Auf Einladung der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) besuchte Alexander Trennheuser, Sozialwissenschaftler und NRW-Geschäftsführer der Initiative “Mehr Demokratie e.V.”, den Hochsauerlandkreis.
(Der Artikel ist heute in ähnlicher Form auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)
In Meschede erläuterte Alexander Trennheuser die Position von „Mehr Demokratie“ zur Wiedereinführung der Sperrklausel bei Kommunalwahlen, den Freihandelsabkommen CETA und TTIP sowie zu Bürgerbegehren.
„GagaGroKo“
Hinsichtlich der speziellen politische Situation im HSK-Kreistag und in vielen Rathäusern hier im Landkreis (Übermacht der CDU und der Quasi-Gleichschaltung der anderen größeren Parteien – Stichwort „GagaGroKo = ganz ganz große Koalition) kommentierte Alexander Trennheuser, besser sei es, wenn Koalition und Opposition in einem angemessenen Verhältnis zueinander stünden. Denn sonst fehle die Diskussion um eine angemessene Entscheidung. Und so würde dann sehr viel von den Fraktionsspitzen „durch gewunken“. Das sei so etwas wie eine „Oligarchisierung des Parlaments“.
SBL/FW-Fraktionssprecher Reinhard Loos konnte dazu ein praktisches Beispiel anführen. Er kritisierte, dass Mitgliedern der kleinen Fraktionen und dem fraktionslosen Einzelmitglied die Arbeit allein schon durch einen mangelnden Zugang zu Informationen erschwert würde. Da sei die „GagaGroKo“ klar im Vorteil, da sie „an der Quelle“ säße.
NRW führte Sperrklausel wieder ein
Die Wählergemeinschaft SBL/FW und die kleinen Parteien interessieren sich selbstverständlich für die Position von „Mehr Demokratie“ zur Sperrklausel. Der NRW-Landtag beschloss ja bekanntlich im Mai 2016 mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen, Enthaltung der FDP und einem NEIN nur von den PIRATEN, bei Kommunalwahlen wieder eine Sperrklausel einzuführen. Kritiker behaupten, die Entscheidung sei nicht verfassungskonform.
Verfassungsbeschwerden
„Mehr Demokratie“ nutzt für verfassungsrechtlich fragwürdige Entscheidungen die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde. Auf europäischer Ebene klagte die Organisation auch schon gegen die Sperrklausel. Aktuell läuft ihre Verfassungsbeschwerde gegen das transatlantische Freihandelsabkommen CETA.
Landesverfassung
„Sperrklausel“, das ist unser Stichwort. Alexander Trennheuser stellt klar, die Sperrklausel wurde jetzt vom Landtag sogar in die NRW-Landesverfassung geschrieben. Die Idee hätte NRW aus Hamburg übernommen. Und das sei ein Novum bei den Flächenländern.
Geht es den großen Parteien um die Absicherung eigener Pfründe? Was ist mit den Bürgerrechten?
Handlungsunfähigkeit ist nicht belegt
Es gibt Hoffnung: Sperrklauseln wurde schon zweimal vom Landesverfassungsgericht gekippt. Alexander Trennheuser sprach die Wahlgleichheit an. Sie bdedeutet: „Jede Stimme muss gleich zählen!“ Die Sperrklausel greife in die Chancengleichheit der Parteien ein. Er bezweifle ob Städte und Kreise korrekt belegen können, dass ihre Parlamente durch kleine Parteien und Wählergemeinschaften in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind. Von einer Zersplitterung der Räte könne keine Rede sein. Als Begründung für die Sperrklausel müsse die konkrete Gefahr für die Handlungsfähigkeit der Kommunen ausgearbeitet werden. Der empirische Nachweis über die Handlungsunfähigkeit sei aber nicht geführt, auch wenn das vom Land bei Prof. Dr. Jörg Bogomil in Auftrag gegebene Gutachten etwas anderes sage.
Optionen
Wie können wir gegen die verfassungswidrige Verfassung vorgehen? Können wir direkt vor dem Landesverfassungsgericht klagen?
Geklagt wird bestimmt. Angekündigt haben es die PIRATEN. Die ÖDP und DIE LINKE denken darüber nach. Die FDP wird vermutlich nichts unternehmen.
Klagen sind kostspielig und die Zeit drängt.
Die Klagen müssen bis zum 10.12.2016 eingereicht sein.