Westfalenpost: Schluss mit der Extrawurst. Ran an den Content-Desk. Keine Abschiedsfeier für Bodo Zapp.

Zum 1. Februar löst Stefan Kläsener Bodo Zapp als Chefredakteur der „Westfalenpost“ ab. Der „Westfalenpost“ war bislang als einziger der vier NRW-Titel der Anschluss an den zentralen Content-Desk erspart geblieben.

Begründung: Als „Heimatzeitung für Südwestfalen“ ticke sie anders als „WAZ“, „Westfälische Rundschau“ („WR“) und „Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung“ („NRZ“).

Im Kress Mediendienst heißt es unter anderem: „… Wenn Kläsener die Chefredaktion übernimmt, ist es mit diesem Sonderstatus vorbei. Er war offenbar weniger den Besonderheiten der Zeitung als den Besonderheiten und der Stellung des alten Chefredakteurs geschuldet: Zapp ist härtestes WAZ-Urgestein. Er war bei „NRZ“ und „WAZ“ und ist seit 1997 Chef der Hagener „Westfalenpost“ … Eine ursprünglich vorgesehene Abschiedsfeier für Zapp wurde wegen „betrieblicher Belange“ abgesagt …Alles lesen

Im Gewerkschaftsblog „medienmoral“ wird unter der Fragestellung „Kommt die WP nun doch an den Desk?“ diskutiert.

Selbstbewusst: Winterberger Bürgermeister Eickler sowie FDP-Abgeordneter äußern sich zur Medienlandschaft der Stadt.

Mitteilungsblatt der Stadt Winterberg beliebter als die Westfalenpost? (foto: zoom)
Mitteilungsblatt der Stadt Winterberg beliebter als die Westfalenpost? (foto: zoom)

Die Presselandschaft unserer Gemeinde Winterberg sieht folgendermaßen aus:

Zu dieser Presselandschaft hatte ich im November ein paar Gedanken aufgeschrieben. Hier nachlesen

Heute will ich kurz auf eine Selbstbeobachtung eingehen.

Je länger ich in Winterberg wohne und je mehr ich mich auch für die lokalen Aspekte der Politik interessiere, umso mehr und intensiver lese ich das Mitteilungsblatt für die Stadt Winterberg.

Besonders interessant sind die trockenen „Niederschriften aus den Gremien“. Dort sind mehr Detailinformationen und auch offene sowie verborgene Konflike zu finden als in den restlichen vier Printmedien zusammen. Außerdem gibt’s eine Menge Zahlen als Sahnehäubchen.

Die einzige Tageszeitung vor Ort, die Westfalenpost, leistet keine nachhaltige Berichterstattung aus der und über die Politik des Rats der Stadt Winterberg. Die drei ausschließlich werbefinanzierten Wochen- bzw. Halbwochenzeitungen (Sauerlandkurier) haben dazu erst recht nicht das Potenzial.

Heute habe ich in der Niederschrift über die Ratssitzung vom 11. November 2011 im Mitteilungsblatt vom 17. Dezember unter dem Tagesordnungspunkt 10 Mitteilungen und Anfragen Absatz e) eine nette Passage gefunden.

Bürgermeister Werner Eickler(CDU) und ein FDP-Abgeordneter aus Siedlinghausen äußern sich darin zur Bedeutung des Mitteilungsblatts und zur Qualität der Tageszeitung. Welche Tageszeitung gemeint ist, kann man leicht erraten, denn es gibt leider nur das WAZ-Monopol „Westfalenpost“.

Auf Platz 1 der Beliebtheitsskala: das Mitteilungsblatt. "Dürftig" hingegen die Tageszeitung. (foto: zoom)
Auf Platz 1 der Beliebtheitsskala: das Mitteilungsblatt. "Dürftig" hingegen die Tageszeitung. (foto: zoom)

Der zukünftige Chefredakteur der Westfalenpost sollte sich diesen kleinen Absatz sehr zu Herzen nehmen.

P.S. Sollte es noch nicht deutlich geworden sein, so sei hiermit gesagt: Heute stimme ich mit dem Bürgermeister von Winterberg und dem nicht genannten FDP-Abgeordneten aus Siedlinghausen überein – in TOP 10 e) 11.11. 2010.

Integration und Presseberichterstattung: Ein Leserbrief an die Westfalenpost und die Westfälische Rundschau

Im folgenden veröffentlichen wir einen Leserbrief an die Westfalenpost/Westfälische Rundschau, der Fragen zur Berichterstattung der Heimatpresse aufwirft und nach unserer Kenntnis bislang nicht in den Printmedien erschienen ist.

Am 30.09.2010 verfolgte ich die Stadtratssitzung in Meschede. Einige Tage später veröffentlichte die WP/WR einen Artikel über die „Studie zur Integration“, die in dieser Sitzung Ratsmitgliedern und Zuhörern vorgestellt worden ist. Der Bericht stimmt mich etwas nachdenklich. Das Motto „Bitte zuerst das Negative“ dominiert ihn mir zu sehr, und ich mache mir so meine Gedanken, wie die Migrantinnen und Migranten auf die lange Liste dessen, was mit ihnen laut Aufzählung der Ratsmitglieder alles nicht klappt, reagieren? Und was soll uns das über dem Artikel thronende großformatige Foto der drei dem Betrachter weggewandten, verhüllten, muslimischen Menschen suggerieren? (Bei DerWesten wählte man glücklicherweise ein gänzlich anderes, ein freundlich und positiv wirkendes Foto.) Da frag ich mich, wurden mit diesem Zeitungsartikel, samt dem alle Klischees bedienenden Bild, nicht mehr Türen zugeschlagen als geöffnet?

Meine Erfahrungen mit der muslimischen Gemeinde waren jedenfalls andere als die, von denen die Mescheder Ratsherren berichteten. Als es z.B. im letzten Jahr darum ging, vorsorglich islamische Vertreter für zwei politische Gremien auf Kreisebene zu benennen, lud der türkisch-islamische Kulturverein Meschede unverzüglich zu einer Versammlung aller islamischen Gemeinden im Kreisgebiet ein, und sie wählten daraufhin gemeinsam ihre potentiellen Vertreter. Leider vergebens, denn die Mehrheit der Ausschuss- und Kreistagsmitglieder lehnte es nach einem längeren Procedere ab, je einen islamischen Vertreter in den Kreisjugendhilfeausschuss und in den Schulausschuss aufzunehmen. (Vertreter der christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinden sind per Gesetz Ausschussmitglieder.) Die Muslime hätten im übrigen keine stimmberechtigte, sondern nur beratende Funktion übernommen.

Vielleicht lag die Ablehnung aber auch nur daran, dass der entsprechende Antrag von der “falschen” Fraktion, von der Sauerländer Bürgerliste (SBL), kam?

In dem Artikel über die Vorstellung der Integrationsstudie für die Stadt Meschede wird meiner Meinung nach viel zu wenig auf die von Frau Dr. Sabine Weck vorgetragenen Zwischenergebnisse eingegangen. Mir sind unter anderem folgende Punkte, auf die die Mitarbeiterin des Instituts für Landes- und Stadtentwicklung einging, in Erinnerung. In Stichworten: Geringe strukturelle Einbindung der Migranten – Bessere Unterstützung für Kinder mit schlechten Voraussetzungen – Systematische Sprachförderung – Ausbau von Ganztagsschulen und Ganztagsbetreuung– Eltern einbinden – Unterdurchschnittlicher Übergang von Grundschule zur Realschule – Schulen vernetzen – Fehlendes Kommunales Bildungsmanagement – Fehlen eines Integrationsbeirat – Fehlen eines Integrationsbeauftragten in der Verwaltung – Interkulturelle Öffnung voran bringen – Kontinuierliche Verankerung in die Demographieberichte!

Das alles sind Hinweise und Vorschläge einer Fachfrau, die gemeinsam von Bürgerinnen und Bürgern, Migrantinnen und Migranten, Rat und Verwaltung aufgegriffen werden sollten. Frau Dr. Weck hat meiner Meinung nach aufgezeigt, dass die Zeit der Sonntagsreden enden sollte.

Bürgermeister Hess schlug noch in der Ratssitzung den Fraktionen vor, sich des Themas anzunehmen und Gesprächspartner einzuladen.

Gabriele Joch-Eren

Geschäftsführerin der Sauerländer Bürgerliste (SBL)

Umleitung: Heimatzeitung, erzkonservative Prediger, verlogene Berichterstattung, Prost Laumann, Regina van Dinther, Kreative, SPD in der Falle und Sehnsucht nach dem Sauerland.

Die Rotbach-Route (foto: zoom)
Die Rotbach-Route (foto: zoom)

Medienkritik Heimatzeitung: Bei der Hagener Westfalenpost sorgt man sich offensichtlich, die Deutungshoheit über das städtische Geschehen endgültig zu verlieren. Akuter Anlass sind die Ereignisse rund um die Tournee des Hagener Oberbürgermeisters Jörg Dehm durch die Stadtbezirke … doppelwacholder

Sexuelle Gewalt? Der erzkonservative Prediger und die jungen Burschen … weltonline

Verlogene Berichterstattung? Denkfabrik am Tropf der Linken … nachdenkseiten

Prost Laumann: Hartzer sollen ein Bier trinken können … ruhrbarone I

Regina van Dinther: Der Schaden wird immer größer … WirInNRW

Kein Interesse an Kreativen: Nordrhein-Westfalen wird schrumpfen – vor allem das Ruhrgebiet und das Sauerland sind vom demographischen Wandel betroffen. Abriss und neue Nutzungsmodelle stehen in der Diskussion … ruhrbarone II

SPD in der Hartz-IV-Falle: Sie ist gefüllt mit Bier und Zigaretten. Weil Schwarz-Gelb mit einem Trick (Herausnahme der statistischen Größe für Alkohol und Tabak) den neuen Hartz-IV-Satz so heruntergerechnet hat, dass er nur um fünf Euro erhöht werden muss, gerät die SPD in Bedrängnis … sprengsatz

Sehnsucht nach dem Sauerland: Sitzungen, Sitzungen und Sitzungen werfen ihren Schatten voraus … sbl

Zu guter Letzt vor Zehn Jahren: Zeitreise – Wie unser Internet schöner wird … jahobri

Unsere Heimatzeitung in Aktion. Ich gebe auf.

Neben dem Kaufpark in Siedlinghausen: Werbung für die Westfalenpost (foto: zoom)
Neben dem Kaufpark in Siedlinghausen: Werbung für die Westfalenpost (foto: zoom)

Normalerweise hängt an diesen Großplakatwänden neben dem Kaufpark in Siedlinghausen die Werbung der LVM-Versicherung. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und so war ich baff als mich unsere Heimatzeitung aufforderte, die WP-Schützenkönigin auszuwählen.

Nun ist es ja kein Geheimnis, dass die Heimatzeitung und ich ein Problem miteinander haben, welches darin besteht, dass mich die meisten Dinge, die in der Westfalenpost stehen, nicht interessieren. Genauer gesagt bin ich schon an vielen Themen interessiert, aber nicht an der oft unreflektierten Berichterstattung über die Politik des Hochsauerlandes.

Aber als ich heute vor dem Plakat stand, kam ich ins Grübeln und beschloss fortan mich zu wenden und folgende Meinung zu vertreten:

Menschen wie ich sind eine kleine mäkelnde Minderheit ohne Gespür für die wahren gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Bedürfnisse des Hochsauerländers. Der Sauerländer tickt eben anders als ein Zugezogener.

Diesen Sauerländer an sich kann nur die Sauerländer Heimatzeitung verstehen, nicht irgendwelche abstrusen Blogs wie dieses.

Ihr habt gewonnen!

In diesem Sinne wünsche ich Euch: Glaube, Sitte, Heimat, viele neue Leser und eine würdige WP-Schützenkönigin.

Ich gucke mir sofort die Auswahl an -> Wahlkabine

Oh Schreck! Die Wahl ist schon seit 7 Tagen vorbei 🙁

Hätte ich öfter die Westfalenpost gelesen, wäre das nicht passiert.

Kläseners Konzepte: Zukünftiger Westfalenpost-Chef im „drehscheibe“-Interview

Stefan Kläsener (foto: drehscheibe)
Stefan Kläsener (foto: drehscheibe)

Am 12. Januar hatte ich hier im Blog unter der Überschrift „Ausgezappt“ gemeldet, dass Chefredakteur Bodo Zapp die Westfalenpost verlassen würde. Heute habe ich mir auf „drehscheibe“, dem Informationsportal für den Lokaljournalismus, die Video-Statements des neuen zukünftigen Chefs Stefan Kläsener angesehen.

Seit Anfang des Monats ist Stefan Kläsener laut „drehscheibe“ stellvertretender Chefredakteur der Westfalenpost in Hagen. Zuvor war er stellvertretender Chefredakteur bei der Braunschweiger Zeitung und als solcher maßgeblich an dem Konzept der Bürgerzeitung beteiligt, für das der Verlag im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Lokaljournalistenpreis ausgezeichnet wurde. Im Video-Gespräch mit der „drehscheibe“ erläutert Kläsener, welche Elemente der Bürgerzeitung er in Hagen umsetzen will, wie er die Leser in die Zeitungsproduktion einbinden möchte und welche Ideen er für die Zukunft hat …“

Hier geht es zum Interview mit Stefan Kläsener.

Kläsener scheint oberflächlich betrachtet ein ganz anderer Typ als Bodo Zapp zu sein. Jung (* 1964), alert, weniger altbacken, welterfahren und mit einer umfassenden Hochschulausbildung.

Seinen Lebenslauf kann man bei wikipedia und kress erahnen.

Update: Der Wikipedia Eintrag ist zur Zeit noch fehlerhaft. Kläsener wird hier schon als Chefredakteur der Westfalenpost geführt.

Das Interview selbst ist relativ abgehoben. Kläsener spricht zwar davon, dass er „die Hemmschwelle zu Usern senken“ will und dass er eine „Markenverlängerung im Internet“ anstrebt, aber dies sind erst einmal Phrasen.

Die interessieren mich nicht.

Die Redaktionen der Westfalenpost sollen „qualitativ hochwertige“ Inhalte“ produzieren, diese sollen „unabhängig“ sein, „keine wirtschaftlichen, politischen Interessen sollen sich sozusagen ins Blatt schleichen“.

Das interessiert mich.

Ich bin schon gespannt, wie die neuen redaktionellen Artikel zum Oversum, zu Landal, zur Bildungspolitik, zum Rathaus, zum pipapo aussehen werden. Werden unter Kläsner immer noch die Public-Relation Artikel aus den verschiedenen Quellen (i.e Rathaus, Investoren, PR-Journalisten, etc.) abgedruckt?

Darf eigentlich nach Kläseners Verständnis nicht mehr passieren, oder?!

Werden in Zukunft die wichtigen Inhalte der lokalen Redaktionen ins Internet gestellt oder wird die Redaktion weiterhin  nach dem Motto verfahren: „Feste, Feiern, Theater und all so ein Zeuch’s können ruhig auf die lokale Internet-Seite, den Rest gibt’s nur im Print“?

Mein Tipp an alle Medien-Interessierten. WP mal Dienstags bis Freitags kaufen und gucken, wie es in der Realität aussieht – das Konzept des neuen zukünftigen Chefredakteurs.

Update: Vielleicht kann man sich nun doch noch Zeit bis zum 1. Februar(s.u.) lassen, es sei denn, Kläsener hinterließe schon seine konzeptionelle Handschrift.

The proof of the pudding is in the eating 😉

Update: Inzwischen habe ich von der WAZ Mediengruppe eine Information und
Richtigstellung erhalten. Den oben stehenden Beitrag habe ich entsprechend
korrigiert:

Willkommen in Südwestfalen
01.09.2010 / Politik

Hagen. Willkommen in Südwestfalen: Stefan Hans Kläsener ist ab heute
stellvertretender Chefredakteur bei der WESTFALENPOST . Der 45-Jährige
wird ab 1. Februar 2011 als mein Nachfolger Chefredakteur.

Ich freue mich, dass nach meinem Eintritt in den Ruhestand mit Stefan
Kläsener ein Mann an der Spitze der WP stehen wird, der sich als Garant
für eine lesernahe Zeitung einen guten Namen gemacht hat. Unter anderem
bei der zur WAZ-Mediengruppe gehörenden Braunschweiger Zeitung , wo er ab
Januar 2006 als stellvertretender Chefredakteur und zuletzt als
amtierender Chefredakteur tätig war. Zuvor war Kläsener zehn Jahre
Redaktionsleiter bei der Fuldaer Zeitung .

Mit seiner Familie ist Stefan Kläsener bereits in die Region gezogen,
Südwestfalen ist ihm absolut nicht fremd. In Dortmund geboren, in Essen
aufgewachsen, kennt er das Verbreitungsgebiet der WESTFALENPOST nicht nur
vom Hörensagen. In den nächsten Monaten werden die Kenntnisse bei unseren
gemeinsamen Besuchen und Gesprächen mit den Menschen in der Region weiter
vertieft.

Nach dem Studium der katholischen Theologie, Philosophie und Germanistik
in Bonn, Jerusalem und München und diversen journalistischen Praktika
hatte Stefan Kläsener als Volontär bei den Lübecker Nachrichten das
Redaktions-Handwerk ge­lernt. Heute vermittelt er neben der Arbeit in der
Zeitung u.a. als Referent bei der Bundeszentrale für politische Bildung
anderen Journalisten mehr Wissen, wie man eine gute, lebendige Zeitung
nahe am Leser macht.

Das ganze Team der WP wünscht Stefan Hans Kläsener einen guten Start in
seiner neuen beruflichen Heimat, bei der Heimatzeitung WESTFALENPOST !

Bodo Zapp


Die Presse ist frei. Bericht über eine Kulturausschusssitzung in Meschede.

WP in Meschede, die WR ist hier inzwischen abgewickelt (archiv: zoom)
WP in Meschede, die WR ist hier inzwischen abgewickelt (archiv: zoom)

Meschede. (sauerland) Die Presse ist frei,  und zwar so frei, dass sie schreiben kann, was sie will. So ungefähr argumentierte ein CDU-Mitglied in der Sitzung des Kulturausschusses am 01.09.2010 im Kreishaus in Meschede.

Der gemeinsame Antrag „Medienvielfalt/Pressefreiheit“ der Fraktion die Linke und des Kreistagsmitglieds der Sauerländer Bürgerliste (SBL), Reinhard Loos, löste erwartungsgemäß zwar eine knappe Debatte aus; aber richtig auf das Thema einlassen wollten sich Kreisverwaltung und CDU nicht. Die Verwaltung hatte ja bereits im Vorfeld der Sitzung zu einem „Kniff“ in Form einer Beschlussempfehlung gegriffen. Die Empfehlung lautete:

„Das Angebot, die Qualität und die Zukunft der Lokalmedien sind keine Angelegenheit des Hochsauerlandkreises….“ „Die Verwaltung empfiehlt daher dem Kulturausschuss und dem Kreistag, den Tagesordnungspunkt durch Geschäftsordnungsbeschluss von der Tagesordnung abzusetzen.“

Das SBL-Kreistagsmitglied Reinhard Loos war in die Sitzung des Kulturausschusses (dem er nicht angehört) gekommen, um zu erläutern, warum Qualität und Zukunft der Lokalmedien durchaus eine Angelegenheit des Hochsauerlandkreises sei. Schließlich sei der Kreis ein Medienunternehmer gemeinsam mit der WAZ, als Gesellschafter von Radio Sauerland. Er müsse sich sogar mit dem Mitgesellschafter WAZ und dessen Medienpolitik beschäftigen. Der Ausschuss sollte sich mit einer bestmöglichen Informationsversorgung befassen.

Doch da das Wohl und der Wille der Verwaltung bzw. des Landrats anscheinend oberste Priorität bei den Entscheidungen der CDU-Fraktion und ihres „Koalitionspartners“ FDP haben, kam es wie es kommen musste. CDU und FDP sahen keinerlei Informations- und Diskussionsbedarf. Mit dem Angebot und der Qualität unserer Lokalmedien scheinen sie also zufrieden zu sein.

Anders sah es die SPD-Fraktion. Ihr Sprecher meinte, es wäre interessant zu erfahren, wie die Medien sich selbst sehen. Die Grüne Fraktion hatte dazu irgendwie gar keine Meinung. Ihr Vertreter enthielt sich bei der Abstimmung. Das Ausschussmitglied der Fraktion Die Linke stimmte dann gemeinsam mit der SPD gegen die Beschlussempfehlung der Verwaltung. Die SBL konnte nicht abstimmen. Sie ist im Kulturausschuss leider nicht vertreten. Müßig ist es zu erwähnen, dass CDU und FDP dafür stimmten, den gemeinsamen Antrag der Linken und der SBL von der Tagesordnung zu kegeln. Sie haben die Mehrheit!

So werden wir wohl noch lange Zeit weiter rätseln, wieso Westfalenpost und Rundschau meinen, ihre stets schrumpfende Leserschaft sei in erster Linie an Fotos von Schützenfestkleidern, Sonnenuntergängen und Erstklässern interessiert. Aber wie sagte der Herr von der CDU so nett: „Die Presse ist frei…“!

Nepper, Schlepper, Bauernfänger: Briloner Städtespiegel wirft Westfalenpost irreführende Abonnentenbetreuung vor.

Ein Leser hat uns gerade auf die Titelgeschichte des heutigen Städtespiegel, Ausgabe Brilon, aufmerksam gemacht. Im Artikel des Redaktionsleiters Christoph Kloke werden heftige Vorwürfe gegen „eine örtliche Tageszeitung“ erhoben.

(Da im Hochsauerlandkreis nach Schließung der Westfälischen Rundschau die Westfalenpost (WP) als einzige Tageszeitung übrig geblieben ist, schließe ich einfach mal messerscharf, dass Kloke die WP meinen muss, weiß allerdings nicht aus welchem Grund er die WP nicht beim Namen nennt.)

Der Vorwurf in Kürze: Die Westfalenpost habe Abonnenten zu Reiseverkaufveranstaltungen gelockt, auf denen ihnen, den treuen Lesern, im Rahmen einer Verkaufsshow überteuerte Reisen aufgedrängt worden seien.

Der Artikel ist flott geschrieben, scheint gut recherchiert. Wenn die Vorwürfe stimmen, hat die Westfalenpost ein Problem. Welcher klarsichtige Leser kann einem Medium trauen, welches seine Abonnenten veräppelt? Es drängt sich dann sofort die Frage auf: Werde ich nicht auch bei den redaktionellen Nachrichten hinters Licht geführt?

Warten wir ab, ob Christoph Kloke seine Vorwürfe wird aufrecht erhalten können. Ich bin gespannt, wie die Westfalenpost reagiert.

Update (21.8.): Die Redaktion des Städtespiegel hat uns gerade die Titelseite als wesentlich kleinere png-Datei zugeschickt. Hier herunterladen oder auf den Screenshot unten klicken. Außerdem machte sie mich darauf aufmerksam, dass der Artikel in sämtlichen Ausgaben des Verbreitungsgebiets (Brilon, Bestwig, Olsberg, Winterberg, Medebach, Hallenberg) auf Seite 1 erschienen ist und nicht nur im Briloner Teil. Brilon ist allerdings die Redaktionsadresse des Städespiegel.

Ich habe mir erlaubt einen Screenshot des Artikels anzufertigen. Wenn man auf das Bild klickt, kann man sich die Titelseite des Städtespiegels ansehen. Hier gibt es außerdem die komplette aktuelle Ausgabe des Städtespiegels (große!!! PDF-Datei) herunterladen.

 Städtespiegel Brilon 20. August 2010 (screenshot: zoom)
Städtespiegel 20. August 2010 (screenshot: zoom)

Umleitung: Politikverdrossenheit, Loveparade, Gabriels Wildschwein, WAZ Einkäufe, PCB und mehr …

Bernkastel Kues 2010Partizipative Demokratie: Im „Interview der Woche“ mit dem Sender SWR2 äußert sich Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, zur finanziellen Situation der Kommunen und der Gefahr einer daraus resultierenden Politikverdrossenheit. Städte und Gemeinden seien der Ort, an dem Bürgerinnen und Bürger ihren Staat unmittelbar erleben und wo die Folgen der Finanznot für sie sichtbar würden. Dies könne dazu führen, dass die Menschen sich nicht mehr engagieren, da nichts mehr zu gestalten sei … doppelwacholder

Reiche Gutmenschen und arme Schmarotzer: Unter der Überschrift „7 Wahrheiten über Milliarden-Spender“ singt die Bild-Zeitung das hohe Lied über die Großzügigkeit und will unser Mitgefühl für die Steuerlast der Reichen wecken … nachdenkseiten

Loveparade I: Krisen-PR! meinen die … ruhrbarone

Loveparade II: ein real existierendes schwarzes Loch entdeckt in Duisburg … ruhrtalcruising

Der ist gut 🙂 Sigmar Gabriels Wildschwein-Trick … sprengsatz

Ein Kritiker weniger: WAZ kauft Dirk Graalmann ein … medienmoral

PCB Skandal: nicht im Hochsauerlandkreis? … sbl

Flitzer und Blitzer: Der erste Schritt ist getan in … wiemeringhausen

Das Subjekt der Woche: Ferienparks (sic!) entdecken das Sauerland … westfalenpost

Ein Antrag an den Kulturausschuss mitsamt Einleitung über die Misere des Lokaljournalismus

Durch die Gassen der Soester Innenstadt zur WP
Protest gegen die Schließung der Westfalenpost in Soest (archiv: zoom)

Winterberg/Meschede. „Die Tageszeitung wird zu sehr für die Eliten gemacht, für Honoratioren, für wichtige Leute, für Amtsinhaber, Würdenträger und Vorsitzende“, schrieb vor mehr als einem Jahrzehnt Dieter Golombek im Vorwort zum immer noch lesenswerten Buch „Lokaljournalismus. Themen und Management“ ¹ .

Golombek bezieht sich (S.13f.) auf die Forschung über Lokalzeitungen und schreibt: „Fast nur Lokalhonoratioren sind die Kontaktpartner der Redaktion. Ein Lokalredakteur, der im Gewande des Wissenschaftlers auszog, um dieses Schreckensbild des Lokaljournalismus zu widerlegen und für diesen Zweck den eigenen Redaktionsalltag unter die Lupe nahm, musste genau dieses Schreckensbild bestätigen.“

Wie sehr die Arbeit des Lokalredakteurs an den Schreibtisch gebunden sei, zeige ein anders Ergebnis der Arbeit von Eduard Grimme: Knapp 80 Prozent aller Kontakte laufen per Telefon ab, die Mehrheit der Nachrichten werde nicht recherchiert. „Das meiste kommt automatisch herein und wird lediglich verarbeitet“ (S.14).

Wenn Journalisten ungeprüft das weitergäben, was Politiker sagten, „werden sie zum unentgeltlichen PR-Arbeiter für die Parteien – bis in die Hofnarrenrolle hinein.“

Seit Erscheinen des Buches sind zwölf Jahre vergangen und der Lokaljournalismus scheint in keinem besseren Zustand. Im Hochsauerland, aber auch anderswo, hat sich die Monokultur der Presse vertieft. Die Lokalzeitungen des WAZ-Konzerns verwalten und verwursten konkurrenzlos die ihnen anvertraute Pressefreiheit.

Doch das Vertrauen bröckelt. Die Leserinnen und Leser von heute wissen zwar nicht immer, aber ahnen doch, dass es hinter den Lokalnachrichten aus dem Rathaus, über den Sport, über Bauprojekte und die Bildungslandschaft noch eine zweite Wirklichkeit gibt.

Wer sich bemüht, kann sich heute, anders leichter und selbstverständlicher als vor zwölf Jahren, über das Internet informieren bzw. Kontakte zu anderen Wissensträgern knüpfen und anfangen sich ein eigenes Bild der Wirklichkeit jenseits der Westfalenpost und der lokalen Stammtische zu schaffen. Zur Ehrenrettung der Stammtische sei gesagt, dass dort Lokalpolitik ehrlicher verhandelt wird als in den nicht wenigen PR-Berichten der Westfalenpost.

Guter Lokaljournalismus hat für mich erst einmal nichts mit der politischen Grundausrichtung eines Blattes zu tun. Soll doch die Westfalenpost konservativ, heimatverbunden daherkommen, aber ich möchte einen Journalismus, der die Pressefreiheit wirklich nutzt und nicht nur im Munde führt:

Jede Redaktion, jeder Journalist, hat muss sein Recht, ungehindert recherchieren und berichten zu dürfen, auch in Anspruch nehmen. „Zu diesem Recht gesellt sich die Pflicht, die Freiheit auch zu nutzen“ (Lokaljournalismus, S. 25).

„Kein Journalist darf Nachrichten unterdrücken oder auch nur eine Zeitlang zurückhalten, bloß weil er Ärger befürchtet, Kopfschmerzen hat oder an den Nutzen der Stadt denkt, einer Partei oder einer Interessengruppe.“(ebda)

Die Sauerländer Bürgerliste und die Linke im Kreistag des HSK haben einen Antrag für die nächste Sitzung des Kulturausschusses sowie für die nächste Kreistagssitzung gestellt.

Ihr Thema ist die „Medienvielfalt/Pressefreiheit“.

Ich persönlich weiß nicht, ob dieser Antrag an die richtige Adresse geht, will er doch den Bock zum Gärtner machen, aber ich finde ihn inhaltlich interessant und diskussionswürdig. Eine Kulturausschusssitzung, die sich mit dem Thema „Lokaljournalismus“ in der vorgeschlagenen Form beschäftigt, könnte sehr spannend und aufschlussreich sein.

Hier der Antrag:

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender,

die Kreistagsfraktion Die Linke und das Kreistagsmitglied der SBL Reinhard Loos beantragen hiermit folgenden Tagesordnungspunkt für die nächsten Sitzungen des Kulturausschusses sowie und des Kreistags:

Informationen sowie Aussprache über das Angebot, die Qualität und die Zukunft der Lokalpresse

Erläuterung und Begründung:

Mit Besorgnis beobachten wir, dass seit Beginn der umfangreichen Personalreduzierungsmaßnahmen in den lokalen Redaktionen der WAZ-Gruppe der Informationsgehalt der Westfalenpost/Westfälischen Rundschau äußerst unzureichend geworden ist. Das Niveau aus den Jahren und Jahrzehnten, als WP und WR in den Altkreisen Arnsberg und Meschede noch je einen kompletten eigenen Lokalteil herausgaben, wird nicht annähernd erreicht. Der Fokus liegt nun vorwiegend auf Belanglosigkeiten. Großformatige Bildserien, wie jetzt zur Fußballweltmeisterschaften, füllen Seiten um Seiten. Lokal-Politik findet kaum noch statt. Pluralität ist nicht mehr im erforderlichen Umfang gegeben.
Die Menschen im Sauerland müssen zwangsläufig den Eindruck gewinnen, Politik wird fast nur noch in Düsseldorf und Berlin gemacht. Wen wundert’s, dass die Politikverdrossenheit weiter zunimmt und die Lust am Lesen abnimmt!?  Denn offenbar sind auch viele Leserinnen und Leser der Tageszeitungen unzufrieden und kündigen in großer Zahl ihre Abos.

Daher möchten wir Sie bitten, einen oder mehrere Vertreter der WAZ-Mediengruppe und einen oder mehrere ehemalige Redakteure der Westfalenpost und/oder der Westfälischen Rundschau, z.B. Herrn Gundel,  in die nächste Sitzung des Kulturausschusses einzuladen, mit dem Ziel, ein Resümee über die Auswirkungen der Schließung bzw. Zusammenlegung der Lokalredaktionen zu ziehen. Außerdem möchten wir wissen, wie die WAZ-Gruppe dem Qualitäts- und Leserverlust bei unseren Tageszeitungen entgegen wirken will.

Da lokale Berichterstattung für Kommunalpolitik von sehr hoher Bedeutung ist, möchten wir Sie bitten, dieses Thema in geeigneter Form auch in der nächsten Sitzung des Kreistags aufzugreifen.

Mit freundlichen Grüßen

Beate Raberg, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE

Reinnhard Loos, SBL-Kreistagsmitglied

¹Literatur: Projektteam Lokaljournalisten (Hrsg.), Lokaljournalismus. Themen und Management., München 1998.