Guten Morgen ihr Schönen

Kassel im Morgenlicht (foto: zoom)

Kassel ist hügelig bis bergig. Insofern gleicht die Stadt dem Sauerland. Viele Dinge schätze ich sehr: die Anonymität der Cafès, die öffentlichen Bibliotheken, den Scheibenbeißer, die Parks, sowie die Museen und Kinos.

Am liebsten bewege ich mich mit Tram und Fahrrad fort, beobachte die Menschen und genieße das Stadtbild, vor allem Graffiti und Wandmalereien.

Bestimmt habe ich etwas vergessen, aber ich wollte auch nur ein paar Bilder zeigen. In der Murhardschen Bibliothek habe ich mir einige Medien ausgeliehen.

Übergang zwischen zwei Gebäudeteilen der Murhardschen Bibliothek (foto: zoom)

Die Bibliothek am Brüder-Grimm-Platz ist Teilstandort der Uni-Bibliothek. Sie hat nach Renovierungsarbeiten zwar wieder geöffnet, aber in einigen Gebäudeteilen wird immer noch gehämmert, gebohrt und gesägt.

Ganz in der Nähe, in der Fünfensterstraße, kaufe ich ab und zu Vinyl beim Scheibenbeisser. Das ist nicht immer ganz billig, aber ich bin ja nicht allzu oft in Kassel.

Zweimal Vinyl beim Scheibenbeisser gekauft. (foto: zoom)

Auf Empfehlung von K2 habe ich mir Dinosaur Jr und Fontains D.C. gegönnt. Während ich diesen Beitrag tippe fetzt „Alone“ durch die Wohnung.

Die „Perle“, Kasseler Kult-Bar im Hugenottenhaus, gibt es leider nicht mehr. Ein Relikt habe ich noch entdeckt.

Ein Gesicht am Hugenottenhaus (foto: zoom)

Jetzt läuft „I don’t belong to anyone“ von den Fontains D.C. Der Vorteil von Vinyl gegenüber Streaming: Du bleibst in Bewegung. Spätestens nach 27 Minuten muss die Platte umgedreht oder gewechselt werden.

Die Sonne scheint heute unverschämt grell. Vielleicht erwische ich noch den Bus nach Olsberg, nicht so groß und städtisch wie Kassel, aber mit öffentlicher Bibliothek.

Bis demnächst. Bleibt stabil.

BTW: Die Wahl von Zohran Mamdani zum Bürgermeister von New York macht mir Hoffnung.

Nur eine Katze

Die Katze hat die Ruhe weg (foto: zoom)

Die Katze saß heute auf einer Mülltonne in der Dingelstedtstraße in Kassel und hatte die Ruhe weg.

Sie ließ sich streicheln und blieb sitzen. Sie schaute mich an. Ich überlegte, ob ich meine Kamera holen sollte. Sie saß und schaute. Es dauerte ein längere Zeit, bis ich meine Spiegelreflex herbeigeschafft hatte.

Die Katze saß immer noch ruhig auf dem Deckel der Mülltonne und guckte nun in die Kamera. Klick! Das war’s.

Spaziergänge am Ende des Monats: Winterberg und Siedlinghausen

Sechs Bilder von Bahn, Wald, Winterberg und Meisterstein

Blick vom Friedhof zum Bahnhof Siedlinghausen (fotos: zoom)

Da ich zur Zeit viele Termine habe, bleibt nicht viel Zeit, um zu schreiben. Nach Sturm und Regen gab es doch ein paar Tage, an denen es sich lohnte spazieren zu gehen. Sogar die Sonne ließ sich ab und zu sehen.

Wenn es eine Geschichte zu erzählen gäbe, begänne sie am Bahnhof in Siedlinghausen. Dann führe die Bahn nach Winterberg.

Blick Richtung Winterberg

Vom Kreuzberg in Winterberg hat man einen weiten Blick über den Ort.

Blick vom Kreuzberg auf Winterberg

Die Baumstämme am Rande des Kreuzbergs bilden eine interessante Formation.

Bäume am Kreuzberg

Einen weiten Blick über den abgestorbenen und gerodeten Wald hat man vom Hesborner Weg.

Blick vom Hesborner Weg Richtung Nuhnetal

Zum Schluss fahre ich zurück nach Siedlinghausen und sehe den Meisterstein im Schatten vor den sonnenbeschienenen Hügeln.

Zurück in Siedlinghausen, Blick auf den Meisterstein

Nun ja, es gibt keine Geschichte, nur diese sechs Bilder und Gedanken, die ich wieder vergessen habe, dazu Gegend, viel Gegend, allerwegen Gegend.

An Tagen wie diesen…

gehe ich gern auf dem Kahlen Asten spazieren

Kahle-Asten-Stimmung am 22. Oktober 2025 (fotos: zoom)

Trübes Herbstwetter muss kein Grund für Depressionen sein. Bei Nebel und Trübsal zieht es mich häufig auf den Kahlen Asten.

Wie ein Mantra schleicht sich jedesmal die erste Zeile eines Gedichts von Hermann Hesse in meine Synapsen. Es ist nicht zu verhindern. Seltsam im Nebel zu wandern!

Im Nebel
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.

Hesse zu lesen war damals, lang ist es her, quasi Pflicht, Teil unserer Jugendkultur. Mindestens Siddhartha und den Steppenwolf. Das Glasperlenspiel habe ich ebenfalls geschafft. Wir haben Bücher gefressen. Ich war eher ein Dostojewsky-Fan. Schuld und Sühne, heute neu übersetzt mit Verbrechen und Strafe. Die Zeit der Ironie und Satire begann, als mir die zehnbändige Tucholsky-Augabe in die Hände fiel. Danke, liebe Stadtbücherei.

Hesse ist eine Randnotiz geworden.

Eigentlich wollte ich die Bäume zeigen. Der nächste erinnert mich an einen raffgierigen, verbrecherischen und großmäuligen US-amerikanischen Politiker. Seht ihr es auch?

Bei den unteren beiden habe ich noch keine deutlichen Assoziationen.

Seltsam im Nebel zu wandern!

Eine Bank an der Namenlose zwischen Siedlinghausen und Silbach

Eine Bank im Herbstlaub. Von Weitem sieht sie einladend aus. (foto: zoom)

Am Wanderweg entlang der Namenlose (Lahmelofe) zwischen Siedlinghausen und Silbach steht eine Bank. Von Weitem sieht sie sehr einladend aus.

Tatsächlich habe ich dort vor vielen Jahren häufiger Rast gemacht, auf das fließende Wasser geschaut und dem ein oder anderen Gedanken nachgehangen.

Das ist lange vorbei. Schaut mal, wie es dort heute aussieht. Eine Zierde für das Wanderparadies Winterberg.

Die Schrottimmobilie Wanderbank einmal vom Weg und einmal zum Weg hin fotografiert. (foto: zoom)

Olsberg: Herbst in der Ruhraue

Spaziergang in der Ruhraue/Olsberg (foto: zoom)

Laut DWD-Wetter-App soll die Sonne heute sieben Stunden lang scheinen. Der Himmel ist blau und die Luft ist klar. Raus! Denn morgen soll sich die Sonne nicht mehr sehen lassen.

Wenn ich einfach nur entspannt ein paar Schritte gehen und meinen Gedanken nachhängen will, drehe ich gerne eine Runde in der Olsberger Ruhraue.

Die einzige Steigung ist die Fußgängerbrücke über die Ruhr. Diese kann man auch im Faulenzer-Modus bewältigen.

Carpe Diem, bevor die Herbststürme das Laub von den Bäumen wehen.

Die Zeit läuft im Kreis oder in einer Spirale: Abwärts und Travemünde

Blick vom Priwall I (foto: zoom)

Wie sich die Zeiten ähneln, aber doch nicht gleichen. Vor fast genau zehn Jahren habe ich diesen Blogbeitrag geschrieben. Eine Fähre gleitet die Trave hinunter, im Vordergrund spreizen sich zwei Angeln, eine grau-neblige Atmosphäre. Abwärts: Ich seh die Schiffe den Fluss herunterfahren …

Ich erinnere mich noch an die Aufnahmesituation. Ungeduldig wartete ich darauf, dass der Angler im richtigen Moment seinen Platz verlässt.

Das Lied der Gruppe Abwärts ist mein ständiger Begleiter geworden. Ein Fluss, ein Schiff und schon höre ich das Echo in meinen Erinnerungen.

Zehn Jahre sind eine lange Zeit und vergehen doch wie im Fluge. Viele Freund*innen, Bekannte und Verwandte von damals sind nicht mehr da, neue sind hinzu gekommen.

Ich habe beschlossen, diejenigen, die gegangen sind, nicht mehr (nur) zu betrauern. Wie im magischem Realismus leben sie weiterhin in meiner Welt, die damit skurriler, aber auch größer geworden ist.

Blick vom Priwall II (foto: zoom)

Urlaub vom Bloggen oder Bloggen vom Urlaub?

Als Antwort bekommt ihr ein klares Jein!

An der Trave in Lübeck. Über den Dächern links lugen die Türme des Holstentors hervor. (foto: zoom)

Im Urlaub habe ich alle Zeit der Welt, die ich dann mit vollen Händen ausgebe: lange Spaziergänge, Museen, Lesen, Besuche von Freund*innen und Familie, Bummeln, Fotografieren, Café- und Restaurant, Bahn und Bus fahren, schwimmen, abends erschöpft ins Bett fallen, noch ein paar Seiten der Urlaubslektüre umblättern. Fertig. Erschöpft. Wo ist die Zeit geblieben?

Wie ihr seht, bleibt keine Muße für’s Bloggen, denn dann bliebe keine Zeit für Urlaub und Freizeit.

Ich beginne am Ende der Ferientage. Ein kleinformatiges Buch habe ich mir mitgenommen. Meine Frau hat es von einer Freundin erhalten, die es wiederum von einer Freundin zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte.

„Wissen ist Macht“ (foto: zoom)

„Lies es mal und sage mir, was du davon hältst.“

Das Buch kommt unscheinbar daher. Sieht aus wie 180 Seiten, kleines Format. Pferdefuß: es hat über 450 Seiten und die Geschichte ist so verzwickt, dass man sie möglichst in einem Rutsch lesen sollte, es sei denn, ihr habt ein fotografisches Gedächtnis.

Scott Alexander Howard, Das andere Tal, Zürich 2024 (foto: zoom)

Scott Alexander Howard lebt in Vancouver, wurde an der Universität von Toronto in Philosophie promoviert und war als Postdoktorand in Harvard. Dort hat er sich mit der Beziehung zwischen Erinnerung, Emotionen und Literatur beschäftigt.

Wenn ihr nach diesen Angaben aus dem Klappentext noch Lust habt, euch mit dem Erstling von Howard zu beschäftigen, dann sei euch der weitere Verlagstext ans Herz gelegt:

„Dieses Tal ist ein besonderer Ort. Geht man nach Osten oder Westen, stößt man auf die gleichen Häuser, Hügel, Straßen – doch alles ist zwanzig Jahre zeitversetzt. Nur in Trauerfällen dürfen die Grenzen passiert werden. Als die junge Odile in Besuchern aus der Zukunft die Eltern ihres Freundes Edme erkennt, weiß sie, dass er bald sterben wird. Was wäre, wenn Odile das ihr auferlegte Schweigen bricht?“

(Quelle: https://www.diogenes.ch/leser/titel/scott-alexander-howard/das-andere-tal-9783257072822.html)

Die Grenzen zwischen den Tälern werden streng bewacht. Elektrisch gesicherte hohe Zäune, bewaffnete Patrouillen, Erschießungen. Eine dystopische Maschinerie innerhalb derer sich eine schüchterne Coming of Age Liebesgeschichte abspielt, in deren Verlauf der Junge namens Edme stirbt. Zwanzig Jahre später versucht das Mädchen Odile, inzwischen Grenzerin, in die Vergangenheit, also das andere Tal, zurückzukehren, um den Tod zu verhindern. Wenn dies gelänge, würde die zwanzig Jahre ältere Odile die Zukunft ihres jüngeren Abbildes verändern.

Der grundlegende Plot ist im Buch weit entfaltet und mit vielen meist düsteren Details angereichert, die Charaktere bewegen sich mit nahezu kafkaesker Entfremdung in einem Nebel von Zeit, Raum und Beziehungen. Für die meisten Protagonist*innen ist diese Entfremdung nur durch Alkoholkonsum zu ertragen.

Hat die Geschichte unter diesen Umständen eine Chance gut zu enden? Ich will nicht spoilern. Ein paar Schnäpse hätten mir auf den letzten Seiten vielleicht gut getan. Leider bin ich abstinent. Ersatzdroge: Marzipan.

Was vom gestrigen Abend blieb: Hafen und Mond

Die Sonne scheint hinter dem Horizont und die blaue Stunde beginnt (foto: zoom)

Gestern Abend bin ich während des Sonnenuntergangs die Strand-Promenade in Travemünde entlanggeschlendert. Meine Simmung melancholisch, die Fotos auf der dunklen Seite.

Die Mondphase bewegte sich auf Vollmond zu. Es fehlte lediglich ein halber Tag.

Nicht wackeln. ISO 1000 und kurz die Luft anhalten (foto: zoom)

Als sich Schiff und Mond am Leuchtturm trafen, habe ich ein letztes Foto geknipst.

Danach ging es zurück zur Ferienlektüre: Scott Alexander Howard, Das andere Tal. Ich bin zur Hälfte der über 400 Seiten durch, mein Urteil steht noch aus.

Ob ich heute den Vollmond zu sehen bekomme? Meine DWD-Wetter-App sagt: Wolken, keine Sonne, 3 mm Niederschlag. Meine Erfahrung: am Meer kann es immer anders kommen.

Guten Morgen! Steg und Mövenstein

Blick über den Steg nach Mecklenburg-Vorpommern (foto: zoom)

Keine Sonne, viele Wolken, Wind und sporadische Regenschauer. Ungemütliches Wetter, und doch macht es Spaß am Meer entlang zu laufen.

Den Mövenstein (auch Möwenstein), in dessen Nähe sich in Thomas Manns Roman Buddenbrooks Tony und Morten die Ehe versprachen, gibt es auch in der Wirklichkeit. Ein kleiner Spaziergang und schon sehe ich den Findling aus Hammergranit am Übergang der Travemünder Strandpromenade zum Brodtener Ufer.

Das Versprechen von Tony ist flüchtig wie die Gischt und sie wird nach der Reise nicht Morten, sondern den ungeliebten Herrn Grünlich heiraten.

Ein großer Teil des Mövensteins liegt bereits unter dem Strand. In 30 Jahren könnte der Koloss komplett versunken sein. (foto: zoom)

Der Charakter von Tony Buddenbrooks, später Grünlich und Permaneder, ändert sich im Verlaufe des Romans nicht. Sie stolziert durch die Seiten und bleibt stets von hochnäsiger Oberflächlichkeit geprägt.

Wenn ich mich recht erinnere, sind auch die zahlreichen anderen Figuren der Erzählung recht statisch. Sie bleiben sich im Guten wie im Schlechten treu. Die Dynamik erhält der Roman durch den wirtschaftlichen Niedergang der Familie vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Entwicklung des 19. Jahrhunderts.

Nehmt meine Gedanken nicht für bare Münze, sie sind mir spontan beim Anblick des Möwensteins in den Sinn gekommen. Ein Buddenbrooks-Kenner bin ich nicht.