Männerwelten in der Westfalenpost

Bei regelmäßiger Lektüre des Lokalteils der Westfalenpost sieht es aus, als ob im hohen Hochsauerland nur Männer leben würden.

Hier das Bild der Kolpingsfamilie aus Medebach in der heutigen WP: Familienfoto mit 22 Männern, ohne Frau und Kinder.

Vor einiger Zeit besuchte der HSK-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg das hübsche Dörfchen Hallenberg. Auch er wurde ausschließlich mit Geschlechtsgenossen abgelichtet. Weitere Beispiele für zu 100% quotierte Fotos finden sich hier, hier oder hier.

Das heißt nicht, dass Frauen nie abgebildet würden. Wenn für den Fremdenverkehr geworben wird oder die WP kulturelle Veranstaltungen wie Theater, Karneval und Konzerte angekündigt, wenn sie im Lokalteil über Pflege und Betreuung berichtet, dann finden wir auch Bilder mit Frauen und Kindern. Aber wo es ums Eingemachte geht wie Politik, Schützenwesen und Kirche, da bleibt Mann meist unter sich – nicht nur auf den Fotos.

Lesempfehlung: Absprung Aufstehen, Krone zurechtrücken, weiter laufen. Ein Leben nach der Westfälischen Rundschau.

WP/WR in Meschede. (archiv: zoom)
WP/WR in Meschede. (archiv: zoom)

Ich bitte alle, die sich für die Schließung der WR-Redaktionen interessieren, den hier verlinkten Blog zu lesen. Leserichtung: vom ersten Artikel ganz unten bis zum letzten Eintrag oben.

Die Journalistin und Fotografin Heike Rost kommentiert auf Facebook: „Wenn ihr wissen wollt, was Medienwandel und Umstrukturierungen im Klartext wirklich bedeuten und eine Ahnung haben wollt, wie übel das Leben jetzt vielen Kollegen mitspielt, lest bitte das hier. Und seid künftig etwas weniger vorlaut“.

So geht es los:

„Der Anruf am frühen Abend trifft mich völlig unvorbereitet. „Weißt du, dass morgen um 11 Uhr Betriebsversammlung ist?“ fragt der Kollege. Wusste ich nicht. Worum es geht? „Da wird wohl das Ende der Westfälischen Rundschau bekanntgegeben.“ Ungläubiges Entsetzen. Damit habe ich nicht gerechnet. Eiskalt kriecht die Angst von meinen Füßen langsam aufwärts. Das Ende der WR? Und dann? Was mache ich dann? Ich kann doch gar nichts anderes, ich kann nur Zeitung machen. Das können die doch nicht machen. Nein, bestimmt ist das nur wieder eines der üblen Gerüchte. Kennen wir ja schon seit Jahren. … “ den ganzen Artikel lesen

Das ganze Blog lesen.

Wer schreibt?
„Ich bin 47 Jahre alt, Journalistin aus Leidenschaft. Seit 1987 fest angestellt im WAZ-Konzern. Bis 1989 bei der Westfalenpost.

Seit 1990 Redakteurin bei der Westfälischen Rundschau, davon 19 Jahre in Meschede, die letzten Jahre wegen meines Sohnes nur noch mit einer 50%-Stelle.

Als dort die WR-Redaktion geschlossen wurde, bekam ich 40 % in der Branding-Redaktion der WR in Arnsberg. Ich lebe mit meinem Sohn in Meschede im Sauerland.“

Weitere Berichte, Diskussionen und Meinungen auch beim Gewerkschaftsblog „Medienmoral„.

WR-Redaktion wird abgewickelt. 120 Redakteurinnen und Redakteure betroffen. Westfalenpost als konzerninterner Gewinner der Umstrukturierung?

Das war vor Jahren: Westfälische Rundschau - Hochhauswerbung in Dortmund (archiv: zoom)
Das war vor Jahren: Westfälische Rundschau - Hochhauswerbung in Dortmund (archiv: zoom)

Gestern hatten wir berichtet, dass der Personalmanager der WAZ-Mediengruppe Joachim Kopatzki die Beschäftigten der Westfälischen Rundschau für heute Morgen  zu einer Mitarbeiterversammlung ins Druckzentrum nach Hagen-Bathey eingeladen habe. Heute steht das Aus für die Redaktion der Westfälischen Rundschau (WR) fest.

Im Gewerkschaftsblog Medienmoral heißt es, dass die Redaktion der Westfälischen Rundschau abgewickelt werde. Betroffen seien 120 Redakteurinnen und Redakteure. Begründet werde der Schritt von der Geschäftsleitung mit langjährigen Verlusten in Millionenhöhe.

Die Westfälische Rundschau als Titel wird zu einer leeren Hülle, die von anderen internen und externen Anbietern gefüllt wird. Unser Blogkollege und DJV-Gewerkschafter Karlheinz Stannies spricht von „seelenloser Redaktionsklempnerei„.

Zu den konzerninternen Gewinnern scheint die konservative Westfalenpost zu gehören, die die Berichterstattung aus Hagen und Arnsberg vollständig und die lokale Berichterstattung für Wetter/Herdecke sowie Ennepe-Süd übernimmt.

In der Verlagspressemeldung des WAZ-Konzerns heißt es unter anderem:

„Unser Ziel ist es, die Westfälische Rundschau zu erhalten und damit die Medienvielfalt in dem Verbreitungsgebiet sicherzustellen. Deshalb arbeitet die WAZ-Gruppe künftig mit anderen Verlagen zusammen. Im Einzelnen:

    Die Berichterstattung aus Arnsberg und Hagen übernimmt vollständig die Westfalenpost.Die Mantelthemen werden komplett vom Content-Desk der WAZ Mediengruppe geliefert.
    
    Die lokale Berichterstattung für Wetter/Herdecke und Ennepe-Süd wird zukünftig von der Westfalenpost vorgenommen, die in Wetter und Schwelm eine Lokalredaktion aufbauen wird.Die Ausgaben der Westfälischen Rundschau in Dortmund, Lünen und Schwerte werden ab Februar 2013 mit den lokalen Inhalten der Ruhr Nachrichten aus dem Verlag Lensing- Wolff beliefert.

    In gleicher Weise werden im Verbreitungsgebiet Unna und Kamen die Lokalteile mit Wirkung ab Februar 2013 vom Hellweger Anzeiger (Verlag Rubens) beliefert.

    Zum gleichen Zeitpunkt werden auch die im Märkischen Kreis erscheinenden Ausgaben vom Märkischen Zeitungsverlag beliefert.

Die bisherige Redaktion der Westfälischen Rundschau wird geschlossen. Betroffen davon sind 120 Redakteure und Redaktionsmitarbeiter.

‚Wir wissen, dass das für die Betroffenen und ihre Familien sehr hart ist, aber wir sehen im Interesse des gesamten Unternehmens leider keine andere Möglichkeit‘, erklärt Manfred Braun, Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe.“

Newsroom: „Westfalenpost“ wird skelletiert. Zeitung entlässt ihren politischen Korrespondenten Winfried Dolderer.

Hier kommt noch ein Zitat hin (foto: zoom)
Dolderer: „Kläseners Ideal ist eine Zeitung, deren Gesichtskreis tunlichst nicht weiter reichen sollte als der Schattenwurf des sauerländischen Kirchturms mittags um zwölf.“ Hier die St.-Johannes-Evangelist-Pfarrkirche in Eversberg (foto: zoom)

Wie „Newsroom“ heute berichtet, hat Winfried Dolderer, Kommentator und einer der „prägenden Autoren“ der Westfalenpost, wenige Tage vor Weihnachten eine betriebsbedingte Kündigung erhalten.

Bereits ab dem 1. Januar 2013 dürfe Winfried Dolderer nicht mehr beschäftigt werden.  „Die ‚Westfalenpost‘ wird skelletiert“, so Bülend Ürük, Chefredakteur bei „Newsroom“.

Der WAZ-Konzern, zu welchem die Westfalenpost gehört, fahre einen scharfen Sparkurs, um die Rendite zu erhöhen. In diesem Jahr seien es „lediglich“ 120 Millionen Euro, die das Medienhaus erwirtschaften konnte. Die Zitrone müsse noch stärker ausgepresst werden, 20 Prozent sollten im gesamten Konzern eingespart werden.

Viele Opfer müsse auch die „Westfalenpost“ bringen. Das Blatt gelte als christlich-konservativ, ihr Chefredakteur, der gelernte Lokaljournalist Stefan Hans Kläsener sei studierter Theologe, er habe nie zuvor ein Blatt mit solch großen Auflage und so vielen Redakteuren geführt. Bei der gesamten „Westfalenpost“ hätte kein Gesprächspartner positive Worte für die Arbeit von Stefan Hans Kläsener gefunden. Im Duo mit seinem Stellvertreter, einem Westfalenpost-Eigengewächs, habe er zu viele Absprachen nicht eingehalten, die Identität der „Westfalenpost“ auf dem WAZ-Altar des Sparkommissars geopfert.

„Kläseners Ideal ist eine Zeitung, deren Gesichtskreis tunlichst nicht weiter reichen sollte als der Schattenwurf des sauerländischen Kirchturms mittags um zwölf“, zitiert Ürük den gekündigten Korrespondenten Dolderer.

Weitere ausführliche Hintergrundinformationen und interessante Einschätzungen hier bei Newsroom. Unbedingte Lesempfehlung.

Berichterstattung der Westfalenpost

Leider haben wir in Sundern nur noch eine Tageszeitung: Seitdem die Westfälische Rundschau ihre Lokalredaktion geschlossen hat, ist nur noch die Westfalenpost mit einem Lokalreporter vor Ort.

Der Artikel ist zuerst auf der Website der Grünen Sundern erschienen.

Es für politische Parteien immer schwierig, die Presse zu kritisieren. Doch als derjenige, der viel mit der Pressearbeit der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen zu tun hat, fällt mir auf, dass die Westfalenpost sehr häufig kritische Äußerungen nicht bringt und manchmal sogar den allgemein üblichen journalistischen Gepflogenheiten nicht nachkommt. Hängt das damit zusammen, dass sie ein Monopol hat oder entspricht das ihrem konservativen Selbstverständnis?

Hierzu zwei Beispiele:

1. Die Grünen hatten Jahreshauptversammlung und der Vorstand wurde neu gewählt. Dazu verfasste ich in Absprache mit dem Vorstand eine Presserklärung, in der heftige Kritik an der Informationspolitik des Bürgermeister im Zusammenhang mit der Ferienhausanlage geübt wurde. Zudem wurde ein Foto eingereicht und die neu gewählten Personen namentlich benannt.

Was macht nun die Westfalenpost daraus? Der Artikel wurde so verstümmelt und aufgeweicht, dass von der Kritik an der Informationspolitik des Bürgermeister nichts mehr enthalten war. Das Foto des neu gewählten Vorstands wurde zwar gebracht, aber die abgebildeten Personen nicht namentlich benannt. Mit jeder Presseerklärung eines Taubenzüchtervereins geht die Westfalenpost sorgfältiger um, so mein Eindruck. Und warum sie sich als Zensurbehörde von politischen Verlautbarungen gibt, erschließt sich mir nicht. Mit redlichem Journalismus jedenfalls hat das wenig zu tun.

Der Sauerlandkurier übrigens brachte die Presseerklärung vollständig und korrekt.

2.  Nach der letzten Ratssitzung brachte die Westfalenpost einen ausführlichen Artikel über den Beschluß von CDU und SPD  die Grundschule *Altes Testament* nach Hellefeld zu verlegen. Da in der Ratssitzung (meiner Ansicht nach) durch den stellvertretenden Bürgermeister Schültke fehlerhaft abgestimmt wurde (ein Antrag der Grünen wurde gar nicht zur Abstimmung gestellt),  beanstandete ich den Beschluss beim Bürgermeister. Ich schickte daraufhin eine entsprechenden Leserbrief und beschrieb darin auch, welche  Problematik damit verbunden ist, wenn  auf Dauer nur noch katholische Grundschulen in Sundern existieren würden. Gleichzeitig forderte ich, dass die BürgerInnen in Sundern darüber bestimmen sollten, ob wir auch eine zentrale nicht-katholische Grundschule brauchen.

Bis heute ist der Leserbrief nicht erschienen. Für die  „katholische“ Westfalenpost scheint das kein Thema zu sein.

In der Sache teilte übrigens zwischenzeitlich der Bürgermeister mit, dass er die Beanstandung in Absprache mit der Kommunalaufsicht prüfen wird.

Weihnachtsbaumkulturen im Hochsauerland. Ein schlechter Kommentar in der Westfalenpost und der gute Blogartikel eines CDU-Politikers: „Weihnachtsbäume erdrosseln Wild und Wald“.

So muss es bei einer Qualitätszeitung zugehen. Auf der Titelseite schreibt der Düsseldorfer Korrespondent der Westfalenpost Wilfried Goebels einen Aufmacher unter dem Titel „NRW verbietet Christbäume im Wald“.

Auf der Seite Zwei bringt er dann in einem eigenen Kommentar Sachthemen munter durcheinander, um zum Schluss eine schwache Verschwörungstheorie zu präsentieren.

Gleich die Eröffnung ist ein „Brüller“. Da der Weihnachtsbaum zum Exportschlager des Sauerlandes geworden sei und jeder dritte deutsche Christbaum[sic!] im Sauerland geschlagen werde, müssten die wirtschaftlichen Folgen eines Verbots bedacht werden.

Mit dieser Logik kann ich auch vor der Einschränkung des Opiumanbaus in Afghanistan („Exportschlager“) warnen.

Blödsinn. Wenn Wilfried Goebels politisch und ökonomisch bis Drei zählen kann, weiß er, dass der Weihnachtsbaumanbau eine geniale Profitmaximierungsmaschine ist, deren einziger Fehler es ist, dass ich nicht selbst auf die Idee gekommen bin.

Im Ernst: ein Produkt, welches fast unmittelbar -mit der Verzögerung von wenigen Tagen oder Wochen- vom Käufer selbst vernichtet wird und in vorhersehbaren Zyklen von einem Jahr erneut auf den leeren Markt geworfen werden kann, muss der Wunschtraum eines Modell-Kapitalisten sein.

Wenn dann noch mit Hilfe technischer Mittel dieses Produkt vorhersehbar in Größe und Aussehen fabriziert werden kann, steht dem permanenten Gewinnzyklus eigentlich nichts mehr im Weg.

Gut, man benötigt Mittel, wie Roundup, die den sogenannten Christbaum vor seinen natürlichen Feinden  schützen, aber das bewegt sich im Rahmen der Produktkonfektionierung.

Es gibt nur ein paar Haken an der Sache:

1. Der Einsatz von Giften führt vermutlich zur Anreicherung dieser Gifte in Boden und Trinkwasser. Das ist schlecht für die Menschen im Hochsauerland. Wer möchte schon gerne „Krebs vom Christbaum“?

2. Die kurzfristige Wucht der anscheinend leicht zu erzielenden Gewinne, untergräbt langfristig sinnvollere Aufforstungen im Hochsauerland.

3. Die Profit-Interessen der Weihnachtbaum-Bauern stehen im Konflikt mit den Interessen der Holzindustrie.

4. Die Profit-Interessen der Weihnachtsbaum-Bauern stehen im Konflikt mit den Interessen der Jäger und Jagdpächter.

Anstatt über diese wirkliche Wirklichkeit nachzudenken, schleimt sich der Kommentator an das sogenannte Heimatgefühl an.  Da die Westfalenpost sich selbst so gern als „Heimatzeitung“ sieht,  vollzieht der Düsseldorfer Korrespondent Goebels diesen Opportunismus nach, indem er das Sauerland nicht einfach „Sauerland“ nennt, sondern „heimische Region“.

Lustig ist sein Aufschrei, die Politik der Landesregierung sei ein „massiver Eingriff ins Privateigentum der Waldbesitzer“.

Goebels, der nicht in der Lage ist, den Hintergrund der Hochsauerländer Waldproblematik zu erfassen, rührt dann noch schnell die Windräder unter die Fichten.

„Stört der Christbaum als Konkurrent des Windrads?“, fragt er schelmisch, um dann einen heimtückischen Plan zu mutmaßen: „Bei einem Verbot der Christbäume im Wald würden dringend benötigte Flächen für Ökostrom frei.“

Das ist Bullshit-Bingo hoch drei. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Es gibt keinen inneren Gegensatz, keine Kausalität, allerhöchstens eine Koinzidenz des Ortes und der Zeit.

Genau so forsch wie Goebels könnte ich das Gegenteil behaupten: Je mehr Weihnachtsbaumflächen, desto mehr Flächen für Windräder. Um die Windräder herum lassen sich schließlich kurzlebige Tännekes besser anpflanzen als vieljährige Buchen- und Fichtenwälder oder Douglasien.

Was Goebels schreibt, passt vorne und hinten nicht. Er sollte doch lieber über Düsseldorf  berichten.

Jemand, der weiß wovon er schreibt, ist Dirk Schmidt.

Schmidt, CDU-Politiker und Politikwissenschaftler aus dem Ruhrgebiet, ist nach eigenen Angaben Mitpächter eines Jagdreviers im Hochsauerland. Seine Pacht habe sich in letzter Zeit mehr und mehr verringert.  Zuletzt erneut um ein Viertel, da zahlreiche Flächen mit Weihnachts­bäumen dem Wild und weitgehend der Jagd entzogen worden seien.

„Weihnachtsbäume erdrosseln Wild und Wald“, beschreibt er die Entwicklung in seinem Blog „Schmidts Katze“.

Bitte lesen!

Vor 56 Jahren in der Westfalenpost: Gaststätte Lingenauber lädt zum 75. Geburtstag ein.

Auch vor 56 Jahren, im Jahr 1956(!),  fiel der 1./2. Dezember auf ein Wochenende. Auf der letzten Seite der Westfalenpost erschien eine kleine Anzeige***.

Die Gaststätte Lingenauber wurde 75 Jahre alt. Geschäftsinhaber „Felix Lingenauber und Frau“ luden „ergebenst“ ein.

Dem Zweck der Firma folgend wird es sich vermutlich um einen Umtrunk nebst Verzehrsmöglichkeit gehandelt haben.

Gestern feierte die Gaststätte ihren 131. Geburtstag, und mir stellt sich folgende kleine Frage:

Wird der Wirt der Gaststätte Lingenauber am 150. Geburtstag den Namen seiner Frau nennen? 😉

*** Den Hinweis auf die Anzeige verdanke ich  Neheims-Netz.

Endlich redet die Westfalenpost Klartext: Es geht abwärts in Winterberg …

Heute Abend saß ich in meinem Winterberger Lieblings-Bistro „Uppu“ am Waltenberg und blätterte die Westfalenpost durch und – Hoppla! da war ein Stück Journalismus zu lesen.

„Es geht abwärts in Winterberg“ titelt heute ein Artikel von Daniel Berg im Sportteil der Zeitung. Es geht im Kern um die Tatsache, dass Winterberg mit seiner Bobbahn nicht in der Lage ist, Sportlerinnen und Sportler zu produzieren, die national und international vorne mit dabei sind.

Eine „enttäuschende Bilanz. Und nicht gerade beste Werbung für den Standort Winterberg“, zitiert  Berg den Vorsitzenden des BSC Winterberg und Vize-Präsident des nordrhein-westfälischen Bob- und Schlittensportverbandes Alois Schnorbus.

NRW, so Schnorbus, sei nun mal kein klassisches Wintersportland. Dafür aber habe man in den vergangenen Jahren „auf höchstem Niveau mitgemischt“. Ein halbes Dutzend Weltcupfahrer und Olympiateilnehmer, olympische Medaillen – im Moment sei das alles recht weit entfernt.

Der Artikel ist keine Recherche-Höchstleistung und entstand, soweit ich das beurteilen kann, auf Grundlage eine Gesprächs mit Alois Schnorbus.

Neu ist der kritische Blick auf die hochsubventionierte Sportanlage am Fuße des Kahlen Asten, auch wenn die Informationen über die Mittel fehlen, die jährlich in die Winterberger Bobbahn gepumpt werden.

Ein anderes Problem für Winterberg ist die Konkurrenzsituation: „In letzter Zeit ist wirklich viel schief gegangen. Noch bevor die Saison begann, kam seinem Verein mit Anja Schneiderheinze (34) die wohl prominenteste Bob-Pilotin plötzlich abhanden, abgeworben von einem der drei weiteren Stützpunkte Deutschlands: dem im thüringischen Oberhof.“

Wir fassen zusammen:

Winterberg ist kein klassisches Wintersportland und wird auf Dauer keine Chance haben gegen Leistungsstützpunkte wie Berchtesgaden, Altenberg und Oberhof.

Kritik an der Subventionierung des Auslaufmodells Bobbahn wurde hier im Blog übrigens schon mehrfach geübt, beispielsweise:

http://www.schiebener.net/wordpress/?p=19190

http://www.schiebener.net/wordpress/?p=17859

Die politisch Verantwortlichen täten gut daran, sich eine Zukunft Winterbergs ohne Bobbahn vorzustellen.

„Rummel um den Rummel“ oder Rummel um die Westfalenpost. Wurde das Interview mit Bürgermeister Eickler wirklich geführt?

Gestern erschien ein eher fades und inhaltsarmes Interview in der Westfalenpost. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Interview nie geführt wurde.

„Winterberger Kirmes – ‚Wer sagt denn, die Kirmes würde zukünftig verlegt?‘ Winterbergs Bürgermeister Werner Eickler nimmt dazu gegenüber unserer Zeitung Stellung“, ist bei DerWesten, dem Internetauftritt der WAZ-Zeitungen, zu lesen.

Der nicht genannte Interviewer stellt drei Fragen, an die sich jeweils die Antwort des Bürgemeisters anschließt.

Heute habe ich den Verdacht, dass dieses Interview niemals stattgefunden hat, sondern die Fragen in einen vorhandenen Text -Pressemitteilung o. ä- hineingefriemelt wurden, garniert mit einem Pressefoto der Stadt Winterberg.

Wie komme ich auf diese Idee? Der Text des Leserbriefs im Sauerlandkurier ist bis auf einige „Abrundungsergänzungen“ nahezu identisch mit dem Interview-Text in der Westfalenpost.

Nur eine kleine Probe, den Rest bitte selbst vergleichen:

Interview Westfalenpost: „Nun, zweierlei steht derzeit fest: 1. Im Zuge des Oversum-Projektes und dem Angebot unserer neuen Kongresshalle, wird unsere alte und baufällige Stadthalle im kommenden Jahr abgerissen.

2. Karussells und Zuckerwatte wird es auf absehbare Zeit auch weiterhin auf unserem angestammten Stadthallenplatz geben.

So wird unsere Kirmestradition wie gewohnt erhalten bleiben. Das war’s aber auch schon und jeden weiteren „Rummel um den Rummel“ schreiben wir mal den fast tropischen Temperaturen vergangener Tage zu.“

Leserbrief Sauerlandkurier: „Nun, zweierlei steht derzeit fest: 1. Im Zuge des Oversum-Projektes und dem Angebot unserer neuen Kongresshalle, wird unsere alte und baufällige Stadthalle im kommenden Jahr (2013) abgerissen.

2. Karussells und Zuckerwatte wird es auf absehbare Zeit auch weiterhin auf unserem angestammten Stadthallenplatz geben;  so wird unsere Kirmestradition wie gewohnt erhalten bleiben. Das war’s aber auch schon und jeden weiteren „Rummel um den Rummel“ schreiben wir mal den fast tropischen Temperaturen vergangener Tage zu.“

Wird der WP-Leser veräppelt?
Falls der Leserbrief im Sauerlandkurier authentisch ist, hätte die Westfalenpost ihre Leserinnen und Leser ziemlich verarscht. Es hätte und hat dann nie ein Interview irgendeines Journalisten mit dem Bürgermeister gegeben. Das ganze Ding ist am PC zusammen gestückelt worden.

Oder der Sauerlandkurier hat sich aus dem Interview eine Leserbrief gebastelt, was eher unwahrscheinlich ist.

Oder der Bürgermeister trägt ein und denselben Text zu allen Gelegenheiten vor. Zufällig passte alles, was er vorgeschrieben hatte, im Nachhinein zu den Fragen des Westfalenpost-Reporters.

Eine Bemerkung zum Schluss: ein echter, guter Interviewer hätte zumindest bei dieser Gegen(?)frage / Aussage des Bürgermeisters nachgehakt: „Wer sagt denn, die Kirmes würde zukünftig verlegt?“

Tja, wer sagt das denn? Recherche – übernehmen sie!

Die Politik ist wirklich nicht alles …

Freizeitvergnügen auf der Sange. Fango für's MTB (foto: zoom)
Freizeitvergnügen auf der Sange. Fango für's MTB (foto: zoom)

Der Kauf eines neuen Mountainbikes war eine meiner besten Entscheidungen des Jahres 2012. Motto: wenn man schon im Hochsauerland lebt, sollte man versuchen, die Vorteile dieser abgelegenen NRW-Region zu genießen.

„Mountainbiking“ oder wie immer man dieses Keulen über die Berge auf abenteuerlichen Waldwegen nennen mag, macht einfach Spaß.

Nach einem stressigen Tag wird man umstandslos in den Ferienmodus katapultiert, sobald man die erste ernsthafte Steigung bewältigt hat.

Meine Lieblingsrunde ist ungefähr zwei bis drei Stunden lang und beinhaltet unbedingt eine kurze Pause bei Uppu in Winterberg.

Dort wühle ich dann etwas Geld und eine Lesebrille aus den Taschen meines Radfahrer-Trikots.

An der Theke finde ich die Westfalenpost und auf meinem Terrassentisch ein Weizenbier.

Heute habe ich aus der Heimatzeitung gelernt, dass jeder dritte Schützenverein Probleme hat, einen König zu finden.

Ich habe eine Darstellung der Position von Patrick Sensburg zum Fracking gelesen und erfahren, dass die Westfalenpost ab heute ihren eigenen Internetauftritt im Zoo der WAZ Titel auf DerWesten hat.

Nachdem ich die Zeitung gelesen hatte, war das Weizenbier noch halb voll. Zeit für ein paar Gespräche mit Winterberger Promis. Die verrate ich allerdings nicht – bin doch keine BILD-Zeitung.

Kurzum, ein kleiner Urlaub im Alltag, dank MTB.