Alptraum Alpen – bedrohtes Ökosystem im Herzen Europas – Ausverkauf einer Urlaubslandschaft

In den Chiemgauer Alpen (alle fotos: knoppik)
In den Chiemgauer Alpen (alle fotos: knoppik)

Die Alpen: Einst waren sie undurchdringlicher Urwald mit Wölfen, Bären, Luchsen und Geiern. Eine zivilisationsferne Wildnis, um die sich märchenhafte Sagen rankten, gefürchtet als Hort von Dämonen und Drachen. Dann kam der Mensch.

Er rodete den Wald und schuf Lichtweideflächen: Es war die Geburtsstunde der uns so vertrauten Almen. Sie sind bis heute ein nicht wegzudenkender Bestandteil der alpinen Kulturlandschaft, in deren Umfeld eine große Vielfalt an Tieren und Pflanzen zu Hause ist. Wenn auch aus vielen dieser malerischen Almen (es gibt sie noch!) längst Gasthäuser geworden sind, oft durch breite, asphaltierte Zufahrtsstraßen erschlossen.

Früher lebten und wirtschafteten die Bauern im Einklang mit der Natur. Und nebenbei gesagt: Winter gab es, über dessen Strenge, Zeitdauer und Schneereichtum sich heutzutage niemand, zumal unter der jüngeren Generation, eine Vorstellung machen kann.

Pasterze am Großglockner, noch deutlich stärker vergletschert als heute
Pasterze am Großglockner; Aufnahme vom August 1980. Damals war dieser größte Ostalpengletscher noch ziemlich mächtig. Gletscherzunge und Eismasse sind seitdem aber sehr stark zurückgewichen.

Doch das ist längst Vergangenheit. Seitdem man die Auswirkungen des Klimawandels deutlich zu spüren bekommt, braucht man sich nicht mehr über Witterungsanomalien zu wundern, wie sie unlängst aufs Neue registriert wurden, nämlich im oberbayerischen Piding bei Berchtesgaden. Dort kletterte die Temperatur auf 20,5 Grad C! Das ist keine Laune der Natur, sondern fügt sich nahtlos in das Bild der Klimaveränderung ein und bedeutet absoluten Rekord für Januar, wohlgemerkt seit den amtlichen Wetteraufzeichnungen im Jahre 1880.

Ende des 19. Jahrhunderts begann die touristische Erschließung der Alpen. Eine besondere Rolle spielten hierbei die Alpenvereine, die den Boden dafür bereiteten, daß das Hochgebirge nach und nach für jedermann zugänglich wurde. Mit der Zeit entstand ein immer dichteres Netz von Schutzhütten, Wegen und Steigen. Obwohl der Deutsche Alpenverein wie auch der ÖAV anerkannte Naturschutzverbände sind, verfolgten sie in erster Linie Nutzungsinteressen und machte bisweilen gemeinsame Sache mit denjenigen, die von vornherein nichts anderes als eine Kommerzialisierung der Alpen im Sinn hatten.

Zum Beispiel das Gepatschhaus im Tiroler Kaunertal: Seit 1980 führt auf die 1928 m ü. NN hoch gelegene DAV-Hütte eine mautpflichtige Gletscherstraße. Diese wurde damals m.W. mit ausdrücklicher Zustimmung, zumindest aber mit Duldung des Alpenvereins ermöglicht. Der Preis für diese rücksichtslos mitten durch eine noch sehr ursprüngliche Gebirgslandschaft gebaute Paßstrasse war sehr hoch: Ihr opferte man den ältesten Zirbenwald Tirols, der zugunsten dieses sinnlosen Betonbandes autogerecht zerhackt wurde.

In den Glarner Alpen, Unterengadin, Schweiz
In den Glarner Alpen, Kanton Glarus, Schweiz

Das ist aber nicht der einzige Fall, wo ÖAV wie DAV mehr als Erschließungsbefürworter denn als Bewahrer der Bergwelt in Erscheinung traten. Erst viele Jahre später besannen sich die alpinen Verbände wieder stärker auf den Naturschutz und sahen darin einen Schwerpunkt der Vereinsarbeit. Und heute müßte die Hauptaufgabe darin bestehen, die alpine Natur mit Zehen und Klauen zu verteidigen, unter dem gemeinsamen Dach der Umweltorganisationen zu retten, was noch zu retten ist.

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Found on Facebook: Die CDU und SPD im HSK wollen die Winterberger Bobbahn nicht verkaufen! Es bleibt beim Zuschuss!

„Die CDU und SPD im HSK wollen die Winterberger Bobbahn nicht verkaufen! Es bleibt beim Zuschuss!“, so lautet ein Kommentar, den ich auf Facebook gefunden habe.

Die zwei Ausrufezeichen sollen, so meine Interpretation, nicht die Zustimmung, sondern das Unverständnis des Kommentators unterstreichen.

Da ich kein Wutbürger, sondern ein Ironiebürger bin, habe ich versucht, mich in die Stadt Winterberg hinein zu versetzen (was nicht immer sehr leicht ist) und einen Gegenkommentar geschrieben.

Ihr müsst das aus der Perspektive derer sehen, die den Kurs in Winterberg bestimmen: Die Stadt Winterberg ist eine Firma, die das Produkt „Tourismus“[1] herstellt. Der Bürgermeister ist der Geschäftsführer, der Tourismusdirektor ist der Abteilungsleiter „Marketing“.

Das Produkt wirft genügend Gewinn für die Gesellschafter ab. Zweifel am Produkt werden als schädlich für das Produkt angesehen.

Die Angestellten der Firma sind, wie in jeder Firma, der Firma und dem Produkt verantwortlich.

Ratsmitglieder werden „abgemahnt“[2], wenn sie Interna ausplaudern oder das Produkt schlecht reden.

Anders ausgedrückt: auch als der letzte Opel in Bochum vom Band gelaufen ist, haben noch einige am Produkt „Opel“ verdient.

Die Bobbahn ist Alufelge und Fuchsschwanz des Produkts „Tourismus“ der Firma Winterberg.

Ohne Bobbahn kein Opel, verbessere …. kein Opel Manta.

Winterberg MUSS so weitermachen wie bisher … weiter, weiter weiter …

[1] Es muss genauer „Ferienwelt Winterberg“ heißen.

[2] Perlen des Newspeak (Neusprech***) in der Lokalpolitik: Wenn der Bürgermeister sensibilisiert

Umleitung: Raus aus der Dropbox, Sorgen im Sauerland, Plagiatsszene, Antisemitismus, Aufklärung, Flugzeugabschuss und dann noch der verfluchte Tod.

Kornkreise ... ihr wisst schon ... wer kann die schon erklären? (foto: zoom)
Kornkreise … ihr wisst  … wer kann die schon erklären? Niemand 😉 (foto: zoom)

Ich bin raus aus Dropbox: Sichere Dropbox-Alternativen nicht nur für Lehrer/innen … lehrerfreund

Klimawandel: Touristiker des Sauerlands sorgen sich um nächsten Winter … derwesten

Plagiatsszene und Umfeld: Peter Gruss, bisher wenig beachteter Top-Schavanist … erbloggtes

„Israel-Kritik“ revisited: Die Judenhasser lassen die Maske fallen … publikative

Palästina-Solidarität? „Scheiß Juden, wir kriegen Euch!“ … jurga

Ökologie und Aufklärung: Es ist nicht die ökologische Katastrophe die uns bedroht, sondern die geistige … ruhrbarone

Flugzeugabschuss über der Ukraine: Mir reicht jetzt die Heuchelei … scilogs

NRW: Käsekuchen wird Regierungssymbol … postvonhorn

Verfluchter Tod! Nur ein Ausruf statt eines vierfachen Nachrufs … revierpassagen

Karikaturen: So geht die Angie … charly&friends

20.07.1944: eine verquaste Reaktion aus der Region … neheimsnetz

Presseinformation und Bilanz der Ferienwelt Winterberg: Niederländer sparen am Urlaub

Landal und Möppi
Warum bleiben die Gäste aus? Gestern nicht viel los bei Möppi. Eine Pressemeldung sucht die Ursachen. (foto: Huebner)

Winterberg. (pm) Ein Übernachtungsrückgang von rund vier Prozent steht unterm Strich der Jahresbilanz 2013 der Ferienwelt Winterberg. Dennoch liegt die Region mit 1,08 Millionen Übernachtungen nach wie vor an der Spitze der touristischen Destinationen im Sauerland.

(Bemerkung: bei dem Text handelt es sich um eine Pressemeldung der Winterberg Touristik- und Wirtschaft GmbH. Allein das Bild ist von uns und wurde am gestrigen Sonntag aufgenommen.)

Deutliche Einbußen im Auslandsmarkt
Die niederländischen Gäste als wichtigste Auslandsklientel der Ferienwelt Winterberg zeigten sich in Sachen Urlaub im vergangenen Jahr sehr zurückhaltend. Satte zwölf Prozent beträgt das Minus bei den niederländischen Übernachtungen, acht Prozent bei den Ankünften. Die Niederländer machten also weniger und kürzer Urlaub. Bei einem Anteil von über 30 Prozent an den gesamten Übernachtungen konnten das die anderen Auslandsmärkte bei Weitem nicht auffangen. Zehn Prozent weniger Übernachtungen und sieben Prozent weniger Ankünfte weist das Konto der belgischen Gäste. Auch hier machen sich Auswirkungen einer wirtschaftlich schwierigen Situation bemerkbar.
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Unsere Demokratie schwächelt: Von asozialer Marktwirtschaft und (fast) ohnmächtigen Mächtigen

Strandkörbe auf Sylt
Sylt – Ausverkauf einer Luxusinsel? Strandkörbe in der Nebensaison (archiv: zoom)

Eigentlich kommt das Wort „asozial“ nicht in meinem Wortschatz vor, doch ich finde ihn für die fatale Entwicklung unserer zunehmend ungehemmten freien Marktwirtschaft passend. „Sozial“ als Korrektiv unserer Wirtschaftsordnung wird zunehmend negiert. Die Konsequenzen sind vielfältig, die fatalste ist die Gefährdung unserer Demokratie.

Beispielhaft möchte ich im Bereich „Tourismuswirtschaft“ die Schattenseiten einer einseitig ausgerichteten Politik zeigen, es fehlt an Balance und Weitsicht. Gut nachvollziehbar ist dies in den sehenswerten Dokumentationen „Alpen abgezockt – Berg, Schnee und Billiglohn“ sowie „Sylt – Ausverkauf einer Luxusinsel“.

Die Dokumentationen beschäftigen sich mit vermeidbaren Problemen zweier touristischen Hochburgen, Garmisch Partenkirchen und Sylt: Städte, die nicht mehr leben, weil in ihnen nicht mehr gelebt wird. Weil das Leben zu teuer geworden ist. Weil die zum Alltagsleben notwendige Infrastruktur immer mehr weggespart wird. Weil die Investoren immer mehr Raum beanspruchen zum Wohnen, zum Besichtigen, für das Freizeitvergnügen, zum Parken. Weil Lokalpolitik den Investoren aus Touristik und Immobilien den roten Teppich auslegt – ohne Wenn und Aber, möglicherweise im guten Glauben, dass optimale Rahmenbedingungen für die Privaten auch gute Ergebnisse für die Bevölkerung nach sich ziehen.

Das Gegenteil ist offenbar der Fall. Dienstleistungen werden mit Billiglöhnen abgespeist, Zweitjobs sind normal, alternative Erwerbsmöglichkeiten außerhalb des Tourismusbereiches sind rar. Auch die Wohnraumproblematik in den zwei Städten ist vergleichbar: Zu knapp und zu teuer. Der Bäcker und der Fleischer um die Ecke, den Lebensmittelmarkt im Quartier, sie sind ebenfalls nicht mehr da. Die Touristen gönnen sich ihren Urlaub oder nehmen sich ihren Luxuszweitwohnsitz und die EinwohnerInnen ziehen ins Umland. In der Saison bewegen sich die Massen am Strand oder auf den Skipisten, mit dem Saisonende schwinden mit den Gästen auch die kargen Verdienstmöglichkeiten.

An diesen Beispielen wird deutlich – und wir wissen, weitere Beispiele lassen sich ohne große Mühe finden: Politik hat eine starke Schlagseite Richtung freier Markt, Richtung Kapital. Das zentrale Korrektiv „sozial“ wird zunehmend vernachlässigt, im Kleinen wie im Großen. Unsere Demokratie ist dadurch in großer Gefahr.

Politik muss sich wieder für die soziale Komponente als Prämisse für die freie Marktwirtschaft stark machen. Gefragt ist eine kreative Politik Hand in Hand mit der Bürgerschaft. Es geht um mehr Transparenz und echte Bürgerbeteiligung (mein Favorit: die Planungszellen nach Prof. Dr. Dienel) – statt Bürgerbeteiligung ‚light‘ erst nach bereits gefassten Beschlüssen. Es geht um mehr Politikfeld übergreifendes Denken und Handeln. Es geht um mehr interkommunale und regionale Zusammenarbeit. Es geht um mehr behutsames Weiterentwickeln bestehender Infrastruktur, zielgruppenspezifisch, lebensphasenbezogen, statt um immer mehr einseitiges Fördern von Großprojekten und Hofieren privater Investoren. PPP Projekte müssen deutlich kritischer bewertet werden. Wer will kann wissen, dass die Chancen und Risiken, die Gewinne und Verluste in PPP Projekten allzu häufig ungleich verteilt sind, die Zeche zahlen allzu häufig die BürgerInnen. Früher oder später.

Kurz: Es geht um mehr qualitatives Wachstum und weniger quantitatives Wachstum. Viele BürgerInnen sind da deutlich weiter als so manche PolitikerInnen. Die vielfach beschriebene Politikverdrossenheit resultiert auch aus einem Mangel an wichtigen versteh- und nachvollziehbaren Informationen und aus einem mangelnden Vertrauen in die Gestaltungsfähigkeit der Bürgerschaft. Die Empörung darüber in der Bürgerschaft wächst, was an den zunehmenden Bürgerinitiativen ablesbar ist. Gut so. Ich habe noch Hoffnung, unsere Demokratie schwächelt, aber sie wird leben. Doch sie braucht viel Aufmerksamkeit und Pflege. Jetzt.

Wenn die Zukunft zur Vergangenheit geworden ist: Lokalgeschichte des Tourismus.

Bernhard Göbel, Ferdinand Tönne und Theodor Tochtrop. Erschienen in der Josefs- Druckerei Bigge 1966 Bestellnummer 21. (foto: matthias schulte-huermann)
Bernhard Göbel, Ferdinand Tönne und Theodor Tochtrop. Erschienen in der Josefs- Druckerei Bigge 1966 Bestellnummer 21. (foto: matthias schulte-huermann)

Eine interessante Passage fand ich beim Blättern in einem Buch aus dem Jahre 1966: „Das obere Sauerland – Land und Leute“.

Dort heißt es im Abschnitt „Moderne Erholungszentren im Kreis Brilon“ auf Seite 43:

Im Frühjahr 1966 werden große Finanzgesellschaften mit dem Bau von Siedlungen beginnen, in denen sich Menschen aus den Großstädten erholen können. In Medebach sind 74 Bungalows, ein „Zwei-Scheiben- Hochhaus“ mit 22 Stockwerken und ein Kneipp-Sanatorium geplant.

In Deifeld sollen 80 Bungalows entstehen, in Niedersfeld 76 Ferienhäuser und ein fünfstöckiges Hotel, nur 10 Minuten vom NSH „Neuer Hagen“ entfernt. Die Gesamtkosten werden 58 Mio DM betragen. – Im Stadtgebiet von Winterberg wird die „Weltring- Gesellschaft“ aus Mainz ein „Feriendorf“ für 600 Personen bauen.

Diese neumodischen Siedlungen werden künftig im Sommer wie im Winter viele Fremde anziehen und „Geld ins Land“ bringen. Sie werden sich auch für die Gesundheit der Menschen aus den unrastigen Großstädten gut auswirken. Die bisherigen Oasen der Stille aber werden an diesen Stellen verschwinden. Die neuen Bauformen und der Fremdenverkehr bilden unsere Heimatlandschaft um, geben ihr ein ganz neues Gesicht. „Die Zukunft hat schon begonnen“ – auch für unser Sauerland.

Wie sich die Zeiten doch ähneln. Was wohl aus den Projekten geworden ist?

Kommentar zum 3. Branchentreff der Immobilienwirtschaft im Winterberger Oversum

Das Bild stammt aus dem Vortrag von Herrn Michael Beckmann (Tourismusdirektor der Stadt Winterberg)
Das Bild stammt aus dem Vortrag von Herrn Michael Beckmann, Tourismusdirektor der Stadt Winterberg (foto: knobelsdorf)

„Herr Beckmann (Tourismusdirektor der Stadt Winterberg) hat während des 3. Branchentreffs der Immobilienwirtschaft im HSK am 20.06.2013 in Winterberg auch das Projekt „Bahnhof Winterberg“ kurz vorgestellt.

(Ein Gastbeitrag von Knobelsdorf)

Um es kurz zu machen, der zukünftige Investor kann alles mit dem Gebäude realisieren. Das Gebäude kann umgebaut werden oder auch abgerissen werden. Das hat die Stadt Winterberg dem Investor freigestellt.

Hat eigentlich schon der Stadtrat darüber entschieden?

Nun ja, nehmen wir an, das ist alles seinen regulären Gang in der Verwaltung gegangen. Allerdings sind mir doch ein paar Punkte in dem Vortrag von Herrn Beckmann aufgefallen:

  1. Winterberg ist eine günstige Urlaubsregion für Niederländer.
  2. Die Besucherzahlen der deutschen Besucher in Winterberg sind in den letzen Jahren von ca. 71% (2007) auf ca. 55% (2012) gefallen.
  3. Die Besucherzahlen aus niederländischen Besucher steigt und zwar bis auf 38% in 2012.
  4. Winterberg erreicht eine Wertschöpfung ca. 150 Millionen € durch den Tourismus.
  5. 38% niederländische Besucher führen bei 150 Mio. € zu einer Wertschöpfung von 72,2 Mio. € (Foto als Beleg dieser Aussage)

Wegen dieser Art zu rechnen und solche Ergebnisse zu veröffentlichen, kann ich allen Winterbergern nur raten, ihre Verwaltung zu kontrollieren.

Bei mir sind 38% von 150 Mio. € = 57 Mio €.

Ich kann nur schreiben: „Holzauge sei wachsam“.

Wie teuer sind die Highlights von Winterberg?

Skipiste und Bobbahn in Winterberg
Skipiste und Bobbahn in Winterberg (archiv: zoom)

Die Stadt Winterberg ist als Wintersport- und Urlaubsort seit Jahrzehnten weit über das Sauerland bekannt, nicht zuletzt auch wegen der zahlreichen Wintersporteinrichtungen, wie Bobbahn oder Skisprungschanze.

Die Homepage der Wintersport-Arena Sauerland wirbt mit „dem größten Schneevergnügen nördlich der Alpen“ und über 150 Liftanlagen mit 280 Hektar Pistenfläche. Die Bobbahn hat laut wikipedia eine Gesamtlänge mit Auslauf von 1.609 m. Die Eisoberfläche beträgt ungefähr 65.000 m². Die Sprungschanze aus Stahlbeton ist 733 m hoch (über NN) und wurde im Jahr 2000 komplett renoviert und umgebaut. Das sind beeindruckende Zahlen und Fakten, vielleicht aber auch beeindruckende Kosten.

Ob und in welcher Höhe vom Hochsauerlandkreis Finanzmitteln für die Sport-Einrichtungen an die Stadt Winterberg fließen, z.B. für die Betriebsverluste der Bobbahn, das interessierte die Mitglieder der Sauerländer Bürgerliste (SBL) im Wirtschaftsausschuss des HSK, Reinhard Loos und Stefan Rabe. Die SBL stellte daraufhin am 20.03.2012 folgende Anfrage an den Landrat:

• In welcher Höhe pro Jahr und für welche Zwecke und Einrichtungen fließen Finanzmittel vom Hochsauerlandkreis an die Stadt Winterberg oder an im Gebiet der Stadt Winterberg gelegene Einrichtungen für Sport, Touristik o. ä.?
• In welcher Größenordnung könnte für das laufende Jahr die Kreisumlage gesenkt werden, wenn die freiwilligen Leistungen an die Stadt Winterberg nicht aus dem Kreishaushalt gezahlt würden?

Die Organisationseinheit Finanzwirtschaft beantwortete am 29.03.2012 im Auftrag des Landrats die SBL-Anfrage wie folgt:
„An Zahlungen des Kreises in diesem Sinne sind bezogen auf den Kreishaushalt zu nennen:

  • 241.000 Euro Anteil des Kreises am Betriebsverlust der Erholungs- und Sportzentrum Winterberg GmbH
  • 102.258 Euro Finanzierungsanteil des Kreises für Investitionen der Gesellschaft
  • 25.000 Euro Betriebskostenzuschuss St. Georg-Schanze
  • 15.750 Euro Beitrag an der Wintersport-Arena, wobei der Verein auch Wintersportregionen in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein betreut.

Das zuvor gennannte Finanzvolumen entspricht umgerechnet auf den Hebesatz der Kreisumlage einem %-ualen Anteil von 0,13-Punkten.“

Die Highlights von Winterberg kosten also dem Hochsauerlandkreis allein in diesem Jahr 384.008 Euro. Der Hebesatz der Kreisumlage beträgt im Jahr 2012 36,55 Prozent; ohne die Winterberger Attraktionen könnte er bei 36,42 Prozent liegen.

Ende Februar hat der Kreistag den Haushalt 2012 beschlossen. Die aus den Haushalten der Städte und Gemeinden zu finanzierende Kreisumlage stieg von 96,0 Mio Euro auf 109,6 Mio Euro, also um 13,6 Mio Euro. Die touristischen und sportlichen Einrichtungen in Winterberg bezahlen alle Städte und Gemeinden im Hochsauerlandkreis zu einem kleinen Prozentsatz über die Kreisumlage mit.

Das Sauerland: von oben vergiftet von unten „gefrackt“. Die Tourismus-Marke „Sauerland“ ist in Gefahr.

Nach den Steinen das Erdgas. Steinbruch im Hochsauerland. Heute schon keine "reine Natur" (archiv: zoom)
Nach den Steinen das Erdgas. Steinbruch im Hochsauerland. Heute schon keine „reine Natur“ (archiv: zoom)

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es mit der Zeit eng werden könnte für den Exportschlager des Sauerlandes, nämlich für die Illusion der natürlichen, heilen Umwelt als Anreiz und Lockmittel für die Touristen und die Tourismus-Industrie.

Die Marke „Sauerland“ wird zur Zeit von oben vergiftet und von unten „gefrackt“.

Wir haben kürzlich sehr ausführlich über die möglichen Umwelt- und Gesundheitsschäden durch den industriellen Weihnachtsbaumanbau im Sauerland berichtet: hier oder hier oder auch hier.

Heute erinnert uns eine Pressemeldung der SPD Meschede an das nächste große Ausbeutungsprojekt der Energie-Konzerne, das Fracking auf der Jagd nach den letzten fossilen Energiespeichern.

Auf der Website der SPD Meschede können wir lesen:

„Der Energiekonzern Wintershall plant im Hochsauerland Gas aus Schiefergestein zu gewinnen. Auch im Mescheder Stadtgebiet sind dazu bereits im Sommer 2010 „Claims“ abgesteckt worden. Möglich wird der Abbau durch „Hydraulic Fracturing“, auch Fracking genannt. Eine Technik der unkonventionellen Gasförderung, die mit erheblichen Risiken verbunden ist. Deshalb hat die SPD-Fraktion zu diesem Thema nun einen Antrag an den Stadtrat gerichtet …“

Im anarchistischen Blog „Schwarze Katze“ aus Hemmer ist zur Methode des Frackings Folgendes zu lesen:

„Im Unterschied zu konventionellen Gasvorkommen, wo das Gas im Porenraum leicht gefördert werden kann, muss bei unkonventionellen Vorkommen das gashaltige Gestein zerrüttet werden. Die Methode dazu nennt sich Hydraulic Fracturing, kurz Fracking. Die unkonventionellen Gasvorkommen liegen tief unter der Erde in Schiefer- und anderen Gesteinsformationen und werden durch Fracking nach oben transportierbar. Fracking bedeutet, dass bei einer vertikalen Bohrung nach dem Erreichen gasführender Gesteinsschichten dort horizontal noch ein Stück weitergebohrt wird. Nun werden dort Unmengen von Wasser vermischt mit Sand und einem Mix aus Tonnen giftiger Chemikalien hereingepumpt, um dadurch unterirdische Sprengungen des Gesteins vorzunehmen. Durch Aufbrechen entstehen Risse und so löst sich das Gas aus den kleinen Zwischenräumen und kommt nach oben. Ein Teil der giftigen Brühe bleibt im Boden. Diese kann zu einer Gefahr für das Grundwasser werden, wenn sie durch Risse oder nie auszuschließende Erdverschiebungen nach oben gelangt. Eine große Gefahr für Gesundheit von Mensch und Tier droht, da die Chemikalien zum Teil hochgiftig und krebserregend sind und in den Nahrungskreislauf gelangen können. Beim Fracking werden unter anderem BTEX-Chemikalien verwendet. Das sind Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol. Insbesondere in landwirtschaftlich geprägten Gegenden kann ein Austritt dieser Chemikalien verheerende Folgen haben.“

Im Januar diesen Jahres hatten wir ebenfalls einen Bericht der SPD Meschede hier im Blog veröffentlicht:

„Wir stellen und ganz entschieden gegen die Verschmutzung der Umwelt, in der wir leben und die unsere zahlreichen Gäste im Winter wie im Sommer zur Erholung nutzen wollen. Niemand kann garantieren, dass die bei der Gasförderung verwendeten giftigen, krebserregenden Substanzen nicht in unseren Wasserkreislauf gelangen. Ich möchte allen Bürgern unserer Stadt ans Herz legen, sich zu informieren und Flagge zu zeigen – gegen die Zerstörung unserer Heimat. Und ich kann der Stadtverwaltung nur empfehlen, sich nicht von den Versprechen der Konzerne blenden zu lassen – Einnahmen aus der Gasförderung sind nichts wert, wenn das Trinkwasser ungenießbar ist, die Touristen ausbleiben, die Betriebe abwandern und die Grundstückspreise fallen.“

Diejenigen Touristenhochburgen wie beispielsweise Winterberg und Schmallenberg, die sich eventuell darauf berufen werden, dass das Fracking ja nicht unter ihrer Stadt den Erdboden in „Bimsstein“ verwandelt, sollten sich nicht allzu sehr auf das Unterscheidungsvermögen ihrer Kunden verlassen. Ab einer bestimmten Reizschwelle wird das gesamte Sauerland als „Fracking-Land“ wahrgenommen werden.

Da mögen in Zukunft die Winterberger noch so laut rufen, dass unter dem Kahlen Asten nicht gefrackt würde und dass die „Gift-Tännchen“ in Bestwig stünden.

Wenn der erste Gas-Hahn brennt und das erste Gift in der Ruhr oder gar im Trinkwasser oder auf dem eigenen Grundstück nachgewiesen werden sollte, wird der Tourismus im Sauerland vergiftet und die Profite der Tourismus-Industrie werden verbrennen.

Die Tourismus-Marke „Sauerland“ ist in Gefahr.

Edersee und Weser streiten sich ums Wasser. Die Dialektik von Wasserwirtschaft und Tourismus.

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20 m unter Vollstau präsentiert sich zum Herbstbeginn der Edersee. Mit 40 Millionen m³ Wasser enthält er somit nur ein Fünftel seines maximalen Fassungsvermögens. (fotos und copyright: beuermann)

Der Edersee ist der flächenmäßig zweit- und volumenmäßig drittgrößte Stausee Deutschlands. Die Edertalsperre wurde 1908 bis 1914 errichtet, um dem Mittellandkanal genug Wasser zuführen zu können, damit Frachtkähne vom Ruhrgebiet nach Berlin fahren können.

Bei Minden wurde dazu am Wasserstraßenkreuz ein Pumpwerk eingerichtet, welches das Wasser aus der Weser eine Etage höher in den Kanal befördert.

Neben der Wasserstandsregulierung auf der Weser dient die Talsperre auch dem Hochwasserschutz der Eder, Fulda und Weser.

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Weserumschlagstelle in Hann. Münden mit riesigen Kränen werden tonnenschwere Metallteile umgeladen.

Tonnenschwere Metallteile aus einer Maschinenfabrik in Hess. Lichtenau werden mehrmals im Laufe eines Jahres an der Weserumschlagstelle in Hann. Münden mit riesigen Kränen von Schwertransportern in drei Lastschiffe umgeladen.

Die Fracht besteht beispielsweise aus Teilen für den Bau von Gas-Pipelinerohren in Russland oder für eine Schmiedepresse in den USA und wird über Rotterdam bzw. Bremen weitertransportiert.

Für diese Aktion muss dann in wasserarmen Monaten der Wasserspiegel auf der Oberweser durch Wasserabgabe aus dem Edersee bis zu 40 cm angehoben werden. Diese Wasserabgabe führt  immer wieder zu Interessenkonflikten mit den Tourismus-Bedürfnissen an Eder- und auch Diemelsee.