Gefährliche Sperren an Radwegen

Umlaufsperre am Radweg in Arnsberg (alle Fotos: SBL)

Bereits ihr Name klingt gefährlich: “Umlaufsperren”. Sie stehen am Beginn und bei Kreuzungen mit Straßen diverser Radwege auch im HSK, wie unsere Bildbeispiele zeigen. Ihr offizieller Zweck ist es zu verhindern, dass Kfz auf den Radwegen fahren. Dafür sind sie aber in dieser Form nicht nötig.

(Der Artikel ist heute auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Diese engen Umlaufsperren (auch Umlaufschranken oder „Drängelgitter“ genannt) verhindern, dass Radwege mit Fahrradanhängern oder mit Lastenrädern befahren werden können. Auch für alle anderen Radfahrerinnen und Radfahrer stellen sie eine Gefahr dar, die in keinem angemessenen Verhältnis zum Zweck dieser Umlaufsperren stehen.

Beispiel Brilon

Der ADFC fordert daher, auf derartige Umlaufsperren ganz zu verzichten.

Eine Grundlage bilden die „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA), die 2010 von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) herausgegeben wurden. Laut ERA ist „für die Verkehrssicherheit des Radverkehrs […] das Freihalten des lichten Raumes von grundlegender Bedeutung.“1 Die Installation von Pollern, Umlaufsperren oder ähnlichen Einbauten ist […] „nur gerechtfertigt, wenn der angestrebte Zweck mit anderen Mitteln nicht erreichbar ist und die Folgen eines Verzichtes die Nachteile für die Radverkehrssicherheit übertreffen: Poller sind unzulässig, wo Verkehrsteilnehmer gefährdet oder der Verkehr erschwert werden kann.“

Die Begründung des ADFC für seine Empfehlungen:

  • Die genannten Einbauten führen zu einer Verengung der Fahrbahn, erschweren somit die Durchfahrt der betroffenen Stelle und stören die Fahrdynamik. Durch die zusätzlich meist mangelnde Sichtbarkeit entsteht ein Gefahrenpotenzial.
  • Speziell für in Gruppen fahrende Radfahrer oder bei der Begegnung von Radfahrern und Fußgängern entsteht ein Unfallrisiko, z.B. durch Kollisionsgefahr.
  • Umlaufsperren, die im Bereich von Straßenkreuzungen installiert wurden, lenken die Aufmerksamkeit des Radfahrers vom Autoverkehr ab.
  • Umlaufschranken an Bahnübergängen beeinträchtigen das zügige Räumen des Gefahrenpunktes. Dies gilt speziell für Radfahrergruppen oder Radfahrer mit Anhängern.
  • Durch die entstandene Verengung ist eine barrierefreie Nutzung des Weges nicht gewährleistet. Verschiedene Nutzergruppen (z.B. Handbikefahrer, Radfahrer mit Gepäck oder Kinderanhänger) werden behindert oder ausgeschlossen.
Ein weiteres Beispiel aus Brilon

Der ADFC spricht sich stattdessen aus für den Einsatz von StVO-Zeichen (z.B. Verkehrsschild Nr. 260 („Verbot für Krafträder, auch mit Beiwagen, Kleinkrafträder und Mofas sowie für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge“) und für bauliche (seitliche) Verengung des Radweges auf mindestens 2 m.

https://www.adfc.de/artikel/umgang-mit-pollern-und-umlaufsperren

https://www.adfc.de/fileadmin/user_upload/Expertenbereich/Touristik_und_Hotellerie/Positionspapiere/ADFC_Positionspapier_Umgang_Poller_Umlaufsperren.pdf

Als „milderes“ Mittel können ersatzweise an beiden Seiten Halbschranken errichtet werden, die eine Durchfahrbreite von ca. knapp 2 m frei lassen und daher ungeöffnet ein Befahren dieser Radwege mit Kraftfahrzeugen verhindern. Unser Beispielbild stammt aus Warnemünde:

Die „mildere“ Variante in Warnemünde

Die Bürgerliste ist bereits in den Stadträten von Arnsberg und Brilon initiativ geworden, damit diese Hindernisse beseitigt werden. Vor einigen Tagen hat der Briloner Rat den Umbau beschlossen.

Newsletter der Arolsen Archives: everynamecounts: 1 Woche – 30.000 Namen

Wir veröffentlichen an dieser Stelle den Aufruf der Arolsen Archives, sich an der everynamecounts (jeder Name zählt) – Challenge 2023 rund um den Holocaust-Gedenktag am 27. Januar zu beteiligen. Alle Informationen befinden sich im folgenden Text und unter den weiterführenden Links.

Liebe Leserinnen und Leser,

rund um den internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar, laden wir Sie herzlich ein, mit uns und vielen Freiwilligen weltweit 30.000 Häftlingskarten aus dem KZ Stutthof zu erfassen. Machen Sie mit bei unserer #everynamecounts-Challenge 2023 und bauen Sie mit am weltweit größten digitalen Denkmal für die Opfer und Überlebenden des Nationalsozialismus.

#everynamecounts: 1 Woche – 30.000 Namen

In diesem Jahr stehen bei der #everynamecounts-Challenge das KZ Stutthof und die dort geführten Häftlings-Personal-Karten im Zentrum. Anders als beispielsweise das KZ Dachau oder das KZ Auschwitz kennen heute nur Wenige das KZ Stutthof und das Schicksal der dort inhaftierten Menschen. Ende 2022 war das KZ Stutthof in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem mit dem Prozess um die 95-jährige frühere Sekretärin Irmgard F. verbunden, die wegen Beihilfe zum Mord in über 11.000 Fällen angeklagt war.

Bei #everynamecounts sollen dagegen nun die Menschen im Zentrum stehen, die im KZ Stutthof inhaftiert und ermordet wurden. Jeder erfasste Name einer Häftlings-Personal-Karte sorgt dafür, dass das Dokument im Online-Archiv der Arolsen Archives durchsuchbar ist. So erinnern wir an den Menschen und seine Geschichte.

»Viele Freiwillige erzählen uns, dass sie beim Mitmachen einen unmittelbaren Bezug zu der Person fühlen, deren Namen sie erfassen. Sie empfinden das große Unrecht und schlagen selbst die Brücke zu heute. Die Gründe für Verfolgung sind nicht Geschichte!« sagt Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives.

So können auch Sie vom 23. bis 29. Januar mitmachen: Schreiben Sie die Namen von KZ-Häftlingen von Original-Dokumenten ab. So bauen Sie mit am weltweit größten digitalen Denkmal für die Opfer und Überlebenden des Nationalsozialismus.

Um eine Karte digital zu erfassen, brauchen Sie nur wenige Minuten. Spenden Sie uns so viel Zeit wie möglich. Und bitte erzählen Sie vielen anderen von der Challenge, damit auch sie uns bei dieser wichtigen Aufgabe helfen.

Erinnern Sie aktiv an die Opfer – und setzen Sie ein Zeichen für Respekt, Vielfalt und Demokratie. Denn die Gründe für Verfolgung sind nicht Geschichte. 

Sie haben noch Fragen? Dann seien Sie am Dienstag, 24. Januar um 18 Uhr online live bei unserem Info-Event mit dabei. Melden Sie sich hier kostenfrei an.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Save the Date: Ruhrtriennale 2023
vom 10. August bis 23. September in Bochum, Dortmund, Duisburg und Essen

Jahrhunderthalle Bochum bei Nacht (© Jahrhunderthalle Bochum)

Der Festivalzeitraum der Ruhrtriennale 2023 steht fest: Von Donnerstag, 10. August bis Samstag, 23. September bespielt das Festival der Künste eine Vielzahl von ehemaligen Industriemonumenten der Metropole Ruhr in den Städten Bochum, Dortmund, Duisburg und Essen.

(Pressemitteilung Ruhrtriennale)

Das jährliche Festival feiert die Kunst an den Schnittstellen von Schauspiel, Musiktheater, Konzert, Tanz, Performance, Installation, Literatur und Dialog. Die diesjährige Ruhrtriennale ist die dritte Ausgabe unter der auf drei Jahre angelegten Intendanz der Schweizer Regisseurin Barbara Frey.

Der Kartenvorverkauf startet mit der Programmveröffentlichung am Donnerstag, 27. April 2023.

Zusatzinfo:

WDR 3 strahlt am Mittwoch, 25. Januar, um 20.04 Uhr bei „WDR 3 Konzert“ mit „Vergessene Opfer“ der Duisburger Philharmoniker unter Leitung von Elena Schwarz den ersten Audio-Mitschnitt von Konzerten der vergangenen Ruhrtriennale aus.

Am Dienstag, 07. März, um 20.04 Uhr folgt mit der Ausstrahlung von „Schwerkraft und Gnade“ mit Chorwerk Ruhr und den Bochumer Symphonikern unter Leitung von Florian Helgath ein weiterer Höhepunkt der Ruhrtriennale 2022. Werke von Franz Liszt, Oliver Messiaen, Luigi Nono und Galina Ustwolskaja sind bei „Vergessene Opfer“ zu hören, bei „Schwerkraft und Gnade“ Werke von Lili Boulanger, Francis Poulenc und Igor Strawinsky.

Immer mehr ältere Erwerbstätige in NRW

2021 waren in NRW etwa 260 000 Menschen im Alter von 65 bis 79 Jahren erwerbstätig. Das war etwa jede(r) Zehnte; bei Männern lag der Anteil bei
13,4 Prozent und bei Frauen bei 7,5 Prozent.

Düsseldorf (IT.NRW). Etwa jede(r) zehnte (10,2 Prozent) der 2,55 Millionen Menschen im Alter von 65 bis 79 Jahren in Nordrhein-Westfalen war im Jahr 2021 erwerbstätig. Männer waren in dieser Altersgruppe mit einem Anteil von 13,4 Prozent häufiger erwerbstätig als Frauen (7,5 Prozent).

Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt auf Basis von ersten Ergebnissen des Mikrozensus mitteilt, hatte der Anteil der älteren Erwerbstätigen im Jahr 2005 bei 3,5 Prozent gelegen.

42,8 Prozent der älteren Erwerbstätigen waren im Jahr 2021 geringfügig beschäftigt. Im Jahr 2005 hatte dieser Anteil mit 44,1 Prozent noch höher gelegen. Bei den Frauen war 2021 mehr als die Hälfte (54,1 Prozent) in geringfügiger Erwerbstätigkeit; bei Männern traf dies nur auf etwa ein Drittel (35,3 Prozent) zu. Im Vergleich zum Jahr 2005 waren Frauen weniger häufig geringfügig beschäftigt (62,7 Prozent) während dieser Anteil bei Männern mit 34,8 Prozent auf ähnlichem Niveau lag.

31,5 Prozent der älteren Erwerbstätigen in NRW waren im Jahr 2021 selbstständig. Bei den 15- bis 64-jährigen Erwerbstätigen lag dieser Anteil bei 7,3 Prozent. Bei 65- bis 79-jährigen erwerbstätigen Männern war der Anteil der Selbstständigen mehr als doppelt so hoch (39,8 Prozent) wie bei den Frauen in dieser Altersgruppe (18,9 Prozent).

Die hier vorgestellten Ergebnisse basieren auf dem Mikrozensus, einer seit 1957 jährlich bei einem Prozent der Bevölkerung durchgeführten Befragung der amtlichen Statistik. Dank der Selbstauskünfte der Befragten liegen aussagekräftige statistische Daten zu den Arbeits- und Lebensverhältnissen der Bevölkerung vor. Die befragten Haushalte übernehmen mit ihren Angaben einen verantwortungsvollen Beitrag für unsere informierte demokratische Gesellschaft. Die Ergebnisse des Mikrozensus dienen als Grundlage für politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen, stehen aber auch der Wissenschaft, der Presse und allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung.

Der Mikrozensus wurde 2020 methodisch neu gestaltet. Die Ergebnisse für die Jahre 2020 und 2021 sind deshalb nur eingeschränkt mit denen der Vorjahre vergleichbar.

Weitere Informationen zu diesen methodischen Änderungen und den Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf den Mikrozensus 2020 und 2021.

Vortrag „Krieg gegen das eigene Volk“ – „Arbeitskreis Dorfgeschichte Voßwinkel“ zu Gast im Sauerland-Museum

Unter dem Motto „Brennpunkt Heimat“ lädt das Sauerland-Museum die verschiedenen Heimatvereine aus dem Hochsauerlandkreis ein, ihre Arbeit in einer Vortragsreihe vorzustellen. In der nächsten Folge gastiert der „Arbeitskreis Dorfgeschichte Voßwinkel“ im Blauen Haus des Museums.

(Pressemitteilung HSK)

Mord und Zwangssterilisationen hat es in der Zeit des Nationalsozialismus nicht nur in größeren Städten, sondern auch im ländlichen Sauerland gegeben. So auch in Arnsberg-Voßwinkel. Diese Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, die im Rahmen der „Euthanasie“ ermordet wurden oder denen durch Zwangssterilisation großes Leid zugefügt wurde, werden meistens vergessen. In vielen Familien war das auch lange Zeit ein Tabu-Thema, in manchen Familien wirkt dieses Trauma bis heute nach.

Durch die Übergabe der „Euthanasieakte“ durch Angehörige einer betroffenen Familie fanden sich Ansatzpunkte für umfangreiche Recherchen. Erstaunt waren die Mitarbeiter des Arbeitskreises, wie viele Familien im Ort von den wahnsinnigen Vorstellungen der Nazis zu „Erbgesundheit und Rassenhygiene“ betroffen waren. 

Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Dies führte zu einer rücksichtslosen Aushöhlung des demokratischen Systems und der diktatorischen Machtübernahme durch die NSDAP im Zuge der bereits unfreien Reichstagswahlen vom 5. März 1933 und des Ermächtigungsgesetzes vom 23. März 1933, das die verfassungsmäßig garantierten Freiheiten aufhob, führte.

Zeitlich passend zu diesem 90. Jahrestag präsentiert der Arbeitskreis seine Forschungsergebnisse im Sauerland-Museum.

Für diese umfangreiche Arbeit haben die Ehrenamtlichen aus Voßwinkel den ersten Platz beim Heimatpreis 2022 der Stadt Arnsberg belegt. Bürgermeister Ralf Paul Bittner hat die Schirmherrschaft übernommen und wird im Blauen Haus eine Einführung in das Projekt geben.

Der Vortrag findet am Dienstag, den 31. Januar 2023 um 18 Uhr im Blauen Haus des Sauerland-Museums (Alter Markt 30) statt. Der Eintritt ist frei.

Weitere Informationen und Anmeldungen telefonisch unter 02931/94-4444, per E-Mail an sauerlandmuseum(at)hochsauerlandkreis.de oder auf der Homepage www.sauerland-museum.de

Anträge ab sofort möglich: Landesprogramm „2.000 x 1.000 Euro für das Engagement“ startet im HSK

Engagierte, zivilgesellschaftliche Organisationen und Initiativen im Hochsauerlandkreis können ab sofort wieder einen Antrag auf eine Förderung im Rahmen des Landesprogramms „2.000 x 1.000 Euro für das Engagement“ stellen. Dafür stellt das Land Nordrhein-Westfalen auch im Jahr 2023 insgesamt zwei Millionen Euro zur Verfügung, der Hochsauerlandkreis erhält davon 29.000 Euro Fördermittel.

(Pressemitteilung HSK)

Das Schwerpunktthema des Förderprogramms lautet im kommenden Jahr „Zukunft gestalten – nachhaltiges Engagement leben“. Die Engagierten erhalten damit eine zusätzliche Unterstützung, um das Thema Nachhaltigkeit mit dem eigenen Engagement zu verbinden.

Antragsberechtigt sind neben Vereinen und Stiftungen beispielsweise auch Initiativen. Darin unterscheidet sich das Programm von anderen. So können auch Nachbarschaftsinitiativen, die etwas für die Gemeinschaft im Stadtteil initiieren möchten, einen Antrag einreichen. Anträge können ab sofort unter www.engagementfoerderung.nrw gestellt werden. Fragen zum Förderprogramm beantwortet Steffen Malessa vom Fachdienst Kultur beim Hochsauerlandkreis (0291/94-1807 oder steffen.malessa@hochsauerlandkreis.de).

Interne Dokumente zeigen mögliche Milliardenverschwendung bei PCR-Tests – Lauterbach: „Testkosten waren zu hoch“

Mehr als sechs Milliarden Euro haben Staat und Krankenkassen bisher für PCR-Tests in der Corona-Pandemie ausgegeben. Nach Recherchen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ hätten sie einen großen Teil der Summe sparen können. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) räumte auf Anfrage ein, dass die Preise für PCR-Tests „zu hoch“ gewesen seien.

(Pressemitteilung WDR)

Erstmals werden durch die Recherchen die fragwürdigen Preis-Kalkulationen öffentlich, mit denen die Ärztefunktionäre hohe Erstattungspreise für die Labore aushandelten. Die Recherchen zeigen, dass die Testmaterialien auf dem Markt damals deutlich günstiger zu kaufen waren, als Ärztevertreter in den Preisverhandlungen angegeben hatten. Demnach bezifferten Ärzte-Vertreter in den Verhandlungen mit den Krankenkassen im Mai 2020 die Materialkosten für einen PCR-Test mit 22,02 Euro. Das geht aus bisher vertraulichen Unterlagen und Abrechnungen hervor, die WDR, NDR und SZ einsehen konnten. Auf dem freien Markt hingegen verkauften mehrere Anbieter zertifizierte Testkits zu dieser Zeit für vier bis sieben Euro.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung will auf Anfrage keine Belege für ihre Berechnungen vorlegen. Sie teilt lediglich mit, dass gerade zu Beginn der Pandemie „erhebliche Marktengpässe bei Reagenzien und Materialien auftraten, die zu einem langfristig hohen Preisniveau beigetragen haben.“ Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts haben zu dieser Zeit 30 von 170 Laboren über Knappheit geklagt. Gleichzeitig bauten die Labore ihre Kapazitäten in diesen Wochen massiv aus.

Der damalige Minister Jens Spahn lässt heute auf Anfrage mitteilen, die Verfügbarkeit von PCR-Tests schnell und verlässlich herzustellen, sei „gerade im schweren ersten Jahr ein zentrales Mittel der Pandemie-Bekämpfung“ gewesen. Konkrete Fragen könne er nicht beantworten, da er keinen Aktenzugang mehr habe.

Heute erhalten die Labore noch rund 30 Euro für einen PCR-Test, inklusive Personal-, Transport- und sonstige Kosten. Mit den Recherchen von WDR, NDR und SZ konfrontiert, räumt Gesundheitsminister Karl Lauterbach ein: „Mir erschienen die Testkosten zu hoch. Ich habe sie dann um mehr als die Hälfte abgesenkt. Trotzdem kommen die Anbieter mit dem Geld aus. Daher können die Kosten also nicht höher sein als das, was jetzt bezahlt wird.“ Das Gesundheitsministerium selbst antwortete auf detaillierte Fragen knapp: Die Vergütung orientiere sich an den „relevanten Kostenfaktoren“.

Die Gesetzlichen Krankenkassen beklagen gegenüber WDR, NDR und SZ ein „Informationsungleichgewicht“: „Die Ärzteschaft, die auch die Labore vertreten, die wissen deutlich mehr über die echte Kostenstruktur in den Laboren“, sagt Sprecher Lanz. Die Kassen hätten unter Druck gestanden, die Versorgung von 73 Millionen Versicherten sicherzustellen.

Die Recherche zeigt auch den Einfluss, den der Lobby-Verein „Akkreditierte Labore in der Medizin“ (ALM) im Ministerium von Lauterbach-Vorgänger Jens Spahn hatte. Mehrfach wurden den Recherchen zufolge Referentenentwürfe so geändert, wie der ALM es in seinen Eingaben vorgeschlagen hatte. So setzte sich die Laborlobby erfolgreich für die Beibehaltung höherer Preise ein und lobbyierte dagegen, dass sich Zahnärzte und Veterinärmediziner an den Tests beteiligen dürfen. Der ALM ließ eine Anfrage unbeantwortet.

Über das Thema berichtet auch „11KM – Tagesschau-Podcast“, der sich ab Sonntagabend in der ARD-Audiothek findet. Weitere Berichte gibt es auf „tagesschau.de„, „sueddeutsche.de“ und in der Süddeutschen Zeitung (Montagsausgabe).

Kommunalbefragung zum Klimaschutz in Kommunen – Wuppertal Institut entwickelte im Auftrag des Umweltbundesamtes Online-Umfrage

Welche Klimaschutz-Maßnahmen setzen Kommunen um? Wie viele Klimaschutzmanager*innen gibt es aktuell in Deutschland? Welche Klimaschutz-Ziele setzen sich Kommunen? Wie viele Kommunen kennen ihre Treibhausgas-Emissionen? Dies will eine Online-Umfrage des Umweltbundesamtes herausfinden, die das Wuppertal Institut und das SOKO Institut für Sozialforschung und Kommunikation in Bielefeld entwickelt haben. Alle deutschen Kommunen können an der Umfrage teilnehmen.

(Pressemitteilung Wuppertal Institut)

Ziel der vom Umweltbundesamtes (UBA) beauftragten Befragung ist es, eine möglichst breite und komplette Vorstellung vom Ist-Zustand zu zentralen Aspekten des kommunalen Klimaschutz-Engagements zu erhalten. Die Fragen richten sich insbesondere an zuständige Ansprechpersonen innerhalb der Verwaltungen, wie etwa aus dem Klimaschutz-Management, dem Umwelt-, Hoch- oder Tiefbauamt. Nicht jede Kommune hat spezielles Klimaschutz-Personal. Viele Kommunen haben zwar schon Klimaschutz-Maßnahmen umgesetzt – zum Beispiel durch die Sanierung der Straßenbeleuchtung oder eine besonders erfolgreiche Aktion zum Klimaschutz. Mitarbeitende, die solche Maßnahmen umgesetzt haben, können die Fragen gut beantworten.

Die Teilnahme wird voraussichtlich bis Ende Februar 2023 möglich sein und es ist geplant, die Befragung zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen, um die Daten zu aktualisieren.


Weitere Informationen für die Gemeinden

Kommunalbefragung „Klimaschutz in Kommunen 2023“

Landgericht Traunstein: Verfahren gegen Ex-Papst nach dessen Tod nicht unterbrochen

Wortwolke in Form einer Kirche

Das Missbrauchsverfahren vor dem Landgericht gegen den verstorbenen Papst emeritus Benedikt XVI. ist nicht unterbrochen. Das Landgericht teilt mit, dass an die Stelle des verstorbenen Beklagten die Erben treten.

(Pressemitteilung CORRECTIV)

Essen, 02. Januar 2023. Das Verfahren zur Verantwortung im Missbrauchsskandal gegen den Ex-Papst ist durch dessen Tod nicht unterbrochen, so heißt es in einem Schreiben des Landgerichts Traunstein, das CORRECTIV, dem BR und der Zeit vorliegt. Das Verfahren gehe weiter, da der verstorbene Ex-Papst „durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wurde. An die Stelle des verstorbenen Beklagten treten dessen Erben.“ Der Rechtsanwalt Andreas Schulz, der den Kläger Andreas Perr vertritt, sieht nun im Missbrauchsverfahren Papst Franziskus als den Rechtsnachfolger des Beklagten, da der verstorbene Papst emeritus Benedikt den Vatikan als Erbe eingesetzt habe. 

„Nun muss Papst Franziskus entscheiden, ob er sich hinter der Immunität versteckt, oder ob er der Wahrheitsfindung Geltung verschafft“, sagt Rechtsanwalt Schulz, „für das Verfahren hat Papst Franziskus nun die Möglichkeit, die Archive des Vatikans zu öffnen und damit endlich für Transparenz zu sorgen“. Einblicke in die geheimen Vatikanakten könnten die Verantwortlichen für die Vertuschung der Missbrauchsfälle klar benennen.

Im Juni hatte der Berliner Rechtsanwalt Andreas Schulz für Andreas Perr, einem Opfer des notorischen Missbrauchstäters Peter H. aus der oberbayerischen Gemeinde Engelsberg/Garching an der Alz, eine Feststellungsklage eingereicht, wie CORRECTIV, BR und Zeit exklusiv berichteten. Das Erzbistum München und Freising hatte H. trotz bekannter Übergriffe und einer Verurteilung immer wieder in Gemeinden als Priester eingesetzt.  

Die Klage richtet sich neben dem kürzlich verstorbenen Papst Emeritus Benedikt XVI. auch gegen das Erzbistum München und Freising, den Kardinal Friedrich Wetter und den ehemaligen Priester Peter H.. Der Anwalt will für seinen Mandanten erreichen, dass das Gericht den „Ersatz eines entstandenen Schadens“ festgestellt, der durch den Missbrauch verursacht wurde. Der ehemalige Priester H. hatte in den 1990er Jahren den Kläger sexuell missbraucht. In einem geheimen Kirchenurteil wurde dem verstorbenen Ex-Papst bereits eine Pflichtverletzung vorgeworfen.

Kreishaushalt HSK: Wie ein “Buchhaltungstrick” akzeptabel wurde…

Am 9. Dezember 2022 hat der Kreistag den Kreishaushalt 2022 beschlossen. Erst während der Sitzung brachten CDU und FDP den (wie üblich) gemeinsamen Antrag ein, den Hebesatz für die Kreisumlage gegenüber dem Haushaltsentwurf um 1,22 Punkte zu senken. Vorher gab es dazu keine Sitzungsvorlage.

(Der Artikel ist heute auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Die Städte und Gemeinden waren allerdings vorher schon informiert – und selbstverständlich erfreut, denn eine niedrigere Kreisumlage schont ihre Kassen. Die Bürgermeister verzichteten so ganz auf das ihnen zustehende Recht, vor dem Kreisausschuss zum Kreishaushalt Stellung zu nehmen.

Was sich hier gut anhört, ist in Wahrheit aber eine sehr bedenkliche Aktion. Denn der Kreis hat nicht etwa seine Ausgaben gesenkt, sondern nur eine Art Schattenhaushalt gebildet. 6,1 Mio Euro wurden als sog. Finanzschäden, die als Folgen des Ukraine-Kriegs entstanden sind, “isoliert”. Dazu gehören z.B. Verteuerungen für Strom uns Gas. Diese tatsächlich entstehenden Aufwendungen erscheinen damit nicht mehr in den aktuellen Ausgaben des Kreises, sondern diese Lasten sollen dann in den nächsten (bis zu 50 !) Jahren abgetragen werden.

In seiner Rede zur Einbringung des Haushaltsentwurfs fand der Landrat Ende Oktober noch ganz andere Worte. Dort bezeichnete er eine solche Isolierung als “Buchhaltungstrick”, mit dem “heutige Belastungen … in die Zukunft verschoben werden”. An dieser Ausgangslage hatte sich bis zum 9. Dezember nichts geändert. Es bestand noch nicht einmal eine gesetzliche Grundlage für diese Lastenverschiebung.

Besonders bemerkenswert: Auf Bundesebene kritisiert die CDU die Bildung von Sondervermögen als Umgehung der Schuldenbremse. Und im Kreis veranlasst sie genau so etwas. Bekanntlich ist der Bundestagsabgeordnete aus dem HSK auch Fraktionsvorsitzender der CDU-Bundestagsfraktion.

Ganz anders verliefen die Haushaltsberatungen im südwestfälischen Nachbarkreis Siegen-Wittgenstein. Dort lehnte der Kreistag am 16.12. den vom dortigen Landrat eingebrachten Haushaltsentwurf ab – nach siebenstündiger Debatte. CDU und SPD konnten sich nicht über die Höhe der Kreisumlage einigen, und die faktische GroKo ist dort wohl beendet (das wäre auch im HSK wünschenswert!). Dieser Kreis geht nun ohne beschlossenen Haushalt ins neue Jahr, aber wahrscheinlich gibt es dort künftig eine offenere Debattenkultur im Kreistag.