Kommunale Zukunftsgespräche Teil II: Gibt es Hoffnung für das Hochsauerland?

Herausforderungen für das Hochsauerland
Die Herausforderungen für das Hochsauerland

“Wenn man heute Deutschland neu erfinden müsste, dann gäbe es keine Dörfer mehr.”

Vor zwei Tagen hatte ich über den äußeren Rahmen und das Referat von Reinhard Loos über den „demographischen Wandel“ im Sauerland berichtet(hier) und versprochen, die Podiumsdiskussion in einem zweiten Artikel auszuwerten.

Diese Versprechen löse ich an dieser Stelle zu einem geschätzten Fünftel ein.

Franz-Josef Rickert, Fachbereichsleuter Strukturförderung und Regionalentwicklung beim Hochsauerlandkreis(HSK), erklärte gleich zu Beginn der Aussprache, dass er froh sei, zum Thema zu referieren, selbst wenn nur 20 Zuhörer anwesend seien.

Das Hochsauerland sei vom Bevölkerungsrückgang besonders betroffen wie auch viel andere Landkreise. Diese lägen aber zumeist im Osten, in den neuen Bundesländern.

„Man kann das Thema nicht oft genug diskutieren“, bekräftigte Rickert und versuchte deutlich zu machen, welche „Stellschrauben“ es für ihn vor Ort gäbe.

Weder die Finanzierung der Renten noch die Steuerreform sei ein Thema für die Kommunen.

Wie aber könnte der Kreis es schaffen in die Bildungswanderung einzugreifen?

„Die jungen Leute kommen gehen weg zum Studieren und kommen nicht zurück.“

An der Fachhochschule in Meschede gäbe es 1800 Studienplätze, die in naher Zukunft auf fast 3000 aufgestockt würden. Das aber reiche nicht zur Trend-Umkehr.

Die Mobilität sei sehr wichtig: „Abends ins Theater, Ausgehen, Kneipenbummel ohne Auto“, da wo es einen hervorragenden öffentlichen Personennahverkehr gäbe , stiege auch die Bevölkerung.

Den gäbe es aber nicht im Hochsauerland, „denn wenn nur dreimal am Tag der Bus fährt, dann ist das unattraktiv“.

Zusammen mit dem Kreis Soest untersuche er zur Zeit innovative Busverbindungen, aber die Kehrseite sei: „Je weniger Menschen in der Region wohnen, desto weniger werden den ÖPNV benutzen. Die Buslinien im Hochsauerland finanzieren sich zum größten Teil über die Schüler.“

Am Hellweg, so Reinhard Loos, gäbe es eine hervorragenden ÖPNV . Die Bevölkerung wachse in Geseke um 4 Prozent, hingegen schrumpfe sie in Meschede um 11 Prozent.

„Wir kämpfen!“, versprach Franz-Josef Rickert, „immerhin haben wir zu den Hauptzeiten noch einen Halbstundentakt bei der oberen Ruhrtalbahn.“

—Hier mache ich einen Schnitt.—

Es fehlt die gesamte Diskussion zur Breitband-Initiative, Schulpolitik, Arbeitsmarktpolitik und Ärzteversorgung, die ich irgendwann noch einmal verwerten werde, aber nicht hier in der Berichterstattung über den Mittwochabend im Mescheder Kreishaus.

Viele interessante Fakten und bereichernde Beiträge kamen vom Podium und aus dem Publikum.

Schade, es hätte richtig zur Sache gehen können, denn, so Matthias Schulte-Huermann: „Alle etablierten Parteien waren eingeladen und glänzten durch Abwesenheit.“

In Teil III werde ich darüber nachdenken, ob und gegebenenfalls wie es einen Sinn macht, die Diskussion um den Bevölkerungsrückgang im HSK zu verbreitern.

Gymnasium Winterberg: Kommunikations-Insel – Spender unbekannt?

Baustelle "Kommunikations-Insel" im vergangenen Winter
Geschwister-Scholl-Gymnasium Winterberg: Baustelle „Kommunikations-Insel“ im vergangenen Winter

Ich habe mir inzwischen die Print-Ausgabe des von mir kritisierten Artikels „Meinungsvielfalt zur Kommunikations-Insel am Gymnasium Winterberg“ besorgt und wie geschrieben ausgeschnitten.

In meiner Kritik hatte ich bemängelt, dass der Artikel in „DerWesten“ ohne Autorenangabe ist erschienen ist. Dies ist bei der Print-Ausgabe nicht der Fall.

Ich weiß nicht, ob die Unterschlagung des Autors Nachlässigkeit oder Usus ist.

Nachdem sich mein Adrenalin-Spiegel gesenkt hatte, habe noch einmal über die Baustelle auf dem Schulhof des Gymnasiums nachgedacht und meine Ohren offen gehalten.

Die Gespräche, die geführt habe, haben mich davon überzeugt, dass der Kern der Geschichte durch die folgenden Fragen offen gelegt werden könnte:

Wie sieht der Finanzierungsplan aus?

Wer sind die „großzügigen Spender“?

Beantworten müsste diese Fragen in letzter Konsequenz der Schulträger. Das ist die Stadt Winterberg.

Grube für die Bahn

Zwei Dinge fallen mir an Rüdiger Grube, dem Nachfolger von Hartmut Mehdorn auf:

Erstens war er bislang Manager eines Autokonzerns.

Zweitens gilt er als Vertrauter Mehdorns.

Letzteres kommentiere ich nicht.

Zu der Tatsache, dass Grube als Manager von Daimler geht, um mit Hilfe von Ziehvater Mehdorn zur Bahn zu kommen, folgender Gedanke:

Ich habe noch vage in Erinnerung, wie die Zerstörung des öffentlichen Nah- und auch Fernverkehrs in den USA vonstatten ging: Die Autokonzerne kauften die Bahn und legten sie still. Fortan benötigte der US-Amerikaner ein Auto zur Fortbewegung in den USA, insbesondere in den Metropolen.

Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl. Nennen wir es Intuition.

Update: noch kurz vor dem PC-Shutdown gesurft und hier ist Albrecht Müller.

Darwin ab Mai: Veranstaltungsreihe an der TU Dortmund

Prof. Dr. Claus Leggewie
Prof. Dr. Claus Leggewie

Unter dem Titel „Darwins (r)evolutionäre Gedanken“ veranstaltet die Fachgruppe Biologie und Didaktik an der Technischen Universität Dortmund in Kooperation mit der Giordano Bruno Stiftung, der Max Traeger Stiftung und der Gesellschaft der Freunde der Universität e.V. das Kolloquium „Biologie und Gesellschaft“.

Zum Auftakt der interdisziplinären Veranstaltungsreihe hält der Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Claus Leggewie am Montag, dem 04. Mai 09, den Vortrag „Die Religiöse Rechte und die Wissenschaft“. Veranstaltungsort: Technische Universität Dortmund, HS 2, Gebäude II, Beginn: 16.45 Uhr, Eintritt frei

Bevölkerungsschwund, Schulschließungen und verlassene Häuser und Dörfer. Hat das Sauerland ein Zukunft?

Auf dem Podium: Reinhard Loos, Matthias Schulte-Huermann, Franz-Josef Rickert
Auf dem Podium: Reinhard Loos, Matthias Schulte-Huermann, Franz-Josef Rickert

Gestern Abend fand das „Erste kommunale Zukunftsgespräch“ im Kreishaus Meschede statt. Eingeladen hatte die Kreistagsfraktion der Sauerländer Bürgerliste(SBL). Das Thema lautete etwas sperrig: „Demographischer Wandel – Herausforderung für eine vorausschauende Entwicklung unserer Städte und Gemeinden.“

Auf dem Podium referierten und diskutierten Reinhard Loos, Teamleiter für die Bevölkerungsvorausberechnungen im „Wegweiser Kommune“ der Bertelsmann Stiftung, Matthias Schulte Huermann(Moderation, SBL) und Franz-Josef Rickert, Fachbereichsleiter Strukturförderung und Regionalentwicklung beim Hochsauerlandkreis.

Im großen Plenarsaal des Kreishauses saßen 20 interessierte Bürgerinnen und Bürger aus der Altersgruppe 40++, von denen sich die meisten in Bürgerinitiativen(Meschede) und freien Wählergemeinschaften(Hallenberg, Medebach) engagieren.

„Normalerweise kommen 60 bis 300 Leute zu meinen Vorträgen“, wunderte sich Reinhard Loos und mutmaßte die mangelhafte Berichterstattung in der Westfalenpost und Westfälischen Rundschau als Ursache. „Ohne Tagespresse ist es schwierig, so etwas hinzukriegen.“

Loos ist Statistiker und hat mit seiner Firma 200 Millionen Daten für alle Gemeinden in Deutschland bis zum Jahr 2025 hochgerechnet.

Das Ergebnis ist für das Hochsauerland schlecht:

Das mittlere (mediane) Alter steigt von 42 auf 48 Jahre. Die Bevölkerung sinkt um 9,2 Prozent. Wichtige Altersgruppen brechen dramatisch ein:

die 3-5-Jährigen bis zu 20 Prozent,

6-9-Jährige bis zu 30 Prozent und

die 10-15-Jährigen bis über 30 Prozent.

Ein Drittel der Winterberger wird beispielsweise 65 Jahre und älter sein.

Das alles hat Folgen für Kitas, Grundschulen und die Schulen der Sekundarstufe I wie zum Beispiel Schließungen und Ausdünnung von Betreuungseinrichtungen und Schulen.

Die 18 bis 24-Jährigen wandern zur Ausbildung in die Städte ab und kommen nicht wieder.

Den Zuwachs haben Paderborn, Köln, Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis.

Die Ironie der Sauerländer Lebens- und Liebeslust: „Die Frauen im Hochsauerland bekommen zwar viele Kinder(pro Frau), aber es sind nur noch wenige(Frauen) da.“ (Reinhard Loos)

Folgt man dem Statistiker Loos, sind die Aussichten für das Sauerland düster:

  • weniger junge Leute
  • mehr alte Menschen
  • weniger Steuern
  • weniger Schlüsselzuweisungen

Seine Zahlen seien solide, wissenschaftlich fundiert und belastbar.

Einzig ein anderes ehernes Gesetz der Statistik könne, so Loos, den Trend ins scheinbar Bodenlose umkehren – das Gesetz der „selbstzerstörerischen Prognose“, welches sich in dem Moment auswirke, wenn die Gemeinden begännen, auf die Prognose zu reagieren.

Die Beiträge und Gedanken der nachfolgenden Podiums- und Plenumsdiskussion werde ich morgen in einem zweiten Artikel verarbeiten.

Zitat von Franz-Josef Rickert:

„Wenn man heute Deutschland neu erfinden müsste, dann gäbe es keine Dörfer mehr.“

ADAC Schulbustest – Jetzt sindmüssen die Lokalreporter dran

Der Westen will Input und  - bekommt ihn nicht, denn der Leser will output!
Der Westen will Input und – bekommt ihn nicht, denn der Leser will Output!

Der ADAC hat Schulbuslinien getestet. Das war mindestens eine gute PR-Aktion für den ADAC, aber darüber hinaus auch eine Steilvorlage für die Lokalzeitungen.

Die Journalisten vor Ort könnten sich zum Beispiel fragen: Wie sieht es eigentlich bei uns mit den Schulbussen aus? Unter welchen Bedingungen fahren die Schülerinnen und Schüler jeden Morgen zur Schule und am Nachmittag dann wieder nach Hause. Sitzplätze, Fahrpläne, Sicherheit.

Und dann kommt der interessanteste Arbeitstag seit langem. Ein Reporter fährt Schulbus und berichtet. Er sucht sich eine Strecke aus und steht um 6.45 am Morgen an der Haltestelle. Fährt mit den Schülerinnen und Schülern zur Schule und beobachtet, hört, spricht und fährt so die erste journalistische Ernte ein.

Angekommen an der Schule kann unser Mann oder unsere Frau gleich die Zeit zur Recherche an und in der Schule nutzen. Ausgiebig, denn unser Reporter soll nach Schulschluss auch wieder mit den Schülern nach Hause fahren.

Ich verspreche dem Reporter: Du wirst an diesem Tag so viel erfahren, dass du Stoff und Ideen für mehr als einen Bericht mit in die Redaktion bringst. Du wirst die Situation der jungen Menschen so lebendig beschreiben, dass diese jungen Menschen sich plötzlich in der Zeitung wiederfinden. Und dann hast du, lieber Reporter, neue Leser gefunden und außerdem einen Beitrag dazu geleistet, eine wahre und gute Lokalzeitung entstehen zu lassen.

Stattdessen versuchst du über ein nicht gerade lebendiges Forum im Internetportal deiner Zeitung, die Leser zu animieren, dir doch gefälligst die Informationen ‚rüber zu schieben. Wie ich sehe hat sich noch niemand gemeldet. Das wundert mich nicht, denn:

Du verlangst von deinen Lesern, dass sie dir die Nachrichten „apportieren“. Aber es muss umgekehrt sein: Du sollst „reportieren“ und wenn du dann einen guten Bericht geschrieben hast, werden auch deine Leser reagieren.

Mehdorn: Der König ist nackt

Der Bahnhof Siedlinghausen einen Monat vor Mehdorns Sturz
Der Bahnhof Siedlinghausen einen Monat vor Mehdorns Sturz

Anfang März hatte ich einen kleinen Gedanken an Hartmut Mehdorn verschwendet. Unter einem Bild von Bruchstücken des Bahnhofs in Siedlinghausen(Hochsauerland) hatte ich folgene Zeilen getippt:

Obwohl, so könnte man sagen, ist das nicht ein ironisches Augenzwinkern der Architektur? Ein Mehdorn’sches Meisterwerk: Mein Leben. Was bleibt?

Und jetzt ist er weg.

Ich will zugeben, dass ich in den letzten Jahren immer wieder kurz und zwischendurch über den Bahnmanager Mehdorn nachgedacht hatte. Jedesmal ging mir zum Schluss die Frage durch den Kopf:

„Aus welchen Gründen kann sich jemand, der einen großen Konzern wie die Bahn dermaßen gegen die Wand fährt, so lange halten?“

Ich konnte und kann mir die Frage immer noch nicht beantworten.

Heute hat mir Albrecht Müller mit seinem Längsschnitt durch das Treiben Hartmut Mehdorns aus der Seele gesprochen.

Nicht um Steine hinterher zu werfen, sondern um keine falschen Schlüsse aus der Vergangenheit zu ziehen, ein paar Nachbemerkungen zu Hartmut Mehdorn und der Deutschen Bahn AG. Mehdorn war während seiner ganzen Karriere einer der cleversten und erfolgreichsten Public Relations-Nutzer. Er hatte in seiner Karriere fast durchgehend ein besseres Image, als die Fakten erlauben können. Das beruhte zumindest in der Zeit seiner Tätigkeit für die Bahn wesentlich darauf, dass er intensiv und vermutlich mit viel Aufwand die Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit und der PR-Agenturen nutzte.
Am Ende meines Textes findet sich ein Nachtrag zu den ersten Meldungen und Kommentaren zum Rücktritt. Diese Meldungen verstärken den Eindruck, dass wir auch hier wieder massiv manipuliert werden. … weiterlesen auf den NachDenkSeiten

Hallo Welt! Kurzarbeit oder arbeitslos.

Bevor die Uhr Mitternacht schlägt, hämmere ich noch schnell ein kleines Erstaunen in die Tasten.

Geht es euch auch so? Ich meine: Habt ihr auch solch einen merkwürdigen Bekanntenkreis wie ich?

Also – von meinen Bekannten sind viele in Kurzarbeit. Wenn ich, der ich die Welt oft nur durch Zeitung und Radio sehe, schon so viele Kurzarbeiter treffe, dann müssen das in Wirklichkeit hoch gerechnet noch viel mehr sein.

Dann sind das bestimmt schon eine Menge Menschen hier im Hochsauerland, die unmittelbar von der Wirtschaftkrise betroffen sind.

Dabei soll die Wirtschaftskrise, die einst verharmlosend Finanzkrise genannt wurde, erst in einigen Monaten auf dem Arbeitsmarkt durchschlagen.

Warum ist das noch kein Dauerthema in den Medien hier bei uns?

Warum herrscht eine derartig (fürchterliche) Stille?

Oder habe ich etwas übersehen?