Männer sterben sechs Jahre eher als Frauen. Auch 2015 waren Herz-Kreislauf-Krankheiten häufigste Todesursache in NRW.

Düsseldorf (IT.NRW). Im Jahr 2015 sind in Nordrhein-Westfalen 204 352 und damit rund 5,9 Prozent mehr Menschen verstorben als ein Jahr zuvor.

Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als amtliche Statistikstelle des Landes mitteilt, waren Krankheiten des Kreislaufsystems mit 36,1 Prozent (73 743 Verstorbene) auch 2015 die mit Abstand häufigste Todesursache gewesen. 38,7 Prozent der Frauen und 33,3 Prozent der Männer starben an den Folgen einer Kreislauferkrankung.

Zweithäufigste Todesursache waren mit einem Anteil von 24,9 Prozent bösartige Neubildungen (50 899 Verstorbene). Die Zahl der an Krebserkrankungen Verstorbenen war damit im Jahr 2015 um 1,3 Prozent niedriger als 2014. Bei 15 183 dieser Todesfälle waren Krebserkrankungen der Verdauungsorgane, bei 11 972 Fällen Krebserkrankungen der Atmungsorgane und bei 5 460 Gestorbenen Krebserkrankungen der Genitalorgane ursächlich. Bei Männern spielten Krebserkrankungen als Todesursache eine größere Rolle (27,4 Prozent) als bei Frauen (22,5 Prozent). Dritthäufigste Todesursachen waren mit 17 465 (8,5 Prozent) Krankheiten des Atmungssystems (ohne Neubildungen).

Das durchschnittliche Sterbealter betrug 78 Jahre (Frauen: 81 Jahre; Männer: 75 Jahre).

Der Hochsauerlandkreis liegt beim Sterben im Jahr 2015 über dem Durchschnitt.

Vergleich der Jahre 209, 2014 und 2015. (screenshot it.nrw: zoom)

Die Daten für die Männer sehen so aus:

Das Sterben der Männer im HSK, ebenfalls 2009, 2014 und 2015 im Vergleich.

Die Daten der Frauen:

Vergleichsstatistik für die weiblichen Gestorbenen 2009, 2014 und 2015.

Wie aussagekräftig die prozentualen Veränderungen sind, kann ich nicht beurteilen, denn es handelt sich hier im Hochsauerlandkreis um verhältnismäßig kleine Vergleichsgruppen.

Männer – Genitalorgane
So haben bösartige Tumore an den Genitalorganen bei den Männern zwar um satte 20% zugenommen, aber der absolute Anstieg beträgt 10 Personen (von 50 auf 60).

Frauen – Atmungsorgane
Bei den Frauen fallen die Atmungs- und sonstigen Organe im Brustraum auf. Hier haben wir einen absoluten Anstieg von 32 auf 53 Gestorbene, umgerechnet 65,6%.

Die krassen Prozentzahlen lassen meiner Meinung nach noch keine Rückschlüsse zu. Man müsste zusätzlich die externen Variablen kennen, die das Sterben im HSK beeinflussen können, wie beispielsweise der demografische Wandel und klimatische Unterschiede in den Vergleichszeiträumen.

Fest steht indes, dass auch im Hochsauerland gestorben wird und die Männer dabei den Kürzeren ziehen.

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Ergebnisse für kreisfreie Städte und Kreise als PDF:
https://www.it.nrw.de/presse/pressemitteilungen/2017/pdf/8_17.pdf

Pressemitteilung: Mikrozensus 2017 startet in Nordrhein-Westfalen

Der Mikrozensus 2017 in Winterberg. (screenshot: zoom)

Düsseldorf (IT.NRW). Wie viele Familien mit Kindern gibt es in Nordrhein-Westfalen? Wie ist die Situation alleinerziehender Mütter oder Väter in unserer Gesellschaft? Wie viele Mütter sind berufstätig? Wie haben sich Vollzeitbeschäftigung und befristete Arbeitsverhältnisse entwickelt?

Antworten auf diese und ähnliche von Politik, Wissenschaft und Medien häufig gestellte Fragen gibt der „Mikrozensus”.

Aussagen wie: „in NRW gab es 2015 etwa 8,7 Millionen Privathaushalte; darin lebten 2,5 Millionen Familien mit Kindern – wobei mehr als eine halbe Million Mütter alleinerziehend waren” sind nur mit Mikrozensusergebnissen möglich. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als amtliche Statistikstelle des Landes mitteilt, werden in Nordrhein-Westfalen jährlich rund 76 000 Haushalte befragt. Die Befragungen zu dieser Erhebung sind gleichmäßig auf alle Wochen des Jahres verteilt und entsprechen dem europäischen Standard.

Im Januar 2017 werden beispielsweise in 35 zufällig ausgewählten Düsseldorfer Auswahlbezirken etwa 250 Haushalte befragt (die durchschnittliche Zahl je Bezirk liegt bei etwa acht Haushalten). NRW-weit setzt IT.NRW 350 Interviewerinnen und Interviewer für die Befragungen der Haushalte ein.

In Winterberg werden (siehe Bild) in insgesamt sieben Auswahlbezirken etwa 56 Haushalte befragt.  Im Januar ist es gerade mal ein Auswahlbezirk.

Die Interviewer kündigen ihren Besuch zuvor schriftlich an und legitimieren sich durch einen Ausweis. Um Datenschutz und statistische Geheimhaltung zu gewährleisten, sind sie zur strikten Verschwiegenheit verpflichtet. Abgefragt werden z. B. persönliche Merkmale wie Alter, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Schulbesuch, Erwerbstätigkeit und Gesundheit.

Für den überwiegenden Teil der Fragen besteht eine Auskunftspflicht.

Bei der Beantwortung der Fragen auf freiwilliger Basis hoffen die Statistiker auf hohe Beteiligung. Die Ergebnisse sind Basis für politische und wirtschaftliche Entscheidungen.

Die einfachste und zeitsparendste Art der Auskunftserteilung ist das persönliche Interview; die sorgfältig ausgewählten und intensiv geschulten Interviewer/-innen sind mit Laptops ausgestattet, um den Aufwand für die Befragten möglichst gering zu halten.

Die Haushalte haben aber auch die Möglichkeit, selbst einen Fragebogen auszufüllen und diesen per Post an den Landesbetrieb zu senden.

Der Mikrozensus wird seit 1957 jedes Jahr bei einem Prozent aller Haushalte im gesamten Bundesgebiet durchgeführt. Es handelt sich um eine sog. Flächenstichprobe, das heißt, es werden nach einem mathematischen Zufallsverfahren Straßenzüge bzw. Gebäude ausgewählt. Die Haushalte, die in diesen „ausgelosten” Gebäuden wohnen, werden vier Jahre lang befragt. In jedem Jahr wird zur Entlastung der Befragten ein Viertel der Haushalte durch andere ersetzt.

Wann und wo die Befragungen in NRW stattfinden, finden Sie hier.

Rund ein Drittel der Beschäftigten in NRW erhielten 2014 kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld

Düsseldorf (IT.NRW). Mehr als ein Drittel der 7,5 Millionen Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen bekamen im Jahr 2014 keinerlei Sonderzahlungen oder sonstige Bezüge wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Prämien oder Ähnliches.

Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als amtliche Statistikstelle des Landes anhand von Ergebnissen der Verdienststrukturerhebung 2014 mitteilt, erhielten die anderen zwei Drittel Jahressonderzahlungen in Höhe von durchschnittlich 4 001 Euro.

Bei der Differenzierung der Empfänger von Sonderzahlungen nach Geschlecht zeigt sich, dass diese Zahlungen bei weiblichen Beschäftigten mit 2 671 Euro etwa halb so hoch waren wie die ihrer männlichen Kollegen (5 114 Euro).

Diese Differenz kommt vor allem dadurch zustande, dass überdurchschnittlich hohe Sonderzahlungen (4 000 Euro und mehr) vor allem an männliche Beschäftigte flossen. Während rund 14 Prozent der weiblichen Beschäftigten sonstige Bezüge in dieser Höhe erhielten, waren es etwa 36 Prozent der Männer.

Allerdings gab es auch am anderen Ende der Skala Unterschiede: Während etwa 51 Prozent der Frauen Sonderzahlungen von weniger als 2 000 Euro erhielten, traf dies auf rund 34 Prozent der Männer zu.

Umleitung: Neun Links von Public History über „Fake News“ bis zur Kino-Ödnis in Dortmund

Kürzlich im Kölner Hafen. Der Kapitän will einen Ausflug machen. (foto: zoom)

Warum wir alle Public Historians werden sollen: Public-History-Studiengänge sind für die Anerkennung der Arbeit, die HistorikerInnen außerhalb der Universitäten leisten, notwendig … publicHistory

Denunziant Dr. Dahlgrün: Wie der Phoenix-Justiziar und spätere Bundesfinanzminister eine junge Büroangestellte der Gestapo auslieferte … harbuch

Fake News, gehackte Mails & Co: das kennen Klimaforscher längst … klimalounge

Medienwissenschaftler Bernd Gäbler: Das System der Massenmedien hat ausgedient … dradiokultur

Abgeordnete verlässt AfD: „Krasser als die NPD“ … faz

Hilfe aus Russland: Hat Putin Trump zum Präsidenten gemacht? … postvonhorn

Lobbyismus in NRW: König Bertelsmann … telepolis

Hagen im Jahre 2595 schuldenfrei: Regionalverband Ruhr legt Kommunalfinanzbericht vor … doppelwacholder

Kino-Ödnis in einer Großstadt: Wenn auch noch die Dortmunder „Schauburg“ schließt … revierpassagen

Klage des Vereins Sauerländer Bürgerliste (SBL) gegen die Sperrklausel

Münster. (pm_verfgh) Die Klage des Vereins Sauerländer Bürgerliste (SBL) gegen die Sperrklausel bei Kommunalwahlen ist beim Verfassungsgerichtshof NRW eingegangen.

In der Pressemeldung des Verfassungsgerichtshofs heißt es:

Die Sauerländer Bürgerliste e. V., eine kommunale Wählervereinigung aus dem Hochsauerlandkreis, hat am 10. Dezember 2016 ein Organstreitverfahren gegen den Landtag eingeleitet, mit dem sie sich gegen die Einführung einer 2,5 %-Sperrklausel für Kommunalwahlen wendet.

Der Landtag hat am 10. Juni 2016 das Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen und wahlrechtlicher Vorschriften (Kommunalvertretungsstärkungsgesetz) beschlossen. Es sieht eine Änderung der Landesverfassung vor, in deren Art. 78 Abs. 1 Satz 3 für die Wahlen der Räte der Gemeinden, der Bezirksvertretungen, der Kreistage und der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr eine 2,5 %-Sperrklausel festgeschrieben wird. Zudem wird das Kommunalwahlgesetz entsprechend geändert. Das Kommunalvertretungsstärkungsgesetz ist am 30. Juni 2016 verkündet worden (GVBl. NRW. S. 442) und am folgenden Tag in Kraft getreten.

Die Antragstellerin sieht sich hierdurch in ihrem Recht auf Chancengleichheit und auf Gleichheit der Wahl aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes sowie Art. 1 Abs. 1, Art. 2 der Landesverfassung verletzt. Die Sperrklausel bewirke eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Erfolgswertes der für einzelne Parteien und Wählergruppen abgegebenen Wählerstimmen. Stimmen für Kandidaten einer Liste, die an der Sperrklausel scheitere, hätten keinen Erfolgswert, weil dieser Liste kein Sitz zugeteilt werde, obwohl ihr rechnerisch ein Sitz oder mehrere Sitze zustünden. Erschwerend komme hinzu, dass sich die Sperrklausel bereits im Vorfeld der Sitzverteilung nachteilig auf kleinere Parteien und Wählergruppen auswirke, weil viele Wähler wegen der vermeintlichen Chancenlosigkeit solcher Parteien und Wählergruppen davon absähen, für diese zu stimmen. Diese Beeinträchtigungen der Wahlrechts- und Chancengleicheit seien verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere gebe es trotz der Abschaffung der früheren kommunalwahlrechtlichen Sperrklausel in Nordrhein-Westfalen keine belegbaren Hinweise auf drohende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kommunalvertretungen infolge einer „Parteizersplitterung“.

Der Verfassungsgerichtshof hatte im Jahr 1999 entschieden, dass die damals im Kommunalwahlgesetz geregelte 5 %-Sperrklausel mit der Landesverfassung nicht vereinbar war (Urteil vom 6. Juli 1999 – VerfGH 14/98, 15/98 –).

Gegen die aktuelle 2,5 %-Sperrklausel sind bereits von NPD, Piratenpartei und der Partei „Volksabstimmung“ eingeleitete Organstreitverfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig (Aktenzeichen: VerfGH 9/16, 11/16 und 13/16, Pressemitteilungen vom 4. August, 13. Oktober und 7. Dezember 2016).

Die Klage hat das Aktenzeichen VerfGH 14/16.

Quelle: http://www.vgh.nrw.de/pressemitteilungen/14_161215/index.php

+++ Wir und Heute – Für Römer +++

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Video-Link: https://youtube.com/watch?v=_RbvNMB_7EY

Martin Kaysh verteidigt in der neuen Folge von „Wir und Heute“ den SPD-Fraktionsvorsitzenden im NRW-Landtag Norbert Römer.

Und zwar leidenschaftlich: Dieser sitzt immerhin für die IGBCE in den Aufsichtsräten und da ist es doch super, dass Römer nebenher Geld kriegt – meint Martin. Alles andere sei aufgebauschte Suppe. Martin sagt, er rechnet fest damit, dass Norbert Römer das Geld aus den Aufsichtsräten an die IGBCE weitergibt, so wie es abgemacht ist.

Die Gewerkschaft macht damit sicher was Gutes. David sagt, das wird überprüft. Ansonsten geht es diesmal um Angst, die AfD und den Pannekopp-Orden. Wir sammeln nämlich Vorschläge. Immer her damit.

Es unterhalten sich Martin Kaysh, der den Geierabend in Dortmund als Steiger präsentiert, und David Schraven, der Leiter von CORRECTIV.

Nebeneinkünfte im Landtag NRW: Die Problemfälle

Immer wieder kommt es zu Interessenkonflikten. Oft werden diese nicht offengelegt. Trotz Transparenzrichtlinien.


Illustration: Charlotte Hintzmann (charlotte-hintzmann.de[1])
Lobbyismus und Politik sind tief und eng miteinander verbunden. Es geht um Macht und Einfluss. Die gesetzlichen Regeln schreiben in NRW vor, dass die Abgeordneten die meisten Nebeneinkünfte veröffentlichen müssen. Das tun sie. Aber zu oft ziehen sie keine Konsequenzen aus den offengelegten Interessenkonflikten.

Von Bastian Schlange und David Schraven (correctiv.ruhr)

Die Regel sagt, dass es auf Transparenz ankommt. Wer gibt wem Geld? Erst im vergangenen Monat kam der Skandal um die käuflichen Ministergespräche der NRW-SPD ans Licht – und sorgte für Aufregung. Der Fall erinnerte stark an die Diskussion um käufliche Treffen mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) kurz vor der NRW-Landtagswahl im Jahr 2010.

Doch selbst wenn Transparenz herrscht, gibt es immer noch Interessenkonflikte, die nicht einfach erledigt sind, wenn sie offen gelegt werden. Das Konfliktpotenzial bleibt. So dokumentiert eine Recherche von CORRECTIV.RUHR in den Abgeordnetenprofilen, wie weit der Einfluss von Banken, der Kohleindustrie und der Sparkassen in den NRW-Landtag reicht. Ausgewertet wurden die zusätzlichen Tätigkeiten. Wird von einem Abgeordneten sein erlernter Beruf oder sein Geschäft parallel zum Mandat weiter ausgeübt bzw. geführt, floss das nicht in die Auswertung ein.

Römer im Zeichen der Kohleindustrie

Der vermutlich größte Fall ist der von Norbert Römer, dem Fraktionsvorsitzender der SPD. Neben seinen Landtagsbezügen verdiente er im Jahr 2015 über 60.000 Euro hinzu. In der ersten Hälfte 2016 waren dies bereits über 85.000 Euro – wobei jeder Abgeordnete noch bis Anfang des Folgejahres für das vergangene Einkünfte nachtragen kann; heißt, die Summe wird weiter steigen. Römer teilte uns mit, dass er seine gesamten Einnahmen gemäß der Auflagen für Abgeordnete veröffentliche und die Einkünfte ordnungsgemäß versteuere.

Interessant wird es, genauer zu schauen, woher das Geld in Römers Tasche fließt. Neben den rund 11.000 Euro von der landeseigenen NRW.Bank erhält er rund 9.000 Euro vom BvB, dessen Hauptsponsor ist der Konzern Evonik. Evonik selber ist wiederum die wichtigste Tochter der RAG-Stiftung, die den Auslauf des Bergbaus in NRW überwachen soll. Die RAG-Stiftung ist schließlich eine öffentliche Anstalt, die von mehreren Politikern im Kuratorium beaufsichtigt wird. Die SPD stellt die größte Gruppe im Kuratorium. Zum Beispiel sitzt dort Hannelore Kraft (SPD) Ministerpräsidentin von NRW, Sigmar Gabriel (SPD), Bundesminister für Wirtschaft und SPD-Chef, sowie Heiko Maas (SPD), Bundesminister der Justiz, oder Harry Voigtsberger (SPD), früherer Wirtschaftsminister aus NRW.

Doch nicht nur über diese Kurve bekam Römer Geld aus der Kohlerichtung. Darüber hinaus bekam er bis Juni rund 45.000 Euro als Aufsichtsrat der Ruhrkohle AG (RAG), dem Bergbaukonzern aus dem Ruhrgebiet. Diese Firma gehört ebenfalls der RAG-Stiftung.

Fraktionschef Römer bekam also direkt und indirekt rund 65.000 Euro aus Kassen, die der öffentlichen Hand zuzurechnen sind, neben seinem Gehalt als Chef der SPD-Landtagsfraktion. Anders gesagt: Er bekam aus zwei getrennten Wegen Geld aus öffentlichen Kassen.

Weitere rund 25.000 Euro kassierte Römer obendrauf von der Rütgers GmbH, einem Kohle-Chemie-Unternehmen, das früher Evonik gehörte. Mittlerweile ist die Rütgers GmbH in der Hand eines amerikanischen Unternehmens und unterhält ein Joint Venture in Russland.

All diese Nebentätigkeiten sind legal. Allerdings hinterlässt der Geldfluss einen schalen Geschmack. Die Nebentätigkeiten erzeugen Abhängigkeiten, die zu Lasten einer ehrlichen Politik gehen können. Und hier fließt Geld aus einem öffentlichen Topf über Umwege an eine öffentliche Figur. Kann Norbert Römer unabhängig entscheiden, wenn es um die Kohle und den Bergbau im Ruhrgebiet geht?

Weitere Nebeneinkünfte stechen heraus

Jeder vierte Abgeordnete verdient neben seiner monatlichen Diät von 11.006 Euro brutto (inklusive Altersvorsorge) etwas hinzu. Im Schnitt waren das im vergangenen Jahr immerhin 1.028 Euro im Monat. Ein weiterer Spitzenverdiener in NRW ist der FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Lindner. Er verdiente im vergangenen Jahr rund 65.000 Euro nebenher. Bis November diesen Jahres gab er 78.500 Euro als Nebenverdienst an. Seine Einnahmequellen fallen auf: Er bekommt vor allem Geld für seine Vorträge vor Bankern, Unternehmen und Unternehmensberatern – unter anderem 6000 Euro für die Wohnungswirtschaftlichen Gespräche in Weißach.

Für die Kapitalmarktkonferenz der DZ Bank und den Politischen Salon der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG gab es im Juli 2016 nochmals 11.000 Euro. Dazu kamen im April zusammen 19.500 Euro unter anderem von der Hitmeister GmbH und dem Handelsriesen REWE. Als das Geld von REWE kam, tobte übrigens die Übernahmeschlacht um die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann.

Lindner sieht in seinen Vorträgen keine Interessenkonflikte. „Obwohl ich gelegentlich zu Reden vor den Kunden von Banken eingeladen werde, gehöre ich ja beispielsweise zu den schärfsten Kritikern der staatlichen Bankenrettung“, sagte er auf unsere Anfrage.


Als recht geschäftstüchtig beweisen sich die meisten Liberalen im NRW-Landtag. Zwar liegen sie mit 18,18 Prozent beim Anteil der Hinzuverdiener innerhalb der Partei nur an dritter Stelle – rund jeder dritte Sozialdemokrat (29,59 Prozent) erwirtschaftet neben dem Landtag hinzu und führt damit die zweifelhafte Tabelle an, gefolgt von den Christdemokraten mit rund 26,47 Prozent – bekommen die FDP-ler doch im Parteiendurchschnitt am meisten Geld: 22.426,77 Euro im vergangenen Jahr. Das ist fast so viel wie die Durchschnitts-Nebenverdienste von SPD und CDU zusammengerechnet. Trotzdem wird es besonders für die Sozialdemokraten unangenehm, wenn man genauer in die Verdiensttabellen schaut.

Direkter Einfluss der Banken

Brisant sind zudem die Aktivitäten der Sparkassenvertreter im Landtag NRW. Auch hier gibt es jede Menge Nebenverdienste. Allen voran die Sozialdemokraten, die mit insgesamt über 330.000 Euro fast die Hälfte aller Nebeneinkünfte für sich beanspruchen.

Ein halbes Dutzend Abgeordneter sitzen in den Verwaltungsräten kommunaler Sparkassen und beziehen dafür Geld. Im Einzelfall über 70.000 Euro. Gleichzeitig sitzen ausgerechnet diese Abgeordneten auch noch im Haushalts- und Finanzausschuss. Dort berät das Parlament über das Sparkassengesetz und wichtige Regelungen für die kommunalen Kassen, von den Renten und Gehälter für das Spitzenmanagement bis zu den Transparenzvorschriften. Rechnet man die Einkünfte zusammen, die der SPD-Abgeordnete Martin Börschel 2015 und bislang für 2016 veröffentlicht hat, hat er allein von der Sparkasse KölnBonn über 76.000 Euro bekommen.

Sein Ausschuss-Genosse Hans-Willi Körfges (SPD) kommt bisher auf insgesamt knapp 44.000 Euro von der Stadtsparkasse Mönchengladbach. Der dritte SPD-Mann, der im Haushalts- und Finanzausschuss sitzt und von einer Sparkasse Geld bekommt, heißt Wolfgang Große-Brömer. Er hat seit 2015 über 22.000 Euro von der Stadtsparkasse Oberhausen bekommen. Große-Brömer sagte gegenüber CORRECTIV.RUHR: „Nein, ich sehe keinen Interessenskonflikt zwischen meiner Aufgabe als Mitglied des Verwaltungsrates der Stadtsparkasse Oberhausen und meiner Funktion als stellvertretendes Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses. Selbst dann nicht, wenn ich im HFA ordentliches Mitglied wäre.“

Kein Problem oder Interessenkonflikt, über die Institute zu bestimmen, die einen bezahlen? Bei den Christdemokraten im Finanzausschuss hat Norbert Post seit 2015 rund 60.000 Euro von der Stadtsparkasse Mönchengladbach kassiert. „Ich gehöre dem Aufsichtsrat der Volksbank Heinsberg eG und deren Vorgängerinstituten seit mehr als 27 Jahren an, also viel länger, als ich Landtagsabgeordneter bin. (…) Zwischen Aufsichtsratsmandat und politischer Tätigkeit hat es nie Wechselwirkungen gegeben“, sagt sein CDU-Kollege Bernd Krückel. Er bekam seit vergangenem Jahr über 35.000 Euro von der Volksbank Heinsberg, sowie rund 3000 Euro von der NRW-Bank.

„Derart üppige Nebenverdienste sind schädlich für das Ansehen aller Abgeordneten“, heißt es in einer Mitteilung der Internetplatform Abgeordnetenwatch. „Einige Landtagsabgeordnete kassieren zum Teil beträchtliche Summen aus der Wirtschaft, woraus sich massive potentielle Interessenkonflikte ergeben können.“ Dass sich ein Abgeordneter bei Themen, die Interessenskonflikte darstellen könnten, einer Abstimmung enthält, käme nie vor, sagte Abgeordneter des Haushaltsausschusses im Gespräch mit CORRECTIV.RUHR.
Die Affären der Volksparteien

Mit Affären um Nebenverdienste haben die zwei großen Volksparteien in NRW immer wieder für Furore gesorgt: Als 2010 der damalige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) für 20.000 Euro Gespräche mit Unternehmern wahrnahm, kritisierten die Sozialdemokraten um Kraft scharf die Käuflichkeit der Politik. Allen voran polterte Parteioberhaupt Sigmar Gabriel: „Wir verkaufen keine Amtsträger und auch nicht die Partei an andere Leute, die genug Geld haben. Das gilt für die deutsche Sozialdemokratie“, hatte er gesagt.

Im vergangenen Monat folgte dann die Affäre „rent-a-sozi“. Die Kommunikationsagentur des SPD-Parteimagazins „Vorwärts“ ließ sich Treffen mit hochrangigen Politikern „sponsern“. 3000 bis 7000 Euro wurden für Politikertreffen eingenommen: Darunter SPD-Wirtschaftsminister Garrelt Duin und Verkehrsminister Michael Groschek. Angeblich alles legal – obwohl der Vorwurf wegen illegaler Parteienfinanzierung weiterhin im Raum steht.

Ein Vertreter der SPD-Agentur sagte einer verdeckt arbeitenden Reporterin des ZDF-Magazins Frontal 21: „Mit zwei, drei Monaten Vorlauf organisieren wir für Sie ein Vorwärts-Gespräch. Früher hießen die Kamingespräche. Aber das muss seit Rent-a-Rüttgers alles etwas offizieller klingen. (…) Sie sind ein sogenannter Unterstützer und zahlen 7000 Euro für ein gesetztes Essen. Sie entscheiden dann, wer daran teilnehmen soll, und wir organisieren ihnen dann den Minister, den Fraktionsvorsitzenden oder den Staatssekretär, den sie haben wollen.“

Die Landtagsabgeordneten Börschel, Körfges und Post hatten sich bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht zu unserer Anfrage geäußert.

Mitarbeit: Julian Hilgers

[1] Bildnachweis: charlotte-hintzmann.de

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Die Autoren sind Redakteure bei CORRECTIV.RUHR. Die Redaktion finanziert sich ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Ihr Anspruch: Missstände aufdecken und unvoreingenommen darüber berichten. Wenn Sie CORRECTIV.RUHR unterstützen möchten, werden Sie Fördermitglied des Recherchenzentrums correctiv.org. Informationen finden Sie unter correctiv.org

+++ Wir und Heute – Wunderstäbe +++

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Video-Link: https://youtube.com/watch?v=Pu2kij1y_SY

Die Themen des Podcasts „Wir und Heute“ sind heute weihnachtlich aufgeschlossen. Es geht um Wunderstäbe aus dem OTTO-Katalog in den 70er Jahren, um Sexbuden auf dem Weihnachtsmarkt, einen Apotheker aus Bottrop und ganz viel Lametta.

Dazu: eine spannende Information zur AfD. Denn die kann vielleicht nicht zur AfD-Wahl antreten. Lasst Euch von Martin und David adventszeitlich verwöhnen.

Es unterhalten sich Martin Kaysh, der den Geierabend in Dortmund als Steiger präsentiert, und David Schraven, der Leiter von CORRECTIV.

Das Chaos einer Partei: Fazit des Listenparteitages der AfD-NRW

Markus Bensmann hat für CORRECTIV.RUHR den Listenparteitag der AfD in NRW begleitet. Hier wurde ausgewählt, wer die AfD-NRW in den Landtagswahlkampf im kommenden Mai führen soll.

Hier sein Fazit nach zwei Tagen Chaos und Machtspielen.

  • Der AfD-NRW-Chef Marcus Pretzell hat seine Mehrheit im größten Landesverband der AfD verloren.
  • Mit ihm wurde seine Lebensgefährtin Frauke Petry als Bundeschefin der AfD erheblich geschwächt. Das Machtpaar der Rechtspopulisten hat an Einfluss verloren.
  • Der Machtkampf in der AfD wird jetzt offen zwischen Alexander Gauland, Chef der AfD in Brandenburg, und Björn Höcke, Chef der AfD in Thüringen, auf der einen Seite sowie Frauke Petry und ihrem geschwächten Lebensgefährten Marcus Pretzell auf der anderen Seite ausgetragen. Petry hat sich CORRECTIV.RUHR gegenüber erstmals offen dazu bekannt, dass die AfD sich entscheiden muss, wem sie folgen will. Ihr oder dem Duo Gauland/Höcke.
  • Der Ruhrgebiets-AfD-ler Guido Reil präsentierte sich der AfD-NRW als „Nationaler Sozialdemokrat“. Dem früheren SPD-Mann aus dem Essener Norden gelang es, sich gegen die erklärten Absichten der Pretezll-Leute durchzusetzen. Er gewann einen als sicher geltenden Listenplatz gegen einen Pretzell-Gefolgsmann. Damit könnte ein neuer „sozialdemokratischer“ Flügel in der AfD entstehen.

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Markus Bensmann ist Redakteur bei CORRECTIV.RUHR. Die Redaktion finanziert sich ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Ihr Anspruch: Missstände aufdecken und unvoreingenommen darüber berichten. Wenn Sie CORRECTIV.RUHR unterstützen möchten, werden Sie Fördermitglied des Recherchenzentrums correctiv.org. Informationen finden Sie unter correctiv.org

David Schraven ist Journalist und gemeinsam mit Dr. Christian Humborg Geschäftsführer von „CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH

Umleitung: Polit-Theater Autobahn? SPD im Revier wählen? Maskulinismus an der Macht, Snowden, USB-Killer, soziale Schieflage bei der AfD und mehr …

Manchmal muss man wieder aufpumpen. Hier am Hennesee bei Meschede. (foto: zoom)
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