Vive la France! Herbst der Blockflöte?

„Was hat die Blockflöte verbrochen, dass ihr dies geschieht? Dass sie ohnehin schon durchweg durchlöchert ist? Dass sie manches Geblase in schräge Töne verwandelt?" (foto: joe neve)
„Was hat die Blockflöte verbrochen, dass ihr dies geschieht? Dass sie ohnehin schon durchweg durchlöchert ist? Dass sie manches Geblase in schräge Töne verwandelt?“ (foto: joe neve)

Seit zwei Jahren wohne ich wieder in dem Haus, in dem ich meine ersten 18 Jahre verbracht habe – wie das Leben so spielt.

(Gastbeitrag von Joe Neve)

Aus den Schränken fallen mir meine eigenen Spielsachen entgegen, das alte Versteck hat die Shell-Münzen mit der DFB-Elf Mexico 1970 sicher verwahrt, der Kinderpost-Stempel in meinen vergilbten Büchern gibt jetzt erneut die gültige Adresse an. Seltsame Gefühle.

Da sägt nebenan die kleine Tochter der neuen Nachbarn meine Nerven mit ihrer Blockflöte an. Tütü, tütütü, nee! Auf ein Neues: Tütü, tütütü, nee! Wie vor Jahrzehnten mein Bruder im Nebenzimmer, wie ich selbst wenig später als Grundschüler, und dann, welch Horror, ein weiteres Mal in der sechsten Klasse, weil unser evangelikaler Klassenlehrer und Sado-Posaunist den unzurechnungsfähigen Elternabend hierzu überreden konnte. Geschichte wiederholt sich nicht? In Deutschland doch! Mehrfach!

Aber andere Länder, andere Sitten. Im Urlaub fand ich im „Montagnard“, der Tageszeitung des französischen Zentralmassivs, den folgenden Kommentar (18. 9. 2014):

„Was hat die Blockflöte verbrochen, dass ihr dies geschieht? Dass sie ohnehin schon durchweg durchlöchert ist? Dass sie manches Geblase in schräge Töne verwandelt? Dass sie gehasst wird von allen, die aufs Gymnasium wollen? Jedenfalls hat das Erziehungsministerium sie aus dem Lehrplan geworfen.

Vorbei also die Flötenschlachten der Schulkinder in der Abendruhe, die Tröterei garantiert unmusikalischer Pennälerhorden, vorbei der in der Schultasche gebunkerte Starkkleber, mit dem zerborstene Flötenreste notdürftig geflickt wurden. Ihr bleiben die Schöngeister, die Flötenkurse im Konservatorium belegen. Aber auch hier heißt es aufgepasst: Ist doch mit dem Rückzieher des Staates die Flöte auch in der angesehenen Musikschule unseres Departements bereit verschwunden.

Die Flöte hat wirklich ihr Schicksal zu beklagen. Spielt sie das Götz-Zitat, es sollte uns nicht wundern.“

Wie hatte Lenin die Sozialdemokratie charakterisiert? „Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück.“ In diesem Fall, so treffend das Bonmot den französischen Präsidenten Francois Hollande kennzeichnen mag – dieser Blockflötenschritt vorwärts ist ein großer Schritt für die Menschheit.

SPD: Sauerländer Delegation beim Landesparteitag

Auf dem Landesparteitag (v. l.): Michael Stechele (Sundern), Torben Firley (Winterberg), Peter Rosenfeld (Olsberg) und Dirk Wiese (MdB, Brilon). (foto: spd)
Auf dem Landesparteitag (v. l.): Michael Stechele (Sundern), Torben Firley (Winterberg), Peter Rosenfeld (Olsberg) und Dirk Wiese (MdB, Brilon). (foto: spd)

Meschede. (spd_pm) Am vergangenen Wochenende war auch eine Sauerländer Delegation beim Landesparteitag der NRWSPD in Köln.

Dabei freuten sich die Delegierten besonders über die erneute Wahl von Birgit Sippel (MdEP) und Inge Blask (MdL) in den Landesvorstand, sowie die Wiederwahl von Norbert Römer zum Schatzmeister der NRWSPD. Erstmals wurde Katja Kirmizikan in den neuen Vorstand gewählt.

„Damit ist Südwestfalen auch im kommenden Landesvorstand sehr gut vertreten. Ein wichtiges Signal für unsere Region!“, so der heimische Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese aus Brilon.

Anfrage an Landrat und Umweltausschuss:
Weihnachtsbaum- und Schnittgrün-Flächen im Hochsauerlandkreis

Weihnachtsbaumkulturen, wie hier in Siedlinghausen, prägen mehr und mehr das Lanschaftsbild des Hochsauerlandkreise. (archiv: zoom)
Weihnachtsbaumkulturen, wie hier in Siedlinghausen, prägen mehr und mehr das Landschaftsbild des Hochsauerlandkreise. (archiv: zoom)

Anfrage gemäß § 11 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Kreistags
Thema: Weihnachtsbaum- und Schnittgrün-Flächen im Hochsauerlandkreis

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender,

etwa 30 Prozent der Weihnachtsbäume in Deutschland werden im Sauerland angebaut. Das schreibt der Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL) auf seinen Web-Seiten. Weiter heißt in der Veröffentlichung: „Südwestfalen soll mit schätzungsweise 18.000 ha Anbaufläche das größte Anbaugebiet in Europa für Weihnachtsbäume und Schmuckreisig sein (Landtag NRW 16/2097).“

Der LWL setzt sich mit dem Thema kritisch auseinander und beschreibt die enorme Ausweitung der sogenannten Grünlandflächen, von der das Sauerland in einem außerordentlich hohen Maß betroffen ist. Die Fläche der Weihnachtsbaumkulturen hat laut der Publikation des LWL zwischen 1970 und 2010 in Westfalen um sage und schreibe 1.171 Prozent zugenommen!

Klick: https://www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Wirtschaft/Land_Forst/Weihnachtsbaumhochburg_Sauerland/

Beschrieben wird hier der Stand des Jahres 2010. Seitdem expandierte ganz offensichtlich der Landverbrauch für die Weihnachtsbaum-Produktion ständig weiter. Die Novellierung des Landesforstgesetzes greift noch nicht. Wir Sauerländerinnen und Sauerländer müssen also leider auf unabsehbare Zeit weiter mit der zunehmenden Zerstörung der Böden, mit dem Einsatz von giftigen Chemikalien und diversen negativen Folgen für unsere Umwelt und unsere Gesundheit leben, es sei denn, die Verantwortlichen aus Wirtschaft und Politik entscheiden sich endlich, diesen Raubbau an Umwelt und Natur zu beenden.

Darum bitten wir Sie, folgende Fragen zum aktuellen Stand des Weihnachtsbaum– und Schmuckreisig-Anbaus zu beantworten:

  1. Wie groß sind die Flächen für den Weihnachtsbaum– und Schmuckreisig-Anbau im HSK insgesamt?
    Wie groß sind die Flächen in den einzelnen Städten und Gemeinden?
  2. Wie groß sind die Anbauflächen, die in den Jahren 2011, 2012, 2013 bis heute dazu gekommen bzw. neu ausgewiesen worden sind, und wo sind weitere Weihnachtsbaum- und Schnittgrün-Plantagen in Planung?
  3. Wie viel Prozent der bestehenden und der neu hinzukommenden Weihnachtsbaum– und Schmuckreisig-Flächen befinden sich in Wäldern bzw. auf früheren Waldflächen, wie viele auf Flächen ehemaliger Wiesen und Äcker?
  4. Wie viele Weihnachtsbaum-Betriebe bzw. -Unternehmer produzieren im HSK? Wo sind diese Betriebe ansässig?
  5. Wie viele Arbeiter und Angestellte beschäftigen diese Unternehmen sozialversicherungspflichtig und dauerhaft, wie viele als Minijobber oder Saison-Arbeiter aus Deutschland oder dem Ausland?
  6. Wie hoch ist der Prozentsatz der Bäume, die im HSK als „Bio-Bäume“ angebaut und verkauft werden?
    Welchen Kriterien müssen die „Öko-Bäume“ entsprechen?
    Wie wird sichergestellt, dass sie nicht doch mit Chemikalien behandelt werden?

Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Loos , Fraktionsvorsitzender der SBL/FW

Gabriele Joch-Eren,  Fraktionsgeschäftsführerin

Harry Rowohlt als Waldorfschüler? Quatsch!
Rudolf Steiners ‘Töne wie aus einer undichten Gummizelle!’

Was soll ich reinschreiben? Harry Rowohlt nahm sein Publikum sehr gelassen und ohne Allüren.
Was soll ich reinschreiben? Harry Rowohlt ist ein Autor und Künstler ohne Allüren. Hier im letzten Jahr in Recklinghausen. (archiv: zoom)

Harry Rowohlt wird immer wieder öffentlich als „prominenter Waldorfschüler“1 genannt, hat aber nie eine Waldorfschule besucht, sondern die „Walddörfer Schule“ in Hamburg, was er in einem pointierten Leserbrief an die „taz“2 klar stellte. Bernd Durstewitz fragt Harry Rowohlt am 1. April 2009 in einem Telefoninterview:

Durstewitz: „Haben Sie etwas dagegen, mit der Waldorfschule in Verbindung gebracht zu werden?“

Rowohlt: „Alles. Wegen der ewigen Verwechselung habe ich mich mal mit den Schriften Rudolf Steiners beschäftigt. Da fand ich eine schöne Textstelle: ‘Der Blonde, Blauäugige ist dem Dunkelhaarigen, Braunäugigen intellektuell überlegen, weil bei Letzterem zuviel Geisteskraft in die Pigmentierung fließt’. Das wäre geeignet gewesen für ein Quellenverzeichnis von Hitlers ‘Mein Kampf’. Töne wie aus einer undichten Gummizelle!“3

Was hat Harry Rowohlt da nur gelesen? Das, Zitat Rudolf Steiner:

„(…) Die blonden Haare geben eigentlich Gescheitheit. Geradeso wie sie wenig in das Auge hineinschicken, so bleiben sie im Gehirn mit Nahrungssäften, geben ihrem Gehirn die Gescheitheit. Die Braunhaarigen und Braunäugigen, und die Schwarzhaarigen und Schwarzäugigen, die treiben das, was die Blonden ins Gehirn treiben, in die Augen und Haare hinein. Daher werden sie Materialisten, gehen nur auf dasjenige, was man sehen kann, und es muss durch eine geistige Wissenschaft ausgeglichen werden. Man kann also eine Geisteswissenschaft haben in demselben Masse, als die Menschheit mit der Blondheit ihre Gescheitheit verliert. (…) Denn es ist tatsächlich so, dass, je mehr die blonden Rassen aussterben, desto mehr auch die instinktive Weisheit der Menschen stirbt. Die Menschen werden dümmer. (…)“4

Wie gut, dass es die „Geisteswissenschaft“ (= „Anthroposophie“) gibt, die die Menschheit vor der völligen Verdummung rettet! Und noch besser, dass Rudolf Steiners „Hirnforschung“ auch noch letzte Klarheit in der „Rassenfrage“ schafft, Zitat Rudolf Steiner:

„(…) So daß also ein Schwarzer in Afrika ein Mensch ist, der möglichst viel Wärme und Licht vom Weltenraum aufsaugt und in sich verarbeitet. Dadurch, daß er das tut, wirken über den ganzen Menschen hin die Kräfte des Weltenalls so. (Es wird gezeichnet.) Überall nimmt er Licht und Wärme auf, überall. Das verarbeitet er in sich selber. Da muß etwas da sein, was ihm hilft bei diesem Verarbeiten. Nun, sehen Sie, das, was ihm da hilft beim Verarbeiten, das ist namentlich sein Hinterhirn. Beim Neger ist daher das Hinterhirn besonders ausgebildet. Das geht durch das Rückenmark. Und das kann alles das, was da im Menschen ist an Licht und Wärme, verarbeiten. Daher ist beim Neger namentlich alles das, was mit dem Körper und mit dem Stoffwechsel zusammen hängt, lebhaft ausgebildet. Er hat, wie man sagt, ein starkes Triebleben, Instinktleben. Der Neger hat also ein starkes Triebleben. Und weil er eigentlich das Sonnige, Licht und Wärme, da an der Körperoberfläche in seiner Haut hat, geht sein ganzer Stoffwechsel so vor sich, wie wenn in seinem Innern von der Sonne selber gekocht würde. Daher kommt sein Triebleben. Im Neger wird da drinnen fortwährend richtig gekocht, und dasjenige, was dieses Feuer schürt, das ist das Hinterhirn. (…)“5

Rudolf Steiner hat dann noch 1923, kurz vor seinem Tod, als Höhepunkt seiner anthroposophischen „Rassentheorie“6, das Schicksal der Menschheit geklärt, als er feststellte:

„Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse.“7

Waldorfschulen sind heute -wie hier in Dinslaken-Eppinghoven- fast allgegenwärtig (foto: zoom)
Waldorfschulen sind heute -wie hier in Dinslaken-Eppinghoven- fast allgegenwärtig (foto: zoom)

In Deutschland werden Rudolf Steiners Waldorfschulen8 (zum größten Teil) staatlich finanziert und nach Kräften gefördert – heute mehr denn je, mehr als 1984, als Fritz Beckmannshagen schrieb:

„Heute sind die Kultusministerien einiger Länder bezüglich der Waldorfschulen total unkritisch und unangemessem großzügig geworden. Ich kann mir dieses irrationale Verhalten nur erklären, indem ich vermute, daß an wichtigen Stellen der Ministerien stille Förderer der Bewegung sitzen und lenken, so daß man bald zutreffend von Okkultusministerien spricht.“9

Das klingt dann doch gewagt. Nach „Verschwörungstheorie“. Vielleicht sitzen in den („Ok“-) Kultusministerien auch einfach nur Menschen, die „Töne wie aus einer undichten Gummizelle“ mögen?

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Mehr Information über Rudolf Steiner, Anthroposophie und Waldorfschule:

Anthroposophie und Nationalsozialismus: ‘Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft’ – über die anthroposophische Zusammenarbeit mit nationalsozialistischen Organisationen

3 Jahre Rudolf Steiner ist „zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend anzusehen“ – die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) entschied, dass Bücher Rudolf Steiners rassistischen Inhalt haben

Geschichte in der Waldorfschule: ‘Atlantis’ und die ‘Rassen’ – über anthroposophische Neo-Mythologie im Geschichtsunterricht der Waldorfschule

Man kann nicht nur ein ‘bisschen’ Waldorf sein – Interview mit Prof. Dr. Stefan T. Hopmann, Bildungswissenschaftler an der Universität Wien

Gegenteil-Tag, 365 Tage im Jahr – Rudolf Steiner, ‘Denker’ der Waldorfschule – über Rudolf Steiners Prinzip, jedem bekannte Tatsachen als „falsch“ hinzustellen, um das genaue Gegenteil als „richtig“ zu erklären

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1Richard Roman, „Selbstsicher dank Waldorfschule“, taz, 01.10.2005

2Harry Rowohlt, „Selbstsicher dank Walddörferschule“, taz, 06.10.2005

3„Anhang zur Pressemeldung für die Lesung mit Harry Rowohlt und Christian Maintz am 8.10.2009 im Nordkolleg Rendsburg – Telefoninterview Bernd Durstewitz mit Harry Rowohlt am 1. April 2009“, Nordkolleg Rendsburg – Akademie für kulturelle Bildung, 9. September 2009

4Rudolf Steiner, „Über Gesundheit und Krankheit. Grundlagen einer geisteswissenschaftlichen Sinneslehre“, GA 348, FÜNFTER VORTRAG, Dornach, 13. Dezember 1922, Seite 103

5Rudolf Steiner, „Vom Leben des Menschen und der Erde – Über das Wesen des Christentums“, GA 349, DRITTER VORTRAG, Dornach, 3. März 1923, Seite 50

6vergleiche: Helmut Zander, „Anthroposophie in Deutschland – Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884–1945“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2007, Seite 631f:

„Steiner ordnete die Rassen einer Fortschrittsgeschichte zu, in der beispielsweise heutige Indianer als ‘degenerierte Menschenrasse’ im ‘Hinsterben’ (GA 105,106.107 [1908]) oder schwarze Afrikaner als defiziente Spezies der Menschen- und Bewußtseinsentwicklung, als ‘degenerierte’, ‘zurückgebliebene’ Rasse (ebd., 106) erschienen. Umgekehrt habe die weiße Rasse ‘das Persönlichkeitsgefühl am stärksten ausgebildet’ (GA 107,288 [1909]). Dies sind nur Kernsätze einer Rassentheorie, die Steiner 1904 erstmals formulierte, um sie 1910 in einem komplexen System und in zunehmender Abgrenzung zu theosophischen Positionen auszufalten. Mit seinem Ausstieg aus der Theosophie hat er diese Vorstellungen keinesfalls über Bord geworfen, sondern sie 1923 nochmals in Vorträgen vor Arbeitern des Goetheanum in vergröberter, ‘popularisierter’ Form wiederholt, aber ohne Revision im inhaltlichen Bestand. Die weiße war nun ‘die zukünftige, die am Geiste schaffende Rasse’ (GA 349,67 [1923]).“

Ebd., Seite 636: „Steiner formulierte mit seinem theosophischen Sozialdarwinismus eine Ethnologie, in der die Rede von ‘degenerierten’, ‘zurückgebliebenen’ oder ‘zukünftigen’ Rassen keine ‘Unfälle’, sondern das Ergebnis einer konsequent durchgedachten Evolutionslehre waren. Ich sehe im Gegensatz zu vielen Anthroposophen keine Möglichkeit, diese Konsequenz zu bestreiten.“

7Rudolf Steiner, „Vom Leben des Menschen und der Erde – Über das Wesen des Christentums“, GA 349, DRITTER VORTRAG, Dornach, 3. März 1923, Seite 63

8Laut „Bund der Freien Waldorfschulen“ gibt es im August 2014 in Deutschland 232 Waldorfschulen.

9Fritz Beckmannshagen, „Rudolf Steiner und die Waldorfschulen“, Paul-Hans Sievers Verlagsgesellschaft mbH, 1984, Seite 29

Surrogate Cities Ruhr – unvorbereitet in die Kraftzentrale

Zwanzig Minuten vor Beginn. Das Orchester übte, die Ränge waren noch leer. (fotos: zoom)
Zwanzig Minuten bleiben bis zur Vorstellung. Das Orchesterrund füllt sich, die Zuschauerränge sind noch leer. (fotos: zoom)

Es gibt eine lange und eine kurze Geschichte. Die kurze Geschichte geht so: Eigentlich hatten wir gestern ein kleines Nachbarschaftsfest in unserem Sauerländer Dorf. Uneigentlich entdeckte ich einen Tag vorher die Eintrittskarte zur Ruhrtriennale an unserer Pinnwand. Surrogate Cities Ruhr, 30 Euro, Tribüne B, Reihe 14, Platz 24.

Um 19.09 Uhr saß ich auf meinem Platz, das kleine Notizbuch auf dem Schoß. Wenn schon keine Ahnung, dann ordentlich mitschreiben. Das war die Idee. In Wirklichkeit habe ich die Zuschauerränge gezählt. Zwei Tribünen mit je ungefähr 40 x 18 Plätzen. Das Buch blieb zugeklappt, der Stift in der Brusttasche.

In der Langversion war ich vorher mit dem Fahrrad im westlichen Ruhrgebiet unterwegs. Rhein, Kohlekraftwerk Möllen, Emschermündung, Wohnungswald, Döner, Friedhof, Grablichter und schließlich der alte Hochofen im Landschaftspark Duisburg Nord, 50 Meter von der Kraftzentrale entfernt.

Zwei Mal hochgeklettert. Um 19 Uhr  waren auf der obersten Plattform zum Sonnenuntergang Fotografen mit Ausrüstungen unterwegs, die gefühlt eine halbe Millionen Euro wert waren. Die Sonnenuntergangsspanner.

Ich habe mit meiner Canon-Pocketkamera auch geknipst. Ich knipse ja immer nur. Gestern flogen ein paar Heißluftballons herum. Ich habe dann einen von denen geknipst und mir vorgestellt, wie grandios das Bild werden würde, hätte ich eine dieser 5200 Euro Ausrüstungen, statt der 250 Euro PowerShot.

Immer wieder Vollkitsch. Der Hochofen enttäuscht auch eine schlechten Fotografen niemals.
Immer wieder Vollkitsch. Der Hochofen enttäuscht auch einen schlechten Fotografen niemals.

Ich schweife ab. Um 19.09 saß ich auf meinem Platz und zählte. Natürlich hatte ich einen Plan B im Hinterkopf. Der ging so: Wenn ich das alles ohne Vorwissen nicht verstünde -in der Halle hing der Geruch des Bildungsbürgertums- könnte ich immer noch bei den „Revierpassagen“ nachlesen, was ich zu verstehen hätte.

Die schlechte Nachricht zuerst. Die Revierpassagen haben mir nicht weitergeholfen, denn der Artikel dort geht nicht auf die kleinen und großen Details der Aufführung ein. Mehr so ein Rundumschlag.

Die gute Nachricht für mich. Die Aufführung dauerte kompakte 90 Minuten und entsprach damit meiner Aufmerksamkeits-Spanne. Mehr schaffe ich bei Kultur auf keinen Fall.

Die zweite gute Nachricht. Keine Pause. Kein blödes Herumstehen zwischen den Sätzen, den Szenen.

Die dritte gute Nachricht. Ich habe etwas verstanden. Noch besser. Ich habe einfach beschlossen, dass ich die Musik und die Sänger und die Schulkinder und die Laien und Profis in der Choreographie einfach für mich so verstehe, wie ich es verstehen will.

Die Musik -ich habe keine Ahnung von Musik- erinnerte mich an Smetana, Programmmusik, nur nicht Moldau und Natur, sondern Maloche und urbanes Leben gewürzt mit Döblins „Berlin, Alexanderplatz“.

Am Anfang dachte ich noch darüber nach, ob das Ganze ein Kinderkram werden würde. Mitnichten.
Am Anfang dachte ich noch darüber nach, ob das Ganze ein Kinderkram werden würde. Mitnichten. Kindliche Naivität professionell choreographiert.

Als zu Beginn die Kinder den Theaterraum stürmten und die Flächen mit Kreide bemalten, war ich skeptisch. Dann bauten sie ihre kleinen Kaufläden auf, die Jugendlichen und Erwachsenen zeichneten ihre Bewegungen auf Druckpapier nach, umtanzten die Rollen leer oder beschrieben, kämpften, liebten, rasten und …

… die Musik und die Choreographie wuchsen zusammen und entwickelten eine mitreißende Dynamik.

Ja, es gab eine großartige Sängerin (Jocelyn B. Smith)  und einen unglaublichen  Sänger (David Moss), die auf Englisch eine kleine Geschichte entwickelten. Er – das Intro. Sie – den Schluss. Zwischendurch Stimmakrobatik.

Den Anfang habe ich behalten, nur sinngemäß:

Wenn du in der Stadt etwas beginnst, weißt du nicht, ob du es noch einmal schaffst. Wenn du in der Stadt nichts beginnst, wirst du nichts schaffen.

Ein großartiger Abend in der Kraftzentrale.

Um 23:15 war ich wieder im Dorf. Auf der B 42 konnte ich mit dem Nachdenken beginnen, zu Hause alles erzählen, und erst dann habe ich nachgelesen:

http://www.revierpassagen.de/27046/metropolensound-triennale-zeigt-surrogate-cities-als-choreographie-fuer-das-ruhrgebiet/20140922_1710

http://www.ruhrtriennale.de/de/programm/produktionen/heiner-goebbels-mathilde-monnier-surrogate-cities-ruhr/

Fast vergessen habe ich, dass die Zuschauerränge schließlich proppenvoll waren.

„Parteispenden beschädigen die Demokratie“, meint der Ökonom Warwick Smith

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Die Verlockungen des Geldes, hier in einer englischen Spielhalle. (foto: chris)

Der folgende Kommentar des australischen Ökonomen Warwick Smith von der Universität Melbourne erschien in der britischen Zeitung The Guardian auf Englisch. Wir geben die wesentlichen Gedanken und Argumente wieder. Smith veranschaulicht seine Überlegungen mit Beispielen aus der australischen Politik, welche im Originaltext nachzulesen sind.

Unternehmen haben nichts zu verschenken. Wenn sie es doch tun, dann erwarten sie eine Gegenleistung. Es gebe ein – meist stillschweigendes – Einverständnis, dass große Firmen mit Hilfe von Parteispenden Zugang zur Politik, vorteilhafte Berücksichtigung bei politischen Entscheidungen und der Gesetzgebung erhalten. Warum, so fragt Warwick Smith, sollten Unternehmen, die nach Profiten streben, sonst Geld spenden?

Viele Firmen würden gleichzeitig an beide politischen Lager zahlen, was in allen Demokratien geschehe.

Daran wird deutlich, dass es bei Spenden an beide Seiten nicht darum gehen kann, einer Partei zum Sieg zu verhelfen. Es handele sich vielmehr um eine Drohung: „Wenn ihr uns nicht gut behandelt, werden wir den anderen beim nächsten Mal mehr Geld geben.“

Haben beide Parteien dieselbe Position in einer Frage, so verschwindet mit Hilfe der Parteispenden das Thema aus dem Blick der Öffentlichkeit. Dies geschehe im Interesse der Firmen, die nicht an einer Veränderung der Politik im Sinne der Wähler interessiert seien. Wahlkampfthemen werden nur die Politikfelder, auf denen die Parteien unterschiedliche Positionen haben. Alle anderen Themen spielen keine Rolle.

In entwickelten Demokratien, so Smith, sind die Unterschiede zwischen den großen Parteien in Bezug auf politische Ideologie und politische und insbesondere ökonomische Fragen minimal. Im Wahlkampf werden die wenigen Unterschiede hervorgehoben und aufgebauscht, so dass Parteien scheinbar völlig unterschiedlich Positionen haben.

Spenden dienten somit dazu, bestimmte politische und ökonomische Fragen aus dem gesellschaftlichen Diskurs herauszuhalten.

Eine weiterer Effekt: die Spenden benachteiligen kleine Parteien, insbesondere Parteien, die versuchen, politische Fragen in die öffentliche Diskussion zu bringen, die den wirtschaftlichen Eliten unbequem sind.

Faktisch bedeutet eine von Spenden getriebene Politik, dass nur die Politikfelder leidenschaftlich und kontrovers diskutiert werden, die den wohlhabenden Eliten herzlich egal sind wie beispielsweise Abtreibung oder gleichgeschlechtliche Ehe. Spuren von gesellschaftlichen Differenzen bestehen weiter durch konkurrierende Unternehmen, Arbeitgeber- Arbeitnehmerbeziehungen und in Bezug auf das Sozialsystem.

Smith weist darauf hin, dass die Geldströme nicht direkt die Politik einer Partei erklären können, aber sie lieferen einen guten Hinweis, wie der sonst so undurchsichtige Prozess aussehe:

Fundraising, gemeinsame Essen von Politikern und Firmenvertretern, bei denen letztere auch mal $10.000 für ein Gedeck zahlen. Banker, Unternehmer und Politiker treffen sich sozial, privat und geschäftlich.

Persönliche Beziehungen sind für Politiker ebenso wichtig wie für uns alle.

In der Mitte sitzen die Lobbyisten und Thinktanks, die öffentliche Rationalisierungen für politische Positionen erfinden, welche den Interessen ihrer Klienten dienen. Lügen sind dann am effektivsten, wenn der Lügner sie glaubt. Der erste Schritt beim überzeugenden Lügen sei, uns von der Lüge zu überzeugen. Das ist die Aufgabe von Thinktanks und Lobbyisten.

Smiths Schlussfolgerung: Dies ist ein komplexes und schmutziges Spiel, bestimmt von Parteispenden, Interessengruppen, persönlichen Ambitionen, Klasse und Macht. Wähler sind Teil dieses Spiels, aber deren Interessen zu vertreten dürfte nicht die höchste Priorität der Politiker sein. Politiker handeln nur dann im Interesse der Wähler, wenn keine reiche oder mächtige Gruppe widerspricht.

Euch fehlte etwas? Jetzt nicht mehr: Erste Kneipennacht mit Livemusik in Siedlinghausen am 8. November. Vorverkauf läuft.

Der 8. November wird ziemlich heiß in Siedlinghausen: Der Programm-Flyer
Der 8. November wird ziemlich heiß in Siedlinghausen: Der Programm-Flyer

Siedlinghausen. (partysanen_pm) Am 8. November 2014 findet die erste Siedlinghauser Kneipennacht statt. In sieben Lokalen können die Gäste ab 20:00 Uhr die lange Nacht mit Livemusik genießen. Dabei kommen Rockfans genauso auf ihre Kosten wie die Schlagerfreunde. In folgenden Locations findet ihr diese Bands:

  • Die Sperre / Mac McAnally (Rock, Folk, Pop, Oldies, Irish-Songs)
  • Grüner Apfel / Sturmfrei – Sleepless-Nights (Rock-Pop Cover, Unplugged, eigene Songs)
  • Hummel´s Bistro / Die Ruhrtalmusikanten (Blasmusik)
  • Kolpinghaus / No Porridge (Mainstream-Rock, Pop, 80er Jahre)
  • Eck-Bistro / Matthias Dicke (Charts, Klassiker der Musikgeschichte, Partymusik)
  • Gasthof Lingenauber / Die Schröders (Fetenhits, Schlager, aktuelle Charts)
  • Zum Anker / Terry Le Burns (Soul, Rock, Balladen)

Wer einmal Eintritt bezahlt hat, kommt überall rein und kann zwischen den verschiedenen Lokalen wechseln. Zur Sperre und zum Anker wird ein Shuttle-Bus eingerichtet, damit die Nachtschwärmer auch hier bequem und sicher ankommen und die Partynacht genießen können.

Ab 24:00 Uhr steigen dann im Kolpinghaus und im Gasthof Lingenauber zwei After-Show-Partys mit DJ Andy und Jörg.

Ein Teil des Eintrittspreises und ein Teil vom Getränkeverkauf werden an den Bäderverein Siedlinghausen gespendet.

Der Heimat- und Verkehrsverein und der Stammtisch die „Partysanen“, die die Siedlinghauser Kneipennacht ausrichten, freuen sich auf zahlreiche Besucher.

Ab sofort läuft der Vorverkauf. Karten gibt es für 7,50 Euro (Abendkasse 9,50 Euro) bei Kräling 1000, Sparkasse Siedlinghausen, Volksbank Siedlinghausen, Ute´s Getränkestar, Ihr Platz, der Touristinformation Winterberg sowie allen teilnehmenden Veranstaltern.

Hier geht's lang. Für Ortskundige geht es auch ohne Shuttle auf Nebenwegen zur Sperre und Hotel Marleen.
Hier geht’s lang. Für Ortskundige auch ohne Shuttle auf Nebenwegen zur Sperre und zum Anker. Klick = größer.

Umleitung: Schafe, Rasse, Hildegard von Bingen, wilde Montagsträume, rote Begeisterung, E-Mail-Überwachung von Journalisten und mehr.

Auf dem Kahlen Asten weiden zur Zeit Schafe und Ziegen die Heide. (foto: zoom)
Auf dem Kahlen Asten weiden zur Zeit Schafe und Ziegen die Heide. (foto: zoom)

Hildegard von Bingen: Die Banalität mystischer Visionen … nesselsetzer

“Race” — a necessary category? Ever since National Socialism used the term “Rasse” in a biologistic and inhumane manner and forced it into culture, it has no longer been possible for German speakers to use the term in a neutral, or uncharged, fashion … PublicHistory

“Zeitgenössische Programmierung”: Rückblick auf die Triennale-Ära von Heiner Goebbels … revierpassagen

“Völkerrechtsdogmatik” und Völkerrechtsleugner: In einem akademischen Seminar hätte Barack Obama gestern bestimmt das Phänomen namens “Völkerrechtsleugner” angesprochen … wiesaussieht

Norbert Blüms „Einspruch!“: die Erfahrung und das Empfinden vieler Menschen meisterhaft aufgegriffen … nachdenkseiten

Kraft unter Deck? Was die CDU nicht schaffte, besorgt Kraft nun selbst: Sie fängt an, sich zu demontieren. Sie nennt NRW ein starkes Land, schenkt ihren Gästen aber nur noch Leitungswasser ein … postvonhorn

Rote Begeisterung: Es macht sich Ratlosigkeit breit. Wie kann es sein, dass insbesondere die Sozialdemokratische Partei, aber in gewisser Hinsicht auch die linke und die grüne Partei so wenig Anziehungskraft auf die Wähler ausüben? … jurga

Wilde Montagsträume: Die Demo vor dem Haus des Verlegerverbands lief echt prima. Wir waren Hunderte, und alle riefen: „Journalismus ist mehr Wert, mehr Wert – egal ob Print oder Online!“ … charly&friends

Journalismus, Überwachung und meinInternet: Emails sind eine Möglichkeit, das Interesse oder die Aktivität des Empfängers zu überwachen. Gerade Journalisten sind dafür ein besonders interessantes Ziel und sich der Technik oft gar nicht bewusst … ruhrnalist

Universitäten: Früher gab es so Studienfächer wie Literaturwissenschaften, Kulturwissenschaften oder Journalistik. Und dann hatte man irgendwann, nach 15 inspirierenden Semestern, ohne Teil einer Wertschöpfungskette werden zu wollen, sich kulturell weiterentwickelt … threepastnine

Lokalpolitik I: Neue Vorstände bei B90/Die Grünen in Arnsberg … neheimsnetz

Lokalpolitik II: Verbot von Roundup – SBL/FW fragt nach eventuellen Sondergenehmigungen … sbl

Neheim: SPD Fraktion fordert unmittelbare Information im Rat zum Standort der Bibliothek Neheim

SPDArnsbergBib20140925Arnsberg. (spd_pm) Aussagen der Verwaltung im letzten Kulturausschuss lassen die SPD-Fraktion im Arnsberger Rat befürchten, dass die Bibliothek Neheim ihren bisherigen Standort verlieren könnte. Die SPD fordert den Bürgermeister auf, die Ratsmitglieder unverzüglich über die aktuelle Lage zu informieren.

Im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

die SPD-Fraktion beantragt, den Rat in seiner nächsten Sitzung über die Planungen hinsichtlich einer Verlagerung der Stadtbücherei Neheim zu informieren. Darüber hinaus beantragen wir, den Rat, die betroffenen Fachausschüsse und den Bezirksausschuss Neheim frühzeitig in den weiteren Entscheidungsprozess einzubinden und dabei auch andere Problembereiche im OT Neheim, wie den Standort des Stadtbüros, mit zu berücksichtigen.

Begründung:
Die Verwaltung teilte dem Ausschuss für Kultur, Tourismus, Sport und Weiterbildung in der Sitzung am 08. September 2014 quasi en passant unter dem TOP Verschiedenes mit, dass der Mietvertrag für die Stadtbücherei in der Marktpassage im folgenden Jahr ausläuft. Angesichts der Mietkosten sieht die Kämmerei hier Einsparpotential und strebt offenbar an, den Mietvertrag nicht mehr zu verlängern.

Dies würde bedeuten, dass die Bücherei an einen anderen Standort verlegt werden muss. Nach Auskunft der Verwaltung gibt es dazu noch keine konkreten Vorschläge. Der Standort in der Marktpassage mitten in der Innenstadt ist aus kulturpolitischer Sicht schlechterdings ideal, um neben den „Stammnutzern“ auch sog. „Laufkundschaft“ anzuziehen. Dieses niederschwellige Angebot hat dazu beigetragen, dass neue Leser u.a. Nutzer gerade auch unter Kindern und Jugendlichen gewonnen werden konnten. Bei einem Standort außerhalb der engeren Innenstadt würde dieser für die Förderung der Lesekultur wichtige Aspekt weitgehend wegfallen.

Schon in der jüngeren Vergangenheit ist durch die Verkleinerung der Fläche für die Bücherei die Attraktivität der Einrichtung verringert worden. Zu befürchten ist, dass sich diese negative Entwicklung an einem neuen Standort weiter fortsetzt.

Wegen der großen kulturpolitischen, wirtschaftlichen und städtebaulichen Auswirkungen einer möglichen Verlagerung der Stadtbücherei ist es aus Sicht der SPD-Fraktion nötig, dass über die geplanten Veränderungen bereits jetzt Bericht erstattet wird, weil die Angelegenheit offenbar verwaltungsseitig drängt. Ein etwaiger Umzug bedarf längerer Planungen und möglicherweise sogar baulicher Veränderungen an einem neuen Standort.

Daher ist davon auszugehen, dass eine Grundsatzentscheidung in der Sache bereits in einem der nächsten Sitzungsläufe getroffen werden muss. Eine mögliche Verlagerung der Bücherei verstärkt das bereits vorhandene Unsicherheitspotential im OT Neheim.

Welche Folgen etwa hätte eine derartige Entscheidung für den Bestand der Marktpassage insgesamt? Immerhin war die Bücherei einer der bisherigen Ankermieter. Die geplante Verlagerung der Stadtbücherei kommt zu anderen Problempunkten im OT Neheim hinzu. Zu nennen ist der – noch nicht vollzogene – Verkauf des alten Amtsgerichts. Noch immer ist keine Entscheidung hinsichtlich des Standortes für das Stadtbüro getroffen.

Unsicherheiten bestehen auch hinsichtlich der Zukunft der vom Klinikum Arnsberg an der oberen „Lange Wende“ erworbenen Gebäude. Völlig unklar ist die Zukunft des Leuchtenmuseums.

Aus unserer Sicht ist die bevorstehende Entscheidung, für oder gegen den jetzigen Standort der Stadtbücherei, ein Anlass, um über ein Gesamtkonzept zur Gebäudenutzung im OT Neheim zu diskutieren.

Für die SPD Fraktion

Ralf Bitter
(Fraktionsvorsitzender)

Gerd Stüttgen
(Ratsmitglied)

Werner Frin
(Ratsmitglied)

Wiedereröffnung des Waldfreibades – Ein Tabu-Thema für die Winterberger CDU?

Das Freibad gestern. (foto: zoom)
Das Freibad gestern. (foto: zoom)

(Vorbemerkung: Dieser Artikel ist die Langfassung eines Leserbriefs. Dieser ist in der heutigen Ausgabe der WP auf der Seite „Leserdialog“ gekürzt und mit Umformulierungen erschienen.)

Wiedereröffnung des Waldfreibades – Ein Tabu-Thema für die Winterberger CDU?

(Bezugnehmend auf den Leserbrief von Ludger Wahle vom 18.09.2014)

Ich habe im Winterberger Freibad schwimmen gelernt und es seit meiner Kindheit regelmäßig besucht. Die Schließung ist für die Umgebung ein großer Verlust, da es mit seinen 50m Bahnen und seiner unvergleichlichen Lage zwei absolute Alleinstellungsmerkmale besitzt.

Nachdem die CDU den Antrag der SPD abgelehnt hat, das Winterberger Freibad zu erhalten, ist die Schließung nun endgültig.

Die SPD hatte das Angebot einer Fachfirma vorliegen, die die Technik des Freibades kostenlos überprüfen wollte. Ein solcher Kostenvoranschlag wäre kein endgültiger Entscheid für die Wiedereröffnung des Freibades gewesen, er diente lediglich der Informationsbeschaffung. Keineswegs hatte die SPD behauptet, dass die Technik nicht teilweise marode war. Es verwundert daher umso mehr, dass die CDU sich dermaßen strikt gegen eine solche Überprüfung weigert.

Gerade aufgrund der gesunkenen Besucherzahlen hätte man sparsamere Technik verbauen können und über eine Anhebung des Beckens nachdenken können und müssen, um Kosten zu senken. All das waren Ideen und Gedanken hinter dem Antrag der SPD. Auch ein Wohnwagenstellplatz auf dem Freibadgelände stand auf dem Plan. Dadurch hätten zusätzliche Einnahmen generiert werden können. In der Ferienwelt Winterberg hielt ich auch diese Idee für sehr vielversprechend.

Ich habe bei der Suche nach anderen Alternativ-Schwimmbädern festgestellt, dass kaum eine Stadt oder Gemeinde ein dermaßen hochwertiges und intaktes Edelstahlbecken vorzuweisen hat wie das im Winterberger Freibad.

Die Behauptung nur 5% der 1.171 Unterstützer der Online-Petition zur Erhaltung des Freibades habe man in den vergangenen Jahren im Freibad gesehen, halte ich für ebenso unhaltbar wie die Aussage des Bürgermeisters Werner Eickler bei der Übergabe der Unterschriften. Bei dieser stellte er die Behauptung auf, dass die meisten Unterzeichner gar nicht aus Winterberg stammen würden und nicht die Umstände und Kosten einer Wiedereröffnung kennen würden. Ich habe mich damals gefragt, woher der Bürgermeister all diese Unterzeichner kennt.

In der Petition ist desweiteren bis zum heutigen Tage nachzuvollziehen, dass ein Großteil der Unterzeichner aus Winterberg und der nahen Umgebung stammen und auch die Unterschriften der vielen Gäste der Ferienwelt Winterberg sollten nicht ungeachtet bleiben.

Den Wunsch der Bürger hat man in meinen Augen nie ernst genommen. Ein ebenso offenes Geheimnis ist der Umstand, dass das Oversum, in dem sich seit Mai 2012 das Hallenbad befindet, ein Projekt der CDU ist, die nie Bereitschaft gezeigt hat, mit der SPD nach gemeinsamen Lösungen für das Freibad zu suchen.

Entkräften möchte ich außerdem die Behauptung, dass es nur mit hohem personellen und organisatorischem Aufwand machbar gewesen wäre, das Freibad zu erhalten. Man muss nicht weit über den Tellerrand schauen, um zu sehen, wie so etwas mit ein und demselben Personal in Schmallenberg funktioniert. Dort wird das Freibad auch mit dem Personal des Sauerland Bades in Bad Fredeburg besetzt.

Aus Kreisen der CDU Winterberg hieß es zu Zeiten, als die Petition lief, es gäbe kein Geld für eine Wiedereröffnung. Auch in einem Beitrag im WDR-Fernsehen wurde dies vom stellvertretenden Bürgermeister behauptet.

So verwundert es doch, dass in der Ratssitzung am 11.09 plötzlich von einem „Treuehandkonto Oversum“ gesprochen wird, mit dem über 800.000€ für den Umbau von großen Teilen des Oversums aufgebracht werden sollen. Allein über 400.000€ entfallen hier auf die Öffnung der Stirnwand im Hallenbad, um einen „Freibadcharakter“ zu schaffen.

Ich finde es schade, dass auch hier wieder nur Geld für das Oversum in die Hand genommen wird, dort aber ohne jegliche Diskussion. Denn auch durch geöffnete Wände und aufschiebbare Fensterfronten wird dort nie ein Freibad – wie das Waldfreibad – oder etwas Vergleichbares entstehen.

Unverständlich ist, warum nach zwei Jahren plötzlich die ursprünglichen Strukturen schon umgebaut werden müssen. Hier drängt sich erneut der Verdacht auf, dass krampfhaft an einem gescheiterten PPP-Projekt festgehalten wird, für welches überhastet Unmengen an Geld aufgebracht werden können. Für ein Freibad mit Tradition und unersetzbarem Flair hingegen wird dies von der CDU als Irrsinn und Ding der Unmöglichkeit dargestellt.

Ich war sehr erstaunt, einen solchen Artikel, geschrieben von Ludger Wahle, in der Westfalenpost zu finden. Erklärten Sie doch 2012 in einem Beitrag der „WDR Lokalzeit Südwestfalen“ noch, die Schließung sei ein großer Verlust, da heutzutage immer weniger Kinder richtig schwimmen könnten, weil viele (Frei-) Bäder geschlossen würden und berichteten, dass Sie noch wöchentlich am alten Freibad seien, um nach dem Rechten zu schauen.

In Verbindung mit dem Artikel vom letzten Donnerstag wirkt Ihre damalige Stellungnahme plötzlich sehr verändert und manipuliert.

Leon Reintke, längjähriger Besucher des Waldfreibades Winterberg