Ich wollte zum zehnten Blog-Geburtstag Schmetterlinge und bekam eine Lehrstunde in Geschichte

Einstieg in den Schmetterlingspfad bei Willebadessen (foto: zoom)

Das Blog ist am 5. August 2008 „auf Sendung gegangen“. Am zehnten Geburtstag wollte ich einfach irgendwohin, wo ich noch nicht war. Mein Finger senkte sich auf der Landkarte über Willebadessen: Schmetterlingspfad.

Ein Kollege hatte mir den Ort empfohlen.

Makroobjektiv auf die Spiegelreflex geschraubt, Kompaktkamera in die Hosentasche gesteckt und neunzig lange Autominuten in den Osten des Regierungsbezirks Detmold gejückelt.

Google Maps hat mich exakt auf den Parkplatz vor dem Schmetterlingsschild dirigiert. Die Lieblingsblüten der Schmetterlinge waren verblüht. Hier und da flatterte ein Bläuling und ab und zu auch ein Weißling unruhig aus dem Bildfeld heraus. So sind sie. Gerade, wenn du sie scharf im Fokus hast, wenn die VR (Vibration Reduction) nicht mehr pumpt, sind sie weg.

Einen Vertreter habe ich halbwegs akzeptabel erwischt, auch wenn der hintere Flügel schärfer abgebildet ist als der vordere. Was soll’s. Im nächsten Jahr komme ich wieder, besser im Juni.

Ich nenne ihn Bläuling, solange bis ich im Bestimmungsbuch für Schmetterlinge nachgeschaut habe. (foto: zoom)

Nachdem ich lange auf der Hochfläche zwischen Windrädern und Scheunen umher geirrt war, einen Bauern mit Heuballen zwei Mal getroffen und zwei Mal gegrüßt hatte, wollte ich frustriert zurück zum Parkplatz. War’s das schon mit dem Schmetterlingspfad?

Zehn Jahre Blog und gerade mal ein Bläuling. Ein älteres Ehepaar kam mir entgegen. Ja, im Grunde wäre es das, aber man könne noch eine Runde gehen. Wieder ein Stück zurück und dann …

… am jüdischen Friedhof vorbei zurück zum Parkplatz.

Der jüdische Friedhof in Willebadessen (foto: zoom)

Das Ehepaar war eine wandelnde Geschichtsquelle, und nicht nur das. Sie haben, so erzählten sie mir, mit dafür gesorgt, dass der Friedhof heute so gepflegt aussieht, wie ich ihn vorgefunden und gesehen habe.

Julius Stern: Ein Grabstein. Ein Name, eine Geschichte (foto: zoom)

Eine spannende Erzählung, die mit einem unter Büschen verborgenen Grabstein begann und viele Nebengeschichten hervorgebracht hat. Die Familiengeschichte des Mannes. Seine eigene Betroffenheit. Seine Motivation sich als nach Willebadessen Zugezogener zu engagieren. Seine Verbindungen. Seine Quellen.

Als wir den Parkplatz erreichten, unterhielten wir uns schon über „Gott und die Welt“. Mir schwirrte der Kopf. Wir haben unsere Email-Adressen ausgetauscht.

Ich bin ziemlich sicher, dass dieser Blogeintrag der Beginn einer wunderbaren neuen Entdeckung ist und den vagen Andeutungen (s.o.) demnächst Fakten und Narrative folgen werden.

Eine solche Informationstafel fehlt beispielsweise an den jüdischen Friedhöfen in Winterberg und Olsberg. Vorbild Willebadessen. (foto: zoom)

Der Besuch in Willebadessen war ein schönes Geburtstagsgeschenk. Das Blog dankt.