Gerade gefunden und hiermit als Leseempfehlung weitergereicht:
“ … Ole von Beust wird morgen zurücktreten – und das ist auch gut so. Ich habe ihn als inkompetent, ohne Rückgrat, als liebsten Schwiegersohn der BILD kennengelernt. Ein Neuanfang kann der Stadt nur gut tun – er wäre in der heutigen Zeit enorm wichtig. Die Grünen müssen sich nun eine Frage gefallen lassen: Quo vadis? Als Nachfolger steht der rechte Hardliner und Innensenator Christoph Ahlhaus bereit. Würden die Grünen, die früher auf der Seite der Demonstranten standen, während der Innensenator den Befehl zum Einsatz der Wasserwerfer gab, Ahlhaus als Bürgermeister mittragen, wäre das ähnlich verwerflich, wie die Zusammenarbeit von Beusts mit Ronald Barnabas Schill. Es ist zu vermuten, dass die Grünen diesen Schritt mitgehen werden – sie haben sich bereits mehrfach meistbietend verkauft.
Der Rücktritt von Beusts ist der letzte Charaktertest der Hamburger GAL …“
Es ist leider morgen nicht möglich, in angemessener Zeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus unserem Wohnort im Hochsauerlandkreis zur A40 zu gelangen. Der erste Zug nach Dortmund fährt zu spät, der letzte Zug zurück fährt zu früh. Außerdem werden, wie üblich in den Ferien, Gleisbauarbeiten an der Strecke durchgeführt. Damit gibt es zwischen Neheim Hüsten und Fröndenberg SEV = Schienenersatzverkehr.
Die einfache Fahrtzeit betrüge somit laut Fahrplan 2 Stunden und 37 Minuten. Mit dem ersten Zug wären wir um 12:35 am Dortmunder Hauptbahnhof. Dann müssten wir zur A40 radeln und den Stillstand abfahren bis … um 16:23 müssten wir dann wieder am Dortmunder Hauptbahnhof in den Zug steigen, um nach 2 Stunden und 33 Minuten mit Bahn und Bus (SEV!) wieder am Heimatbahnhof anzukommen. Im günstigsten Fall könnten wir mit 5 Stunden Fahrzeit plus 2 Stunden An-und Abfahrt insgesamt zwei Stunden im östlichen Teil der A40 verbringen.
Hünxe/Voerde. Meine schwimmende Kindheit bestand aus Bädern mit 50-Meter-Becken, manchmal sogar gleich zwei auf einmal für Nichtschwimmer und Schwimmer. Heute sind viele dieser Kindheitsparadiese geschlossen oder auf 25-Meter-Wannen zurückgebaut worden.
Das eigentliche Wasser-Abenteuer meiner Jugend verbrachte ich allerdings in den niederrheinischen Baggerseen.
Das Baden im Baggersee war zumeist verboten und unsere Eltern steuerten zur Tabuisierung allerlei Horrorgeschichten bei. Grundtenor: Wie gestern, vorgestern, letzte Woche, letztes Jahr ein Schwimmer plötzlich, ohne dass es die anderen Hunderte von „Illegalen“ an der Baggerkuhle merkten, urplötzlich in den unermesslichen Tiefen verschwand.
Den Erzählungen zufolge starben einige der besten Schwimmer des westlichen Ruhrgebiets in plötzlich auftretenden kalten Strömungen an Herzinfarkten oder unter nie geklärten Umständen.
Schwächeanfälle, Hitzetod, schlingendes Algengeflechte, rutschende Sandmassen und Meningitis-Viren ohne Ende – eigentlich hätte niemand von uns das fortpflanzungsfähige Alter erreichen dürfen.
Stattdessen haben wir schwimmen gelernt und überlebt.
Ich empfehle heute das kultivierte und weitläufige Baggersee-Strandbad am Tenderingsweg in Hünxe. Klar es kostet Eintritt. Klar es ist an heißen Tagen voll.
Aber sobald man zwei Meter vom Ufer, wo sich 98 Prozent der Wasserratten tummeln, wegschwimmt, ist es fast wie früher in der Illegalität: in den Untiefen lauern Kraken, Schlingpflanzen und mörderisch beißende Piranhas.
Winterberg/Meschede. „Die Tageszeitung wird zu sehr für die Eliten gemacht, für Honoratioren, für wichtige Leute, für Amtsinhaber, Würdenträger und Vorsitzende“, schrieb vor mehr als einem Jahrzehnt Dieter Golombek im Vorwort zum immer noch lesenswerten Buch „Lokaljournalismus. Themen und Management“ ¹ .
Golombek bezieht sich (S.13f.) auf die Forschung über Lokalzeitungen und schreibt: „Fast nur Lokalhonoratioren sind die Kontaktpartner der Redaktion. Ein Lokalredakteur, der im Gewande des Wissenschaftlers auszog, um dieses Schreckensbild des Lokaljournalismus zu widerlegen und für diesen Zweck den eigenen Redaktionsalltag unter die Lupe nahm, musste genau dieses Schreckensbild bestätigen.“
Wie sehr die Arbeit des Lokalredakteurs an den Schreibtisch gebunden sei, zeige ein anders Ergebnis der Arbeit von Eduard Grimme: Knapp 80 Prozent aller Kontakte laufen per Telefon ab, die Mehrheit der Nachrichten werde nicht recherchiert. „Das meiste kommt automatisch herein und wird lediglich verarbeitet“ (S.14).
Wenn Journalisten ungeprüft das weitergäben, was Politiker sagten, „werden sie zum unentgeltlichen PR-Arbeiter für die Parteien – bis in die Hofnarrenrolle hinein.“
Seit Erscheinen des Buches sind zwölf Jahre vergangen und der Lokaljournalismus scheint in keinem besseren Zustand. Im Hochsauerland, aber auch anderswo, hat sich die Monokultur der Presse vertieft. Die Lokalzeitungen des WAZ-Konzerns verwalten und verwursten konkurrenzlos die ihnen anvertraute Pressefreiheit.
Doch das Vertrauen bröckelt. Die Leserinnen und Leser von heute wissen zwar nicht immer, aber ahnen doch, dass es hinter den Lokalnachrichten aus dem Rathaus, über den Sport, über Bauprojekte und die Bildungslandschaft noch eine zweite Wirklichkeit gibt.
Wer sich bemüht, kann sich heute, anders leichter und selbstverständlicher als vor zwölf Jahren, über das Internet informieren bzw. Kontakte zu anderen Wissensträgern knüpfen und anfangen sich ein eigenes Bild der Wirklichkeit jenseits der Westfalenpost und der lokalen Stammtische zu schaffen. Zur Ehrenrettung der Stammtische sei gesagt, dass dort Lokalpolitik ehrlicher verhandelt wird als in den nicht wenigen PR-Berichten der Westfalenpost.
Guter Lokaljournalismus hat für mich erst einmal nichts mit der politischen Grundausrichtung eines Blattes zu tun. Soll doch die Westfalenpost konservativ, heimatverbunden daherkommen, aber ich möchte einen Journalismus, der die Pressefreiheit wirklich nutzt und nicht nur im Munde führt:
Jede Redaktion, jeder Journalist, hat muss sein Recht, ungehindert recherchieren und berichten zu dürfen, auch in Anspruch nehmen. „Zu diesem Recht gesellt sich die Pflicht, die Freiheit auch zu nutzen“ (Lokaljournalismus, S. 25).
„Kein Journalist darf Nachrichten unterdrücken oder auch nur eine Zeitlang zurückhalten, bloß weil er Ärger befürchtet, Kopfschmerzen hat oder an den Nutzen der Stadt denkt, einer Partei oder einer Interessengruppe.“(ebda)
Die Sauerländer Bürgerliste und die Linke im Kreistag des HSK haben einen Antrag für die nächste Sitzung des Kulturausschusses sowie für die nächste Kreistagssitzung gestellt.
Ihr Thema ist die „Medienvielfalt/Pressefreiheit“.
Ich persönlich weiß nicht, ob dieser Antrag an die richtige Adresse geht, will er doch den Bock zum Gärtner machen, aber ich finde ihn inhaltlich interessant und diskussionswürdig. Eine Kulturausschusssitzung, die sich mit dem Thema „Lokaljournalismus“ in der vorgeschlagenen Form beschäftigt, könnte sehr spannend und aufschlussreich sein.
Hier der Antrag:
Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender,
die Kreistagsfraktion Die Linke und das Kreistagsmitglied der SBL Reinhard Loos beantragen hiermit folgenden Tagesordnungspunkt für die nächsten Sitzungen des Kulturausschusses sowie und des Kreistags:
Informationen sowie Aussprache über das Angebot, die Qualität und die Zukunft der Lokalpresse
Erläuterung und Begründung:
Mit Besorgnis beobachten wir, dass seit Beginn der umfangreichen Personalreduzierungsmaßnahmen in den lokalen Redaktionen der WAZ-Gruppe der Informationsgehalt der Westfalenpost/Westfälischen Rundschau äußerst unzureichend geworden ist. Das Niveau aus den Jahren und Jahrzehnten, als WP und WR in den Altkreisen Arnsberg und Meschede noch je einen kompletten eigenen Lokalteil herausgaben, wird nicht annähernd erreicht. Der Fokus liegt nun vorwiegend auf Belanglosigkeiten. Großformatige Bildserien, wie jetzt zur Fußballweltmeisterschaften, füllen Seiten um Seiten. Lokal-Politik findet kaum noch statt. Pluralität ist nicht mehr im erforderlichen Umfang gegeben.
Die Menschen im Sauerland müssen zwangsläufig den Eindruck gewinnen, Politik wird fast nur noch in Düsseldorf und Berlin gemacht. Wen wundert’s, dass die Politikverdrossenheit weiter zunimmt und die Lust am Lesen abnimmt!? Denn offenbar sind auch viele Leserinnen und Leser der Tageszeitungen unzufrieden und kündigen in großer Zahl ihre Abos.
Daher möchten wir Sie bitten, einen oder mehrere Vertreter der WAZ-Mediengruppe und einen oder mehrere ehemalige Redakteure der Westfalenpost und/oder der Westfälischen Rundschau, z.B. Herrn Gundel, in die nächste Sitzung des Kulturausschusses einzuladen, mit dem Ziel, ein Resümee über die Auswirkungen der Schließung bzw. Zusammenlegung der Lokalredaktionen zu ziehen. Außerdem möchten wir wissen, wie die WAZ-Gruppe dem Qualitäts- und Leserverlust bei unseren Tageszeitungen entgegen wirken will.
Da lokale Berichterstattung für Kommunalpolitik von sehr hoher Bedeutung ist, möchten wir Sie bitten, dieses Thema in geeigneter Form auch in der nächsten Sitzung des Kreistags aufzugreifen.
Mit freundlichen Grüßen
Beate Raberg, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE
Reinnhard Loos, SBL-Kreistagsmitglied
¹Literatur: Projektteam Lokaljournalisten (Hrsg.), Lokaljournalismus. Themen und Management., München 1998.
„Soziale Netzwerke sind eine gute Basis für weiterführende Recherchen“, meint Boris Kartheuser in einem Interview mit der Drehscheibe. Der investigative Journalist arbeitet für politische Magazine bei ARD und ZDF. Neben seiner Tätigkeit als Journalist ist er Rechercheur. Er deckte unter anderem den Skandal um verdeckte PR bei der Deutschen Bahn auf.
Interessant finde ich die mögliche doppelte Perspektive auf den „Web 2.0 Journalismus“, zum einen aus der Sicht der Journalisten, der Beobachtenden, und zum anderen aus dem Blickwinkel der „Web 2.0 Normalbürger“, der Beobachteten.
Oder anders ausgedrückt: In Großbritannien rege ich mich darüber auf, dass die Video-Kameras bis in den letzten Winkel der Umkleidekabinen im Schwimmbad reichen und fühle mich in meiner anerzogenen Privatsphäre verletzt. Im Web 2.0 entblöße ich mich gedankenlos vor einer Myriade von virtuellen Kameras und übertrage den wahrgenommenen privaten physischen Raum vor dem PC auf den sogenannten virtuellen Raum.
Anders herum kann ich mich natürlich auch hinter die vielen kleinen virtuellen Kameras setzen, als Voyeur, Rechercheur oder Journalist.
Beruhigend, oder?
P.S. Ich bin ziemlich weit vom Thema abgetrieben und habe mich an einem Nebenaspekt festgefressen. Zum Thema selbst: Der Boris Kartheuser ist gut!
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