Gefunden: SPD Meschede – Wechsel an der Spitze nach 23 Jahren. Kornelius Kuhlmann löst Siegfried Lumme ab.

Meschede. (spdm) Fast ein Vierteljahrhundert führte Siegfried Lumme den Stadtverband der Mescheder SPD. Auf ihrem sehr gut besuchten Neujahrsempfang wählten die Sozialdemokraten nun Ratsmitglied Kornelius Kuhlmann zu seinem Nachfolger.

Lumme war seit 1987 Vorsitzender des Stadtverbandes. In dieser Zeit organisierte er 21 Wahlkämpfe und erlebte 3 Bundeskanzler und ganze 10 Parteivorsitzende, wie Daniel Köhne, Vorsitzender des Mescheder Ortsvereins und der Landtagsabgeordnete Karsten Rudolph, vorrechneten. „Heute kann man sagen, 1987 war das Jahr als Willy Brandt ging und Siegfried Lumme kam“, schmunzelte Rudolph …. alles lesen

Bericht aus dem Kreistag in Meschede: Selbstentmachtung des Parlaments?

Da die Redaktion dieses Blogs durch eine Vireninvasion in ihrer Arvbeits- und Schaffenskraft stark behindert ist, verweise ich hier auf Berichte der SBL von der Kreistagssitzung am vergangenen Freitag. Ergänzungen und Anmerkungen, auch anderer Parteien, sind willkommen.

Auf Vorschlag der Verwaltung wurden mit den Stimmen von CDU und FDP sowie (bis auf eine Ausnahme) auch mit den Stimmen der SPD Änderungen der Hauptsatzung und der Geschäftsordnung beschlossen, mit denen viele Rechte der Kreistagsmitglieder eingeschränkt werden.

Einige Beispiele:

  • Bei Auftragsvergaben und beim Erwerb von Vermögensgegenständen kann die Verwaltung künftig bis zu einem Wert von 250.000 Euro alleine entscheiden, bisher nur bis 100.000 Euro.
  • Über Einstellungen, Entlassungen u.ä. für alle Mitarbeiter kann der Landrat nun ganz alleine entscheiden; der Kreistag gab damit das Recht auf, bei den Entscheidungen für Führungsfunktionen mitzuwirken (hier stimmte die SPD nicht mit).
  • Mündliche Anfragen von Kreistagsmitgliedern in der Kreistagssitzung an den Landrat sind künftig nicht mehr zulässig (alle anderen Einwohnerinnen und Einwohner des Kreises dürfen dies aber nach wie vor zu Beginn der Sitzung im Rahmen der Einwohnerfragestunde…)
  • Für schriftliche Anfragen von Kreistagsmitgliedern gilt keine Frist mehr für die Beantwortung durch den Landrat. Bisher mußte die Antwort nach 14 Tagen vorliegen. Jetzt kann das mehrere Monate dauern, oder es gibt gar keine Antwort…
  • Kreistagsmitglieder haben keinen Anspruch mehr auf schriftliche Beantwortung von Anfragen, so dass z.B. Anfragen nach PFT-Messwerten durch Verlesen von Zahlenkolonnen in einer Sitzung beantwortet werden können – wenn überhaupt.
  • Kreistagsmitglieder sind nicht mehr berechtigt, Zwischenfragen in Kreistagssitzungen zu stellen.
  • Die Mehrheit des Kreistages entscheidet, ob über nicht notwendig zusammen gehörende Punkte zusammen oder getrennt abgestimmt wird. Dadurch kann die Verwaltung unerwünschte Einzelabstimmungen verhindern. (Dies ist eindeutig rechtswidrig, denn Abstimmungen dürfen nur dann verbunden werden, wenn kein einziges Kreistagsmitglied widerspricht!)
  • Auch der SBL-Antrag, Film- und Tonaufnahmen zuzulassen, wurde abgelehnt. Wer den Kreistag erleben will, kann das nur durch persönliche Anwesenheit, und eine Überprüfung des Inhalts der Protokolle ist kaum möglich.

zur Seite des SBL.

Umleitung: Tagesschau mit Schaubildern, Ruhrgebietsbilder, Kirche, Grüne, Klima und Hertie in Meschede

Tagesschau: Politik mit Schaubildern? … carta

Ruhrgebiet: Eine Reise ins Nirwana der Allgemeinplätze … endoplast

Kirchensteuer: Wer finanziert die Jesus GmbH? … jungleworld

Grüne NRW: Realos und Linke im Schmelztiegel des Pragmatismus? … ruhrbarone

Medien: Mit dem Zweiten sieht man schwärzer … spiegelfechter

Nachbarschaft: Klimaschutz aus der Frosch-Perspektive … bieseveih

Heimatzeitung: Hertie-Pleite spaltet Meschede … wpmeschede

Mescheder Kreistag: Kreisjugendhilfeausschuss zukünftig mit einem Mitglied der muslimischen Gemeinde?


In meinem Briefkasten fand ich folgende Mitteilung der Sauerländer Bürgerliste(SBL):

„Integration“ – das sollte nicht nur ein häufig benutztes Wort sein. Um „Integration“ zu erreichen, bedarf es Initiativen von vielen Seiten, der Umsetzung von Ideen und beispielsweise auch der offiziellen Vertretung von muslimischen Bürgerinnen und Bürgern in politischen Gremien.

So ist es durchaus wünschenswert, dass sich auch in kleineren Städten und Gemeinden Integrationsräte gründen. Auf diese Weise könnten den Sichtweisen und Interessen aller Migrantinnen und Migranten mehr Gewicht verliehen werden.

Einen kleinen Schritt in diese Richtung unternahm jetzt die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste(SBL). Die SBL beantragte beim Landrat, dass der Kreistag einen Vertreter der muslimischen Gemeinde als sogenanntes beratendes Mitglied in den Kreisjugendhilfeausschuss wählt. Die katholische und die evangelische Kirche sind dort bereits vertreten.

Ein paar Tage zuvor hatten sieben Türkisch-Islamische Gemeinden aus dem Hochsauerlandkreis in einer Versammlung vorsorglich ihren Kandidaten sowie dessen Vertreter für den ungefähr viermal im Jahr tagenden Ausschuss gewählt.

Am Freitag, dem 6. November findet die konstituierende Kreistagssitzung statt. Der Antrag der SBL könnte dann zur Abstimmung kommen. Es liegt nun an den Mitgliedern des neuen Kreistags ein Stück „Integration“ umzusetzen.

Meschede: Minister Uhlenberg kommt ins Kloster

Minister Eckhard Uhlenberg (Pressearchiv des Ministeriums)

Im Terminkalender der Abtei Königmünster in Meschede wird für den morgigen Freitag der Besuch von NRW-Minister Eckhard Uhlenberg angekündigt.
„Aus Anlass des Empfangs zum Erntedankfest des Ministers für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Eckhard Uhlenberg, findet am 9. Oktober 2009 um 17.30 ein ökumenischer Gottesdienst in unserer Abteikirche statt.“

Einer unserer anonymen Leser bemerkt dazu:

„Wer möchte mal `nen echten Minister sehen,
der muss morgen in`s Kloster gehen!

Meschede erwartet am Freitag hohen Besuch. Minister Uhlenberg feiert in der Benediktiner Abtei Königsmünster mit einigen geladenen Honoratioren und Lokalgrößen das Erntedankfest (incl. Messe und Imbiss).“

Wir werden nicht berichten können, da sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Blogs keine Einladung erhalten haben.

In der Redaktion fühlt sich, einer Blitzumfrage zufolge, niemand in seiner Ehre verletzt, da wir uns bislang nicht zu den Honoratioren und Lokalgrößen rund um Meschede rechneten.

Wer sich im Gegensatz zu uns bis heute der privilegierten Schicht des Hochsauerlandes angehörig gefühlt hat, sollte pronto, pronto seine Sekretärin beauftragen, nochmals den Post-Eingangskorb zu scannen.

„Frau Ilse! Sind Sie absolut sicher, dass da keine Einladung für Königsmünster dabei war?“

Schade, Sie Ärmster, nutzen Sie doch morgen die freie Zeit und bloggen Sie sich ihren Frust vom Leibe.

Wir suchen immer engagierte Mitschreiber, die für Gotteslohn arbeiten.

Ein Drama aus dem Sauerland: Ende der Bleiberechtsregelung – Freunde der Völkerbegegnung informieren sich

Heute erschien ein sehr informativer und bewegender Kommentar in unserem Blog. Damit möglichst noch mehr Menschen vom Schicksal der Roma und Ashkali im Sauerland erfahren, veröffentlichen wir  ihn nachfolgend als eigenständigen Artikel. Eingestreut sind Teile der Dokumentation „Die Abschieber“ aus dem Jahr 2005. Unbedingt sehenswert!

„Schon seit Jahrzehnten sind vielen Meschederinnen und Meschedern „Die Freunde der Völkerbegegnung“ (FdV) ein Begriff. Sie verbinden mit dem Verein Gedanken und Erinnerungen an Reisen in Partnerstädte z.B. in England, Frankreich und den USA , internationale Feste und Begegnungsabende. Der Name ist Programm – Die Freunde der Völkerbegegnung möchten Menschen aus anderen Ländern vorurteilslos begegnen, sie kennen und verstehen lernen.

Kontakte knüpfte der FdV aber auch zu Menschen mit nicht deutschen Wurzeln, die unter uns in Meschede leben, wie beispielsweise zu Mitgliedern der portugiesischen Gemeinde in Meschede. Und das Stammlokal der „Freunde“ ist ein griechisches mit dem geschichtsträchtigen Namen „Zum Pulverturm“. Die Vorstandsmitglieder treffen sich da ab und an und planen die nächsten Aktivitäten. Aus aktuellem Anlass wurde die Vorstandssitzung Anfang Oktober 2009 einem bestimmten Thema gewidmet – dem „Ende der Bleiberechtsregelung“.

Ende der Bleiberechtsregelung? Was bedeutet das?

Wer kann das besser erläutern, als ein Betroffener?! Mit Spannung und Interesse hörten die FdVer die Lebensgeschichte eines jungen Mannes, der im Alter von 6 Jahren mit seiner Familie aus dem ehemaligen Jugoslawien flüchten musste. Wir erinnern uns, es herrschte dort Bürgerkrieg.

Gehört man der ethnischen Minderheit der Volksgruppe Ashkali an, wie der jetzt 25jährige Gast der Freunde der Völkerbegegnung, war man damals in dieser Region noch stärker bedroht und gefährdet als die anderen Jugoslawen.

Ashkali? – Im Internet findet sich folgende Info:
„Bei den Ashkali / Aschkali handelt es sich um eine ethnische Minderheit im Kosovo. Sie sprechen die albanische Sprache. Eine Vielzahl glaubt, dass ihre Vorfahren in der Zeit Alexander des Großen aus Ägypten den Kosovo kamen und dort die ersten Bewohner waren. Andere wiederum sind der Überzeugung, sie seien während der Osmanischen Herrschaft aus der Türkei zugewandert.

und

Die Ashkali befinden sich derzeit im Kosovo ebenso wie die Roma und Kosovo-Ägypter in einer “bedrohlichen” Situation. Sie leben oft im “Verborgenen” unter der albanischen Bevölkerung. Würde man sie als Ashkali “erkennen”, würden sie vertrieben werden.“

Der junge Mann berichtete weiter von seinen Erlebnissen in Deutschland. Die Familie kam zunächst nach Steinfurt und fristete ihr Leben in einer großen Turnhalle, zusammen mit Menschen aus 10 verschiedenen Nationen. Nach 6 Monaten wurde sie für weitere 6 Monate in einer alten Schule untergebracht. „Deutschland war damals überfordert mit den vielen Flüchtlingen“, meint er rückblickend. Praktische Hilfe und Unterstützung hätten sie damals weder behördlicherseits noch von Privatpersonen erfahren. „Es war für alle sehr schwierig.“ Dann hätte eine Gemeinde im Hochsauerland die Familie „übernehmen“ müssen. Eltern und drei Kindern wurde eine Einzimmerwohnung zugewiesen. Er selbst hätte im weiteren Lebensverlauf sehr viel Glück gehabt. Schulbesuch – eine hilfsbereite Sauerländerin unterstütze ihn beim Lernen – erfolgreicher Schulabschluss, Lehre, Arbeitstelle. Und das alles, obwohl er die ganzen Jahre hindurch nur eine sogenannte Duldung hatte.

Duldung? – Dazu steht im Internet:

„Die Duldung ist nach der Definition des deutschen Aufenthaltsrechts “vorübergehende Aussetzung der Abschiebung ausreisepflichtigen Ausländern und stellt damit keinen Aufenthaltstitel dar. § 60a Aufenthaltsgesetz regelt, wer eine Duldung erhält. Die Duldung dient ausschließlich dazu, dem Ausländer zu bescheinigen, dass von einer Durchsetzung der bestehenden Ausreisepflicht für den genannten Zeitraum abgesehen wird. Mit der Duldung wird lediglich die rechtliche Situation eines Ausländers klargestellt, dessen gesetzliche vollziehbare Ausreisepflicht derzeit nicht im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden kann. Der Aufenthalt eines Ausländers wird mit der Duldung keineswegs legalisiert. Ein Duldungsinhaber hält sich somit widerrechtlich im Bundesgebiet auf. An eine Duldung können Auflagen geknüpft werden. Die Duldung erlischt mit der Ausreise des Ausländers.“

1990 bis 2009 – So lange leben der junge Mann, seine Eltern und die mittlerweile vier Geschwister in Deutschland, davon 18 Jahre in der Gemeinde im Sauerland. Er und sein einige Jahre jüngerer Bruder sind in festen Arbeitsverhältnissen und haben zum Glück, nach langen Jahren der Duldung, eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Die anderen Familienmitglieder leben mit der bedrückenden Aussicht, Deutschland von heute auf morgen verlassen zu müssen.

Arbeitserlaubnis und Duldung – Duldung und Arbeitserlaubnis. Da beißt sich die Katze in den Schwanz; denn an eine Arbeitserlaubnis ist für Menschen, die unter die „Duldung“ fallen, kaum zu denken. Die Regel lautet: Ein frei werdender Arbeitsplatz wird erst mit einem Deutschen und, falls sich kein Deutscher findet, mit einem EU-Ausländer besetzt. Ab und an kann es kurzfristig eine zumeist schlecht bezahlte Arbeitsstelle geben. Das was man da verdient, reicht in der Regel nicht aus, die Kriterien des Gesetzes zum Erhalt des Bleiberechts zu erfüllen.

Die gesetzlichen Hürden für Asylbewerber sind sehr hoch. Nur wenige derer, die unter dieses Gesetz fallen, können bis Ende 2009, also bis zum Auslaufen der jetzigen Regelung, die für einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland erforderliche Einkommenshöhe erreichen, zumal in Anbetracht der aktuellen Wirtschaftskrise. All diesen Menschen droht die Abschiebung!

Vater, Mutter und die beiden jüngsten Geschwister des 25jährigen würden dann in den Kosovo abgeschoben. Das bedeutet für Angehörige einer ethnischen Minderheit wie Roma und Ashkali eine besondere Härte und Gefahr.

Ein Blick in`s „www“ macht deutlich

„Die Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch (HRW) und Amnesty International haben auf die ungebrochene Gefährdungssituation für Roma im Kosovo aufmerksam gemacht: Im Kosovo sei die Roma-Minderheit nach wie vor Gewaltakten ausgesetzt; die Behörden würden keine geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Minderheit und zur Aufklärung solcher Straftaten ergreifen.“

und

„Seit der einseitigen Anerkennung der Republik Kosovo durch einige NATO-Staaten im vergangenen Jahr laufen die Vorbereitungen für neue Massenabschiebungen in den Kosovo. Im November 2008 hat die UNMIK – die UN-Verwaltung des Kosovo – die Zuständigkeit für Rückführungsfragen an die neue kosovarische Regierung abgegeben. Und diese ist zur Aufnahme der Flüchtlinge in Europa bereit. Zehntausenden Roma und Ashkali steht die Abschiebung bevor. Den Abgeschobenen drohen im Kosovo massive soziale Ausgrenzung und ethnische Verfolgung. Übergriffe durch Polizei und albanische Nationalisten, systematische Benachteiligung durch die Behörden, fehlende Gesundheits- und Sozialversorgung bestimmen ihr Leben.“

Bisher waren Roma und Ashkali aus dem Kosovo auf Grund der besonderen Gefährdungslage durch zwischenstaatliche Übereinkommen vor Abschiebung geschützt. Seit Sommer 2009 gibt es aber ein Rückübernahmeabkommen zwischen Deutschland und der Republik Kosovo. Medien berichten über eine bevorstehende Abschiebewelle. Pressemitteilungen zufolge startete bereits am 29.09.2009 ein „Abschiebeflugzeug“ von Düsseldorf aus nach Prishtina. Unter den an Bord befindlichen Kosovaren hätten sich 12 Roma befunden, davon 4 aus NRW.
Der Hochsauerlandkreis bestätigte am 29.09.2009 auf Anfrage, er beabsichtige nicht, in nächster Zeit Kosovo-Roma abzuschieben.

Wir können dem jungen Mann aus Ex-Jugoslawien nur wünschen, dass er sich auf diese Aussage verlassen kann!

Er stünde im Fall der Abschiebung seiner vier Familienangehörigen vor einem großen Gewissenskonflikt. Lässt er seine Eltern und die beiden jüngsten Geschwister allein in eine ungewisse Zukunft ziehen? Gibt er seine langjährige Arbeitsstelle auf und damit eine recht vielversprechende Lebensperspektive und geht mit in den Kosovo? Wird auch der andere Bruder Beruf und Festanstellung in Meschede aufgeben? Kann er es verantworten, die Mutter und den schwer kranken Vater, den jüngsten Bruder und die Schwester allein in das Land gehen lassen, in dem eine nahezu 100prozentige Arbeitslosigkeit herrscht und in dem sie als Minderheit verfolgt werden?

Das Resümee dieses Abends im gemütlichen griechischen Lokal:

Im Kosovo begegnen sich die Völker leider unter weitaus ungünstigeren Vorzeichen und Bedingungen als in Meschede!

Mein persönliches Resümee:

Viel Aufklärungsarbeit ist vonnöten. Wie schön wäre es, wenn die Presse dabei mithelfen würde!

Gabi“

Wir sind die Alternative: Politik für Bürgerinnen und Bürger, nicht für eine Partei

Pressemitteilung der Sauerländer Bürgerliste  (SBL/FW)

Meschede, 14.07.2009 Die Sauerländer Bürgerliste bewirbt sich zum ersten Mal bei einlogo2er  Kreistagswahl. Gestern (am 13.07.) war Einreichungsschluß für die  Wahlunterlagen. In allen 27 Wahlbezirken des Kreisgebiets wurden eigene  Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt. Es ist auch gelungen, für alle  Kandidaten in den Wahlbezirken und für die Liste auf Kreisebene eine ausreichende Zahl von Unterstützerunterschriften zu sammeln. Etwa 700 Bögen mit Unterstützer­unterschriften wurden beim Wahlamt der Kreisverwaltung eingereicht.

Die Organisatoren bedanken sich noch einmal bei all denjenigen, die bei dieser sehr aufwendigen Sammlung von Unterstützerunterschriften mitgewirkt haben, sowie bei all denen, die durch ihre Unterschrift den Wahlvorschlag unterstützten. Somit werden die Wählerinnen und Wähler bei der Kreistagswahl am 30. August die Auswahl zwischen mindestens 5 kandidierenden Listen haben – wenn der Kreiswahlausschuß am 20. Juli alle eingereichten Wahlvorschläge zulässt.

sbl-grup

Die von der neuen Liste zur Kreistagswahl eingereichten Wahlvorschläge
sind aus der Zusammenarbeit der SBL-Kreistagsfraktion mit den Freien Wählern und Bürgerlisten aus Brilon (BBL), Hallenberg (BfH), Medebach (FW-Medebach) und Meschede (MbZ) sowie Bürgerinnen und Bürgern aus
Arnsberg, Sundern und anderen Orten im Kreisgebiet entstanden. Deswegen
wurde die Kurzbezeichnung „SBL/FW“ gewählt. Die örtlichen Gruppierungen  sind — außer der MbZ — bereits in den Räten vertreten; sie streben  eine stärkere Mitwirkung in der Kreispolitik an.

Die SBL ist bereits seit 3 Jahren mit zwei Kreistagsmitgliedern als  Fraktion im Kreistag des HSK tätig und konnte viele Erfahrungen in der  Kreispolitik sammeln. Sie hat sich in dieser Zeit als kritisch-konstruktive Alternative zu den großen Fraktionen, zum Landrat und zur Kreisverwaltung etabliert.

Dabei hat sich oft gezeigt, wie nachteilig es für die Politikgestaltung ist, wenn eine Fraktion eine  absolute Mehrheit der Sitze hat: Die CDU konnte mit 33 von 55 Stimmen alles alleine entscheiden. Das schadet der Kreativität und schafft eine zu große Nähe zwischen Verwaltungsleitung und Fraktionsspitze.
Wiederholt konnte man den Eindruck haben, dass Entscheidungen von  Parteizentralen außerhalb des Kreises gesteuert wurden. Die neue Liste möchte daher dazu beitragen, die Zeit der absoluten Mehrheit einer Fraktion zu beenden.

Für die Kandidatinnen und Kandidaten der SBL/FW ist es wichtig, eine transparente, bürgernahe, parteiunabhängige, ökologische und soziale Kommunalpolitik zu verwirklichen.
Ein weiteres wesentliches Ziel der SBL/FW ist die engere Abstimmung und der bessere Informationsfluß zwischen Kreis- und Stadtebene, wofür die neue Liste erhebliche Verbesse­rungsmöglichkeiten sieht. So ist es nur schwer verständlich, warum der Kreistag am 26. Juni mehrheitlich beschlossen hat, für 30 Mio Euro RWE-Aktien von der WestLB zu kaufen.
Die Entscheidung fiel unter Ausschluß der Öffentlichkeit; auch die Städte und Gemeinden im Kreisgebiet waren an dieser Entscheidung nicht beteiligt. Aber sie sollen einen Altfehlbetrag des Kreises in fast gleicher Höhe durch eine zusätzliche Kreisumlage ausgleichen. Die  Kommunen müssen also zusätzliche Kredite aufnehmen, während der Kreis ein sehr großes Aktienpaket eines einzigen Energiemultis kauft, mit hohen Kurs- und Dividendenrisiken.
Auf den ersten Plätze der SBL/FW-Liste kandidieren Reinhard Loos (Brilon/Arnsberg), Matthias Schulte-Huermann (Sundern), StefanRabe (Medebach-Oberschledorn), Lutz Wendland (Meschede), Karl-Heinz Kotzan
(Hallenberg), Gabriele Joch-Eren (Meschede-Wennemen), Christiane Kretzschmar (Brilon, Bürgermeisterkandidatin der BBL) und Alexander von Daake (Meschede, Bürgermeisterkandidat von MbZ).

Falls die SBL-Fraktion in den Kreistag gewählt wird, werden zahlreiche Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit erhalten, als Ausschußmitglieder in den Ausschüssen des Kreistags mitzuarbeiten.

Ansprechpartner:

Fraktionssprecher Reinhard Loos

Sauerländer Bürgerliste e.V.
http://www.sbl-fraktion.de

„Marodierende russische Zwangsarbeiter“ – ein wenig Vorgeschichte.

Ein dunstiger Juni-Morgen: Eversberg mit der St.-Johannes-Evangelist-Pfarrkirche
Ein dunstiger Juni-Morgen: Blick vom Bergfried der Burgruine auf Eversberg mit der St.-Johannes-Evangelist-Pfarrkirche

In der katholischen Pfarrkirche des kleinen Ortes Eversberg im Hochsauerland bin ich vor ein paar Tagen auf die Geschichte der Zwangsarbeiter in Meschede gestoßen (siehe hier).

Üble Geschichten von Mord und Totschlag werden noch heute in den Orten des Hochsauerlandes über die „marodierenden russischen Zwangsarbeiter“ tradiert, doch die Vorgeschichte wird manchmal vergessen zu erzählen oder nur hinter vorgehaltener Hand weitergegeben, weil die an eventuellen Verbrechen Beteiligten und ihre Kinder und Kindeskinder noch leben.

Einen ersten Einstieg in die Geschichte der Zwangsarbeiter in und um Meschede im Hochsauerlandkreis bietet die Broschüre „Kriegsende – Die Stunde Null“ des Stadtarchivs Meschede.

Ich zitiere im Folgenden einige Abschnitte. Vielleicht interessiert sich der ein oder die andere Leserin für das Thema, liest die ganze Broschüre und forscht weiter.

Zwei Monate vor der Befreiung durch die Alliierten:

Nach gerichtlichen Untersuchungen sind die 80 Russen und Polen
unter dem Vorwand, sie seien Plünderer, erschossen worden. Am Abend
des 22. März 1945 wurden sie zu einem angeblichen Arbeitseinsatz
in drei oder vier Transporten zum Exekutionsplatz gefahren. Mit Hilfe
von Sprengmunition war am Nachmittag eine 30 x 6 m große und 1,50
m tiefe Grube unweit der heutigen Kriegsgräberstätte ausgehoben
worden. Dort angekommen, mussten die Männer Mäntel, Decken,
Brotbeutel und Ausweispapiere ablegen.
„Jetzt erkannten sie, was ihnen für ein Schicksal bevorstand. Sie
wurden unruhig, ließen sich aber in die Grube hineinführen und mit
dem Gesicht zur Wand aufstellen“, erinnerte sich später ein Zeuge vor
Gericht. „Die Soldaten traten jeweils hinter einen Arbeiter und …“
Nachdem die Leichen notdürftig mit Erde zugeschaufelt waren,
ging das Kommando zur Straße zurück und wartete auf den nächsten
Transport. „Bei einem Schub versuchte ein Mann zu fliehen, wurde
aber mit einem Feuerstoß niedergestreckt. Die anderen jammerten
und weinten“ ( ebenda, S. 25).

Aus welchen Gründen waren die ganzen „Fremden“ in Meschede und Umgebung? Sie wurden beispielsweise in den Honsel-Werken gebraucht:

Die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse während der ersten
Kriegsjahre verlief für die Stadt Meschede recht günstig.
Da Industrie, Handwerk und Gewerbe ihre Kapazität voll ausnutzen
mussten und einheimische Arbeitskräfte zum Wehrdienst eingezogen
wurden, holte man ausländische Arbeiter, Kriegsgefangene und Zivilarbeiter.

Die Zwangsarbeiter, Russen, Franzosen und Polen wurden in
Lagern untergebracht.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang, vor allem im Hinblick auf
den späteren Luftkrieg, ist die beachtliche Industrie in dieser Zeit. Eine
bedeutende Rolle spielten die Honsel-Werke / Leichtmetallwerke.

Schon in den Jahren vor der Mobilmachung war die Umstellung von
Friedenserzeugnissen auf Rüstungsindustrie eingeleitet worden. Die
Honsel-Werke konnten sich dadurch ungeheuer vergrößern und erlang-
ten für die Rüstung zunehmende Bedeutung. Die normale Beschäftig-
tenzahl steigerte sich in den letzten Kriegsmonaten auf 3.500 …

2400 Ausländer sollen zeitweise im Lager der Honsel-Werke gelebt
haben (S. 2 – 4).

Die Lebensbedingungen waren unmenschlich:

Als Zwangsarbeiter mussten sie das Rad der gigantischen Hitler-
schen Rüstungsindustrie mit in Schwung halten, in Zechen und Gie-
ßereien, auf Bauernhöfen und in Hydrierwerken schuften. Oft unter
menschenunwürdigen Umständen, schamlos ausgenutzt, eingepfercht
in Lagerbaracken. Tausende waren den unmenschlichen Belastungen
nicht gewachsen, sahen ihre Heimat nie wieder. Da z. B. die Lebens-
mittelzuteilungen an die ausländischen Arbeiter meist weit unter denen
der deutschen Bevölkerung lagen, erreichte die Sterblichkeitsziffer unter
den Ostarbeitern eine erschreckende Höhe (S. 8 )

Ich höre an dieser Stelle auf zu zitieren.

Sollte jemand weitere über die Informationen in der Broschüre hinausgehende glaubwürdige Berichte kennen, wäre ich für einen Hinweis dankbar.

Meschede, Hochsauerland: Marodierende russische Zwangsarbeiter?

Eversberg, Hochsauerland: Gedenkstein - Mörder unbekannt

Eversberg, Hochsauerland: Gedenkstein – Mörder unbekannt

Als ich gestern zum ersten Mal in der katholischen Kirche von Eversberg, einem Ortsteil von Meschede, saß und in der Kirchenchronik blätterte, fiel mir das oben abgebildete Photo auf.

Das Datum des Mordes schien mir auffällig nah am Kriegsende zu liegen.

Deswegen versuchte ich in kurzer Zeit etwas mehr herauszufinden.

Das Heimatmuseum war leider geschlossen, der Experte für die Ortsgeschichte, den mir einen Einheimische genannt hatte, war nicht zu Hause.

So blieb mir heute ein Blick in dieses 55-seitige  PDF Dokument des Stadtarchivs Meschede (S. 52 ff.):

Vermutlich von „Fremdarbeitern“, freigelassenen Zwangsarbei-
tern, wurde auch Klosterpförtner Bruder Virgil Wilhelm (56),
Kloster Königsmünster, am 8. Juni 1945 im Arnsberger Wald an
der B 55, Abzweig Hirschberg, durch einen Kopfschuss ermordet.
Bruder Virgil war nach der Vertreibung durch die Nationalsozialis-
ten als erster seines Klosters im April 1945 wieder nach Meschede
zurückgekehrt.
Was sich dann an jenem 8. Juni genau ereignet hat, konnte in den
Nachkriegswirren nicht mehr exakt festgestellt werden; dennoch
gibt es viele Fakten: Am frühen Morgen des 8. Juni 1945 lieh
sich Bruder Virgil Wilhelm ein Fahrrad. Trotz Warnungen wollte
er über den Stimm-Stamm nach Kallenhardt fahren, um dort das
Herz-Jesu-Fest mitzufeiern. Er kam niemals an. In der Höhe der
Abzweigung nach Hirschberg wurde er überfallen; vermutlich
wollte man ihm sein Fahrrad stehlen. Virgil Wilhelm muss sich
gewehrt haben. Er streifte sich den Ring seines Klausurschlüssels
über den rechten Zeigefinger und benutzte den Bart des Schlüs-
sels als Schlagwaffe. Bevor er getötet wurde, war erausgeraubt,
an einen Baum gefesselt und gefoltert worden.
Erst ein Jahr später fand man die verscharrte Leiche des Ermorde-
ten. Ob die mit Reisig bedeckte Leiche am 26. September 1946,
wie erzählt wird, von Pilzsuchern oder von Forstleuten gefunden
wurde, kann im Kloster niemand mehr genau sagen. Der fest
umklammerte Klausurschlüssel und Wäschereste ermöglichten
die Identifizierung.
Virgil Wilhelm wurde zunächst auf dem Südfriedhof der Stadt
Meschede beerdigt, am 29. September 1964 aber auf den Klos-
terfriedhof umgebettet.
Die Frage nach dem oder den Tätern konnte nie zweifelsfrei
geklärt werden…

Wer die Geschichte der russischen Zwangsarbeiter im Hochsauerland besser einordnen will, sollte sich die Broschüre von Beginn an durchlesen.

Denn die erste Frage lautet doch:

Wieso gab es hier überhaupt russische Zwangsarbeiter? Wo arbeiteten sie? Wie wurden sie behandelt?

Fortsetzung folgt, sobald ich Zeit habe, denn:

„Die Arbeit versaut einem die ganze Bloggerei 🙁 “ (Selbstzitat, noch nicht mit Google zu finden)

Maifeiertage: Demonstrieren oder Privatisieren

Schilderbaum am Parkplatz "Großes Bildchen"
Schilderbaum Parkplatz „Großes Bildchen“ am Kreuzungspunkt zwischen Altastenberg, Rehsiepen und Siedlinghausen.

So ist das mit den Maifeiertagen – die einen protestieren und die anderen privatisieren:

Es fanden keine Mai-Demonstrationen im Hochsauerlandkreis statt. Die wuchtige Faust der Arbeiterklasse schloss sich um Bratwürste und Bierflaschen. Hier gibt es keine Latsch-Demos, hier wird gewandert.

Ich frage mich, wie lange das noch so bleiben wird, denn auch in der heilen Welt rund um den Kahlen Asten müssen viele Kollegen „kurzarbeiten“, viele Betriebe hängen am Tropf der Autoindustrie.

Ich bin mir nicht sicher, ob wir alle eine Ahnung von dem haben, was auf uns zukommen kann. Na, ja … eine Ahnung vielleicht, aber …

… eigentlich könnte man wieder erleichtert denken: „Och, vielleicht wird es ja doch nicht so schlimm. Bei der Schweinegrippe scheint es auch noch mal gut zu gehen. Es sterben meist nur Mexikaner im besten Mannesalter …“

Update:

Von 140 Mitarbeitern will sich die Firma in Meschede trennen – und zwar schnell. Bis zum 15. Juni sollen die betroffenen Mitarbeiter eines der Abfindungsangebote annehmen. Mitarbeiter, die sich bis zum 15. Mai entschließen, können eine doppelt so hohe Abfindung erwarten wie derjenigen, die noch bis zum Ende der Frist warten wollen. Das ist einer Mitarbeiter-Information vom 30. April zu entnehmen. Alles weitere bei den Sauerlandthemen


Ganz nett ist es abseits der sozialen Verwerfungen und konjunkturellen Dellen auf den Wanderwegen rund um das „Große Bildchen“ (siehe Bildunterschrift oben) zu schweifen:

Hunau und Hundegrab, Nasse Wiese und Rauer Bruch: Übersichtskarte am "Großen Bildchen"
Hunau und Hundegrab, Nasse Wiese und Rauer Bruch: Übersichtskarte am „Großen Bildchen“

Um über die Probleme dieser Welt nachzudenken, kann man vom Parkplatz „Großes Bildchen“ (roter Kreis!) , den dicken gelben Wanderweg über die Negerquelle zum Hundgrab mit den Wanderstiefeln, Laufschuhen oder dem Mountaibike, begehen, belaufen oder befahren.

Die Negerquelle liefert, wie hoffentlich dem Leser oder der Leserin bekannt(ganz am Ende des Artikels ), einen guten Teil Wasser aus 800 Meter Höhe via Namenlose und Ruhr ins Ruhrgebiet.

Auf 811 Meter Höhe über Normal Null liegt idyllisch das Grab der Schweisshündin Isolde von der Hunau, deren Loblied dortselbst in Stein gemeißelt nachzulesen ist:

Hier ruht auf 811 Metern ü. NN: Schweißhündin Isolde von der Hunau
Hier ruht auf 811 Metern ü. NN: Schweißhündin Isolde von der Hunau

Wir legen hier nach 2,6 Schweiß treibenden Kilometern eine Pause ein, da es recht lange dauert den Grabstein zu entziffern.

Aber schon nach dieser kurzen Strecke im raunenden deutschen Denkerwald gewinnt der Wanderer oder Jogger rund um den 1. Mai Erkenntnisse, die sich selbst in verdünnter Form zur Anfachung mindestens der Weltrevolution, aber höchstens zur Verbesserung an einigen Ecken und Enden dieses Planeten eignen.

Wir verlassen das Hundegrab und die Mai-Revolution und gelangen zur „Nassen Wiese“, aber das ist ein völlig anderes Thema, und außerdem muß morgen gearbeitet werden.