Eine interessante Passage fand ich beim Blättern in einem Buch aus dem Jahre 1966: „Das obere Sauerland – Land und Leute“.
Dort heißt es im Abschnitt „Moderne Erholungszentren im Kreis Brilon“ auf Seite 43:
Im Frühjahr 1966 werden große Finanzgesellschaften mit dem Bau von Siedlungen beginnen, in denen sich Menschen aus den Großstädten erholen können. In Medebach sind 74 Bungalows, ein „Zwei-Scheiben- Hochhaus“ mit 22 Stockwerken und ein Kneipp-Sanatorium geplant.
In Deifeld sollen 80 Bungalows entstehen, in Niedersfeld 76 Ferienhäuser und ein fünfstöckiges Hotel, nur 10 Minuten vom NSH „Neuer Hagen“ entfernt. Die Gesamtkosten werden 58 Mio DM betragen. – Im Stadtgebiet von Winterberg wird die „Weltring- Gesellschaft“ aus Mainz ein „Feriendorf“ für 600 Personen bauen.
Diese neumodischen Siedlungen werden künftig im Sommer wie im Winter viele Fremde anziehen und „Geld ins Land“ bringen. Sie werden sich auch für die Gesundheit der Menschen aus den unrastigen Großstädten gut auswirken. Die bisherigen Oasen der Stille aber werden an diesen Stellen verschwinden. Die neuen Bauformen und der Fremdenverkehr bilden unsere Heimatlandschaft um, geben ihr ein ganz neues Gesicht. „Die Zukunft hat schon begonnen“ – auch für unser Sauerland.
Wie sich die Zeiten doch ähneln. Was wohl aus den Projekten geworden ist?
Theodor Tochtrop – War mir nicht bewusst, dass er Bücher veröffentlicht hat. Schön, wieder was gelernt!
Th. Tochtrop war ein freundlicher Herr Lehrer „vom alten Schlag“. Ich habe ihn in guter Erinnerung. Nur bei einer Sache lag er schief. Er bedauerte des öfteren die alten, engen Gassen von Brilon und bewunderte das aufgeräumte Nachkriegs-Meschede. Dazu hatte ich damals schon eine ganz andere Meinung.
Von diesen Anlagen ist das „Weltring-Feriendorf“ die mit Abstand architektonisch grauenhafteste geworden….
Ein Glück, dass in den 70er/ 80er nicht noch weitaus mehr dieser fürchterlichen Projekte realisiert worden sind…..
@Bergdoktor
„Von diesen Anlagen ist das “Weltring-Feriendorf” die mit Abstand architektonisch grauenhafteste geworden….“
Wo sind die Ruinen zu finden? Oder gibt es das „Weltring-Feriendorf“ etwa noch?
Ja, das gibt es allerdings noch. Es handelt sich um das Riesen-Hochhaus oben an der Bobbahn nebst der kleineren Appartement-Bunker. Die Strasse bzw. der Komplex heißt ja auch heute noch „Am Weltring-Park“.
@Bergdoktor:
Klar – das einzige Hochhaus in Winterberg. Hat mich ein Einheimischer „stolz“ drauf hingewiesen als ich vor 16 Jahren zugezogen bin 🙂
Erwähnte in Kommentar in anderem Zusammenhang die „Vision Sauerlandring“ (http://www.schiebener.net/wordpress/?p=24471&cpage=1#comment-8902).
Der wurde zwar erst ab 1967 geplant, basiert allerdings auf dem erfolgreichen 1. Bergrennen in Nuttlar im Jahr 1965.
Rein interessehalber: sind in dem Buch vage Andeutungen dazu zu finden?
Habe mir das Buch gerade erstmal gekauft. Danke für diesen mehr als interessanten Tipp!!
Wenn wir schon einmal dabei sind empfehle ich:
„Das Sauerland und seine Bewohner“ (- im 19. Jahrhundert -) von Friedrich Wilhelm Grimme
Bei mir steht, leider etwas angestaubt, die Ausgabe vom Grobbel-Verlag Fredeburg aus dem Jahr 1980.
Was würden die Augen machen, die Sauerländer von Anno Dazumal. Wiedererkennen würden sie noch die Bruchhauser Steine. Ansonsten könnte es schwierig werden. Und bei ppp haben die vielleicht an Padberg und Petersborn und was weiß ich was gedacht.
@zoom
Nicht gaaaanz richtig. Es gibt ein -noch hässlicheres- weiteres Hochhaus in unmittelbarer Nähe. Dieser Horrorklotz am Ende Fichtenweg. Unter den Winterbergern auch als „Stammheim“ (in Anlehnung an den bekannten Knast) bekannt…
@Bergdoktor
Dann muss ich mir die Gegend noch einmal genau angucken. Bin da nicht so oft. Die beiden Hochhäuser sind aber nahe beieinander, oder?
Na ja, was die hier so „Hochhäuser “ nennen. Und ich frage mich ernsthaft, weil ich sehr viele Gespräche hier führe, was die Winterberger von „Stammheim“ wissen. RAF-Hochsicherheitstrakt. Es ist ungefähr genau dort, wo Herr Schily und Herr Ströbele, Verteidiger waren (mit den bekannten Aktenordnern und was man darin alles transportieren kann). Aber man kann trotzdem immer noch Karriere machen in dieser Bundesrepublik. Und wo die sehr talentierte Ulrike Marie Meinhof um’s Leben kam. Die einzige Journalistin übrigens, die bei einem dolumentierten Interview mit Marcel Reich-Ranicki,Tränen in den Augen hatte ob der Berichte über sein Schicksal im Warschauer Ghetto. Unvergesslich. Übrigens auch das Buch von Stefan Aust (wir erinnern uns – seines Zeichesn Spiegel-Chefredakteur). Der Mann war sehr nah dran.
Und wie sich die Zeiten ändern. Im NSU-Prozess geht man derweil in die „Sommerpause“ – wohlverdient für alle Beteiligten…10 Menschen abgeknallt, Akten geschreddert, Meinungsfreiheit unterdrückt und dann SOMMERPAUSE !
Zoom@ wir werden uns jetzt doch nicht fürchten ! Stehen keine Unwahrheiten in dem Kommentar.
Die Foto’s sind sensationell. Jetzt warte ich nur drauf, dass sich im „geschenkten“ Aussenbecken die Seerosen breit machen und eine, am besten sehr seltene Lurch-Art ansiedelt, dann winkt wirklich das UNESCO-Welterbe, wie hier neulich mal angemerkt.
@Nofretete
Nö, gerade erst den Computer hochgefahren. Ihr Kommentar war in der Moderation hängen geblieben. Keine Ahnung, warum.
Allerdings ist mir der Sprung von den Winterberger Hochhäusern zu Stammheim und dem NSU sehr unvermittelt.
Die Ermordung unserer Mitbürger durch die Verbrecher der NSU und die Rolle von Staatsorganen macht mich immer noch wütend (siehe „Gedenkminute“ hier im Blog) und ja, Ulrike Meinhof war eine sehr talentierte Journalistin, die zur Verbrecherin wurde.
Marcel Reich Ranickis Autobiografie ist übrigens unbedingt empfehlenswert!
Zur Klarstellung:
Bei der Anlehnung an Stammheim geht es ausschliesslich um die Optik des Hauses, was mit seiner dunkleln Gestaltung und den fürchterlichen Glasbausteinen sehr an einen Knast erinnert!! Wer möchte, kann daraus auch Stadelheim oder sonstwas machen…