Die Initiative „NSU-Watch NRW“ fordert einen neuen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags NRW, der die Ermittlungsfehler und Geheimdienstverstrickungen im Zusammenhang mit dem Wehrhahn-Anschlag vom 27. Juni 2000 aufklären soll. Aus Sicht der Initiative ist ein solcher Ausschuss nach der neuen Veröffentlichung des Journalisten Dirk Laabs in der WELT vom 25. Januar 2018 um so dringlicher geworden.
Laabs schreibt, dass die Polizei Düsseldorf bereits im Jahr 2004 den Hinweis einer V-Person des Landeskriminalamtes erhielt, wonach der Düsseldorfer Neonazi André M. wisse, wer den Wehrhahn-Anschlag verübt habe und womöglich selbst an diesem beteiligt gewesen sei. André M. stammt aus dem Umfeld des zurzeit vor dem Landgericht Düsseldorf angeklagten mutmaßlichen Bombenlegers Ralf S. und war zeitweise dessen Angestellter. Zugleich arbeitete er als V-Mann „Apollo“ für den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz.
„Der Hinweis auf André M. kam von einem als vertrauenswürdig eingeschätzten V-Mann der Polizei. Ihm wurde aber offenbar nicht ausreichend nachgegangen. Warum? Weil hier ein V-Mann einen anderen V-Mann belastete? Galt also wieder einmal Quellenschutz vor Strafverfolgung?“, fragt Maria Breczinski, Sprecherin von „NSU-Watch NRW“. Nicht nachvollziehbar sei zudem, warum dieser Hinweis 2004 nicht dazu führte, die Spur gegen den Tatverdächtigen Ralf S. wieder aufzunehmen, schließlich habe die Polizei von dem engen Kontakt des André M. zu Ralf S. gewusst.
Dirk Laabs schreibt weiter, dass die Polizei Düsseldorf 2004 gewusst habe, dass André M. zuerst für den Militärischen Abschirmdienst und dann für den Verfassungsschutz NRW gespitzelt habe. Dies steht im Widerspruch zur Aussage des Ermittlungsleiters Dietmar Wixfort im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags, er sei erst 2012 vom Verfassungsschutz über die V-Mann-Tätigkeit von André M. informiert worden. „Wer bei der Polizei Düsseldorf wusste also bereits 2004 über die V-Mann-Tätigkeit Bescheid? Welche Kenntnisse hatte die Staatsschutzabteilung, die für die stümperhafte Durchsuchungsaktion gegen Ralf S. verantwortlich war?“, fragt Maria Breczinski.
Weitere Fragen von „NSU Watch NRW“ lauten: „Was berichtete André M. dem Verfassungsschutz über den Wehrhahn-Anschlag und den Tatverdächtigen Ralf S.? Warum lieferte der Verfassungsschutz keine brauchbaren Informationen an die polizeiliche Ermittlungskommission? Stimmt die Aussage von Ralf S. am 1. Prozesstag, er habe bereits 1999 Gespräche mit dem Verfassungsschutz geführt? Um welche Art von Gesprächen handelte es sich?“
Maria Breczinski stellt klar: „Ohne die Beantwortung dieser und weiterer Fragen kann von Aufklärung keine Rede sein. Weder von Seiten der Politik, noch von Seiten der strafrechtlichen Aufarbeitung.“
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Verweise:
– Artikel von Dirk Laabs in der WELT (25.01.2018): https://t.co/baeze4zgbE
– Schlussbericht des NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags NRW: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-14400.pdf
– Pressemitteilung von „NSU Watch NRW“ (19.01.2018) https://nrw.nsu-watch.info/nsu-watch-nrw-fordert-untersuchungsausschuss-zum-wehrhahn-anschlag/
– Pressemitteilung von „NSU Watch NRW“ (11.02.2017): https://nrw.nsu-watch.info/verfassungsschutz-skandal-von-ungeheurer-dimension/
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