Umleitung: Zehn nach Zehn … vom Koalitionsvertrag über die verstörende Banalität rechter Gewalt zu 47 Mio Euro Wertverlust für die RWE-Aktien des HSK

Trump, Kim und Erdogan in der „Caricatura“ (foto: zoom)

Koalitionsvertrag: der Entwurf zum Nachlesen (PDF) … spd

Die verstörende Banalität rechter Gewalt: Im Jahr 2017 sind es nicht mehr die Bilder von lichterloh brennenden Flüchtlingseinrichtungen, die medial den Hass in Deutschland symbolisieren. Staatsdiener sollen Anschläge geplant haben, gewaltbereite Mischszenen expandieren … bnr

Getarnt als Gamer: Einblicke in eine rechtsradikale Troll-Armee … netzpolitik

IVW-Analyse der Regionalzeitungen: Deutschlands Lokal- und Regionalzeitungen verlieren weiterhin massiv Auflage … meedia

Live Stoßzeiten-Daten in Google Maps: Ich glaube, dass die neuen Google Maps Live Stoßzeiten-Daten eher für Unternehmer als Verbraucher sind … rebrob

Anglizismus des Jahres 2017: Influencer … sprachlog

Schon wieder so ein Coup: Jonathan Meese soll die Dortmunder Ostwall-Sammlung umgestalten … revierpassagen

Seit 50 Jahren prangt das goldene U vom Dortmunder U-Turm: zu diesem Anlass wurde ein Jubiläumsbier gebraut … nordstadtblogger

Koalitionen und Kommunen: Haushalts- und Sparpolitik in Nordrhein-Westfalen … doppelwacholder

Hochsauerlandkreis: Schon wieder mehr als 47 Mio Euro Wertverlust für RWE-Aktien des HSK … sbl

Wehrhahn-Anschlag: „Was wussten Polizei und Verfassungsschutz?“ – NSU-Watch NRW fordert umfassende Aufklärung zu Geheimdienstkenntnissen

Die Initiative „NSU-Watch NRW“ fordert einen neuen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags NRW, der die Ermittlungsfehler und Geheimdienstverstrickungen im Zusammenhang mit dem Wehrhahn-Anschlag vom 27. Juni 2000 aufklären soll. Aus Sicht der Initiative ist ein solcher Ausschuss nach der neuen Veröffentlichung des Journalisten Dirk Laabs in der WELT vom 25. Januar 2018 um so dringlicher geworden.

Laabs schreibt, dass die Polizei Düsseldorf bereits im Jahr 2004 den Hinweis einer V-Person des Landeskriminalamtes erhielt, wonach der Düsseldorfer Neonazi André M. wisse, wer den Wehrhahn-Anschlag verübt habe und womöglich selbst an diesem beteiligt gewesen sei. André M. stammt aus dem Umfeld des zurzeit vor dem Landgericht Düsseldorf angeklagten mutmaßlichen Bombenlegers Ralf S. und war zeitweise dessen Angestellter. Zugleich arbeitete er als V-Mann „Apollo“ für den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz.

„Der Hinweis auf André M. kam von einem als vertrauenswürdig eingeschätzten V-Mann der Polizei. Ihm wurde aber offenbar nicht ausreichend nachgegangen. Warum? Weil hier ein V-Mann einen anderen V-Mann belastete? Galt also wieder einmal Quellenschutz vor Strafverfolgung?“, fragt Maria Breczinski, Sprecherin von „NSU-Watch NRW“. Nicht nachvollziehbar sei zudem, warum dieser Hinweis 2004 nicht dazu führte, die Spur gegen den Tatverdächtigen Ralf S. wieder aufzunehmen, schließlich habe die Polizei von dem engen Kontakt des André M. zu Ralf S. gewusst.

Dirk Laabs schreibt weiter, dass die Polizei Düsseldorf 2004 gewusst habe, dass André M. zuerst für den Militärischen Abschirmdienst und dann für den Verfassungsschutz NRW gespitzelt habe. Dies steht im Widerspruch zur Aussage des Ermittlungsleiters Dietmar Wixfort im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags, er sei erst 2012 vom Verfassungsschutz über die V-Mann-Tätigkeit von André M. informiert worden. „Wer bei der Polizei Düsseldorf wusste also bereits 2004 über die V-Mann-Tätigkeit Bescheid? Welche Kenntnisse hatte die Staatsschutzabteilung, die für die stümperhafte Durchsuchungsaktion gegen Ralf S. verantwortlich war?“, fragt Maria Breczinski.

Weitere Fragen von „NSU Watch NRW“ lauten: „Was berichtete André M. dem Verfassungsschutz über den Wehrhahn-Anschlag und den Tatverdächtigen Ralf S.? Warum lieferte der Verfassungsschutz keine brauchbaren Informationen an die polizeiliche Ermittlungskommission? Stimmt die Aussage von Ralf S. am 1. Prozesstag, er habe bereits 1999 Gespräche mit dem Verfassungsschutz geführt? Um welche Art von Gesprächen handelte es sich?“

Maria Breczinski stellt klar: „Ohne die Beantwortung dieser und weiterer Fragen kann von Aufklärung keine Rede sein. Weder von Seiten der Politik, noch von Seiten der strafrechtlichen Aufarbeitung.“

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Verweise:

– Artikel von Dirk Laabs in der WELT (25.01.2018): https://t.co/baeze4zgbE
 
– Schlussbericht des NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags NRW: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-14400.pdf
 
– Pressemitteilung von „NSU Watch NRW“ (19.01.2018) https://nrw.nsu-watch.info/nsu-watch-nrw-fordert-untersuchungsausschuss-zum-wehrhahn-anschlag/
 
– Pressemitteilung von „NSU Watch NRW“ (11.02.2017): https://nrw.nsu-watch.info/verfassungsschutz-skandal-von-ungeheurer-dimension/

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Umleitung: Acht nach Acht … von Reich-Ranickis Rede vor dem deutschen Bundestag über Rassismus bis zur GroKo

Schützt vor Kritzeleien: Garagentor-Graffiti in Winterberg (foto: zoom)

Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus: Die Rede Marcel Reich-Ranickis vor dem deutschen Bundestag im Jahr 2012 … zeitgeschichte

Stellt Künstliche Intelligenz die besseren Fragen? Wie würde die Kooperation zwischen dem Menschen und der KI denn in der Praxis ablaufen? … endoplast

Islam und Kreationismus, Religion(en) und biokulturelle Evolution: Heute vertreten gerade auch religiöse Musliminnen und Muslime häufig Abwehr- und Verschwörungsargumente, die von christlichen Kreationisten übernommen wurden … scilogs

Rassismus – ein kulturwissenschaftliches Totschlagargument? Rassismus ist in der Politik- und Geschichtskultur ein viel strapazierter Begriff. Er liegt quer zur Grenze zwischen politischem und kulturwissenschaftlichem Denken, und seine Bedeutung ist alles andere als klar. Im deutschen Sprachbereich wird er überdies unabweisbar mit den Menschheitsverbrechen der Nationalsozialisten negativ assoziiert … publicHistory

Und Stimmung: Er hörte sie früher einmal ganz gern, Die Toten Hosen. Doch das war früher … erbloggtes

Laudatio für Alexandra Distler: Zur Verleihung des Journalistenpreises Informatik am 11. Januar in Saarbrücken … welchering

Überwachung: Bundesbehörden spähen immer öfter Mobiltelefone aus … netzpolitik

Ein paar unmaßgebliche Stichworte zur GroKo-Entscheidung: Die GroKo-Befürworter sollten sich nicht zu früh freuen. Das alles war ja nur eine Vorentscheidung, nach den Sondierungen nun auch in Koalitionsverhandlungen einzutreten … revierpassagen

„Nachruf“ auf die Toten Hosen – dann doch besser Slime: Sie wollen wieder schießen (dürfen)

Heute hat @erbloggtes eine „Nachruf“ auf die Toten Hosen verfasst, dem ich spontan zustimme.

@erbloggtes hat meine Gedanken gelesen. Die Düsseldorfer Spaß-Punker sind schon längst im „Karneval der guten Laune“ versackt.

Hier bitte nachlesen:

https://erbloggtes.wordpress.com/2018/01/15/und-stimmung/

Wie es der Zufall will, hat mir vor wenigen Tagen ein Freund den Link zu einer alten Hamburger Punk-Band mit einer Aufnahme aus dem Jahr 2015 geschickt und und unter anderem geschrieben:

„Da hab ich über den Schock der Zdf Kultnacht bzw. Alexander Kraus ( früher lief auf Arte Oasis aus der Royal Albert Hall/ London zu Silvester) vergessen, dir eine Melodie aus HH vorzuspielen, die leider wohl in Deutschland 2015 verhallt ist, aber 2015 gut zusammenfasst (Slime: Sie wollen wieder schießen dürfen) … die AfD hetzte 2015 gegen Auftritte von Slime, 2017 wählen 7 Mill. rechtsradikal in Deutschland, d.i. die Definition von traurig.“

Als ich Slime hörte, habe ich gedacht: Hört sich an, wie die Toten Hosen, nur besser, und das im Jahr 2015.

Wie es eine alte Düsseldorfer Punk-Band nicht mehr schafft, zeigt @erbloggtes auf, wie es eine alte Hamburger Punk Band trotz Patina schafft, zeigen Slime:

„Sturm und Dreck“: Am 12. Januar erscheint die neue Platte von „Feine Sahne Fischfilet“.

 

„Sturm und Dreck“ erzählt von dem rasanten Aufstieg der antifaschistischen Bierzeltmusikanten, von Rausch und ganz persönlichen Problemen. Eben einfach vom Leben – und vom Erfolgsrezept der Band.

Gäbe es den Begriff Rampensau oder Frontmann noch nicht, für Jan Monchi Gorkow müsste er geprägt werden. Monchi singt nicht nur bei Feine Sahne Fischfilet und steht damit auf der Bühne im Fokus, er tritt auch als Gesicht und Lautsprecher der Band auf. Lautsprecher meint hier vor allem laut. Monchi gibt Interviews, besucht Insassen einer Justizvollzugsanstalt, hält mit der Linken-Politikerin Katharina König-Preuss Vorträge zum NSU, übernimmt die Hauptrolle als er selbst in einem Kinofilm und spielt natürlich reihenweise Konzerte …

… und den Rest solltet ihr bei Patrick Gensing lesen, von dem ich die oberen Zeilen „geklaut“ habe. Eine besseren Artikel zu „Feine Sahne Fischfilet“ habe ich bislang nicht gefunden.

Also auf zu Patrick Gensing, der noch weitere Hör- und Sehbeispiele anzubieten hat.

Patrick Gensing – Das hier ist unsere Zeit.

In Memoriam Eugen Kogon

Eugen Kogon – *02.02.1903 · †24.12.1987

Eugen Kogon war ein deutscher Publizist, Soziologe und Politikwissenschaftler. Der christlich geprägte Gegner des Nationalsozialismus gilt als einer der intellektuellen Väter der Bundesrepublik Deutschland und der europäischen Integration in Deutschland.
Quelle: Wikipedia

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=hbYp73pVzwQ

Der Spiegel, 04.01.1988:

Nachruf auf Eugen Kogon

Eugen Kogon, 84. Mehr als eine halbe Million Deutsche kauften seit 1946 den „SS-Staat“, ein gerade wegen seiner Nüchternheit erschütterndes Buch über das System der Konzentrationslager.

Eugen Kogon schrieb mit der Autorität des Augenzeugen: Der Katholik aus München, der vor 1938 für christlich-konservative Zeitungen in Wien arbeitete und bei Reisen in Hitlers Reich zweimal wegen seiner Nazi-Gegnerschaft festgenommen wurde, erlitt von 1939 bis 1945 als Häftling die Grauen des KZ Buchenwald.

Der streitbare Autor sah schon im ersten Nachkriegsjahr die Selbstbesinnung der Deutschen „schwer blockiert“, kritisierte andererseits die Rede von der deutschen Kollektivschuld und sah seinesgleichen – die „tüchtige Minderheit“ unter Hitlers Opfern – „enttäuscht von dieser Art ,besserer Welt‘ … für die sie gekämpft und gelitten hatten“.

Fortan stritt Kogon für Konsequenzen aus der braunen Katastrophe. Als Politologie-Professor in Darmstadt, als Präsident der Europa-Union und als Mitherausgeber der Zeitschrift „Frankfurter Hefte“ erreichte er vor allem ein intellektuelles Publikum.
(…)

» Theodor W. Adorno / Max Horkheimer / Eugen Kogon:
Die verwaltete Welt oder: Die Krise des Individuums.

Aufzeichnung eines Gesprächs im Hessischen Rundfunk am 4. September 1950.
Abgedruckt in: Max Horkheimer: Gesammelte Schriften.
Band 13: Nachgelassene Schriften 1949-1972.
Fischer, Frankfurt am Main 1989, S. 121–142.

Otto-Wels-Preis 2018: SPD-Fraktion zeichnet bürgerschaftliches Engagement aus

23.03.1933: Rede von Otto Wels gegen das „Ermächtigungsgesetz“

Der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese fordert bürgerschaftlich Engagierte aus dem Hochsauerland sowie den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe auf, sich für den „Otto-Wels-Preis für Demokratie 2018“ zu bewerben. Mit dem Preis zeichnet die SPD-Bundestagsfraktion Projekte und Initiativen aus, die sich für ein nachbarschaftliches Gemeindeleben, für soziale Integration in der Kommune oder ein lebendiges Miteinander im Stadtquartier einsetzen.

„Wir suchen kreative Ideen und Konzepte, mit denen sich Bürgerinnen und Bürger für Lebensqualität und sozialen Zusammenhalt in ihrer Gemeinde engagieren“, sagt Wiese. Der Abgeordnete ist überzeugt: „Wenn sich Menschen zusammentun, um ganz praktisch für andere da zu sein oder ihr gemeinsames Lebensumfeld noch lebenswerter zu machen, stärken sie die Solidarität unserer Gesellschaft und letztlich unsere Demokratie.“

Um den „Otto-Wels-Preis 2018“ können sich nicht-kommerzielle, gemeinnützige Initiativen, Vereine und Projekte bewerben, in denen bürgerschaftliches Engagement eine maßgebliche Rolle spielt. Die Wettbewerbsausschreibung und das Teilnahmeformular sind unter www.spdfraktion.de/ottowelspreis abrufbar. Einsendeschluss ist der 14. Februar 2018.

„Die Preisträgerinnen und Preisträger laden wir zur Preisverleihung nach Berlin ein“, kündigt Dirk Wiese an. Den ausgezeichneten Projekten winken attraktive Geldpreise, die von den SPD-Bundestagsabgeordneten gestiftet werden. Die Gewinner werden außerdem für den Deutschen Engagement-Preis nominiert.

Die SPD-Bundestagsfraktion verleiht den „Otto-Wels-Preis“ 2018 bereits zum sechsten Mal. Anliegen des Preises ist es, die Erinnerung an die Schrecken der Nazi-Herrschaft wachzuhalten und das gesellschaftliche Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Grundlagen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit immer wieder erneuert und gefestigt werden müssen.

Anmerkung:

Ich finde es gut, dass die Erinnerung an Otto Wels gepflegt wird. Allerdings klafft für mich eine großer Widerspruch zwischen der Situation, in der sich der SPD Politiker Wels im Reichstag befand und der Auszeichnung von Projekten und Initiativen, die sich für ein nachbarschaftliches Gemeindeleben, für soziale Integration in der Kommune oder ein lebendiges Miteinander im Stadtquartier einsetzen.

Nichts gegen nachbarschaftliches Gemeindeleben, aber müsste die SPD nicht auch Initiativen gegen Rechts in den Kreis möglicher Preisträger aufnehmen?

Müsste der Preis bzw. der oben veröffentlichte Text, nicht auch die aktuelle Entwicklung in Deutschland -AfD, Nazis, Rechtsextreme im Parlament- stärker betonen?

Otto Wels hielt die Totenrede der Weimarer Republik. Die Kommunisten durften an der Sitzung nicht mehr teilnehmen. SPD-Genossen von Wels saßen schon im Gefängnis.

„Hitlers Gegner in den bürgerlichen Parteien kuschten, obwohl es gerade bei den Katholiken viele gab, wie der SPD-Abgeordnete (und spätere bayerische Ministerpräsident) Wilhelm Hoegner schrieb, die Hitler „nicht auch noch den Strick liefern wollten, an dem sie hernach aufgehängt wurden“. Aber genau das taten sie, aus Angst, Fraktionsdruck, Furcht vor einem Bürgerkrieg.“

http://www.sueddeutsche.de/politik/reichstagsabgeordneter-otto-wels-der-sozialdemokrat-den-hitler-gluehend-hasste-1.3350040

Kleines Pausenbild und ein paar Zeilen zu Fatih Akins „Aus dem Nichts“

Weihnachtsmärkte sind zwar nicht meine Lieblingsorte, aber auf dem Weg zum Kino stand dieses kleine Riesenrad. (foto: zoom)
Heute waren wir aus dem Sauerland geflohen, um in Kassel den neuen Film von Fatih Akin „Aus dem Nichts“ zu sehen.

Kein Sex und keine Gewalt, wie in „Gegen die Wand“, nicht die gebrochene Lebenslust von „Soulkitchen“, sondern ein politischer Film, der die NSU-Mordserie als Hintergrund und Zitat verarbeitet.

Die Nagelbombe in einer Hamburger Straße zerreißt und vernichtet eine Familie. Vater (Türke?, Kurde?) und Sohn in Fetzen. Die Mutter, deutsch, sucht Gerechtigkeit vor dem Gericht.

Nach dem Anfangsverdacht der Polizei -rein kriminelles Milieu unter ausländischen mafiösen Gruppen- sitzt im zweiten Drittel des Films ein Nazi-Pärchen auf der Anklagebank.

Wie es die Regie will, wird dieses fiese Pärchen wegen angeblichen Widersprüchen in der Beweisführung freigesprochen.

Die überlebende Ehefrau und Mutter spielt ihre Möglichkeiten durch: Drogen, Suizid und nahe dem Ende die Nagelbombe.

Die Lösung ist überraschend, aber am Ende doch „gerecht“ bzw. folgerichtig.

Das Kino in Kassel habe ich mit einer vertieften Portion Wut über die immer noch nicht aufgeklärten NSU-Morde und den wahrscheinlichen Polizeimord an Oury Jalloh in Dessau verlassen.

Trotzdem verspüre ich eine kleine Befriedigung, dass es in Deutschland Regisseure wie Fatih Akin gibt, Stachel im Fleisch der Lügen und Vertuschungen.

„Heimat“ setzt sich zur Wehr: gegen Nazis

Am 19. Juni 1941 beschlagnahmte ein Gestapo-Kommando das Olper Pallottiner-Kloster; vor dem Gebäude fanden sich immer mehr Frauen, Männer und Kinder zum Protest gegen die braune Räuberbande ein. (Repro: Stadtarchiv Olpe)

Im Juni 1941 lehrten die Bewohner der Kreisstadt Olpe ein Gestapo-Kommando das Fürchten. – Das Modell empfiehlt sich auch heute angesichts brauner Umtriebe.

(Ein Gastbeitrag von Peter Bürger. Mit freundlicher Genehmigung des Autors, aus: Telepolis, 3.12.2017)

Beim inflationären und zumeist inhaltslosen Gerede über sogenannte regionale „Identität“ wird gerne unterschlagen, dass kollektive „Identitäten“ immer etwas mit Konstruktionen, Bildmächtigkeit und Deutungshoheit zu tun haben. Alles entscheidet sich an der Frage, von welchen Geschichtserfahrungen, „Traditionen“, „Vor-Bildern“ und Visionen denn die Rede sein soll, wenn das magische Zauberwort „Heimat“ ins Spiel kommt.

Hardcore-Nazis im Sauerland

Die Sache sei – auch aus aktuellem Anlass – anschaulich gemacht mit Ausführungen über Südwestfalen. Während in Altena der Bürgermeister Andreas Hollstein (CDU) eine Attacke erleidet, die von der Staatsanwaltschaft als „Tatverdacht des versuchten Mordes“ behandelt wird, und der Täter die menschenfreundliche und intelligente Flüchtlingspolitik Hollsteins angeprangert hat, wird in der weiteren Nachbarschaft die Kreisstadt Olpe samt Umland von braunen Umtrieben heimgesucht.

Noch im Jahr 1933 hatte der „schwarze Kreis Olpe“ eines der schlechtesten (sprich: vorbildlichsten) Stimmergebnisse für die NSDAP in ganz Deutschland aufzuweisen. Heute versucht die kleine Nazi-Kaderpartei „Der III. Weg“ ausgerechnet dort, einen von bundesweit rund 20 Stützpunkten im Zuge eines „kontinuierlichen Strukturaufbaus“ dauerhaft zu verankern. Schon 2016 wollten diese Anhänger der reinen Lehre des National-Sozialismus im Kreisgebiet mit einer Postkartenaktion gezielt solche Leute einschüchtern, die ihrem „nationalrevolutionären“ Heimatwahn entgegenarbeiten.

Unter der Parole „Volk und Vaterland“ sollen feierliche Mörder-Ehrungen, ein „arischer Sozialismus“ (für „gleichblütige nordische Menschen“), völkisch-germanische „Religion“ (statt christlicher Prägungen), Homophobie und „Bürgerwehr“-Spektakel (auf der Basis von erfundenen Horrormeldungen) beworben werden. In eindeutiger Absicht verbreiten Netzseiten der extremistischen Bewegung Nachrichten über Anschläge auf Mitmenschen, die als Flüchtlinge ins Land gekommen sind. Die Vertreter des „III. Weges“ sehen sich als Vollstrecker eines vermeintlichen Mehrheitswillens und skandieren: „Olpe setzt sich zur Wehr.“

Was sagt die Heimatgeschichte?

Diese Parole haben sich die Neonazis jedoch aus einem Kapitel der Heimatgeschichte geklaut, das für einen „kontinuierlichen Strukturaufbau“ der Braunen im „Heimatgebiet Olper Land“ ganz und gar nicht beansprucht werden kann. Die Sache führt uns zurück zum 19. Juni 1941:

Drei Tage vor dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion kommt ein Gestapo-Kommando nach Olpe, um das Pallottiner-Kloster am Ort zu besetzen und die Ordensleute aus ihrer Heimat zu vertreiben.

Die Nazi-Beamten haben jedoch nicht mit den Reaktionen der Bevölkerung auf ihren Raubzug gerechnet. An drei aufeinander folgenden Tagen ziehen mehrere hundert Frauen, Männer und Jugendliche zu Demonstrationen vor das Kloster in Olpe, singen Protestlieder gegen die braunen „Feinde Christi“, läuten Glocken und beschimpfen lautstark die Nazi-Bande. Weil die Gestapo-Männer Teilnehmer der Proteste verprügeln, bewaffnen sich einige Bauern sogar mit Eichenknüppeln.

Die „Laien“ am Ort hatten die Initiative zu diesem Aufruhr ergriffen, ohne die kirchliche Obrigkeit vorher um Erlaubnis zu fragen. Die Gestapo lernte daraufhin im südlichen Sauerland das Fürchten. Die Olper Demonstrationen wurden 1941 weit über die Grenzen des Sauerlandes hinaus bekannt und vom NS-Machtapparat in Berlin an höchster Stelle wahrgenommen.

Gegen einige Beteiligte ging man mit Gewalt, Repression und Gefängnishaft vor. Am Ende entschieden sich die Behörden des Nazi-Staates jedoch dazu, die Strafverfahren gegen Olper „Aufrührer“ (Arbeiter und Handwerker) nicht weiter zu betreiben. Man wollte die Erinnerung an das Aufbegehren der südsauerländischen Katholiken nicht wieder lebendig werden lassen.

Ein Buch zur richtigen Zeit …

Der Pallottiner Norbert Hannappel hat 1991 noch lebende Zeitzeugen befragt – gleichsam „in letzter Minute“. So entstand eine Sammlung von über 60 Berichten zum Olper Klostersturm, ergänzt durch Quellen aus dem Ordensarchiv und die Erinnerungen einer sehr wagemutigen „Laien-Agentin“ des Ordens. Eine soeben erschienene Neuedition des ursprünglich nur hektographierten Werkes „Menschen im Widerstand“ erschließt zahlreiche weitere Dokumente, auch zur amtlichen bzw. „parteiamtlichen“ Sicht der Olper Ereignisse von 1941.

Das im Buch auf breiter Quellenbasis dokumentierte Geschichtskapitel ist für die überregionale Forschung von Interesse. Angesichts der Umtriebe des „III. Weges“ im südlichsten Westfalen enthält es aber auch ein aktuelles Modell für geschichtsbewusste „Heimatpatrioten“: Olpe setzt sich zur Wehr – gegen Nazis.

Ein hochrangiger CDU-Politiker aus Westfalen hat mir soeben zur Mordattacke von Altena geschrieben: „Erst Hass und Hetze, dann folgt die Gewalt. Wir müssen Position bekennen. Wegducken gilt nicht.“ Das sei auch allen Christdemokraten ins Stammbuch geschrieben, die sich nicht schämen, bei den Blau-Braunen Anleihen zu machen und gleichzeitig die „eigenen Leute“ zu verhöhnen, wenn sie christlichen Grundsätzen treu bleiben.

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Literaturhinweis:
Norbert Hannappel:
Der Gestapo-Angriff auf das Pallottinerkloster in Olpe.
19. Juni 1941: Menschen im Widerstand – Zeitzeugenberichte und Dokumente.
Norderstedt: BoD 2017.
(Paperback; 380 Seiten; 15,90 Euro; ISBN-13: 978-3-7460-3040-1)
https://www.bod.de/buchshop/der-gestapo-angriff-auf-das-pallottinerkloster-in-olpe-norbert-hannappel-9783746030401

Umleitung: frisch & knackig, aber kurz. Von Lindner über Höcke zur späten Einsicht.

Frisch und knackig? Wundert es mich, dass das Restaurant geschlossen ist – out of business? (foto: zoom)

FDP-Lindner: „Ich“ als politisches Statement … welchering

Warum ist das Universum dreidimensional? Begann alles mit einem kosmischen Kabelsalat? … scilogs

Gerhard Zucker und sein Raketentraum: Ein Zeitsprung über eine kleine Insel, einen Visionär und seine Raketen … zeitsprung

Protest gegen Höcke: Endlich reden alle von Überwachung … netzpolitik

Teufelsgold von Andreas Eschbach: Sind wir dazu bestimmt nie zufrieden zu sein? Immer auf der Suche nach dem Nächsten? … rebrob

100 Jahre Fake: Dortmunder “Hartware MedienKunstVerein” zeigt berühmte Fotofälschungen der Russischen Revolution … revierpassagen

Sozialticket: Rolle rückwärts … doppelwacholder

Späte Einsicht: In der letzten Sitzung des Kreistags wurde eine Baukommission für die Sanierung bzw. den Neubau der kreiseigenen Berufskollegs eingerichtet und besetzt. Zur allgemeinen Überraschung ließ der Landrat keine Sachkundigen Bürgerinnen und Bürger als Mitglieder für diese Baukommission zu … sbl