbst erledigen und sich somit einen möglichst hohen Grad an Selbständigkeit erhalten. Die Tochter wohnt nun nur etwa 700 Meter entfernt.

Trotz 45 Jahren Erwerbsarbeit und der Erziehung von 4 Kindern reicht die Rente der Frau aber nicht aus, so dass sie auf ergänzende Sozialhilfeleistungen angewiesen ist. Anders als zuvor in Olsberg kürzte ihr aber nun das Sozialamt der Stadt Brilon die Unterstützung für die Miete, weil diese angeblich unangemessen war. Pro Monat fehlten ihr etwa 84 Euro.

Der dagegen beim Briloner Sozialamt eingelegte Widerspruch blieb erfolglos, so dass die Rentnerin vor das Sozialgericht zog. Dieses stellte heute fest, dass das Konzept des HSK nicht gültig ist. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, dass in diesem Konzept keine kreisbezogenen Daten für den Anteil der Nachfrager nach billigem Wohnraum enthalten sind und die aus einer bundesweiten Untersuchung übernommenen Daten zudem zu alt seien, da sie bereits aus dem Jahr 2009 stammen.

Als Folge gelten nun statt der Tabellenwerte aus dem Konzept die Werte der Wohngeldtabelle, plus einem Sicherheitszuschlag von 10%.

Der Kreis muss nun nachbessern. Gegen das Urteil kann allerdings Berufung beim Landessozialgericht in Essen eingelegt werden.

Damit hat das Hamburger Unternehmen “Analyse und Konzepte”, dass das Unterkunftskosten-Konzept im Auftrag der Kreisverwaltung erstellt hatte, eine weitere Niederlage bei einem Sozialgericht erlitten. In jüngster Zeit hatten auch die Sozialgerichte in Bayreuth, Dessau-Roßlau, Dresden, Gießen und Magdeburg sowie das Landessozialgericht Niedersachsen Mietkosten-Konzepte, die diese Firma für andere Kreise erstellt hatte, für unwirksam erklärt. Die SBL hatte in den Gremien des Kreises wiederholt darauf hingewiesen, dass sie die Methodik dieses Konzepts für fragwürdig und die Höchstmieten nach diesem Konzept für zu niedrig hält; in vielen Orten des Kreises ist dafür keine geeignete Mietwohnung zu finden.

Die Kreisverwaltung plant unabhängig von der heutigen Gerichtsverhandlung eine neue Datenerhebung. Das könnte eine gute Gelegenheit sein, das Institut zu wechseln …

———————–

Auch die Westfalenpost berichtet:

http://www.derwesten.de/wp/staedte/arnsberg/man-muss-sich-doch-wehren-aimp-id11582551.html

http://www.derwesten.de/wp/staedte/nachrichten-aus-brilon-marsberg-und-olsberg/man-muss-sich-doch-wehren-id11580903.html

Kindstod in Winterberg: “Massives behördliches Versagen aufgedeckt”.

KindstodWordle20160216Medebach. (rlo) “Massives behördliches Versagen aufgedeckt”, mit diesen Worten beschrieb heute in Medebach Amtsrichter Fischer beim Strafverfahren gegen die Mutter eines vor zwei Jahren an Unterernährung und Flüssigkeitsmangel verstorbenen Kleinkindes (2 Jahre) die Rolle des Kreisjugendamtes.

(Der Artikel ist in ähnlicher Form heute auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Ein weiteres Kleinkind (damals knapp 1 Jahr) war stark geschädigt, hat aber nach Einlieferung in die Kinderklinik überlebt und ist mittlerweile normal entwickelt. Das Verfahren gegen die Mutter des Kindes ist aber noch nicht zu Ende, sondern wird an das Landgericht Arnsberg verwiesen. Das Amtsgericht Medebach folgte damit einem Antrag der Staatsanwaltschaft Arnsberg.

In seiner ausführlichen, 50 Minuten dauernden Begründung für den Verweisungsbeschluss führte Richter Fischer u.a. aus, dass er zunächst von einer fahrlässigen Tötung ausgegangen sei. Im Verlauf der viertägigen Hauptverhandlung habe er jedoch den Eindruck gewonnen, dass von einem “bedingten” Vorsatz der Mutter auszugehen sei. Bedingter Vorsatz bedeutet juristisch nicht Absicht, sondern dass die Beschuldigte die Folgen ihres Tuns hätte erkennen müssen und sie billigend in Kauf nahmen.

Außer der Kindesmutter steht auch das Kreisjugendamt im Blick des Amtsgerichts. Das Amt sei beim Umzug der alleinerziehenden neunfachen Mutter aus Vogtlandkreis in den Raum Winterberg vom früher zuständigen Jugendamt Plauen detailliert und vorbildlich über die Defizite in der Familie informiert worden, etwa 8 Monate vor dem Tod des Kindes.

Unter anderem stand in der Mitteilung, dass alle 9 Kinder Ernährungsmängel aufwiesen und die Wohnung vermüllt gewesen war. Dies hätte nach § 8 Sozialgesetzbuch VIII Anlass sein müssen, dass sich mehrere Fachkräfte mit der Familie befassen. Doch in den Blick genommen wurden nur die Schulprobleme eines der älteren Kinder. Fehlende Vorsorgeuntersuchungen und extreme Unterernährung der beiden jüngsten Kinder wurden bei den Besuchen, die zudem viel zu selten stattfanden, nicht registriert.

FORTSETZUNG FOLGT

… Update 17.2.2016 …

Wenig Informationen hatte auch die Pflegemutter erhalten, die das jüngste Kind 15 Monate lang betreute, nachdem es wegen der Vorfälle aus der Familie genommen worden war. Das Kreisjugendamt hatte ihr nur gesagt, dass das Kind zuvor im Krankenhaus gewesen war, aber keine Informationen über die besondere familiäre Situation gegeben. Vor Ort in der Pflegefamilie hat auch nie ein Mitarbeiter des Jugendamtes das Kind besucht. Es gab allerdings häufige Treffen mit der leiblichen Mutter in den Räumen des Jugendamtes. Die Pflegemutter konnte in der Gerichtsverhandlung auch berichten, dass das Kind innerhalb etwa eines Jahres alle Rückstände aufgeholt hat und mit normalem Gewicht und gutem Entwicklungszustand in eine andere Familie wechseln konnte.

Kreisjugendhilfeausschuss und Kreistag, die beide für das Kreisjugendamt zuständig sind, werden sich nun noch mit der Aufarbeitung der Ereignisse befassen müssen. Dabei wird es vor allem darum gehen müssen, ob es systematische Fehler in der Arbeitsweise des Kreisjugendamtes gab und/oder gibt, die abgestellt werden müssen. Gab es Fallbesprechungen im Team, Unterstützung für die Sachbearbeiter, Aufträge der Jugendamtsleitung sich um die gesamte Familie und nicht nur um ein älteres Kind mit Schulproblemen zu kümmern, Kontrolle der Hefte über die kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen, das Angebot mehrerer paralleler Hilfeformen, und gab es eine angemessene Auswertung der vom Jugendamt aus Westsachsen eingegangenen Berichte? Wie sehen die Konzepte der Kreisjugendamtes für Interventionen in Krisenfällen aus?