Nach dem Sturz von Sebastian Kurz: Chaos in der Kurzparkzone … misik
Alle festangestellten Fotograf:innen zum 30.06.2022 gekündigt: Rote Linie überschritten – betriebsbedingte Kündigungen bei DuMont Schauberg in Köln ausgesprochen … ver.di
Trotz Entschärfungen: Versammlungsfreiheit in NRW wird spürbar eingeschränkt … netzpolitik
Pandemie: Neue Virusvariante „Omikron“ erreicht Dortmund … nordstadtblogger
Das Fest der Liebe: „… warne die Innenministerkonferenz vor einer Welle der Gewalt, die von den Kundgebungen der Corona-Kritikern ausgehen würden. Die Polizei sei mit Härte und Entschlossenheit in allen…“ … zynaesthesie
Comic-Zeichenkunst: Realistische Phantastik – was den europäischen Comiczeichner Moebius mit dem amerikanischen Superhelden-Zeichner Jack Kirby verbindet … endoplast
Zoom-Tricks für Podcast: es gibt eine Lösung. Und diese Lösung liegt in Zoom selbst. Man muss sich allerdings etwas tiefer mit Zoom befassen … ruhrnalist
Chinas Raubbau an der Natur: Fotografien von Lu Guang im Bergbau-Museum Bochum … revierpassagen
Jüdischer Friedhof in Hohenlimburg soll Kulturdenkmal werden: Antrag der SPD-Fraktion im Hagener Kulturausschuss … doppelwacholder
Winterberg & HSK: Wie soll die Bobbahn künftig finanziert werden? … sbl
Auf dem Vulkanpfad bei Welleringhausen (foto: zoom)
Rechte Esoterik: Heilpraktikerin in der Drahtzieher-Rolle … blicknachrechts
Zwischen Goldhandel und Verschwörungsmythen: Am dritten Septemberwochenende 2021 fand in Wiesbaden der »SOLIT Go for Gold-Wertekongress« statt. Eine Werbeveranstaltung für Edelmetalle, bei der die Klaviatur der Manipulation und Demokratiehetze professionell gespielt wurde … derrechterand
Union: Der Lack ist ab. Die Union liegt am Boden. Sie verlor bei der Bundestagswahl ihren Vorrang. Sie ist zerstritten. Beide Parteichefs sind diskreditiert. Die CSU ist inhaltlich verdorrt … postvonhorn
Was heißt Solidarität in der Corona-Ära? Auch mehr Patienten ohne COVID werden wegen Überlastung der Krankenhäuser sterben … scilogs
Zeitzünder (Satire): Heute ist es wieder so weit: die Zeit in der EU wird auf die Mitteleuropäische Normalzeit umgestellt. Nachgewiesen sind statt Energieeinsparungen ein enormer Mehrverbrauch, gesundheitliche Schäden bei Menschen, Nachteile für Nutztiere und damit verbundene Probleme für die Landwirtschaft wie auch für andere Wirtschaftszweige … zynaesthesie
3000 (Polizei)/7000 (Veranstalter) haben am Samstag in Köln gegen das Versammlungsgesetzgesetz protestiert. (foto: zoom)
Versammlungsgesetz NRW: Tausende protestieren in Köln gegen Einschränkungen des Demonstrationsrechts … netzpolitik
Erinnerung und Mahnmal: die jüdischen Friedhöfe in Dortmund-Aplerbeck … nordstadtblogger
Der Benzinpreis als Symbol des Politikversagens: Es ist dringend geboten, die Verkehrswende zum Prio 1 – Thema zu machen. Verkehr muss nachhaltiger, vernetzter, elektrischer werden. Da beißt die Maus keinen Faden ab … unkreativ
Zum 100-jährigen Bestehen: Museum Folkwang lockt 2022 mit Impressionisten – und anderen Highlights … revierpassagen
„Kultur ist in Krisenzeiten wichtig“: 43.000 Menschen kamen in der Saison bisher ins Freilichtmuseum Hagen … doppelwacholder
Schlechte Bilanz beim Klimaschutzkonzept im HSK: Bereits im Jahr 2013 wurde vom Kreistag des HSK ein “Integriertes Klimaschutzkonzept” beschlossen. Dazu gehört ein Maßnahmenkatalog, der aus insgesamt 84 Punkten besteht … sbl
Das üppige Unkraut ist weg und die Hecke ist geschnitten (foto: zoom)
Anfang August hatte ich mich hier im Blog über den Zustand des Jüdischen Friedhofs in Winterberg echauffiert. Der Buschfunk hat mir gemeldet, dass sich Lokalpolitiker über den Beitrag empört hätten. Ich könne, wenn es mich denn störe, selber mit anpacken.
Das ist ziemlich albern, denn die Lokalpolitiker sollten nicht die Überbringer der schlechten Nachricht beschimpfen, sondern dafür sorgen, dass der Mangel abgestellt wird.
Nach meinen Informationen kümmern sich Bauhof und Junge Union Winterberg um den Friedhof. Ich finde das gut, aber wenn es zuviel Arbeit sein sollte, könnten die Beteiligten überlegen, ob man das Engagement nicht verbreitern sollte.
Was ist mit dem Heimat- und Geschichtsverein? Könnten Geschichtsprojekte von Sekundarschule und Geschwister-Scholl-Gymasium nicht unterstützend tätig werden? Die anderen Parteien?
Ausschnitt aus der Informationstafel am Jüdischen Friedhof in Willebadessen (Autor: Ansgar Holzknecht)
Vor knapp einer Woche hatte ich von meinem Besuch in Willebadessen, samt Schmetterlingspfad und Jüdischem Friedhof hier im Blog berichtet und auf die hervorragende Informationstafel neben dem Friedhof hingewiesen.
Der Autor, Herr Ansgar Holzknecht, hat mir die Tafel inzwischen auch als PDF zur Verfügung gestellt. Vielleicht kann sie anderen lokalen Geschichtsgruppen als Vorbild dienen. Ich möchte einige Teile hier im Blog vorstellen, was aber niemanden davon abhalten sollte, selbst einmal Willebadessen und die historischen Orte zu besuchen.
Der Text über die Familie Stern:
Bendix Stern (gest. 1897) und Friederike, geb. Rose: kleine Landwirtschaft und ein Kolonialwarengeschäft. Nach einem Brand 1893 bauen sie ein massives Backsteinhaus in der Lange Str. Nr. 73, heute Nr. 24. Nach der Reichspogromnacht 1938 muss das Geschäft aufgrund einer Anordnung der Wirtschaftskammer mangels „volkswirtschaftlichen Interesses“ aufgegeben werden. Während des Krieges wird das Haus mit franz. Kriegsgefangenen belegt.
Kinder: Moritz 1874 – 1933, Julius 1881 – 1939 und Rosa 1886 – 1942.
Julius heiratet die Nichtjüdin Mathilde und wohnt mit Familie in Berlin. Als Postbeamter bekommt er 1933 Berufsverbot. Er sucht Schutz in Willebadessen bei Schwester Rosa. Nach mehrtägiger GESTAPO-Vernehmung und Hitlers Rede am 30.01.1939 über die Vernichtung der jüd. Rasse in Europa begeht er Selbstmord auf dem Dachboden des elterlichen Hauses.
Rosa wird nach Zwangsaufgabe des Geschäftes Hausgehilfin in Warburg. Im März 1942 wird sie mit 1000 Juden aus dem Gestapoleitbezirk Münster ins Ghetto nach Warschau deportiert, wo sie noch im selben Jahr stirbt.
Viktor Stern, ( Sohn von Julius und Mathilde und Tante Rosas Neffe) wird ähnlich seinem Vater von der Berliner Verkehrsgesellschaft „gemäß Gesetz und Verordnung“ ebenfalls 1933 gekündigt. 1935 Militärdienst in Minden, aber als Halbjude 1937 unehrenhaft entlassen. 1937 Heirat mit Resi Markhoff aus Willebadessen, das er oft besucht. Als Kraftwagenführer (seit Nov 37) „wegen behördlicher Abnahme des Führerscheins“ April 1939 entlassen. 1939 bis 41 Hausinspektor; 194143 Arbeiter. Am 29. Juni 43 mit Frau Resi und den Kindern Manfred und Denny von Berlin nach Theresienstadt und von dort nach Auschwitz deportiert. Resi Stern und ihre zwei kleinen Kinder wurden dort ermordet. Der Vater Viktor Stern überlebt im Außenlager Golleschau und dann die „Todesmärsche“ vor den nahenden Russen. Er konnte zuletzt dem „Dachauer Todesmarsch“ entfliehen, wurde von den Amerikanern in einer Behelfskrankenstation gepflegt und war 1948 wieder bedingt arbeitsfähig. Viktor hat wirklich „alles“ durchgemacht!!!
Viktor kehrte nach dem Krieg wiederholt nach Willebadessen zurück, um alte Freunde zu besuchen. Er starb 1987 bei München. – Sein Bruder Heinrich mit Frau Hedva fand in Palästina in der Kibbuzbewegung neue Heimat. – Sein Bruder Bernhard überlebte den Krieg mit seiner „arischen“ Frau Lizbet und seiner evang. Mutter Mathilde in Berlin.
Viktor hatte aus einer späteren Ehe noch einen Sohn Henry (*1971). Dieser schrieb zum Abitur eine „Facharbeit“ über das Familienschicksal. Er lebt als Journalist in Bayern.
„Das Land fördert weiterhin neben den Leistungen nach Artikel 1 eine der jüdischen Tradition entsprechende Erhaltung und Pflege der geschlossenen jüdischen Friedhöfe in Nordrhein-Westfalen.“
Das heißt nach meiner Lesart, es fließen Gelder für die Pflege des Jüdischen Friedhofs in Winterberg.
Sind die Gelder jetzt, Mitte des Jahres, schon aufgebraucht, sodass trotz Dürre das Kraut in eine derartige Höhe schießen kann?
Oder ist es einfach nur geschichtsvergessene Schlampigkeit?
Ergänzung:
„Kultusministerkonferenz
Bericht und Empfehlungen zur Erhaltung und Pflege jüdischen Kulturguts in Deutschland
[…]
2. Pflege jüdischer Friedhöfe
Die Friedhöfe der ehemaligen jüdischen Gemeinden in Deutschland bedürfen einer ständigen Pflege und Betreuung. In den alten Ländern wird diese Betreuung auf der Grundlage einer Absprache zwischen Bund, Ländern und Vertretern jüdischer Organisationen in Deutschland vom 21.6.1957 durchgeführt. Die Mittel für die Betreuungs- und Pflegemaßnahmen werden nach dieser Absprache vom Bund und von den Ländern je zur Hälfte aufgebracht. Nach dem Inhalt der Absprache müssen die Betreuungsmaßnahmen den religiösen Überzeugungen und der jahrtausendealten Tradition des Judentums Rechnung tragen.
Danach ist der jüdische Friedhof eine Stätte der Totenruhe. Die Ruhe der Toten gilt als unantastbar. Der jüdische Friedhof muß daher als eine in die Landschaft eingefügte Gesamtheit dauernd erhalten bleiben. Dazu gehören nach der erwähnten Absprache:
Erhaltung einer sicheren Einfriedung mit verschließbarem Tor, ordnungsmäßige Unterhaltung der Zugangswege und der Hauptwege auf dem Friedhof, regelmäßiges Schneiden des Grases und Beseitigung des Unkrautes. Umgefallene Grabsteine sind wieder aufzurichten. Eine individuelle Pflege des Einzelgrabes bleibt den Angehörigen des Verstorbenen bzw. den zuständigen jüdischen Stellen überlassen. Einzelfragen sind in Verbindung mit den zuständigen jüdischen Stellen zu klären.“
Einstieg in den Schmetterlingspfad bei Willebadessen (foto: zoom)
Das Blog ist am 5. August 2008 „auf Sendung gegangen“. Am zehnten Geburtstag wollte ich einfach irgendwohin, wo ich noch nicht war. Mein Finger senkte sich auf der Landkarte über Willebadessen: Schmetterlingspfad.
Ein Kollege hatte mir den Ort empfohlen.
Makroobjektiv auf die Spiegelreflex geschraubt, Kompaktkamera in die Hosentasche gesteckt und neunzig lange Autominuten in den Osten des Regierungsbezirks Detmold gejückelt.
Google Maps hat mich exakt auf den Parkplatz vor dem Schmetterlingsschild dirigiert. Die Lieblingsblüten der Schmetterlinge waren verblüht. Hier und da flatterte ein Bläuling und ab und zu auch ein Weißling unruhig aus dem Bildfeld heraus. So sind sie. Gerade, wenn du sie scharf im Fokus hast, wenn die VR (Vibration Reduction) nicht mehr pumpt, sind sie weg.
Einen Vertreter habe ich halbwegs akzeptabel erwischt, auch wenn der hintere Flügel schärfer abgebildet ist als der vordere. Was soll’s. Im nächsten Jahr komme ich wieder, besser im Juni.
Ich nenne ihn Bläuling, solange bis ich im Bestimmungsbuch für Schmetterlinge nachgeschaut habe. (foto: zoom)
Nachdem ich lange auf der Hochfläche zwischen Windrädern und Scheunen umher geirrt war, einen Bauern mit Heuballen zwei Mal getroffen und zwei Mal gegrüßt hatte, wollte ich frustriert zurück zum Parkplatz. War’s das schon mit dem Schmetterlingspfad?
Zehn Jahre Blog und gerade mal ein Bläuling. Ein älteres Ehepaar kam mir entgegen. Ja, im Grunde wäre es das, aber man könne noch eine Runde gehen. Wieder ein Stück zurück und dann …
… am jüdischen Friedhof vorbei zurück zum Parkplatz.
Der jüdische Friedhof in Willebadessen (foto: zoom)
Das Ehepaar war eine wandelnde Geschichtsquelle, und nicht nur das. Sie haben, so erzählten sie mir, mit dafür gesorgt, dass der Friedhof heute so gepflegt aussieht, wie ich ihn vorgefunden und gesehen habe.
Julius Stern: Ein Grabstein. Ein Name, eine Geschichte (foto: zoom)
Eine spannende Erzählung, die mit einem unter Büschen verborgenen Grabstein begann und viele Nebengeschichten hervorgebracht hat. Die Familiengeschichte des Mannes. Seine eigene Betroffenheit. Seine Motivation sich als nach Willebadessen Zugezogener zu engagieren. Seine Verbindungen. Seine Quellen.
Als wir den Parkplatz erreichten, unterhielten wir uns schon über „Gott und die Welt“. Mir schwirrte der Kopf. Wir haben unsere Email-Adressen ausgetauscht.
Ich bin ziemlich sicher, dass dieser Blogeintrag der Beginn einer wunderbaren neuen Entdeckung ist und den vagen Andeutungen (s.o.) demnächst Fakten und Narrative folgen werden.
Eine solche Informationstafel fehlt beispielsweise an den jüdischen Friedhöfen in Winterberg und Olsberg. Vorbild Willebadessen. (foto: zoom)
Der Besuch in Willebadessen war ein schönes Geburtstagsgeschenk. Das Blog dankt.
Der jüdische Friedhof in Olsberg-Bigge Ende Mai (foto: zoom)
Bis vor kurzem wusste ich nicht, dass es in Olsberg-Bigge einen jüdischen Friedhof gibt. Der Hinweis einer Olsberger Bürgerin („schwer zu finden, keine Hinweisschilder, im Gewerbegebiet vor HSK Duschkabinen links halten“) hat mich neugierig gemacht.
Gesucht. Gefunden. Nicht ganz leicht.
Der Friedhof liegt sehr gepflegt unter Bäumen, direkt neben der Umgehungsstraße. Wenn der Verkehrslärm nicht wäre, könnte man den Ort idyllisch nennen.
Ein Holzzaun, ein schmiedeeisernes Tor, etwas hakelig zu öffnen.
Ich schaue mich um, fotografiere die Grabsteine. Eine erste Internetrecherche verläuft recht dürftig.
„Der Jüdische Friedhof, im Volksmund „Judenfriedhof“ genannt, wurde Ende des 19. Jahrhunderts angelegt. Der Friedhof wurde ausgelegt für 10 Familien. Bis dahin wurden die Toten der jüdischen Gemeinde aus Bigge, Olsberg und Assinghausen in Brilon beerdigt worden.
Das Grundstück ist damals von jüdischen Familien gespendet worden und in der Flurbereinigung 1903 – 1906 an die jüdische Synagogengemeinschaft Bigge übergegangen.
Die Grabsteine sind teilweise noch gut erhalten, einige Schriften lassen sich noch gut lesen, teilweise in hebräischer und deutscher Schrift.
Die ehemals vorhandenen Grabplatten sind spurlos verschwunden.
Die ältesten Gräber datieren von 1895 . Die letzte Beerdigung fand 1935 statt.
Heutiger Besitzer ist die jüdische Gemeinde in Dortmund“
Die Projektseite namens „Vile“ bietet als Text lediglich einen kurzen Absatz („Der Friedhof datiert von 1873, liegt am Ortsausgang neben einer Bundesstrasse. Es sind noch 25 Grabsteine vorhanden.“), darüber hinaus aber 15 Fotos, die den Friedhof und seine Umgebung recht authentisch abbilden.
Das Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland listet zwar den jüdische Friedhof Olsberg-Bigge auf, es sind dort aber keine Informationen hinterlegt/verlinkt.
Im „Strunzerdaal 14“ von 1995 ist (nach bibliografischen Angaben) ein Artikel von Paul Schikora und Heinz Lettermann mit dem Titel „Der jüdische Friedhof „Am Grümmeckeberge“ in Bigge“ erschienen. Dieses Heimatheft muss ich noch in die Hände bekommen.
Soweit erst einmal. Über das Internet komme ich zur Zeit nicht weiter.
Mein nächster Ansprechpartner wird der Heimatbund der Stadt Olsberg sein.
Heute habe ich zum ersten Mal seit ich im Hochsauerland wohne den jüdischen Friedhof in Winterberg besichtigt.
Gegenüber dem Aufgang zum Friedhof
Der Aufgang zum Friedhof befindet sich am Ende der Wernsdorfer Straße, gegenüber dem ehemaligen „Müttergenesungsheim“, jetzt „Landhaus Fernblick“, in Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt(AWO).
Aufgang zum Friedhof
Als ich die Treppen hochstieg war der Schnee noch ohne Trittspuren von Besuchern. Ich habe das Tor geöffnet und sah als erstes den Gedenkstein.
Die Gedenktafel
Ich habe versucht, einen Überblick zu gewinnen.
Zahl der Gräber:Acht
In dem Moment als ich das Foto aufnahm, fuhr eine Pferdekutsche mit Touristen vorbei. Sie nahmen mich wahr. Daraufhin ging der Kutscher auf den historischen Ort ein: „Das da rechts ist der Judenfriedhof“, hörte ich mit halbem Ohr und die beiden Pferde klapperten samt Kutsche weiter über den Straßenasphalt Richtung Schmantel-Rundweg.
Schmantel: Blick Richtung Dumel
Es gibt nach meinem Eindruck keine hinreichende Geschichtsschreibung über die (ehemalige) jüdische Bevölkerung Winterbergs.
Der Beginn der Diktatur 1933 brachte das Ende der Demokratie und der kommunalen Selbstverwaltung sowie die Verfolgung der Juden in Winterberg. Erstmalig lässt sich eine jüdische Familie in Winterberg für das Jahr 1672 nachweisen. Sie ernährte sich von Schlachterei und vom Handel, nichts Ungewöhnliches in dieser Stadt. 1808 zwangen die Hessen die Juden, erbliche Familiennamen anzunehmen. Seit der Zeit war der übliche Name „Winterberger“. Im 19. Jahrhundert teilte sich die Familie in mehrere kinderreiche Zweige auf, von denen viele erfolgreiche Kaufleute waren.
Unter dem Druck der Nazis wurde 1937 der Verkauf der „Winterberger – Branntwein- und Liquörfabrik“ durchgeführt. Während der Sohn der Eigentümer in die USA auswandern konnte, wurden die Eltern im 2. Weltkrieg in Riga und im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig ermordet. Von einer zweiten Familie, die sich von einem Textilgeschäft ernährte, konnten die beiden Kinder vor Kriegsausbruch in der Schweiz und in Großbritannien in Sicherheit gebracht werden. Die Eltern jedoch wurden 1943 in Auschwitz umgebracht. Das Vermögen der Familie wurde „beschlagnahmt“ und „versteigert“. Eine dritte Familie, eine Jüdin und ihre halbjüdische Tochter, beide katholischen Glaubens, wurden 1944 in ein Arbeitslager verschleppt und haben den Krieg und die Verfolgungen überlebt. Von den überlebenden Juden „Winterberger“ ist keiner mehr zurückgekehrt.[14] Weitgehend verborgen liegt der jüdische Friedhof im Ostteil der Kernstadt.
Umbenannt: seit 1808 „Winterberger
An dem oben zitierten Text fällt mir der fast durchgängige Gebrauch des Passivs auf.
Beispiel:
„Unter dem Druck der Nazis wurde 1937 der Verkauf der „Winterberger – Branntwein- und Liquörfabrik“ durchgeführt.“
Hier frage ich mich, wie dieser Druck in Winterberg ausgeübt wurde. Geschichte wird von Menschen gemacht.
Wer hat die Fabrik gekauft?
Auch der Ausdruck „durchgeführt“, der heute noch in der Beamtensprache quicklebendig ist, vernebelt die Wirklichkeit anstatt sie zu durchleuchten.
Wer führte, was, wann, aus welchem Grunde durch?
Alte, verwitterte Grabsteine
Statt Passiva können auch Gruppenzuschreibungen die Zusammenhänge verdunkeln.
Beispiel:
„1808 zwangen die Hessen die Juden, erbliche Familiennamen anzunehmen.“
Alle Hessen? Wie das?
Neue Grabsteine auf alten Gräbern
Weiter mit den Passiva:
„Das Vermögen der Familie wurde „beschlagnahmt“ und „versteigert“.“
Wer beschlagnahmte und welche Personen versteigerten und ersteigerten die Vermögen?
Inschrift im Detail
„Von den überlebenden Juden „Winterberger“ ist keiner mehr zurückgekehrt.“
Sind ihre Spuren abgeschnitten? Gibt es sie noch? Wo leben sie oder ihre Nachfahren?
Stadt Winterberg, Hochsauerlandkreis ADRESSE: Wernsdorfer Strasse, am Berghang BELEGUNGSZEIT: 2. Hälfte 19. Jahrhundert – 1935 GRABSTEINE: 8 DOKUMENTATION:
– 1994 durch Michael Senger (Belegungsliste, Belegungsplan)
– 2000 durch Dieter Peters (7 Fotos: Grabsteine und Friedhofsansichten) VERÖFFENTLICHUNGEN:
– Geschichte in Westfalen-Lippe 1987, S. 77.
– Belegungsliste, Belegungsplan in Senger 1994, S. 383 – 384.
Sowie:
Nikolaus Schäfer: Juden in Winterberg, in: De Fitterkiste 4 (1992)
Sofern Sie Ihre Datenschutzeinstellungen ändern möchten z.B. Erteilung von Einwilligungen, Widerruf bereits erteilter Einwilligungen klicken Sie auf nachfolgenden Button.
Einstellungen