Die Zeit läuft im Kreis oder in einer Spirale: Abwärts und Travemünde

Blick vom Priwall I (foto: zoom)

Wie sich die Zeiten ähneln, aber doch nicht gleichen. Vor fast genau zehn Jahren habe ich diesen Blogbeitrag geschrieben. Eine Fähre gleitet die Trave hinunter, im Vordergrund spreizen sich zwei Angeln, eine grau-neblige Atmosphäre. Abwärts: Ich seh die Schiffe den Fluss herunterfahren …

Ich erinnere mich noch an die Aufnahmesituation. Ungeduldig wartete ich darauf, dass der Angler im richtigen Moment seinen Platz verlässt.

Das Lied der Gruppe Abwärts ist mein ständiger Begleiter geworden. Ein Fluss, ein Schiff und schon höre ich das Echo in meinen Erinnerungen.

Zehn Jahre sind eine lange Zeit und vergehen doch wie im Fluge. Viele Freund*innen, Bekannte und Verwandte von damals sind nicht mehr da, neue sind hinzu gekommen.

Ich habe beschlossen, diejenigen, die gegangen sind, nicht mehr (nur) zu betrauern. Wie im magischem Realismus leben sie weiterhin in meiner Welt, die damit skurriler, aber auch größer geworden ist.

Blick vom Priwall II (foto: zoom)

Urlaub vom Bloggen oder Bloggen vom Urlaub?

Als Antwort bekommt ihr ein klares Jein!

An der Trave in Lübeck. Über den Dächern links lugen die Türme des Holstentors hervor. (foto: zoom)

Im Urlaub habe ich alle Zeit der Welt, die ich dann mit vollen Händen ausgebe: lange Spaziergänge, Museen, Lesen, Besuche von Freund*innen und Familie, Bummeln, Fotografieren, Café- und Restaurant, Bahn und Bus fahren, schwimmen, abends erschöpft ins Bett fallen, noch ein paar Seiten der Urlaubslektüre umblättern. Fertig. Erschöpft. Wo ist die Zeit geblieben?

Wie ihr seht, bleibt keine Muße für’s Bloggen, denn dann bliebe keine Zeit für Urlaub und Freizeit.

Ich beginne am Ende der Ferientage. Ein kleinformatiges Buch habe ich mir mitgenommen. Meine Frau hat es von einer Freundin erhalten, die es wiederum von einer Freundin zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte.

„Wissen ist Macht“ (foto: zoom)

„Lies es mal und sage mir, was du davon hältst.“

Das Buch kommt unscheinbar daher. Sieht aus wie 180 Seiten, kleines Format. Pferdefuß: es hat über 450 Seiten und die Geschichte ist so verzwickt, dass man sie möglichst in einem Rutsch lesen sollte, es sei denn, ihr habt ein fotografisches Gedächtnis.

Scott Alexander Howard, Das andere Tal, Zürich 2024 (foto: zoom)

Scott Alexander Howard lebt in Vancouver, wurde an der Universität von Toronto in Philosophie promoviert und war als Postdoktorand in Harvard. Dort hat er sich mit der Beziehung zwischen Erinnerung, Emotionen und Literatur beschäftigt.

Wenn ihr nach diesen Angaben aus dem Klappentext noch Lust habt, euch mit dem Erstling von Howard zu beschäftigen, dann sei euch der weitere Verlagstext ans Herz gelegt:

„Dieses Tal ist ein besonderer Ort. Geht man nach Osten oder Westen, stößt man auf die gleichen Häuser, Hügel, Straßen – doch alles ist zwanzig Jahre zeitversetzt. Nur in Trauerfällen dürfen die Grenzen passiert werden. Als die junge Odile in Besuchern aus der Zukunft die Eltern ihres Freundes Edme erkennt, weiß sie, dass er bald sterben wird. Was wäre, wenn Odile das ihr auferlegte Schweigen bricht?“

(Quelle: https://www.diogenes.ch/leser/titel/scott-alexander-howard/das-andere-tal-9783257072822.html)

Die Grenzen zwischen den Tälern werden streng bewacht. Elektrisch gesicherte hohe Zäune, bewaffnete Patrouillen, Erschießungen. Eine dystopische Maschinerie innerhalb derer sich eine schüchterne Coming of Age Liebesgeschichte abspielt, in deren Verlauf der Junge namens Edme stirbt. Zwanzig Jahre später versucht das Mädchen Odile, inzwischen Grenzerin, in die Vergangenheit, also das andere Tal, zurückzukehren, um den Tod zu verhindern. Wenn dies gelänge, würde die zwanzig Jahre ältere Odile die Zukunft ihres jüngeren Abbildes verändern.

Der grundlegende Plot ist im Buch weit entfaltet und mit vielen meist düsteren Details angereichert, die Charaktere bewegen sich mit nahezu kafkaesker Entfremdung in einem Nebel von Zeit, Raum und Beziehungen. Für die meisten Protagonist*innen ist diese Entfremdung nur durch Alkoholkonsum zu ertragen.

Hat die Geschichte unter diesen Umständen eine Chance gut zu enden? Ich will nicht spoilern. Ein paar Schnäpse hätten mir auf den letzten Seiten vielleicht gut getan. Leider bin ich abstinent. Ersatzdroge: Marzipan.

Was vom gestrigen Abend blieb: Hafen und Mond

Die Sonne scheint hinter dem Horizont und die blaue Stunde beginnt (foto: zoom)

Gestern Abend bin ich während des Sonnenuntergangs die Strand-Promenade in Travemünde entlanggeschlendert. Meine Simmung melancholisch, die Fotos auf der dunklen Seite.

Die Mondphase bewegte sich auf Vollmond zu. Es fehlte lediglich ein halber Tag.

Nicht wackeln. ISO 1000 und kurz die Luft anhalten (foto: zoom)

Als sich Schiff und Mond am Leuchtturm trafen, habe ich ein letztes Foto geknipst.

Danach ging es zurück zur Ferienlektüre: Scott Alexander Howard, Das andere Tal. Ich bin zur Hälfte der über 400 Seiten durch, mein Urteil steht noch aus.

Ob ich heute den Vollmond zu sehen bekomme? Meine DWD-Wetter-App sagt: Wolken, keine Sonne, 3 mm Niederschlag. Meine Erfahrung: am Meer kann es immer anders kommen.

Guten Morgen! Steg und Mövenstein

Blick über den Steg nach Mecklenburg-Vorpommern (foto: zoom)

Keine Sonne, viele Wolken, Wind und sporadische Regenschauer. Ungemütliches Wetter, und doch macht es Spaß am Meer entlang zu laufen.

Den Mövenstein (auch Möwenstein), in dessen Nähe sich in Thomas Manns Roman Buddenbrooks Tony und Morten die Ehe versprachen, gibt es auch in der Wirklichkeit. Ein kleiner Spaziergang und schon sehe ich den Findling aus Hammergranit am Übergang der Travemünder Strandpromenade zum Brodtener Ufer.

Das Versprechen von Tony ist flüchtig wie die Gischt und sie wird nach der Reise nicht Morten, sondern den ungeliebten Herrn Grünlich heiraten.

Ein großer Teil des Mövensteins liegt bereits unter dem Strand. In 30 Jahren könnte der Koloss komplett versunken sein. (foto: zoom)

Der Charakter von Tony Buddenbrooks, später Grünlich und Permaneder, ändert sich im Verlaufe des Romans nicht. Sie stolziert durch die Seiten und bleibt stets von hochnäsiger Oberflächlichkeit geprägt.

Wenn ich mich recht erinnere, sind auch die zahlreichen anderen Figuren der Erzählung recht statisch. Sie bleiben sich im Guten wie im Schlechten treu. Die Dynamik erhält der Roman durch den wirtschaftlichen Niedergang der Familie vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Entwicklung des 19. Jahrhunderts.

Nehmt meine Gedanken nicht für bare Münze, sie sind mir spontan beim Anblick des Möwensteins in den Sinn gekommen. Ein Buddenbrooks-Kenner bin ich nicht.

Bremen: Grüngürtel, Weserburg und Lauschorte

13 Tage unterwegs – was ist geblieben?

Hashtag im Bremer Grüngürtel (foto: zoom)

Ich springe an den Beginn unserer kleinen Reise durch das nördliche Deutschland. Bremen hatte ich schon mehrmals mit dem Fahrrad besucht und hatte dann in der Jugendherberge an der Weser übernachtet. Diesmal aus Gründen mit dem Auto, nicht optimal, aber es ging nicht anders.

Man kann sich auf dem Markt bei den Bremer Stadtmusikanten in einem schlechten Café mit teurem Kaffee und schlechtem Kuchen aufhalten, während Staßenmusiker*innnen von morgens bis abend unentwegt Bella Ciao fideln, flöten, schrammeln und aus dem Akkordeon quetschen. Allein der Dudelsackspieler bleibt beim Wild Rover.

Bessser gefallen hat mir ein Spaziergang durch den Grüngürtel der Stadt. Entspannend, wenn man auf die vielen Radfahrer*innen, die sich oft unbemerkt von hinten nähern, achtet.

Skulptur im Grüngürtel (foto: zoom)

Vor über acht Jahren hatte ich eine Austellung im Museum Weserburg gesehen:
https://www.schiebener.net/wordpress/bevor-ihr-denkt-dass-ich-mich-aus-dem-bloggen-verabschiedete/

Jetzt waren wir erneut in der Weserburg. Damals hatte ich geschrieben: „Mir hat sie sehr viel Spaß(!) bereitet. Kunst muss unterhalten und zum Denken anregen.“ Auch für den aktuellen Besuch kann der Satz so stehen bleiben.

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13 Tage unterwegs – was ist geblieben?

Ganz am Ende ein Dänischkurs

Ein Ruderboot am Kellersee bei Malente (foto: zoom)

Ganze 13 Tage sind wir im nördlichen Deutschland gereist. Bremen, Bremerhaven, Hamburg, Lübeck und Malente. Es war eine gute Entscheidung, denn so wurden wir von der großen Hitzewelle, die im Rest der Republik herrschte, weitgehend verschont.

Ich beginne mit dem Ende, einem fünftägigen Dänischkurs bei Malente, in der Gustav Heinemann Bildungsstätte (GHB) am Kellersee.

Hier muss man hinein, um klüger wieder hinauszugehen (foto: zoom)

Eine knappe Woche sind nun keine Zeit, um eine Sprache „von Null auf Hundert“ zu lernen. Selbst in vier Wochen oder vier Monaten, so jedenfalls mein erster Eindruck, hätte ich mir das Dänische nur rudimentär aneignen können.

Die Grammatik? Geschenkt! Aber die Aussprache!!! Die Aussprache ist imho nicht vom Blatt zu erlernen. Dazu müsste man in die dänischen Kultur und Arbeitswelt für geschätzt ein Jahr abtauchen. Es reicht nicht, sich eine heiße Kartoffel in den Mund zu schieben.

Wir stoßen mit unseren Freunden und Bekannten an, auch mit denen, die wir nicht kennen, stoßen wir an! Prost!

Morgens wurde mit Hilfe eines dänischen Mutterspachlers Dansk gepaukt, nachmittags gab es Infos über die Kultur des nördlichen Nachbarlandes.

Wer abends noch Kraft und Durst hatte, konnte mit oder ohne Alkohol anstoßen und dänische Trinklieder schallern.

Die GHB hat einen direkten Zugang zum Kellersee. Wasser- und Lufttemperatur waren ideal zum Schwimmen. Morgens, mittags, abends – wann immer man sich erfrischen wollte.

Nach Abschluss des Kurses stellt sich die Frage, wie wir weiter lernen wollen. Ein Lehrbuch ist bestellt. Bei der Volkshochschule Hochsauerland gibt es leider keinen Dänisch-Kurs, bei der VHS Brilon-Marsberg-Olsberg nur Online auf zu hohem Niveau.

Sonnenuntergang, drückende Wärme und deshalb ein Bier an der Fischbude mit Blick auf See und Ausflugsboot (foto: zoom)

Die Gustav Heinemann Bildungsstätte eignet sich sehr gut für einen entspannten und lehrreichen Bildungsurlaub. Die Kurse sind schnell ausgebucht. Falls ihr interessiert seid, sputet euch. Das Programm 2026 müsste im November diesen Jahres herauskommen.

Kultur, Natur und neuer Freundschaften in Schottland

51. Internationaler Jugendaustausch vom 28. Juli bis zum 03. August

51. Internationaler Jugendaustausch zwischen West Lothian Council und dem Hochsauerlandkreis.
(Pressefoto)

Vom 28. Juli bis zum 03. August fand der 51. Internationale Jugendaustausch zwischen dem West Lothian Council und dem Hochsauerlandkreis statt.

(Pressemitteilung HSK)

Nachdem im Sommer 2024 zwölf Jugendliche aus Schottland im Rahmen des Austauschprogramms im Hochsauerlandkreis zu Gast waren, reiste diese Gruppe aus dem Hochsauerlandkreis nun nach Schottland, begleitet von zwei Kolleginnen des Jugendamtes.

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Abgetaucht – aufgetaucht: von der Kunst der Fuge über das gähnende Alpaka zur ver.di-Demo

Die Kunst der Fuge in der Kirche St. Martin (alle Bilder: zoom)

Eine Woche lang habe ich das Blog aus Zeitmangel nicht bearbeiten können. Lesen (Rechter Geschichtsrevisionismus in Deutschland), lernen (Climate Action: Tackling the Climate Crisis for a Better World) und reisen (Kassel).

Auf dem oberen Bild seht ihr die Orgel von St. Martin, der größten Kirche in Kassel, großzügig renoviert und mit einer grandiosen Orgel ausgestattet. Am Wochenende durften wir dort die Kunst der Fuge, gespielt vom Organisten Ludger Lohmann, hören und erleben. Fantastisch, und es ist noch nicht das Ende des Orgelsommers 2025. Das ist der grobe Plan:

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Frohe Ostern 2025!

Freies Assoziieren

Holzhasen im Zoo (foto: zoom)

Noch einen weiteren Tag ausharren, dann ist Ostern geschafft. Nie habe ich so darauf gewartet wie in diesem Jahr. Am Dienstag geht es dann wieder hinaus in die weite Welt. Nun ja, ins Ruhrgebiet.

Dortmund, Recklinghausen, Essen, Oberhausen, Duisburg, Mühlheim, Bottrop, Herne, Gelsenkirchen, Bochum … das sind die Traumziele meiner Radtouren.

Ich schweife ab. Ostern 2025 – das Jahr als unser Urlaub ins Wasser fiel.

Kirche (kath.) St. Laurentius in Küstelberg (foto: zoom)

Ostern 2025 – der Nahraum kann weit oder eng sein – oder umgekehrt. Ihr seid mitgemeint, liebe Kreuzfahrer*innen und Mallorca-Urlauber*innen.

Zu Hause entdecke ich jeden Tag Musik auf Platte oder CD, die ich bisher nicht gehört habe. Immer nur Frank Zappa – wer hält das auf Dauer aus?! Ich puste den Staub vom Dreierpack Monk’s Casino. Alexander von Schlippenbach, Axel Dörner, Rudi Mahall, Jan Röder und Uli Jennessen spielen 2003/2004 im A-Trane (Berlin) Kompositionen von Thelonious Monk.

Die Intellektuellen
Die hören gerne Blues
Bei denen tanzen die Forellen
Im selbstgemachten Apfelmus

Die Liedzeilen von Stephan Sulke fühlten sich für mich schon immer falsch an. Wer den Rockzipfel der Intellektualität erhaschen will, sollte JAZZ hören oder selbst spielen.

Auf der anderen Seite des Maschendrahtzauns (foto: zoom)

Der Junge muss mal an die frische Luft. Recklinghausen wartet – anders und interessanter als es die Landschaftsszene im Film mit Hape Kerkeling vermuten lässt.

Genießt den Tag!