Rezension: Hamsterrad Schule

Raus hier! Beim „Hamsterrad Schule“ geht das jedoch nicht, denn es herrscht Schulpflicht. (Bild: Buchcover)

Recherchiert man den Begriff „Hamsterrad“ in einer Internet-Suchmaschine, findet man zahllose Fotos, Montagen und Cartoons mit der immer gleichen Botschaft: Raus hier! Beim „Hamsterrad Schule“ geht das jedoch nicht, denn es herrscht Schulpflicht. Also brauchen wir andere Lösungen, wenn Schulkinder in Problemen feststecken. Wie die aussehen könnten, beschreibt Schulpsychologe Benedikt Joos in „Hamsterrad Schule. Lösungen im Beratungsdreieck Eltern – Schüler – Lehrkraft“. *)

Der Untertitel benennt das Konzept, das Joos als Grundlage seiner schulpsychologischen Arbeit vorstellt. Immer noch werden nämlich allzu oft Lösungen für Lern- bzw. Schulprobleme nur beim „Symptomträger Schüler“ gesucht. Das führt viel zu häufig zu einer Verschärfung und Verfestigung von Problemen sowie zu unnötigen Brüchen in der Schullaufbahn.

Der von Joos dargestellte Ansatz hingegen ist kooperativ und profitiert von einer wertschätzenden Grundhaltung aller Beteiligten. Statt den Fokus auf Defizite und Mängel beim Schulkind zu richten, geht es dem Autor um die Inter-System-Perspektive: Ein Problem liegt nicht allein beim Kind, sondern immer zwischen Schüler*in, Eltern und Lehrkraft.

In diesem systemischen Konzept nehmen beratende Personen, ob Schulpsycholog*in, Beratungslehrer*in oder Schulsozialarbeiter*in, die vermittelnde Rolle zwischen den Problembeteiligten ein. In vielen Fällen muss dieses Konzept überdies mit zusätzlichen Kooperationspartner*innen erweitert werden, wenn etwa das Jugendamt, Ärzt*innen, Erziehungsberatung oder weitere Instanzen aufgrund der individuellen Problemstellung erforderlich sind.

„Hamsterrad Schule“ schafft es bei sehr übersichtlichem Umfang und wahrem Taschenbuchformat, die systemische Beratung in ihren Grundzügen klar und verständlich darzustellen. Anhand von konkreten Fallbeispielen verdeutlicht Joos die Arbeitsweise nach diesem Konzept auf der Basis von Empathie und Wertschätzung, Neugier und Allparteilichkeit des Beraters sowie Stärkung der Eigenverantwortung aller Beteiligten.

Darüber hinaus eröffnet der Autor im Schlusskapitel Perspektiven für eine Verbesserung von Beratung bei Schulproblemen durch die Vernetzung von Schulpsychologie, Beratungslehrkräften und Schulsozialarbeit, verbunden mit der Forderung nach dem dringend nötigen weiteren Ausbau der Beratungsstrukturen, also vor allem nach mehr Personal.

Das Buch ist wie gemacht für all jene mit stressigem Alltag, die in Schulen oder mit Schüler*innen arbeiten; auch engagierte Eltern werden von seinem Inhalt profitieren, zumal die Lektüre bei geringem Zeitaufwand äußerst anregend wirkt.

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*) Benedikt Joos: Hamsterrad Schule. Lösungen im Beratungsdreieck Eltern – Schüler – Lehrkraft, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2020, 86 S., € 12,– (E-Book: € 9,99)

Jenseits von Facebook: Buch 5 der “Challenge”- Art Spiegelman, Maus

Maus handelt vom Mord an Europas Juden. (Vorderseiten Band I und II)

Zitat aus dem ersten Beitrag der “Challenge”:

“Moin Mario, ich mache solche “Challenges” grundsätzlich nicht, aber ein paar Bücher kann ich posten. Geht es um solche, die mich beeindruckt haben?”

“Hallo Hans, ja, ganz genau. Bin sehr gespannt.”

Hier mein Tag 5:
„Maus handelt vom Mord an Europas Juden. Dieses Buch nähert sich dem Unbeschreiblichen mit den Mitteln des Comicstrips und legt das Unaussprechliche Tieren in den Mund. (Die Juden sind Mäuse, die Deutschen Katzen.) Berichtet wird die authentische, ebenso furchtbare wie alltägliche Leidensgeschichte des polnischen Juden Wladek Spiegelman, der Auschwitz überlebt. Sein Sohn Art hat sie aufgezeichnet.“

Die Rückseiten der beiden Bände:

„Maus ist ein Buch, das man nicht weglegen kann. Wenn man diese Mäuse über die Liebe sprechen hört, ist man gerührt, wenn sie leiden muss man weinen.“ (Umberto Eco, lt. Umschlag)

Jenseits von Facebook: Buch 4 der “Challenge”- Laurie Garrett, The Coming Plague

Laurie Garrett (1995), The Coming Plague: Newly Emerging Diseases in a World Out of Balance.

Zitat aus dem ersten Beitrag der “Challenge”:

“Moin Mario, ich mache solche “Challenges” grundsätzlich nicht, aber ein paar Bücher kann ich posten. Geht es um solche, die mich beeindruckt haben?”

“Hallo Hans, ja, ganz genau. Bin sehr gespannt.”

Hier mein Tag 4.

Laurie Garrett, The Coming Plague: Newly Emerging Diseases in a World Out of Balance, habe ich vor über 20 Jahren gelesen, nachdem ich eine Kritik auf NPR (National Public Radio) gehört hatte. Ich bin der Empfehlung gefolgt und habe die über 600 Seiten in einem Rutsch verschlungen.

Mit Corona aktueller denn je.

Statt einer Rezension

Update: Ich sehe gerade, dass ich das Buch von Laurie Garrett im April 2009 hier im Blog besprochen hatte:

Laurie Garrett, The Coming Plague – Mein Lesetipp zur Schweinepest und allen Seuchen, die noch kommen werden.

Die kleine Rezension ist über elf Jahre alt und imnsho gut gereift.

Umleitung: Von BlackLiveMatters und George Soros zum Rechten Rand unserer Zwei-Klassen-Gesellschaft, zu Donna Leon und am Ende Corona

Am Ende des Schmetterlingspfads bei Willebadessen (foto: zoom)

Aus Zeitmangel belasse ich es heute und eventuell in Zukunft bei fünf Lesehinweisen.

Das Bild oben zeigt Windräder am Ende des Schmetterlingspfads in Willebadessen. Hinweis für Botaniker und Lepidopterologen: Kalk-Halbtrockenrasen mit interessanten Pflanzen und Schmetterlingen. Lohnt sich.

Die Lesehinweise:

BlackLivesMatter & George Soros: Wie Verschwörungsverkünder Rassismus und Antisemitismus gegeneinander ausspielen … scilogs

Am rechten Rand: Kampf um die Macht erreicht AfD-Stiftung … bnr

Unsere Zwei-Klassen-Gesellschaft: Wir haben vor miesen Arbeitsbedingungen und moderner Sklaverei viel zu lange die Augen verschlossen … misik

Trübe Lauge: Donna Leons Kriminalroman „Geheime Quellen“ … revierpassagen

Corona und Katastrophenschutz: Wenn der Schnee schmilzt, siehst du wo die Scheiße liegt … ruhrbarone

Jenseits von Facebook: Buch 3 der “Challenge”- Irmgard Keun, Das kunstseidene Mädchen

Erstveröffentlichung 1932, Lizenzausgabe Gustav Lübbe Verlag, 2. Auflage 1980

Zitat aus dem ersten Beitrag der „Challenge“:

“Moin Mario, ich mache solche “Challenges” grundsätzlich nicht, aber ein paar Bücher kann ich posten. Geht es um solche, die mich beeindruckt haben?”

“Hallo Hans, ja, ganz genau. Bin sehr gespannt.”

Hier mein Tag 3.

Irmgard Keun, Das kunstseidene Mädchen ist auch heute noch frische Literatur.

Die etwas mehr als 200 Seiten habe ich bislang zwei- oder dreimal gelesen – in den letzten Jahrzehnten. Keine verschwendete Zeit. Wer es ebenfalls gelesen hat, kann die Hand heben, für die anderen die Rückseite. Tucholsky ist etwas herablassend, oder?

Jenseits von Facebook: Buch 2 der „Challenge“- George Orwell, Homage to Catalonia

Zitat aus dem ersten Beitrag der „Challenge“:

“Moin Mario, ich mache solche “Challenges” grundsätzlich nicht, aber ein paar Bücher kann ich posten. Geht es um solche, die mich beeindruckt haben?”

“Hallo Hans, ja, ganz genau. Bin sehr gespannt.”

Hier mein Tag 2. George Orwells „Nineteen Eighty-Four“ und „Animal Farm“ waren die Pflichtlektüre meiner Schulzeit. Zu diesen Dystopien gesellte sich dann noch Aldous Huxleys „Brave New World“.

„Homage to Catalonia“ habe ich weit nach der Schulzeit gelesen. Orwell ist ein wunderbarer Stilist und scharfer Analytiker. Seine Erzählung über den Spanischen Bürgerkrieg hat mich mindestens genauso beeindruckt wie Hemingways „For Whom the Bell Tolls“.

Bevor ich ausschweife, statt einer Besprechung,  die Buchrückseite:

Bücher-Challenge auf Facebook. Wie ich sie umgehe und trotzdem zehn Bücher poste.

Nur die Buchrücken und (fast) kein Kommentar. (foto: zoom)

Die „Challenges“ auf Facebook mache ich in der Regel nicht mit. Kettenbriefe mit potentiell exponentiellem Wachstum. Zwischen Brunskappel und Siedlinghausen entspann sich folgender kleiner Dialog:

„Tag 6 von 10 der Bücher-Challenge. Nur das Cover, kein Kommentar.

Heute nominiere ich Hans Schiebener.
Auf seine Bücher-Auswahl bin ich sehr gespannt.“

„Moin Mario, ich mache solche „Challenges“ grundsätzlich nicht, aber ein paar Bücher kann ich posten. Geht es um solche, die mich beeindruckt haben?

„Hallo Hans, ja, ganz genau. Bin sehr gespannt.

Hier mein Tag 1. Die wichtigsten Bücher meiner Schulzeit. Das soll jetzt aber kein Kommentar sein, höchstens ein Hinweis. Die kleine Geschichte mit der Stadtbücherei in Dinslaken habe ich irgendwo im Blog schon erzählt oder zumindest angedeutet.

Die paar blauen Bände zähle ich als ein Buch. Es sollten also noch neun weitere Werke folgen.

Oscar Romero, Bote der Gewaltfreiheit
Zum 40. Todestag des Erzbischofs von San Salvador

Peter Bürger: Oscar Romero, die synodale Kirche und Abgründe des Klerikalismus. Zum 40. Todestag des Lebenszeugen aus El Salvador. Norderstedt 2020. (112 Seiten; 8,90 Euro; ISBN: 9783750493773).

Vor vierzig Jahren wurde am 24. März 1980 Oscar Romero, Erzbischof von San Salvador und Stimme der Armen, von einem Auftragskiller im Dienst der reichen Minderheit im Land ermordet. Romero hatte öffentlich vom US-Präsidenten eine Einstellung aller Waffenlieferungen an das Militärregime verlangt und am Vortag seine Todes die Soldaten aufgefordert, Befehle zum Töten ihrer Mitmenschen zu verweigern. Fortan fehlte der Bote der Gewaltfreiheit. In der Folgezeit mussten 75.000 Salvadorianer ihr Leben lassen.

(Ein Gastbeitrag von Peter Bürger)

Romeros Botschaft an die Welt lautete nicht: „Schickt uns Waffen für die Revolution!“, sondern: „Beendet das Morden!“

Bezeichnender Weise wird Romero vor der Westwand von Westminster Abbey (London) an der Seite Martin Luther Kings dargestellt. Sein Aufruf zu einem aktiven Widerstehen – ohne tödliche Gewalt gegen Menschen – ist aktueller denn je.

Wir können freilich nicht beim Stand von 1980 stehenbleiben. Noch entschiedener muss heute die Aufklärung zu Haltungen und Strategien einer aktiven Gewaltfreiheit ausfallen. Nur sie entsprechen dem Weg Jesu und eröffnen dem Widerstand eine Aussicht auf Erfolg. 2016 hat die Internationale katholische Konferenz „Nonviolence & Just Peace“ (Gewaltfreiheit und Gerechter Friede) sich allen Traditionen einer Legitimierung von tödlicher Gewalt entgegengestellt und zugleich Einblicke in die Kompetenzen der weltweiten Kirche auf Schauplätzen des gewaltfreien Widerstehens vermittelt.

Die Botschafter der aktiven Gewaltfreiheit und die Vertreter*innen der Befreiungstheologie sollten in einen intensiven Dialog eintreten, denn sie können nur einen gemeinsamen Weg gehen! Gewaltfreier Widerstand ist die einzige Revolution, die den Agenten einer aggressiven Ökonomie, die über Leichen geht, Sorge bereitet. Die Kirche kann durch praxisorientierte Werkstätten auf dem ganzen Globus ihren diakonischen Auftrag erfüllen und dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen – nicht nur Christinnen und Christen – mit der intelligenten Methode einer Revolution ohne Blut vertraut werden.

Aus Predigten und Stellungnahmen Oscar Romeros

„Verfolgt und attackiert wird jener Teil der Kirche, der sich auf die Seite der Armen gestellt und sich ihrer Verteidigung angenommen hat. Und wiederum findet sich hier der Schlüssel, um die Verfolgung der Kirche zu verstehen: die Armen. Wiederum sind es die Armen, die verständlich machen, was wirklich passiert.“ (Rede in Löwen, 2.2.1980)

„Wir wissen sehr wohl, dass Regierung und Oligarchie unterschiedslos all jene als Subversive bezeichnen, die sich der Ungerechtigkeit bewusst geworden sind, die wirksam versuchen, diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Wenn wir aber für einen Augenblick die Probleme der Ideologien hintansetzen, in deren Namen man die verabscheuungswürdigsten Verbrechen zu rechtfertigen sucht, so glaube ich, dass für uns alle, als Bischöfe, Christen und gewöhnliche Salvadorianer, die Ursache unserer Not offensichtlich ist: Die Massen der Armen und all jener, die sich auf ihre Seite stellen, werden systematisch ausgerottet. Fragwürdiges kann auch auf deren Seite bisweilen geschehen. Wer der großen Menge der Armen zu helfen oder sie zu verteidigen sucht, wird immer wieder an die menschlichen Grenzen stoßen. All dies aber ändert nicht ernstlich die grundlegende Tatsache, dass in unserem Land die Kinder Gottes, besonders die Armen, die Lieblinge Gottes, zu deren Gunsten wir uns in Puebla entschieden haben, ungestraft ermordet werden.“

„Es geht um den Kampf für das Reich Gottes. Für diesen Kampf brauchen wir keine Panzer oder Maschinengewehre, keine Schwerter oder Karabiner. […] Wir kämpfen unseren Kampf mit Gitarren und Liedern der Kirche. Denn auf diese Weise streben wir die Bekehrung der Sünder an: Wir säen in den Herzen und verändern die Welt. […] Das ist die ›Rache‹ der Christen. Wir wollen, dass auch die sich bekehren, die uns schlagen.“

„Die einzige Form von Gewalt, die das Evangelium zulässt, ist diejenige, die man sich selber gegenüber anwendet. Wenn Christus zulässt, dass er getötet wird, dann ist das Gewalt: sich töten zu lassen. Die Gewalt gegen sich selbst ist wirksamer als die Gewalt gegen andere. Es ist leicht, zu töten, vor allem, wenn man Waffen hat; aber wie schwer ist es, sich töten zu lassen aus Liebe zum Volk!“

„Es gibt keinen Gegensatz zwischen dem Bild Gottes und dem Menschen. Wer einen Menschen foltert, wer einen Menschen beleidigt, der beleidigt das Bild Gottes.“

„Das Leben ist immer heilig. Das Gebot des Herrn ‚Du sollst nicht töten‘ heiligt das ganze Leben. Und auch wenn es das eines Sünders ist, das vergossene Blut fleht immer Gott an. Und die, die töten, sind immer Mörder.“ (Predigt vom 24.6.1979)

„Nichts ist so wichtig für die Kirche wie das menschliche Leben, wie die menschliche Person. Vor allem die Person der Armen und Unterdrückten, die nicht nur menschliche, sondern auch göttliche Wesen sind; denn über sie sagte Jesus, dass Er all das, was ihnen angetan wird, selbst empfängt, als sei es Ihm angetan worden. Und dieses Blut und der Tod sind jenseits aller Politik. Sie berühren das Herz Gottes. Weder die Agrarreform, noch die Verstaatlichung der Banken, noch andere versprochene Maßnahmen können fruchtbar sein, wenn Blut vergossen wird.“ (Predigt vom 16.3.1980).

Romero zitiert aus einer Briefzuschrift: „Wir sind der Waffen und der Geschosse müde. Wir hungern nach Gerechtigkeit, nach Nahrung, nach Medikamenten, nach Bildung und nach wirksamen Programmen einer aussichtsreichen Entwicklung. Sind die Menschenrechte einmal beachtet, werden wir keine Verwendung für Waffen und Tötungsmethoden haben.“

Romero fordert die Soldaten am 23. März 1980 (Vortag seiner Ermordung) auf, Befehle zum Töten zu verweigern: „Brüder, ihr gehört zu unserem Volk. Ihr tötet eure eigenen Brüder unter den Bauern. Wenn ein Mensch euch befiehlt zu töten, dann muss das Gesetz Gottes mehr gelten, das da lautet: Du sollst nicht töten! Kein Soldat ist verpflichtet, einem Befehl zu gehorchen, der gegen das Gesetz Gottes gerichtet ist. Ein unmoralisches Gesetz verpflichtet niemanden. Es ist höchste Zeit, dass ihr auf euer Gewissen hört und mehr seinem Gebot Folge leistet, als der Ordnung der Sünde! Die Kirche, die Verteidigerin der Rechte Gottes und der menschlichen Würde, der Würde der Person, kann angesichts solcher Abscheulichkeiten nicht schweigen! Wir wollen, dass die Regierung sich darüber klar wird, dass Reformen, die mit so viel Blut befleckt sind, zu nichts taugen. Im Namen Gottes und im Namen dieses leidenden Volkes, dessen Klagen von Tag zu Tag lauter zum Himmel steigen, bitte ich euch, flehe ich euch an, befehle ich euch: Hört auf mit der Unterdrückung!“ (Sonntagspredigt am Vortag seiner Ermordung)

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Zwei Neuerscheinungen im März 2020

Peter Bürger: Oscar Romero, die synodale Kirche und Abgründe des Klerikalismus. Zum 40. Todestag des Lebenszeugen aus El Salvador. Norderstedt 2020. (112 Seiten; 8,90 Euro; ISBN: 9783750493773). https://www.bod.de/buchshop/oscar-romero-die-synodale-kirche-und-abgruende-des-klerikalismus-peter-buerger-9783750493773

Oscar Romero und die Kirche der Armen. Sonderband der edition pace.
Hrsg. in Kooperation mit dem Ökumenischen Netzwerk Initiative Kirche von unten, dem Ökumenischen Institut für Friedenstheologie und der Solidarischen Kirche. (194 Seiten.) Internetfassung, 13.03.2020:
https://friedenstheologie-institut.jimdofree.com/publikationen/oscar-romero-und-die-kirche-der-armen/

Falken erinnern an Generalstreik für die Republik

Zwei Buchempfehlungen der Mescheder Falken zum Kapp-Putsch (Umschlagfotos)

Die Mescheder Falken gedenken am 22. März des 100. Jahrestages des Generalstreiks gegen den Kapp-Putsch und der Gründung der Roten Ruhrarmee. Das Motto: „Bleibt wachsam gegen die Feinde der Republik!“

(Pressemitteilung der Falken HSK)

Vor genau 100 Jahren, im März 1920, scheiterte innerhalb von vier Tagen am organisierten Widerstand der Arbeiterinnen und Arbeiter der erste Versuch einer faschistischen Machtübernahme nach der Novemberrevolution von 1918. Wir wollen der mutigen Männer, Frauen und Jugendlichen gedenken, die damals die junge Republik verteidigt haben.

Eigentlich wollten wir unser diesjähriges Frühlingsfeuer diesem Thema widmen, einen Filmausschnitt zeigen und am Mahnmal in Meschede Blumen niederlegen. Wegen der gegenwärtigen Krise des Gesundheitssystems wird das Treffen aber auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Wir werden aber zwei neu erschienene Bücher zum Thema in unsere Bücherei aufnehmen, die auch bestellt werden können. Und wir wollen zum geplanten Zeitpunkt, Sonntag um 16 Uhr, auf unserer Internetseite Spielfilme und Dokumentationen zum Thema empfehlen[1]. So können Interessierte die Zeit der Isolation nutzen, um sich auch zu Hause mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Die Falken mahnen, gegenüber neofaschistischen Tendenzen wachsam zu bleiben. Wir setzen uns schon in der Junghelferausbildung damit auseinander, wie rechtlos und unwürdig gerade auch die arbeitende Jugend zu Zeiten des Deutschen Reiches gelebt hat. Dass sich manche Menschen, Gruppen und Parteien einen solchen autoritären Ständestaat und Obrigkeitsstaat zurückwünschen, ist für uns nicht nachvollziehbar. Aus unserer Sicht gilt es vielmehr, die Freiheitsrechte, die Gleichheitsrechte und Solidaritätsverpflichtungen der modernen Gesellschaft zu verteidigen und weiterzuentwickeln.


[1] https://wp.me/pKUQb-12R

Zu blöd für diese Welt? „Äquidistanz“? „Hufeisentheorie“?

Manchmal denke ich, daß ich einfach zu blöd für diese Welt bin, weil ich so vieles einfach nicht verstehe. Das liegt unter anderem daran, daß täglich neue Wörter in meine geliebte deutsche Sprache hineingestanzt werden, die ich vorher noch nie gehört habe, aber plötzlich wie mit nassen Lappen täglich um die Ohren geschlagen bekomme. Zur Zeit sind es die Wörter „Äqui-Distanz“ (oder „Äquidistanz“) und „Hufeisentheorie“.

Früher dachte ich immer, Theorien seien etwas Kompliziertes, aber heutzutage kann manches noch so platte Bild mit dem Wort „Theorie“ belegt werden, und beinahe täglich wird ein neues Unwort in unseren Sprachschatz gestanzt.

Johann Wolfgang Goethe, der sich einen Adelstitel verleihen ließ, um als Bürgerlicher mit den Herrschaften mit am Tisch sitzen zu dürfen – daher für viele lieber Johann Wolfgang von Goethe (Lutz Görner: „Goethe für alle“) – kam mit etwa 23 000 Wörtern aus; heute sollen es etwa 1,8 Millionen sein. Natürlich mußte er viele Vokabeln gar nicht lernen; „Atommülldeponien“ und „Neonazis“ gab es zu seiner Zeit noch nicht (noch nicht einmal „Nazis“, was eine Kurzform für „Nationalsozialisten“ ist). Aber was hätte er wohl zu „Entsorgungspark“ und „Wutbürger“ gesagt – zwei Wörtern, die für mich zu einer besonderen Kategorie gehören: zu den Wörtern, die ich immer nur in Medien gehört habe, niemals von einem Menschen aus Fleisch und Blut?

Zu den heutzutage in beinahe jeder „Talk-Show“ (mit Anne Will, Markus Lanz, Margret Illner und wie sie alle heißen) benutzten Vokabeln „Äqui-Distanz“ und „Hufeisentheorie“ fallen mir drei Bücher aus drei Jahrzehnten ein:

Mit zweierlei Maß. Die deutsche Reaktion auf den Terror von rechts.

Hermann Vinke: „Mit zweierlei Maß. Die deutsche Reaktion auf den Terror von rechts.
Eine Dokumentation“, Reinbek bei Hamburg 1981 (rororo aktuell 4822)

Auf dem Weg zum Bürgerkrieg? Rechtsextremismus und Gewalt gegen Fremde in Deutschland

Wolfgang Benz (Hrsg.): „Auf dem Weg zum Bürgerkrieg? Rechtsextremismus und Gewalt gegen Fremde in Deutschland“, Frankfurt am Main 2001 (Fischer Taschenbuch)

Heimatschutz. Der Staat und die Mordserie des NSU

Stefan Aust und DirkLaabs: „Heimatschutz. Der Staat und die Mordserie des NSU“,
München 2014 (Pantheon Verlag)

Und immer wieder die Frage: „Wie konnte das passieren?“

Wie konnte was passieren?

„Am rechten Rand. Wie radikal ist die AfD?“ Film von Michael Richter und Jana Merkel, ausgestrahlt am 23.11.2018 auf „Phoenix“ (https://www.phoenix.de/sendungen/dokumentationen/am-rechten-rand-a-498135.html), zu sehen auf https://www.youtube.com/watch?v=YB0JsXeA-b0

„Rechtsrockland“. Film von Johanna Hemkentokrax und Axel Hemmerling, ausgestrahlt am 22.11.2018 um 21 Uhr auf Phoenix (https://www.phoenix.de/sendungen/dokumentationen/rechtsrockland-a-474350.html), zu sehen auf https://www.youtube.com/watch?v=2w7kQPNa0nc

Wie kann das passieren? Ich verstehe es einfach nicht!

Zu blöd für diese Welt (Beitrag als PDF)