Neue Grabsteine für die sowjetischen Zwangsarbeiter auch in Siedlinghausen. Ein Plädoyer zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion.

Grabstein für Andrej Sergejew, geboren 1912,
gestorben laut „obd.memorial“ am 7.11.1941 (1)

Dieser Grabstein kann allein schon wegen des Datums nicht so bleiben; der Überfall deutscher Soldaten auf die Sowjetunion begann am 22. Juni 1941, und ich meine, daß der heutige 80. Jahrestag gutes Datum wäre, um den sowjetischen Zwangsarbeitern würdige Grabsteine zu geben – mit ihren Vornamen und ihren Geburtstagen. Ich denke am Geburtstag meiner toten Mutter an sie, und am Todestag zünde ich eine Kerze an; beides gilt auch für meinen Vater. Und genau das sollte man auch an den Gräbern der 29 tun können!

(Datei als PDF)

Andrej Sergeew einer der fünf „Unbekannten“ der sowjetischen Kriegsgefangenen auf dem Friedhof in Siedlinghausen, die Zwangsarbeiter von „Dietrich Krämer & Co.“ in Siedlinghausen und der „Firma Josef Hütemann“ in Bigge waren. Auf seiner „Personalkarte I: Personelle Angaben“ (2) vom „Kriegsgefangenen-Stammlager: Stalag 326 Forellkrug“, also Stukenbrock, sieht sein Todesdatum wie „17.XI.41“ aus, und es wird vermerkt: „Gem. m. Abg. Liste No v. 10.11.-20.11.41“. Leider habe ich diese „Abgangsliste“ nicht gefunden, aber Andrej Sergejew trägt die „Erkennungsmarke Nr. 16190“, und mit dieser Nummer steht er auf der Skizze zu „Grabstätten russ. Kriegsgefangener in Siedlinghausen – kath. Friedhof“ (3), wo nur die ersten fünf Toten von Dietrich Krämer & Co. (4) noch begraben wurden. Alle weiteren verschwanden auf dem Viehfriedhof „Am Röbbecken“(5), und weil Andrej Sergeew unter den ersten Fünf war, muß er bis zum 15.11.1944 gestorben sein (6).

Die Skizze zum Katholischen Friedhof gibt zu den fünf Gräbern an: „Montschuk“, „Schur“, „Tschainikow“, „10913“ und „16190“. ??????? ????????, dem Kriegsgefangenen Nr. 7242 (7), hatte man wenigstens noch seinen Nachnamen „Tschainikow“ gelassen; er wurde am 26.9.1941 „auf der Flucht erschossen“ und am 31.1.1950 beurkundet.

Auch ????? ???, Kriegsgefangener Nr. 10921 (8), steht noch mit seinem Nachnamen „Schur“ auf der Skizze, ebenso wie ??????? ??????, der Kriegsgefangene Nr. 10817 (9), der noch mit „Montschuk“ verzeichnet wird. Die nächsten beiden aber sind völlig entmenschlicht, völlig entpersonifiziert; sie sind nur Nummern: „10913“ und „16190“ auf der Skizze.

„10913“ ist „Peter“ Glasurenko (10), geboren 25.11.1915 in Lwow, gestorben am 3.10.41. Als „Todesursache“ wird im „Nachweis über Sterbefall eines russischen Kriegsgefangenen“ (11) „Ruhr“ angegeben. Für diese vier liegen Steine mit ihren Nachnamen und ihren Todestagen. Aber nicht für Andrej Sergejew; der 29jährige blieb entpersonifiziert und namenlos begraben mit definitiv falschem Todestag.

„Hier ruhen 6 russische Bürger, gestorben
in der schweren Zeit von 1943-1945“ (12)

Es gibt viele Gräber, auf denen Namen fehlen, wo „Unbekannte“ liegen. In Warstein auf dem Friedhof an der Bilsteinstraße liegen Gregoriy Jakowlew – 1893 bis 2.8.1943 -, Michael Pamasenko – 27.7.1912 bis 2.9.1944 -, Nikolai Karpenko – 20.8.1927 bis 13.2.1944 -, Jan Sadowski – 1.5.1894 bis 9.1.1945 -, Iwan Popow – 1923 oder 1924 (21 Jahre) bis 2.3.1945 – und Nikolei Pezimachow – 3.3.1912 bis 31.12.1944. Alle wurden regulär beurkundet, und seit 1949 (13) wurden immer wieder Grabsteine verlangt. Aber erst am 7. Juni 2021, nach einer Zeitungsveröffentlichung (14) und zahlreichen Anschreiben (15), bekamen diese Sechs ihre Namen zurück.

Es gibt viele Grabsteine, auf denen die Geburts- und Sterbetage fehlen, wie sie vom „Gräbergesetz“ vorgeschrieben sind. Dort steht in Paragraph 2 Absatz 6: „ … Auf dem Grabzeichen sollen in gut lesbarer, dauerhafter Schrift mindestens Vor- und Familienname, Geburts- und Todestag des Bestatteten, bei Ausländern auch die Staatsangehörigkeit angegeben sein.“ (16) Jeder, der schon einmal in einem Archiv oder einer Datenbank nach einem Toten gesucht hat, weiß um die Wichtigkeit des Geburts- und Sterbedatums – sowohl, um schneller fündig zu werden als auch, um Verwechslungen auszuschließen zu können.

Grabstein für Twitalka Stadnik und Anna Tscherewko
auf Meschedes Waldfriedhof, Oktober 2020 (17)

Und es gibt Grabsteine, die widersprechen so dermaßen allen Vorschriften des „Gräbergesetzes“, daß ich mich als Deutsche in Grund und Boden schäme, daß so etwas in meiner Republik möglich sein konnte. In Paragraph 2 Absatz 7 steht: „Die Gräber sind gegen Beschädigung und Verfall zu schützen. Sie sind so zu pflegen, daß die Grabflächen als solche erkennbar und von Unkraut frei bleiben. Die Bepflanzung und die Grabzeichen sind in gutem Zustand zu erhalten. Die Beschriftung der Grabzeichen muß leserlich bleiben.“ (16)

Kein Geburts- oder Todestag, unleserliche Beschriftungen, Kissensteine
und keine Wege im Winter 2018 und Herbst 2020 in Meschede

Was bedeuten solche Grabsteine?

„Neue Grabsteine für die sowjetischen Zwangsarbeiter auch in Siedlinghausen. Ein Plädoyer zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion.“ weiterlesen

Neue Grabsteine für die Toten in Siedlinghausen – Ein Plädoyer zum 8. bzw. 9. Mai 1945+76

In Siedlinghausen „Unbekannt“?

Hiermit fasse ich die Informationen zu den 29 sowjetischen Zwangsarbeitern zusammen, die auf dem Friedhof in Siedlinghausen liegen. Fast alle verdanke ich Frau Marmontowa, die auch die Namensliste von 1945 der in Suttrop und Warstein Ermordeten gefunden hat.

Die Tabelle (siehe PDF unten) soll Grundlage für weitere Recherchen sein und erfordert m.E. neue Grabsteine, da die jetzigen – bis auf zwei – keine Vornamen und keine Geburtsdaten aufweisen, die laut „Bekanntmachung der Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Gräbergesetz. Vom 21. Mai 1969“ in §2 (6) gefordert sind: „Auf dem Grabzeichen sollen in gut lesbarer, dauerhafter Schrift mindestens Vor- und Familienname, Geburts- und Todestag des Bestatteten, bei Ausländern auch die Staatsangehörigkeit angegeben sein.“

Grabstein von Wassilij Sergejew. 1903 – 23.04.1942

Von den sechs „Unbekannten“ stehen fünf mit Namen und Daten auf dieser Liste; nur der 1965 aus Madfeld Hinzugelegte steht noch aus.

Und so bitte ich mit dieser Datei sowohl um Grabsteine für die nun nicht mehr „Unbekannten“ als auch um die Ergänzung der Vornamen und Geburtsdaten sowie um Korrekturen einiger Nachnamen und um eine Informationstafel, die auch darüber berichtet, wie viele russische Kriegsgefangene „Auf der Flucht“ erschossen wurden. Die beiden „Gedenktafeln“, die zudem nur auf Russisch sind, reichen m.E. nicht aus.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Dieser wunderschöne erste Satz unseres Grundgesetzes ist mir ewige Verpflichtung und gebietet mir, mich auch für die Würde der Toten auf dem Friedhof in Siedlinghausen einzusetzen.

Möge diese Liste dafür dienlich sein, ebenso wie die Dateien 241 bis 250 auf der Liste meiner Arbeiten!

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Ausführlich mit Tabelle:

Neue Grabsteine für die Toten in Siedlinghausen. Ein Plädoyer

Graffiti für Siedlinghausen?

Besprühtes „VEW-Häuschen“. Das müsste doch besser gehen.

Siedlinghausen ist aus dem Dorfentwicklungsprozess als „Künstlerdorf“ hervorgegangen. „Nomen est Omen“, und sollte der Name ein Zeichen oder Programm sein, könnte sich die Dorfgemeinschaft überlegen, ob das „VEW-Häuschen“ am Ortsende nicht bessere Graffiti verdient hätte.

Der Gedanke ist mir auf einem meiner Corona-Spaziergänge, die mich schon mehrmals an dem grünen Gebäude vorbei geführt haben, gekommen. Die jetzige Graffiti entspricht imho nicht dem Anspruch, den ein „Künstlerdorf“ haben sollte.

In vielen Städten gibt es inzwischen Amateur- oder auch Profi-Graffiti, die nicht nur schön anzuschauen ist, sondern oft auch etwas „zu sagen“ hat.

Spontan fallen mir Leipzig und Kassel ein.

Einige Einträge zu Kassel finden sich hier im Blog, zu Leipzig siehe hier.

Nur eine Idee, vielleicht erbarmt sich jemand sie fortzuentwickeln.

Kein Pausenbild: Wer ist das?

Grabsteine von Alexej Tschainiko und – na? (Photo von Hans Schiebener vom 2.1.2021)

„Wo ist Sensen-Willi?“ heißt ein Spiel in den Siedlinghauser Heimatstuben, und ich beginne hiermit mit einem neuen Spiel:

Wo ist Petr Glasurenko, geboren am 25.11.1915 in Lwow, gestorben am 3.10.1941 in Siedlinghausen, „Erkennungsmarke Nr. Stalag 326 Nr. 10913“, beigesetzt am 4.10.1941 auf dem Katholischen Friedhof?

Zu einfach?
Ist die Frage zu einfach oder braucht ihr einen Hinweis?

https://collections.arolsen-archives.org/archive/2-2-2-2_02020202-oS/?p=1&doc_id=76747240

https://collections.arolsen-archives.org/archive/76747239/?p=1&s=Glasurenko%20Petr&doc_id=76747239

https://obd-memorial.ru/html/info.htm?id=300144705

Weitere Informationen auf

https://www.schiebener.net/wordpress/siedlinghausen/

(http://www.hpgrumpe.de/ns_verbrechen_an_zwangsarbeitern_suttrop,_warstein,_meschede/Artikel_von_Nadja_Thelen-Khoder.pdf, Datei 241-250)

Nadja Thelen-Khoder
Jugend forscht im ITS (siehe Datei 182)

Zum „Volkstrauertag“ – Der Prozeß in der Siedlinghausener Schützenhalle

Beschriftung in einer Sauerländer Schützenhalle: „Glaube. Sitte. Heimat.“
Diesem Leitspruch folgt der Sauerländer Schützenbund. (foto: zoom)

„Die Zwangsarbeiter/innen wurden in allen notwendigen Bereichen eingesetzt, in der Waffenproduktion, in der Landwirtschaft und – wie in Siedlinghausen – auch in Steinbrüchen.

(Auszug aus dem aktuellen Recherchebericht, insgesamt 28 Seiten.)

In einem der beiden Steinbrüche behandelte man die jungen Menschen laut mehrerer Zeugenaussagen so schlecht, dass sie an den Strapazen früh verstarben oder auf der Flucht erschossen wurden. Die Menschenverachtung ging sogar so weit, dass man sie außerhalb des Dorfes in der Nähe der Müllkippe verscharrte. Ihre sterblichen Überreste wurden erst später auf dem Friedhof in einem eigenen Gräberfeld beigesetzt.“

Zunächst war ich nicht sicher, ob er vielleicht einen anderen Friedhof meinte und habe ihn gefragt. Aber mit „außerhalb des Dorfes in der Nähe der Müllkippe“ meinte er den „Friedhof Röbbecken“.

„Laut mehrerer Zeugenaussagen“ – was mögen das für „Zeugen“ gewesen sein? Wo haben Menschen „Aussagen“ zum Steinbruch der „Fa. Krämer & Co.“ gemacht?

Carl Caspari schreibt in „Unser Dorf Siedlinghausen“: „Im Jahr 1948 fand ein großer Prozeß gegen Dietrich Krämer, wohnhaft in Dortmund, in unserer Schützenhalle statt. Die Gerichtsverhandlung gegen ihn und noch einige andere Männer war am 20.6.1948 in der Schützenhalle. Die Verhandlung wurde von dem englischen Militärgericht aus Arolsen geleitet. Aber wie dieser Prozeß endete, konnte ich leider nicht mehr in Erfahrung bringen.“

Nun muß natürlich nicht alles stimmen, was geschrieben steht. So schreibt Carl Caspari in „Unser Dorf Siedlinghausen“ auch: „Auf dem Viehfriedhof wurde bei 4 russischen Soldaten kein Name auf die Holztafel geschrieben, auch der Sterbetag ist unbekannt. Die Toten hatte man wohl, kurz bevor die beiden Gefangenenlager aufgelöst wurden, dort eingegraben. Den Verantwortlichen blieb sicher keine Zeit mehr, die Gräber zu registrieren und eine Holztafel mit Namen aufzustellen.“

Und diese vier „Unbekannt“ sind es ja nun nicht mehr – waren es eigentlich nie -, und sie starben am 4.12.1941 (Stepan Üschakow, geb. 28.3.1914), am 2.2.1942 (Andrej Borodanow, geb. 30.4.1918), am 16.5.1942 (Kiril Nowikow, geb. 26.4.1920, gestorben am gleichen Tag im gleichen „Arbeitskommando“ „tot aufgefunden“, an dem Iwan Safronow „auf der Flucht erschossen“ wurde) und am 8.12. (oder – laut Sterbeurkunde – am 24.12.) 1942 (Karapet Tschuwadjan, geboren 1904).

Aber auch Franz Mickus spricht von „Zeugenaussagen“, und „ein großer Prozeß gegen Dietrich Krämer … in unserer Schützenhalle … am 20.6.1948 … von dem englischen Militärgericht aus Arolsen geleitet“ ist eine sehr konkrete Spur, zu der manche Dokumente der „Arolsen Archive“ passen, in denen von „Murder and mistreatment of forced laborers and Allied POW’s in Germany“ and „Place of Offence: Siedlinghausen, Germany. Date: 1941-1944. Offence: Murder of Russian Ps/W.“ geschrieben ist.

In einem Dokument stehen besondere Hinweise auf die Anzahl und die Namen der Toten:

„He remembers five Russians buried in the town-cementery and some twenty-four buried in the field, two of which were sent up from a firm Huttemann in Olsberg. (An actual count of the graves on the field gave a total of twenty-six or twenty-seven, therefore thirty-one or thirty-two graves altogether.) The names of the buried PW’s and the dates of their death can be ascertained at the Police Administration in Bigge.“

Und so stellt sich mir wieder die Frage: Was bedeutet die 26. Angabe in der Friedhofsliste zum „Friedhof Röbbhecken“ von 1970, die vorne „25 Gräber“ angibt, und was ist mit diese Lücke zwischen den Grabsteinen von „Sabronow“ und „Boltutschow“?

Und so ist es für mich höchst wahrscheinlich, daß es stimmt, was Carl Caspari in „Unser Dorf Siedlinghausen“ schrieb:

„Im Jahr 1948 fand ein großer Prozeß gegen Dietrich Krämer, wohnhaft in Dortmund, in unserer Schützenhalle statt. Die Gerichtsverhandlung gegen ihn und noch einige andere Männer war am 20.6.1948 in der Schützenhalle. Die Verhandlung wurde von dem englischen Militärgericht aus Arolsen geleitet. Aber wie dieser Prozeß endete, konnte ich leider nicht mehr in Erfahrung bringen.“

Zwar ist sein Buch ja von 1999 und unter den o.a. Dokumenen ID 120848333 120848335 der „Arolsen Archigves“ steht „Declassified per Executive Order 12356, Section 3.3, NND 775032 by RB/Brust NARA, Date Jan. 21, 1993“. Aber erst seit wenigen Monaten werden die Dokumente online gestellt, und so konnte Carl Caspari vieles wohl noch nicht „in Erfahrung bringen“.

Heute ist vieles anders als noch bis vor ein paar Jahren. Am schönsten und kürzesten sagt es die Direktorin Floriane Azoulay: „Es kann doch nicht sein, dass nach 75 Jahren immer noch so viele Namen nicht digital erfasst sind. Die Archive gehören uns nicht, die Namen müssen raus in die Welt!“

[…]

Alles lesen, mit Bildern, Anmerkungen und Quellenverweisen (28 Seiten PDF)

Siedlinghausen: Die Kerze für die fünf „Unbekannten“ und die Sprache der Toten Andrej und Wasilij Sergeew („Serkow“)

Gedenkstein, Kranz und Licht auf dem Gräberfeld der sowjetischen Zwangsarbeiter in Siedlinghausen. (fotoarchiv: zoom)

Auf dem Friedhof in Siedlinghausen liegen sechs Grabsteine mit der Angabe „UNBEKANNT“, davon zwei mit den Daten „7.11.1940“ und „April 1945“.

1. „UNBEKANNT + April 1945“
Hier wurde jemand 1965 „aus Madfeld (inmitten der Feldflur)“ zu den anderen 24 auf dem Viehfriedhof, dem späteren „Ehrenfriedhof“ „Am Röbbecken“ ohne Zugang, gelegt – und jedes Mal, wenn ich an diesen Grabstein denke, fällt mir auch Jagos Ze?evi? ein; am 16.10.1980 stellte die Gemeinde Meschede für den „Waldfriedhof Fulmecke“ eine „Ergänzungs-Meldung zur Kriegsgräberliste (§ 6 des Kriegsgräbergesetzes vom 27. Mai 1952 – Bundesgesetzbl. I Seite 320)“ auf.

In dieser fünften Ausfertigung der Gräberliste für den Waldfriedhof steht zur lfd. Nr.56: „JAGOS ZE?EVI?, geboren 10.08.1902 in Vinicka, Jugoslawien. Umgebettet von einer Weide in Schederberge lt. Erlaß des IM NW vom 13.02.79, I C 4/ 18 – 86.12“. Er ist der einzige Jugoslawe auf Meschedes Waldfriedhof und hat den einzigen Grabstein mit Geburtsdatum und Sterbedatum.

Aber auf seiner Sterbeurkunde mit dem „Nur gültig zum amtlichen Gebrauch“- Stempel in der Zentralen Namenskartei (ZNK) des ITS steht, von wo genau er umgebettet wurde: „Der jugoslawische Kriegsgefangene Jagos Zecevic, wohnhaft in Schederberge, ist am 8. April 1945 in Schederberge verstorben. Der Verstorbene war geboren am 20. August 1902 in Vinicka in Jugoslawien. Meschede, den 17. November 1950. Der Standesbeamte [Stempel und Unterschrift]“ Und auf der Rückseite: „Bezeichnung der Grabstelle: Ortschaft Schederberge in einer Weide des Gutspächters H. Meschede, den 23. November 1950. Der Amtsdirektor“ [Stempel und Unterschrift]. Ob es solch eine Sterbeurkunde auch für den „UNBEKANNT“ aus Madfeld gibt?

2. „UNBEKANNT + 7.11.1940“
Dieser „Unbekannte“ war es nie. Denn auf der Skizze zum Katholischen Friedhof in Siedlinghausen stehen die Namen „Montschuk“, „Schur“ und „Tschainikow“ und die Zahlen „10913“ und „16190“. „10913“ ist „Peter“, also Petr Glasurenko, geboren 25.11.1915 in Lwow, und „16190“ ist Andrej Sergeew, dessen „Personalkarte I: Personelle Angaben“ des „Kriegsgefangenen-Stammlagers Stalag 326 Forellkrug“ die „Beschriftung der Erkennungsmarke“ mit „Nr. 16190“ angibt – und den Vornamen und den des Vaters und der Mutter und und und.

  • „Montschuk“ bekam einen Eintrag ins Sterbebuch und einen Grabstein.
  • „Schur“ bekam einen Eintrag ins Sterbebuch und einen Grabstein.
  • „Tschainikow“ bekam einen Eintrag ins Sterbebuch und einen Grabstein.
  • „Glasurenko“ bekam einen Eintrag ins Sterbebuch und einen Grabstein.

Nur Andrej Sergeew bekam keinen Grabstein mit seinem Namen, und hier ist sie wieder, die Sprache der Toten! Denn daß dieser Grabstein ein so offen-sichtlich falsches Datum enthält, ist so auffällig, daß ich sicher war, daß mehr dahintersteckt als ein „einfacher“ Fehler…

[…]

Alles lesen, mit Quellen und Anmerkungen:

https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2020/11/247.-Die-UNBEKANNT-der-30-auf-dem-Friedhof-in-Siedlinghausen.pdf

„Das Magere, das man über sie weiß“ (Westfalenpost, 4. November 2020)
Drei Grabsteine und die Eintragungen 12-14 im Sterbebuch Bigge von 1950

Gedenkstein, Kranz und Licht auf dem Gräberfeld der sowjetischen Zwangsarbeiter in Siedlinghausen. (foto: zoom)

Auf dem Friedhof in Siedlinghausen liegen 30 Bürger der Sowjetunion: die ersten fünf aus dem „Lager Krämer & Co. in Siedlinghausen, die noch auf dem Katholischen Friedhof begraben wurden, und die weiteren 24 aus den Lagern der Firmen Krämer & Co. und Josef Hüttemann in Bigge, die ab November 1941 auf dem Viehfriedhof „Am Röbbecken“ „verschwanden“ – und der eine vom „April 1945“, der 1965 zu ihnen gelegt wurde, „umgebettet“ „aus Madfeld (inmitten der Feldflur)“.

(Die komplette Recherche samt Anmerkungen und Quellenverweisen hier lesen.)

30 Tote, 30 Grabsteine –und nur auf zweien stehen Vor-und Zuname sowie Geburts-und Sterbedatum.

[…]

Am 4. November 2020 erschien in der „Westfalenpost“ der Artikel „Zweiter Weltkrieg. Winterberg: Erinnerung an grausame Zeiten“ von Stefanie Bald. Unter einem Photo mit einem aufrecht stehenden Grabstein in Form eines Kreuzes mit der Aufschrift „In perpetuam memoriam 1939-1945“ steht: „Seit der Umgestaltung 2016 steht auf dem kleinen Gräberfeld der deutschen Gefallenen auch dieser Gedenkstein.“

Und im Artikel lese ich, daß auf dem Friedhof „30 tote sowjetische Kriegsgefangene und 19 deutsche Gefallene“ liegen. … „Alle, die dort liegen, kamen irgendwo im Umkreis von Siedlinghausen zu Tode. Durch Kämpfe, Krankheiten oder aus anderen Gründen. So sollen in dem Steinbruch, in dem die sowjetischen Gefangenen arbeiten mussten, grausame Zustände geherrscht haben.

Auf beiden Grabfeldern liegen überwiegend junge Burschen, manche erst in den 1920ern geboren. Auf den Grabsteinen steht das Magere, was man über sie weiß: Mal ein kompletter Name, mal nur ein Nachname, ein Todes-oder Geburtsdatum, manchmal auch nur ,Unbekannt’ und nichts weiter.“ [Hervorhebungen, durch die Autorin]

Das „Magere, was man über sie weiß“. Durch die Sterbeurkunden wissen wir jetzt schon einmal, daß die sowjetischen Kriegsgefangenen nicht alle im Steinbruch Krämer in Siedlinghausen Zwangsarbeiter waren, sondern auch bei Josef Hüttemann in Bigge.

  • Nr. 12. … Der russische KriegsgefangeneAlex Bobkow, Kriegsgefangener Nr. 62750, … ist am 17. November 1942in Bigge im Kriegsgefangenenlager der Firma Josef Hüttemann verstorben … Todesursache: unbekannt“
  • „Nr. 13… Der russische Kriegsgefangene Palw Hawri, Kriegsgefangenen Nr. 55165, …ist am 19. Dezember 1942 in Bigge im Kriegsgefangenenlager der Firma Josef Hüttemann verstorben. … Todesursache: unbekannt“
  • „Nr. 14… Der russische Kriegsgefangene Tschuwoelltschow, Kriegsgefangenen Nr. 73611, … ist am 24. Dezember 1942 in Bigge im Kriegsgefangenenlager der Firma Josef Hüttemann verstorben. … Todesursache: unbekannt“

Alle drei „Eingetragen auf schriftliche Anzeige der Gemeindebehörde in Bigge … am 14. Februar 1950“.

Und so sieht diese Liste des Arbeitsamtes Meschede-Brilon über „Fremdarbeiterlager und sanitäre Betreuung von Fremdarbeitern während des Krieges“ vom Oktober 1948 heute für mich anders aus als „damals“, als ich anfing, nach den Toten auf dem „Franzosenfriedhof“ in Meschede zu suchen:

[…]

Alles lesen, Text, Anmerkungen, Quellen (PDF, 17 Seiten)

Nikolai Koslow, geboren am 19. März 1917, und der Handkarren in der Siedlinghauser Heimatstube.

Grabplatte auf dem Friedhof in Siedlinghausen. (foto: schiebener)

In „Die Frau, die den ,Friedhof Röbbecken’ in Siedlinghausen besuchen wollte, aber Angst vor Bullen hatte“[1] zitiere ich aus dem Kapitel „Die Geschichte der russischen Kriegsgefangenen“ aus Carl Casparis Buch „Unser Dorf Siedlinghausen“[2]. Darin wird einmal ein „Handkarren“ und zweimal ein „Handwagen“ erwähnt.

1. Handkarren:
„Wie qualvoll und grausam das Gefangenendasein war, kann man schon daran erkennen, daß es viele Tote gab. In dem Gefangenenlager des Steinbruchs Bertram am Iberg gab es keine Toten. Alle sind bei Dietrich Krämer am Meisterstein umgekommen. …

Ab November 1941 wurden die verstorbenen russischen Soldaten auf dem Viehfriedhof begraben. …

Hier fuhr man auch die toten russischen Gefangenen mit dem Handkarren herauf. Sollte ein toter russischer Gefangener beerdigt werden, so legte man ihn in einer Kiste mit einem Deckel. … Man stellte sie auf eine Karre. Die Gefangenen fuhren sie hinauf zum Röbbecken. Dort mußten sie auch das Grab ausheben. … Die Kiste wurde einfach umgekippt und der Tote fiel in das Grab. …

Später fertigten der Schreiner Se.[3] oder der Schreiner Si. eine andere Kiste an. Sie hatte auch im Boden eine Klappe. Man stellte sie einfach über das Grab, öffnete die Klappe am Boden und der Tote fiel nach unten.“[4]

2. a) Handwagen:
„Am frühen Morgen des Karfreitags 1944 floh ein russischer Kriegsgefangener aus des dem Steinbruch am Meisterstein. Er lief durch den Allenberg am Schieben (heute Ennertstraße) herunter und versteckte sich in dem Holzschuppen hinter dem Haus von Rudolf K. in der Sorpestraße. …

Der Nachbarjunge Reinhard K., der damals 13 Jahre alt war, erlebte das Drama als Augenzeuge mit und erzählte mir folgende Geschichte. … Der Geflohene saß auf dem Boden und lehnte vor Erschöpfung an einer Leiter. Mein Vater sagte zu den Wachposten: ,Der Mann braucht Hilfe!’ Der Wachposten gab zur Antwort: ,Der braucht keine Hilfe mehr.’

So gingen die beiden Soldaten wieder aus dem Schuppen heraus. Auf der Straße hatten sich mittlerweile einige Nachbarn eingefunden. Ein Soldat sagte ihnen, sie sollten nach Hause gehen, das wäre hier kein Kindergarten.

Danach ging er noch einmal in den Schuppen und erschoß einfach den wehrlosen Mann. Auf die Frage, warum er das gemacht hätte, antwortete der Soldat, es wäre Notwehr gewesen. …

Kurze Zeit später wurde der Tote mit einem Handwagen abgeholt. Noch heute sieht Reinhard dieses Bild vor sich.“[5]Karfreitag ist ein beweglicher Feiertag und fiel 1944 auf den 7. April -wenn es stimmt, was im Internet steht[6].

Sieht man sich die Sterbedaten der 30 sowjetischen Zwangsarbeiter auf dem Friedhof in Siedlinghausen an, gibt es niemanden, der am 7.4.1944 starb. „Koslaw“ starb am 12. (8), „Gurischkin“ (20) am 21. April 1944. Die Zahlen in Klammern sind die Gräber auf meiner Friedhofskizze, hier mit Blickrichtung auf die Friedhofstraße: …

[…]

2. b) Handwagen:
„Was ich aber 1943 oder 1944 mit einigen Freunden, wir waren etwa 14 Jahre alt, in der Abenddämmerung im November gesehen und gehört habe, war so furchtbar, daß ich das mein Leben lang nicht vergessen kann.

Hinter dem Stacheldrahtverhau sah man schon mal kahlgeschorene Gefangene hervorschauen. Davor patrouillierten die Wachposten natürlich mit Karabinern. Wir kamen mit einem Posten ins Gespräch. Plötzlich aber schrie ein Gefangener in der Baracke ganz fürchterlich. Der Wachposten jedoch verzog keine Mine[18] und meinte, daß der Gefangene Kameradendiebstahl begangen hätte und nun Prügel dafür bekäme….

Es war auch schlimm, als wir Kinder mit ansehen mußten, wie die kranken Gefangenen zu unserem Dorfarzt Dr. Schranz gingen und andere, die nicht mehr gehen konnten, wurden auf einem Handwagen von anderen Kranken gezogen. Sie sahen zerlumpt und abgemagert aus und hatten kahl geschorene Köpfe. Manchmal konnte man meinen, sie wären schon halb tot. Sie wurden immer von Soldaten mit Gewehren begleitet.“[19]

Reinhard erlebt mit 13, wie ein Gefangener von einem deutschen Soldaten in einem Schuppen in seiner Nachbarschaft erschossen wird. Er hört dessen klare Ansage „Der braucht keine Hilfe mehr“ und dann (mindestens) einen Schuß.

Dann sieht er wahrscheinlich, wie halb tote Gefangene, mit zerrissener Kleidung und kahlgeschoren, die blutige Leiche mit einem Handwagen wegziehen.

Er wird weiter neben diesem Schuppen wohnen und ihn täglich sehen müssen und noch ein ganzes Jahr die ewige Propaganda hören und sehen, bis zur letzten Durchsage nach Adolf Hitlers Tod: „Aus dem Führerhauptquartier wird gemeldet, daß unser Führer, Adolf Hitler, gestern in seinem Befehlsstand in der Reichskanzleibis zum letzten Atemzuge gegen den Bolschewismus kämpfend, für Deutschland gefallen ist.“[20] …

[…]

Weiterlesen mit sämtlichen Anmerkungen und Abbildungen (PDF):

https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2020/10/245.-Nikolai-Koslow-und-der-Handkarren-in-der-Siedlinghauser-Heimatstube.pdf

Heimatstuben – Geschichte – Siedlinghausen

Hier geht es zu den Heimatstuben. (foto: zoom)

Die Siedlinghauser Heimatstuben liegen etwas versteckt hinter dem Kolpinghaus im ersten Stock des Kita-Gebäudes. Tür auf, Treppe hoch, ein langer Flur mit abzweigenden Räumen rechts und links. „Fotos bitte nur für den privaten Gebrauch. Sie wissen – das Internet und die Urheberrechte.“

Ich lasse mich durch die Räume führen. Um 15 Uhr ist es noch hell. Es herrscht Fülle (an Exponaten), aber es gibt eine Ordnung, allerdings kein Archiv. Tonträger, Filme, Alltagsgegenstände, Kunstwerke und Fotos. Die schwarz-weißen sind am faszinierendsten, die Tonwerte immer noch frisch. Die Farbfotos hingegen ausgebleicht, wie ich es von den eigenen Familienfotos kenne.

An den Bildern kann ich mich nicht satt sehen. Siebziger-Jahre Frisuren, das gegerbte Gesicht einer älteren Frau. Ein paar Menschen aus dem Schützenumzug erkenne selbst ich, der vor zwanzig Jahren Zugezogene. „Ist das nicht der … ja, das ist er und nein der nicht, aber dort …“.

Ich bin ein Flaneur und Drifter. Eine Stunde sind nicht genug. Hätte ich mich einschließen lassen sollen? Nachts in den Heimatstuben, allein mit dem Handkarren, der den Erzählungen nach zum Transport kranker Zwangsarbeiter diente:

„Es war auch schlimm, als wir Kinder mit ansehen mußten, wie die kranken Gefangenen zu unserem Dorfarzt Dr. Schranz gingen und andere, die nicht mehr gehen konnten, wurden auf einem Handwagen von anderen Kranken gezogen. Sie sahen zerlumpt und abgemagert aus und hatten kahl geschorene Köpfe. Manchmal konnte man meinen, sie wären schon halb tot.“ (Carl Caspari, Unser Dorf Siedlinghausen, Bd. II, S. 174)

„Sie können das auch alles im Internet nachsehen, kennen Sie die Seite nicht? Gucken Sie bei Sauerlandibus.“

Am Ende bestelle ich mir einen kleinen Ordner mit laminierten Informationsblättern – 40 Euro – ich schlucke nicht, denn die Heimatstuben wurden an dem Tag ganz für mich allein aufgeschlossen, dazu die Führung. Unbezahlbar. Mein Museumsguide, Herr W., muss den Ordner noch zusammenstellen: „Ich rufe Sie dann an.“

Als ich zu Fuß nach Hause gehe, den Berg hinauf, am Kriegerdenkmal vorbei, dämmert es schon. Mir gehen die Gedanken im Kopf herum.

Abends schreibe ich einen Brief an unsere Autorin Nadja Thelen-Khoder:

„Schauen Sie sich die Sauerlandibus-Seite an. Ich habe sie heute als Link rechts unter ‚Geschichte‘ ins Blog eingebunden … als zweites eine neue Seite ins Menü oben, neben den „Franzosenfriedhof“ gepackt. https://www.schiebener.net/wordpress/siedlinghausen/

Soweit erst einmal.

Viele Grüße …“

 

Die Frau, die den „Friedhof Röbbecken“ in Siedlinghausen besuchen wollte, aber Angst vor Bullen hatte.

Die Bullenwiese, der Schuppen rechts, die Steine in der Bildmitte …. (foto: schiebener)

Auf einem Photo in meiner vorigen Datei sieht man den mehrfach „Russenfriedhof“ genannten und seit 1989 aufgehobenen „Friedhof Röbbecken“  auf mehreren Karten. Das Photo oben läßt den folgenden Text aber vielleicht ein bißchen besser verstehen.

Mein zweiter Siedlinghausener Engel, Herr Hellwig, hatte mir die S. 173-177 aus „Unser Dorf Siedlinghausen, Bd. II“ von Carl Caspari kopiert und in die Hand gedrückt, das Kapitel „Die Geschichte der russischen Kriegsgefangenen“.

Vieles habe ich aus diesen fünf Seiten gelernt. Zum „Friedhof Röbbecken“ steht geschrieben:

„Was unter den Augen der Siedlinghausener von 1941 bis 1945 bei uns im Ort passierte[,] war furchtbar. Zu dieser Zeit war Fritz S. unser Bürgermeister, der Ortsgruppenleiter hieß Heinrich C., unser Pastor war Pfarrer H. und der Dorfarzt hieß Dr. Schranz. … Wie qualvoll und grausam das Gefangenendasein war, kann man schon daran erkennen, daß es viele Tote gab. In dem Gefangenenlager des Steinbruchs Bertram am Iberg gab es keine Toten. Alle sind bei Dietrich Krämer am Meisterstein umgekommen. Die ersten russischen Toten wurden auf unserem Friedhof an der Hecke zum Bahnhof hin begraben. Das ist heute die Stelle, an der der russische Ehrenfriedhof ist. Bereits einige Monate nach Kriegsbeginn gegen Rußland waren schon die ersten Gefangenen gestorben. Im September 1941 waren es drei Tote und im Oktober 1941 ein Toter. Ab November 1941 wurden die verstorbenen russischen Soldaten auf dem Viehfriedhof begraben.“

Besieht man sich die Todestage auf den Grabsteinen, erkennt man genau, warum. Es starben in zeitlicher Reihenfolge laut Sterbeurkunden bzw. Grabsteinen bzw. Nummer der „Erkennungsmarken“:

1 Tschainikow 21.09.1941
2 Schur 27.09.1941
3 Glasurenko 03.10.1941
4 Unbekannt 07.11.1940
5 Montschuk 14.11.1941
6 Petrew 14.11.1941
7 Boltutschow 15.11.1941
8 Samilow 06.02.1942
9 Istomin 04.03.1942
10 Smirnow 13.03.1942
11 Reszow 28.03.1942
12 Rodkidischwew 01.04.1942
13 Serkow 23.04.1942
14 Sabronow 16.05.1942
15 Afanasief 29.05.1942
16 Lenik 28.06.1942
17 Sid 11.09.1942
18 Batrak 24.09.1942
19 Alex Bobkow 07.11.1942
20 Palw Hawri 09.12.1942
21 Koslaw 12.04.1944
22 Gurischkin 21.04.1944
23 Schergin 24.04.1944
24 Iwanikow 26.04.1944
25 Pradkujin 06.02.1945
26 Unbekannt
27 Unbekannt
28 Unbekannt
29 Unbekannt
30 Unbekannt April 45

Wenn der Satz „Im September 1941 waren es drei Tote …“ stimmt, muß einer der „Unbekannt“-Grabsteine zu ihm gehören und die Friedhofskizze mit den Fünfen wäre unvollständig. Alle 30 – bis auf den letzten „Unbekannten“, der 1965 aus Madfeld dazugelegt wurde, und „Alex Bobkow“ und „Palw Hawri“, Zwangsarbeiter bei Josef Hüttemann in Bigge – arbeiteten bei der Firma Krämer & Co.

Weiter im Text: „Den Ausdruck Viehfriedhof kann man nur so erklären. Früher hatte man Rinder, Schafe, Schweine, Ziegen, Pferde und Hunde, die an einer Krankheit gestorben waren, an dieser Stelle begraben. …

Der Weg zum Viehfriedhof führte am Bildstock Judas Thaddäus vorbei hinter das Röbbecken in Richtung des heutigen Bauernhofes K. über den Bach Hamekebieke. Zu der Zeit gab es dort noch keine Brücke und so mußte man ca. 200 Meter den Bachlauf herauffahren, um zu dem Friedhof zu kommen. Hier fuhr man auch die toten russischen Gefangenen mit dem Handkarren herauf.

Der Weg zum Viehfriedhof führte am Bildstock Judas Thaddäus vorbei. (foto; schiebener)

Sollte ein toter russischer Gefangener beerdigt werden, so legte man ihn in eine Kiste mit einem Deckel. An der Kiste waren vorn und hinten je zwei Griffleisten zum Tragen. Man stellte sie auf eine Karre. Die Gefangenen fuhren sie hinauf zum Röbbecken. Dort mußten sie auch das Grab ausheben. Dem Leichnam hatte man einen Sack über den Kopf und die Beine gezogen. Die Kiste wurde einfach umgekippt und der Tote fiel in das Grab. So erzählte es mir Franz P., der damals als 13jähriger in der Nähe die Kühe der Gemeinde hüten half. Am Grab wurde kein Gebet oder irgendetwas anderes gesprochen. …

Später fertigten der Schreiner Se. oder der Schreiner Si. eine andere Kiste an. Sie hatte auch im Boden eine Klappe. Man stellte sie einfach über das Grab, öffnete die Klappe am Boden und der Tote fiel nach unten.“

„So etwas“ kann man sich auf einem „Katholischen Friedhof“ kaum vorstellen,

[Bild mit Hakenkreuz]

auf einem „Viehfriedhof“ schon.

Lorenz Jaeger: „Schaut hin auf Rußland! Ist jenes arme unglückliche Land nicht der Tummelplatz von Menschen, die durch ihre Gottfeindlichkeit und durch ihren Christushaß fast zu Tieren entartet sind? Erleben unsere Soldaten dort nicht ein Elend und ein Unglück sondergleichen? Und warum? Weil man die Ordnung des menschlichen Lebens dort nicht auf Christus, sondern auf Judas aufgebaut hat.“

Quelle siehe Anmerkungen in der PDF (s.u.)

„Gebet für Führer, Volk und Vaterland
Lasset uns beten

In Deiner Hand, o Gott, liegt die Herrschaft über alle Reiche und Völker der Erde. Segne unser deutsches Volk in Deiner Güte und Kraft und senke uns tief ins Herz die Liebe zu unserem Vaterlande. Laß uns ein heldenhaftes Geschlecht sein und unserer Ahnen würdig werden. Laß uns den Glauben unserer Väter hüten wie ein heiliges Erbe.

Segne die deutsche Wehrmacht, die dazu berufen ist, den Frieden zu wahren und den heimischen Herd zu beschützen, und gib ihren Angehörigen die Kraft zum höchsten Opfer für Führer, Volk und Vaterland.

Segne besonders unsern Führer und Obersten Befehlshaber in allen Aufgaben, die ihm gestellt sind. Laß uns alle unter seiner Führung in der Hingabe an Volk und Vaterland eine heilige Aufgabe sehen, damit wir durch Glauben, Gehorsam und Treue die ewige Heimat erlangen im Reiche Deines Lichtes u. Deines Friedens. Amen.“

So stand es auch in „God is myn Leydsmann“, dem „Katholischen Gesang- und Gebetbuch für die Kriegsmarine“, das mein Vater bei sich hatte, als Granatsplitter ihm beim Beschuß „seines“ Schnellbootes Teile seiner Hände zerfetzten.

Siehe Anmerkung in der PDF (s.u.)

Ich bin heilfroh, daß meine Eltern anders, aber eben auch „katholisch“ waren; ich glaube, sonst wäre „Katholizismus“ für mich wohl eine schreckliche „Religion“ (Konfession) – trotz Maximilian Kolbe, Erzbischof Romero und so vielen Anderen, die vom Gegenteil künden!

Vom Hölzken auf Stöcksken. Also zurück zu Carl Caspari. Nach den ersten fünf gestorbenen sowjetischen Zwangsarbeitern – später komme ich zu jedem einzelnen – , die noch auf dem Katholischen Friedhof beerdigt wurden, kamen alle anderen also auf den „Viehfriedhof“ „Am Röbbecken“.

Wer wohl auf die Idee gekommen ist, die getöteten sowjetischen Zwangsarbeiter fürderhin „Am Röbbecken“ verschwinden zu lassen?

Weiter im Text; ich springe auf S. 175: „Der damalige Sozialminister des Landes Nordrhein-Westfalen ordnete auf Druck der Militärregierung im Jahr 1947 an, daß die Kriegsgräber aller Nationen in Ordnung zu bringen wären. Danach mußte auf jedem Grab ein Holzkreuz oder eine Holztafel mit Namen, Geburtstag und Todestag angebracht werden. Von nun an wurde auch jedes Jahr eine Kontrolle durchgeführt. Die Gemeinde mußte dafür sorgen, daß alles gepflegt wurde. Im Jahr 1964 wurde auf Druck des ,Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge’ der Russenfriedhof zum richtigen Ehrenfriedhof ausgebaut. Jedes Grab bekam einen Gedenkstein mit den vorhandenen Daten eingemeißelt. Der große Gedenkstein oder Obelisk stammt aus dem Steinbruch am Meisterstein, in dem die verstorbenen Gefangenen so gelitten haben.“

S. 176 beginnt genau hinter „Meister-“ mit einem Photo samt Bildunterschrift: „Vor dem Schuppen war der Friedhof mit einem Jägerzaun umrandet. Von diesem Weg aus gab es keinen Zugang zu dem Russenfriedhof. Dahinter fließt die Hamekebieke.“

Weiter im Text: „Auch heute steht dieser Stein noch dort und erinnert an die Tragödie, die hier passiert ist. Die fünf toten russischen Soldaten, die auf unserem Friedhof in Siedlinghausen beerdigt wurden, sollten nun auf den Ehrenfriedhof am Röbbecken umgebettet werden. Aber das wurde nicht genehmigt, weil eine Umbettung nach 20 Jahren nicht mehr vertretbar ist.“

Stop.

Weiterlesen (PDF), mit Abbildungen und Anmerkungen:

242. Die Frau aus Mülheim und ihre Angst vor Bullen