Kriegsschauplatz Ukraine: Eine Folge von Schwäche und Naivität deutscher Regierungen und des Westens. Brisante Lage erfordert entschiedenes, aber besonnenes Handeln.

Wladimir Putin, der russische Präsident führt den Westen seit vielen Jahren an der Nase herum. Er ist kein Politprofi, sondern von Hause aus Agent des sowjetischen Geheimdienstes KGB, heute FSB.

Seine Charaktermerkmale: Unberechenbar, hinterlistig, schlitzohrig, ausgefuchst. Was er sagt, ist das eine, was er tut, das andere. Wie der durch ihn vom Zaun gebrochene Krieg gegen ein souveränes Land, die Ukraine, auch enden mag: Putin wird als Verlierer, als Geschlagener vom Platz gehen.

Auslöser für seine Invasion war die angestrebte Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO: Er sah in solchen Plänen die Sicherheitsinteressen Rußlands in Gefahr, sprach von einer unmittelbaren Bedrohung durch die Ausweitung des westlichen Militärbündnisses, ganz so, als stünde ein Angriff auf sein Land zur Diskussion. In Wirklichkeit ist es ihm ein Dorn im Auge, daß sich immer mehr Staaten des Ostens nach Westen hin orientieren. Und das stört den Kreml-Chef. Aber die Bürger in den Nachbarländern sehnen sich nach Demokratie, nach Freiheit; sie wollen nicht unter der Knute eines Diktators leben. Der Freiheitswille ist ungebrochen. Putin muß gleichzeitig mit ansehen, wie sein russisches Imperium ständig kleiner wird.

Es gab aus dem Kreml während der vergangenen Jahre wiederholt Sticheleien gegen den Westen, Cyber-Attacken, z. B. auch gegen Hillary Clinton, die ehemalige Präsidentschaftskandidatin der Demokraten. Man beobachtete Verletzungen des Luftraums über der Ostsee und den baltischen Staaten. Innenpolitische Widersacher Putins wurden eliminiert oder inhaftiert. Dann kam der Abschuß des niederländischen Flugzeugs MH 17 über der Ukraine im Jahre 2014. Auch hinter diesem Anschlag vermuteten Fachleute Putin persönlich oder ihm nahestehende Kreise. Im selben Jahr erfolgte die Annexion der Halbinsel Krim – und damit einhergehend die Besetzung von Teilen der Ostukraine.

Trotz dieser fortgesetzten Aggressionen konnte Wladimir Putin schalten und walten, wie es ihm beliebte. Die westlichen Staaten, besonders auch die deutsche Regierung unter Angela Merkel, schaute diesem Treiben tatenlos zu, als ginge sie das nichts an. Alle hatten nur das Wohl der Wirtschaft im Auge. Was Bände spricht: Nordstream 2 wurde unmittelbar nach der Belagerung der Krim in den Stiel gestoßen. Der russische Präsident führte Krieg in Syrien, Tschetschenien und Georgien. Im Fall Georgien war es das Ziel, eine NATO-Mitgliedschaft um jeden Preis zu verhindern. Und in Belarus ging Staatschef Lukaschenko brutal gegen oppositionelle Demonstranten vor, die ihre demokratischen Rechte lautstark einforderten. Dabei hatte er stets die volle Rückendeckung Putins, von dem Belarus wirtschaftlich stark abhängig ist.

Sämtliche Bundesregierungen, – der frühere US-Präsident Obama eingeschlossen, haben sich Putins Expansionspolitik nicht entgegengestellt. Man war zu naiv und gierig, hat ihn falsch eingeschätzt. Im Februar versicherte der russische Präsident seinem Gesprächspartner Scholz, er wolle keinen Krieg in Europa. Aber schon zu diesem Zeitpunkt bestand der begründete Verdacht, daß Putin einen Überfall auf die Ukraine plante.

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Erstens kommt es anders – und zweitens als man denkt. Ein Kommentar zur Bundestagswahl am 26. September 2021

Was noch vor wenigen Monaten undenkbar schien, wurde am Sonntagabend mit Bekanntgabe der Prognose durch die Forschungsgruppe Wahlen des ZDF zur endgültigen Gewissheit: Olaf Scholz und seine SPD haben die lange Zeit favorisierte CDU auf Platz 2 verwiesen; die Sozis können nun nach 16 Jahren erstmals wieder den Führungsanspruch auf die Kanzlerschaft erheben.

(Ein Kommentar von Karl Josef Knoppik)

Daß die Partei am Ende doch noch die Nase vorn haben würde, wenn auch lediglich mit 1,7 Prozent Vorsprung, konnte im Frühsommer noch niemand erahnen; die Partei lag damals in Umfragen bei 15 – 17 Prozent. Dies änderte sich, als Armin Laschet, der von vornherein weitaus schlechter bewertet wurde als sein CSU-Kontrahent Söder, in den Wahlkampf einstieg und – man muß es so sagen – von einem Fettnäpfchen ins andere tappte. Der Kandidat, das Unionsprogramm und seine Reden überzeugten viele Bürgerinnen und Bürger nicht. Sein Auftreten während der Hochwasserkatastrophe Mitte Juli war nicht dazu angetan, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen.

Die CDU/CSU, übrigens auch im Hochsauerlandkreis, ist gründlich abgestraft worden. Sie verlor bundesweit gegenüber 2017 fast 9 Prozent, bekam aber m. E. immer noch weit mehr Zustimmung als sie nach 16 Jahren Merkel-Regierung verdient hätte. Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben keine klare Entscheidung getroffen; sie schrecken vor fundamentalen Veränderungen zurück, jedenfalls eine große Mehrheit.

Eine siegreiche SPD ändert aber auch nichts an der Tatsache, daß Wahlergebnisse im 20-Prozent-Bereich kein Ruhmesblatt sind – im Vergleich zu den Erfolgen früherer Jahrzehnte. Von den ehemaligen großen Volksparteien ist nichts mehr übriggeblieben.

Es gab also keine großen Gewinner. Falsche Kandidaten, ein müdes, lustloses Wahlkampfgeschehen. Die Grünen haben den Sieg leichtfertig verspielt. Man kann darüber streiten, ob die Ökopartei mit R. Habeck als Kanzlerkandidat ein besseres Resultat erzielt hätte. Fakt ist aber, daß die Grünen in Bezug auf ihre Kernthemen zu harmlos wirkten; scharfe Attacken auf die CDU/CSU und deren bisher regierende Kanzlerin Merkel blieben aus. Klare Kante? Fehlanzeige. Jedermann liebstes Kind sein zu wollen – das funktioniert nicht. Plötzlich, wenige Tage vor der Wahl, konnte sich Habeck wieder beides vorstellen, nämlich ein Bündnis sowohl mit der Union als auch der SPD, während zur selben Zeit Annalena Baerbock äußerte, daß die CDU/CSU nach 16 Jahren in die Opposition gehöre.

Die Kanzlerkandidatin sprach stets von einem Aufbruch für Deutschland, was immer das heißen mag. Ihre Formulierungen waren zu unkonkret, zu vage, zu zaghaft. Besser wäre es gewesen, sie hätte in aller Deutlichkeit eine radikal-ökologische Wende für dieses Land ausgerufen. Stattdessen hörte man aber nicht nur in den TV-Triells die bekannten Forderungen, sprich Beendigung der Kohlenutzung, Einstieg in die E-Mobilität oder den Ausbau erneuerbarer Energieträger. Die wichtigen Zukunftsthemen Landwirtschaft, Verkehr, Energie, Natur-, Klima- und Verbraucherschutz spielten, gemessen an ihrer überragenden Bedeutung, nur eine Nebenrolle.

Dabei wurden den Grünen ihre Urthemen auf dem Silbertablett serviert: Die Flut in NRW, Rheinland-Pfalz und auch in Bayern, die absolut unzureichende Vorbereitung der Städte auf den Klimawandel und seine Folgen; die ungebremste Betonierung und Versiegelung der Landschaft, Umweltzerstörung durch Straßenbau und andere massive nutzungsbedingte Eingriffe – damit einhergehend fortschreitender Flächenverbrauch; Übererschließung der Alpen, sozialverträglicher Klimaschutz, naturschutz- und klimagerechter Waldumbau, Eindämmung der Konzernmacht, ein Bonus für diejenigen, die sich umwelt- und klimakonform verhalten. Von alledem war nichts zu hören, weder im Wahlkampf noch im Fernsehen.

Olaf Scholz profitierte von der Schwäche und den Fehlern des Kanzlerkandidaten Laschet. Der Hanseat steht aber nicht für einen radikalen Politikwechsel, wie er mir und vielen anderen Bürgern vorschwebt, und der sich nur in einem Linksbündnis realisieren läßt. Scholz plädiert für eine so genannte „Ampel“-Koalition aus SPD, Grünen und FDP, hatte sich aber als letzte Option auch die Möglichkeit eines Bündnisses mit der Linkspartei offengehalten, falls man mit der FDP keine Einigung erzielt. Nachdem diese Option durch das schlechte Abschneiden der Linkspartei nun entfallen ist, fällt damit auch die Drohkulisse von rot-grün-rot weg. Das könnte die FDP dazu veranlassen, hohe Hürden für das Zustandekommen einer „Ampel“ zu errichten.

Nicht nur Olaf Scholz, sondern auch Frau Baerbock erwähnten die Linkspartei mit keinem Wort. Ja mehr noch: Die grüne Kanzleraspirantin ließ sich für die schmutzige Anti-Links-Kampagne der CDU und FDP, aber auch von einer mutlosen SPD, einspannen, unterstützt von Teilen der Medien, die sich diese Position zu eigen machten, ohne im geringsten zu prüfen, welche sachlichen Gründe überhaupt gegen eine rot-grün-rote Koalition sprechen. Die ständig wiederbelebte Warnung vor einem Zusammenschluß aus SPD, Grünen und Linkspartei hat sicher zum schlechten Wahlergebnis der Partei beigetragen. Und es lag wohl auch am Führungspersonal. Nichts gegen Janine Wissler und Susanne Hennig-Welsow. Frau Wissler hatte im Wahlkampf keine schlechte Figur gemacht. Doch hätte man Sahra Wagenknecht, die einstige starke und angesehene Persönlichkeit der Linken, nicht aus der Führung der Partei herausdrängen dürfen. Damit tat man sich keinen Gefallen.

Es herrscht in diesem Lande ein starkes Mißtrauen gegen „Links“. Das hat sich die Union zunutze gemacht. Sie wußte genau, daß es noch immer genügend Menschen gibt, die dafür aufnahmebereit sind. Wenn man – wie die Union – vom eigenen Kandidaten und vom eigenen Programm nicht überzeugt ist, wird eben Angst vor dem politischen Gegner geschürt. Und was liegt da näher als bei jeder passenden Gelegenheit das Feindbild „dunkelrot“ hervorzukramen und Angst vor einer Partei zu verbreiten, die angeblich extreme Positionen vertritt und von der nur Unheil kommt. Wirtschaftsverbände, CDU/CSU und FDP brüsteten sich nach der Wahl öffentlich damit, Rot-Grün-Rot verhindert zu haben und verunglimpften damit zugleich auch diejenigen Wählerinnen und Wähler, die aus ehrenhaften Motiven, aus guten Gründen entschieden haben, für „links“ zu votieren.

Die NATO, von der Linkspartei abgelehnt, kann man durchaus in Frage stellen, zumindest in dieser Form. Dazu Dr. Gregor Gysi im August: „Die Kanzlerkandidatin und Kanzlerkandidaten haben die Dimension des Scheiterns der NATO in Afghanistan wohl noch nicht begriffen. Wer nach diesem Fiasko glaubt, die Welt wäre sicherer, wenn Deutschland noch mehr Steuermilliarden in die Rüstung steckte und europäische Truppen auch ohne die USA Kriege führen müßten, denkt vollständig an den Realitäten vorbei (Quelle: n-tv).“

Die Partei von Robert Habeck und Annalena Baerbock mit ihren hohen Ansprüchen an einen grundlegenden Wandel in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft befinden sich nach diesem Wahlausgang in einer äußerst schwierigen Situation. Machen sie der FDP nämlich zu viele Zugeständnisse, die an ihrer Glaubwürdigkeit leiseste Zweifel aufkommen lassen, können sie eine Regierungsbeteiligung sofort vergessen. Faule Kompromisse würde weder die Basis durchgehen lassen, noch würde der Wähler so etwas gutheißen. Folge: Die „Ampel“ wäre vom Tisch.

Zweite Möglichkeit: Einem völlig demontierten, auf ganzer Linie gescheiterten Kanzlerkandidaten Laschet zur Macht zu verhelfen, wäre noch schlimmer. „Jamaika“ hieße im Klartext: Schwarz-Gelb, die sich programmatisch ohnehin ziemlich nahe stehen, setzt die Politik des „Weiter so“ fort, und die Grünen fungieren als Mehrheitsbeschaffer für CDU/CSU und FDP. Für mich ein Horror-Szenario. Schon sehr früh hatte sich die Grüne Jugend vehement dagegen ausgesprochen. Käme es trotzdem zu Schwarz-Gelb-Grün, was voraussetzte, daß sich die Ökopartei um 360 Grad verbiegen müßte, wäre das Schicksal der Grünen besiegelt. Deren Umfragewerte stürzten in den einstelligen Bereich ab. Jegliches Vertrauen in die Regierungsfähigkeit wäre erschüttert; ihre Glaubwürdigkeit völlig dahin.

Sollten die Grünen ihre höchst anspruchsvollen ökologischen Ziele zugunsten der Macht über Bord werfen, würde es sehr wahrscheinlich darauf hinauslaufen, daß sich die Klimabewegung unter dem Dach von Fridays for Future radikalisierte. In der Konsequenz könnte das zur Gründung einer neuen Ökopartei führen.

Karl Josef Knoppik, 29. September 2021

Aufbruch in eine grüne und lebenswerte Zukunft, oder – statt Politikwechsel – weiter blindes Vertrauen in ewig gestrige Blockierer und Bremser?

Mais-Monokultur im Sauerland nahe Stockhausen (Foto: Karl Josef Knoppik)

Die Grünen legen ausgerechnet im Wahljahr mit ihrer frisch gekürten Kanzlerkandidatin einen fulminanten Fehlstart hin. Annalena Baerbock stand im Kreuzfeuer der Kritik, nachdem bekanntgeworden war, daß sie Nebeneinkünfte bzw. Sonderzahlungen in Höhe von 25.000,– € nicht an die Bundestagsverwaltung gemeldet und sich darüber hinaus Weihnachtsgeld selber genehmigt hat. Ihr Lebenslauf weist Ungereimtheiten auf. Und ihr neues Buch enthält Plagiate (Quellenangaben fehlten), die allerdings von Experten als nicht so gravierend eingestuft wurden.

Wie dem auch sei: Wer Bundeskanzlerin werden will und gegenüber anderen die Moralkeule schwingt, kann sich solche Patzer nicht leisten. An diesen Fakten gibt es nichts zu beschönigen.

Die Kandidatur steht unter keinem guten Stern. Ob man besser Robert Habeck als Spitzenkandidat ins Rennen geschickt hätte, darüber kann man spekulieren. Nach einer n-tv-Umfrage vom 3. Juli sprach sich eine Mehrheit für den Co-Vorsitzenden aus. Anscheinend haben sich bei den Grünen diejenigen Kräfte durchgesetzt, die partout eine Frau nominieren wollten. Das könnte sich allerdings als folgenschwerer Irrtum erweisen. Trotzdem: Annalena Baerbock ist mit großer Mehrheit gewählt worden; und schließlich geht es ja auch um die Partei als Ganzes. Robert Habeck bleibt ein politisches Schwergewicht bei den Grünen, die momentan in Umfragen wieder bei 20 Prozent liegen (Stand 30.7.21).

Die Sozialdemokraten verharren indes um die 15 bis 16 Prozent. Sie verlieren immer mehr Anhänger und Wähler, eine Volkspartei ohne Volk. Die Sozis haben kein Thema, mit dem man die Partei identifizieren könnte. Und so dachten sie sich, versuchen wir es mal mit der Ökologie. Nur: Dieses Thema ist schon seit Jahrzehnten quasi urheberrechtlich geschützt; es fällt in die Kernkompetenz der Grünen. Die Leute wählen doch lieber das Original. Schön wäre es, wenn die SPD den Umweltschutz so ernst nehmen würde, wie gegen Ende der 70er und zu Beginn der 80er Jahre, als Persönlichkeiten wie Dr. Erhard Eppler, der ökologische Protagonist der SPD, den Kurs der Sozis bestimmten.

Seit Ende der Ära Schröder beobachten wir eine Verzwergung der Sozialdemokratischen Partei. Scholz ist der einzige, einer breiten Mehrheit zu vermittelnde Kanzlerkandidat, den die SPD aufbieten kann. In neuesten Umfragen liegt er in der Wählergunst zwar vor seinen Mitkonkurrenten; die Partei kann davon aber nicht profitieren.

Nach meiner Einschätzung könnte es Ende September auf eine Schwarz-Gelb-Rote Zusammenarbeit hinauslaufen. Was erwartet uns dann? Zu befürchten ist, daß die C- und F-Parteien alles daransetzen werden, die ungeliebten Grünen von einer Regierungsbeteiligung fernzuhalten. Für diese Variante stünden die Sozialdemokraten unter Olaf Scholz bereit. Die SPD wird sich Schwarz-Gelb als willfähriger Partner andienen. Dafür wäre sie sich keineswegs zu schade. Wer hat denn heute noch Rückgrat, Standvermögen und Ehrgefühl? Ob sich die SPD zum charakterlosen Anhängsel von Schwarz-Gelb macht, interessiert nicht. Na und? Hauptsache ist, daß man weiterregieren kann. Sozialdemokraten würden schließlich gebraucht. Die Sozis handeln nach der Devise: Rette sich, wer kann. Und Olaf Scholz weiß im tiefsten Innern ganz genau, daß er nicht die geringste Chance hat, Merkels Nachfolge anzutreten. Da kann die CDU/CSU als Kandidaten ins Rennen schicken, wen sie will.

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Totalversagen der Regierung auf allen Gebieten: Corona wird zum Zankapfel der parteipolitischen Auseinandersetzung – Maskenkorruption, Impfdesaster, Pflegenotstand u.v.m.

Es heißt, daß sich die Bevölkerung in Krisenzeiten immer denjenigen Parteien zuwendet, die momentan Regierungsverantwortung tragen. Diese Auffassung möchte ich mir nicht zu eigen machen. Einer Koalition das Vertrauen zu schenken, die nicht nur in der „Corona-Krise“ versagt, wäre kopflos und einfältig.

(Ein Kommentar von Karl Josef Knoppik)

Aus den Skandalen der Vergangenheit hat vor allem die CDU/CSU bis heute nichts gelernt. Vetternwirtschaft und Korruption, ein besonders dunkles Kapitel innerhalb der deutschen Parteienlandschaft, machen auch in der Corona-Krise Schlagzeilen.Solange ich aktiv am politischen Geschehen teilnehme und die Politik der Union im Visier habe, stand diese schon immer dem „großen Geld“ sehr nahe. Sie hat aus ihrer kapitalistischen Orientierung nie einen Hehl gemacht.Das reicht bis in die Zeit von Franz-Josef Strauß und seinen Vasallen zurück. Im Parteinamen zu Unrecht verankert ist das Attribut „christlich“. Ich glaube, diese Bezeichnung hat in der Politik nichts verloren. Wenn letzere an diesem hohen Anspruch ausgerichtet wird, genügt das allemal. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Nimm, wat te krist, wäre die zutreffende Beschreibung für jenes zutiefst unmoralische und unethische Gebaren von Politikern, die keine Skrupel haben sich auch noch an der Corona-Pandemie persönlich zu bereichern. Ein Verhaltenskodex, der auch schon 2013 beschlossen wurde, oder eine „Ehrenerklärung“ war und ist nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben steht.

Nur wenn sich die Gesinnung der Abgeordneten grundsätzlich ändert und zugleich der notwendige gesetzliche Druck aufgebaut wird, besteht die begründete Aussicht, daß solche moralischen Verfehlungen, ja kriminellen Praktiken, ein Ende haben. Notwendig sind also strenge Gesetze.

Bereits einmal scheiterte ein so genanntes Transparenzgesetz an der Weigerung von Unionspolitikern, ihre sämtlichen Nebeneinkünfte öffentlich zu machen. Mittlerweile gibt es ein Lobbyregister.

Politiker schwören die Bevölkerung in der Corna-Pandemie auf harte Zeiten ein. Sie selbst aber predigen Wasser und trinken Wein. Events auf höchster Ebene werden veranstaltet und Beförderungen durchgeführt, wo naturgemäß immer viele Menschen zusammenkommen (Jens Spahn/NRW-Landesregierung). Das Tragen von Masken gilt unter Ausschluss der Öffentlichkeit für diese Herrschaften nicht. Aber wehe, wenn sich Leute nicht an die Vorschriften halten.

Der Profi-Sport darf dagegen ohne Einschränkung weiter betrieben werden. Fußballer liegen sich zu einer „Traube“ aus 6 Akteuren in den Armen. Sie genießen Sonderrechte und zeigen keinerlei Empathie für Verstorbene oder schwer an Covid-19 erkrankte Menschen. Kindern ist dagegen jede sportliche Aktivität verboten.

Andererseits würde man Vertretern der kulturellen Szene gern ein Maulkorb verpassen, nur weil sie es wagten, an der Berichterstattung der Journalisten über „Corona“ herbe Kritik zu üben. Genau diesen Eindruck gewann  ich in der „Aktuellen Stunde“ des WDR, wo Jan Josef Liefers, stellvertretend für andere Schauspielerkollegen, ein Interview gab, dessen Kritik der zuständige Redakteur, Martin von Mauschwitz, nicht gelten lassen wollte. Und kurz darauf wurde m. W.  sogar einigen die Kündigung ihres TV-Vertrages angedroht, was dann aber ohne Konsequenzen blieb. Mit welchem Recht dürfen, so fragt man sich, so genannte Querdenker ihre Meinung äußern, Schauspieler aber nicht?  Und schließlich gibt es eben auch sehr viele Künstler ohne großen Namen, die nicht im Fernsehen auftreten, sondern z. B. Theater spielen und schon lange ohne Arbeit sind.

Bekannte und Freunde, die sich im Park oder in der Stadt zufällig begegnen und auf ihre Art herzlich begrüßen, müssen dagegen mit 100,- € Strafe rechnen. Wie paßt das alles zusammen? Hier eine privilegierte Oberschicht, die sich scheinbar alles erlauben und ihre Freiheitsrechte ungehindert ausüben kann; und dort das gewöhnliche „Fußvolk“, bei dem die Ordnungshüter alles auf die Goldwaage legen und nicht zimperlich vorgehen.

Ich vermisse seit vorigem Jahr ein praxistaugliches Konzept, wie unter Corona- Bedingungen das öffentliche Leben einigermaßen aufrechterhalten werden kann. Schon lange ist zu hören, daß es einer einvernehmlichen, bundesweit geltenden Regelung bedarf, die sämtliche Bereiche des gesellschaftlichen Lebens einbezieht und der Wirtschaft eine verlässliche Perspektive schafft. So etwas zu organisieren, erfordert aber eine Menge Kleinarbeit und setzt voraus, daß die Regierungschefs der Länder an einem Strang ziehen. Das Problem ist nur, daß in diesem Staat nirgendwo der Wille besteht, gute Arbeit abzuliefern. Jeder Ministerpräsident möchte sein eigenes Süppchen kochen, sich als derjenige profilieren, der mit den besten Ideen punkten kann. Nicht das Optimale für die Menschen herauszuholen, ist das erklärte Ziel; Priorität haben die Interessen der Wirtschaftslobby und das eigene Ego. Schließlich befinden wir uns ja mitten in einem sehr spannenden Wahljahr, in dem sich jeder Politikfunktionär den Bürgern im Lande als zupackender Tatmensch präsentieren möchte.

Wir erinnern uns: 15 Stunden Verhandlungsmarathon vor Ostern. Was dabei herauskam: Ein Papier lebensfremder Entwürfe, zu kompliziert, zu bürokratisch, zu pragmatisch. Und: In einem Zustand psychischer Erschöpfung und Zerstrittenheit konnten nur „Lösungen“ erwartet werden, denen alle Überzeugungskraft fehlt. Zudem haben solche Beschlüsse keine ausreichende demokratische Legitimation, weil eine intensive parlamentarische Debatte hätte vorausgehen müssen. Für das Eingeständnis der Kanzlerin, in Bezug auf den vorösterlichen Lockdown einen Fehler gemacht zu haben, zollte der bayerische Ministerpräsident ihr Respekt. Sie zeige damit „Größe“.

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Trump is fired – Biden is coming. Yes, he can! – Ein Traum wird wahr.

Nationalpark Bryce Canyon im US-Bundesstaat Utah – Gründungsjahr: 1928 – Fläche: 145 km² – Höhenlage: 2.400 bis 2.700 m über NN – Foto: Karl J. Knoppik (Mai 1988)

Das hat es seit George Washington, dem ersten Präsidenten der USA (1789 – 1797) noch nicht gegeben: Ein republikanischer Amtsinhaber will die Wahl seines Nachfolgers von den Demokraten nicht anerkennen.

Die US-Wahl liegt nun bereits über zwei Wochen hinter uns; und Donald Trump bleibt hartnäckig. Vernünftiges Zureden – auch aus den eigenen Reihen – konnten ihn bisher nicht umstimmen. Mit Hilfe treuer Gesinnungsgenossen, die immer noch zu ihm halten und einer zermürbenden, auf Zeitgewinn angelegten Strategie der verbrannten Erde will er seine Präsidentschaft verteidigen. Um das schier Unmögliche doch noch möglich zu machen, sind seinem Erfindungsreichtum keine Grenzen gesetzt.

Aber die republikanische Front bröckelt; die Rückendeckung für Trump schwindet. Die Zahl der Politiker aus Trumps Partei, die Biden als eindeutigen Wahlgewinner sehen, steigt.

Bisher gibt es allerdings immer noch zu wenige Senatoren aus Trumps Partei, die der Wirklichkeit ins Auge sehen; die meisten halten nach wie vor zu ihm, solange der Präsident alles daransetzt, mit juristischen Tricks und Druck auf die Wahlbehörden das Steuer doch noch herumzureißen. Allerdings bestehen diese Chancen nur noch theoretisch. Bidens Vorsprung ist dafür schon viel zu groß. Böswillige Behauptungen und an den Haaren herbeigezogene „Beweise“ über einen vermeintlichen Wahlbetrug der Demokraten hatten zuvor die Gerichte dreier Bundesstaaten Lügen gestraft. Es gäbe keinerlei Anhaltspunkte dafür.

Im US-Bundesstaat Utah – Ökologisch wertvolle Landschaftsräume, Nationalparks, Naturschutzgebiete oder Naturmonumente waren unter Donald Trump vor industrieller Ausbeutung nie sicher, sofern es dort etwas zu holen gab. (Foto: Karl Josef Knoppik – Mai 1988) Am 17.8. 2020 beschließt die Regierung Trump, einen 1,6 Mio. Hektar großen Teil des „Arctic National Wildlife Refuge“ in Alaska für die Erschließung von Öl- und Gasvorkommen zu öffnen. Das Gebiet ist seit 1960 als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Trump ist an sich selbst gescheitert. Seine Versuche permanent Mißtrauen zu säen und die Rechtmäßigkeit der Wahl anzuzweifeln, blieben ohne jeden Erfolg. Mit Beschimpfungen, Lügen und Diffamierungen versuchte er schon im Vorfeld der Wahl diese in seinem Sinne zu beeinflussen und den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden zu dämonisieren. Das Ziel: Die Legitimität seines Kontrahenten zu untergraben, dem er übrigens vorwarf, „er und seine Familie hätten Millionen Dollar aus der Ukraine kassiert. Richtig ist, daß die Kinder des Präsidenten als Regierungsberater an einer Politik beteiligt sind, die ihnen und Vaters Firma die Taschen vollmacht.“ (Quelle: ZDF).

Schon Wochen vor der Abstimmung am 3.11. hatte D. Trump die Bürger dazu aufgerufen, sowohl per Briefwahl als auch im Wahllokal ihre Stimme abzugeben, also doppelt.

Und dann – nicht zufällig – die Ernennung der „erzkonservativen“ Amy Barret zur Richterin am Supreme Court in Washington wenige Wochen vor der Wahl. Denn, so Trumps Kalkül, wenn alle Versuche fehlschlagen, den Kampf für vier weitere Jahre als Präsident zu gewinnen, bliebe ihm noch als letzter Rettungsanker der oberste Gerichtshof in Washington. Ohnehin zu 2/3 konservativ besetzt, wurde der Supreme Court mit der 48-jährigen Juristin, die für ein antiquiertes Weltbild steht, noch um eine weiteres Schwergewicht der Trump`schen Politik gestärkt.

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Klimanotfall und Corona-Pandemie stellen die Menschheit vor größte Bewährungsprobe

Eingriffe in das sensible Hochgebirgs-Ökosystem, wie hier durch Straßenbau, schädigen die alpine Natur massiv und nachhaltig und befeuern den Klimawandel. Umweltzerstörung läßt das ökologische Gleichgewicht aus den Fugen geraten. Dadurch können auch Viren und deren Ausbreitung gefördert werden (Foto: Heinz Tuschl).

11.000 Wissenschaftler des Weltklimarats IPCC warnen eindringlich vor einem „Klimanotfall“. Es drohe unsägliches Leid. Die globale Erwärmung vollzieht sich schneller als noch vor wenigen Jahren angenommen. Nur unter der Voraussetzung, daß der Ausstoß von Treibhausgasen sofort drastisch eingeschränkt wird, ist der Klima-Super-GAU meiner Ansicht nach zu vermeiden.

Leider sieht die Realität aber anders aus: Nirgendwo besteht der ernsthafte Wille, auf die Folgen der Erderwärmung der Dramatik der Situation entsprechend zu reagieren. Ich sehe nach derzeitigem Stand keinen Vertreter der „Großen Koalition“, welcher die Absicht hätte, den antiquierten Kurs des materiellen Wachstums zu Lasten von Natur, Umwelt und Klima durch eine auf die Bewahrung der Zukunft ausgerichtete Politik zu ersetzen.

Betrachten wir einmal den Agrarsektor:

Der Ökolandbau hat für den Natur- und Klimaschutz eine sehr wichtige Bedeutung. Denn nur eine nachhaltige Landwirtschaft ohne Chemieeinsatz ist zukunftsfähig und sichert unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Hier ist die Politik in der Pflicht, endlich die notwendigen Fördermaßnahmen zu beschließen, und zwar sowohl national als auch auf europäischer Ebene.

Darüber hinaus ist eine flächendeckende extensivierte Nutzung anzustreben. Des Weiteren sind auch Flächenstilllegungen erforderlich, um den ländlichen Raum für eine möglichst artenreiche Tier- und Pflanzenwelt wieder attraktiv zu machen. Unverzichtbar sind außerdem deutlich kleinere Tierbestandszahlen. Wenn Bauern im Einklang mit Natur- und Klimaschutz wirtschaften, handeln sie automatisch im Eigeninteresse und orientieren sich zugleich am kulturellen Prinzip der Nachhaltigkeit. Sie sparen Betriebskosten bspw. für chemische Dünger und Spritzmittel, schonen die natürlichen Ressourcen Wasser, Luft und Boden, fördern zugleich die Artenvielfalt und erzielen auch noch höhere Einkommen.

In Österreich werden heute bereits 25 % der landwirtschaftlichen Fläche nach ökologischen Kriterien bewirtschaftet. Das ist umgerechnet auf die Fläche im weltweiten Vergleich Spitze. In Deutschland sind es dagegen nur 8,9 %.

Die Alpenrepublik hat auch Mitte April d. J. ihr letztes Kohlekraftwerk vom Netz genommen und liefert damit den Beweis, dass ein schneller Ausstieg aus dieser Technologie möglich ist. In Deutschland, wo der Klimakiller Braunkohle schon lange als Auslaufmodell diskutiert wird, legt es die Kohlewirtschaft dennoch darauf an, das endgültige AUS für dessen umstrittene Nutzung in eine immer noch fernere Zukunft zu verschieben.

Nicht genug damit, daß sich die Kohlekommission 2019 auf einen untauglichen Kompromiss verständigt hat, der vorsieht, daß das letzte Kraftwerk viel zu spät, nämlich erst im Jahr 2038 abgeschaltet werden soll (sofern es dabei bleibt): Die Kohlelobby kassiert dafür rd. 8 Mrd. Euro(!) als Gegenleistung. Ein sehr hoher Preis, der den Kraftwerksbetreibern noch über einen langen Zeitraum nicht nur saftige Gewinne beschert; es dürfen auch noch große Mengen klimaschädliches CO² in die Atmosphäre gepustet werden.

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Glaubwürdigkeit beschädigt – letzte Chance verspielt! Neues SPD-Führungsduo belässt alles beim Alten

Die Wahl von Norbert Walter Borjans und Saskia Esken sollte zu einer Richtungsentscheidung über den weiteren Kurs der SPD werden. Ein klares Signal gegen das Weiter so in der Groko und für einen Politikwechsel in Berlin. Doch es kam weder ein JA noch ein NEIN. Die Partei ist unschlüssig; sie zaudert und zögert – nach dem Motto: Augen zu und durch.

Von den beiden Hoffnungsträgern bleibt jetzt nur noch ein Hoffnungsschimmer übrig.

M. E. hat die SPD den richtigen Zeitpunkt für den Ausstieg aus der Groko, der an diesem Wochenende hätte beschlossen werden müssen, endgültig verpasst.

Wenn nicht auf dem Parteitag, wo sonst wäre eine klare Entscheidung notwendig gewesen. Schließlich sind die neuen Vorsitzenden von ihren Anhängern nicht ins Amt gewählt worden, um diesem Regierungsbündnis ewige Treue zu schwören. Ich nenne das Vertrauensbruch. Die ganze Mitgliederbefragung konnte man sich sparen.

Es werden sich nun auch diejenigen Mitglieder bestätigt fühlen, die an der Wahl erst gar nicht teilgenommen haben. Daß im ersten Durchgang lediglich 53 Prozent Beteiligung zu verzeichnen war (davon viele Enthaltungen sowie ungültige Stimmen), beweist doch, daß die Parteispitze bei der Basis nicht über den notwendigen Rückhalt verfügt.

Der versprochene Neuanfang findet also nicht statt. Und Kevin Kühnert, bis vor kurzem noch einer der lautesten Befürworter einer Aufkündigung der Zusammenarbeit mit CDU und CSU, vollzieht plötzlich eine radikale Kehrtwende und warnt seine Partei davor, Hals über Kopf alles hinzuschmeißen. Aber ich frage mich, welchem Zweck sollte die sich über fast 6 Monate hinziehende Abstimmungsprozedur denn sonst dienen?

Betretene Gesichter des unterlegenen Paares Scholz und Geywitz, ja der gesamten Ministerriege, die sich ein anderes Resultat gewünscht hätten. Man hatte es sich in den Führungsetagen der Berliner SPD so schön ausgedacht: Wenn wir unseren Finanzminister flugs ins Rennen schicken, läuft alles wie geschmiert. Unseren Kandidaten bringen wir schon durch. Denn Olaf Scholz und seine Partnerin stehen nicht für Erneuerung.

Der Vizekanzler ist kein Politiker, der die Fähigkeit besitzen würde, seine Partei aus dem Tal der Tränen herauszuführen. Er galt immer als jemand, der loyal zu Frau Merkel steht, und der bestimmt nichts dagegen hätte, auch über das Jahr 2021 hinaus sein Ministeramt in einer Neuauflage der Groko weiter auszuüben.

Was noch gegen die beiden Bewerber um den SPD-Vorsitz spricht: Sie haben kein Charisma. Von den Medien wurden sie von vornherein als sichere Gewinner fest einkalkuliert – und vermutlich auch gewünscht. Und in genau diesen Bahnen verlief nämlich auch die ganze TV- Berichterstattung.

Die Stimmung an der SPD-Basis war nach meinem Eindruck wohl bewußt falsch wiedergegeben worden. Viele taten sich offenbar schwer damit, das Duo Borjans/Esken zu akzeptieren.

Scholz und Geywitz werden als Angehörige der Regierung dem Establishment zugeordnet, wie auch der Minister des Äußeren, Heiko Maas. Die als Favoriten gehandelten Groko-Befürworter blieben deutlich hinter Borjans und Esken zurück; und Maas schaffte es auf dem Parteitag erst im zweiten Wahlgang, einen Posten im Parteivorstand zu ergattern. Das spricht auch Bände. Wundern braucht man sich bei der SPD längst über nichts mehr.

Alle Hoffnung ruhte jetzt auf dem früheren NRW-Finanzminister und seiner Co-Vorsitzenden. Aber die Freude darüber, sich nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses in strahlender Siegerpose präsentieren zu können, sollte nur von kurzer Dauer sein. W. Borjans und S. Esken waren schneller in der Wirklichkeit angekommen, als sie sich das hätten erträumen lassen.

Auf dem Parteitag ging es nicht, wie man eigentlich annehmen konnte, drunter und drüber, denn zur Kampfabstimmung zwischen den beiden gegnerischen Lagern kam es nicht. Die befürchtete Rebellion der Groko-Gegner blieb aus. Statt harter Wortgefechte erlebte man einen erstaunlich harmonischen Parteitag.

Der in der Partei seit Jahren schwelende Konflikt wurde nicht ausgetragen; er besteht weiter fort, ist nur vertagt, was die Lage zusätzlich verschlimmert. Ich rechne damit, daß das Hauen und Stechen in der SPD seine Fortsetzung findet. Es geht wieder mal nur um persönliche Animositäten. Sollte aber die Personaldiskussion andauern, könnte dies früher oder später den Todesstoß für die Partei bedeuten. Mit Sicherheit würden neue und am Ende unlösbare Probleme auf die SPD zukommen.

Eigentlich sollte man aus der Vergangenheit gelernt haben. Oft waren es die eigenen Leute, die die SPD kaputtgemacht haben. Man denke nur noch an den Fall Ypsilanti in Hessen oder jenen von Heide Simonis in Schleswig-Holstein.

Nun sind Borjans und Esken zwar mit einem fulminanten Wahlergebnis bestätigt worden; aber das war es auch schon. Martin Schulz, seinerzeit öffentlichkeits- und medienwirksam als Parteichef inszeniert, erhielt damals unglaubliche 100 Prozent Zustimmung. Man feierte ihn als großen Heilsbringer, als neuen Messias, der die Umfragewerte der SPD wieder nach oben bringen sollte. Aber noch nicht lange im Amt, war er auch schon wieder Geschichte.

Die Sozialdemokraten stehen jetzt wieder so da, wie man sie bisher in der Großen Koalition an der Seite der CDU/CSU kannte: Saft- und kraftlos, kriecherisch, ohne Selbstbewußtsein und ständig in Angst vor der eigenen Courage.

Die Partei traut sich selber nicht über den Weg. Sie wirkt stark verunsichert und scheut jede Veränderung bis hin zu Neuwahlen, die den in der Regierung sitzenden SPD-Funktionären schnell ihr Ministeramt kosten würden.

Klare Kante wollte das frisch gewählte Duo gegenüber dem Koalitionspartner zeigen. Doch was ist daraus geworden? Nichts – nur heiße Luft. Es blieb eine Worthülse!

Walter Borjans und Saskia Esken stehen jetzt in doppelter Hinsicht als Verlierer da. Einerseits bleibt wohl alles beim Alten. Die Koalition wird fortgesetzt. Auf der anderen Seite werden sich CDU und CSU, z. B. beim so genannten „Klimapaket“ nicht auf Nachverhandlungen einlassen.

Und auch bei den übrigen von der SPD gestellten Forderungen, die bereits kurz nach Bekanntwerden schon stark abgeschwächt wurden, muß man sich eines fragen: Aus welchem Grund sollte die Union der SPD entgegenkommen?

Das Klimapaket, – nicht nur Wissenschaftler bezeichnen es zu Recht als Sterbehilfe für das Klima -, war schließlich unter Mitwirkung von Umweltministerin Schulze und ihren SPD- Ressortkollegen zustande gekommen.

Wozu also Nachverhandlungen? Die Union dürfte kaum bereit sein, dem schwächelnden Koalitionspartner entgegenzukommen, nur weil die SPD im Grunde nicht weiß, was sie will und keinen Mumm hat endlich auf den Tisch zu hauen und dieser Hängepartie in der Großen Koalition ein rasches Ende zu setzen. Es sei denn, auch die CDU/CSU möchte unter allen Umständen vermeiden, daß es zum vorzeitigen Ende kommt, weil auch ihre Umfragewerte alles andere als erfreulich sind. Momentan liegt sie bei 25 Prozent, minus 1 Punkt (Quelle: Forsa Trendbarometer 7.12.19).

Teile des Koalitionsvertrages noch einmal neu zu verhandeln, ist nichts anderem als dem enormen Druck geschuldet, dem die Sozialdemokraten ausgesetzt sind. Im Interesse der Sache wäre es in der Tat zwingend notwendig, der CDU knallharte Forderungen zu stellen und die Hürden dabei so hoch zu hängen, daß sie der Koalitionspartner nicht überspringen kann.

Es gilt die Blockadehaltung der Union aufzulösen, so utopisch ein solches Ansinnen erscheinen mag. Denn Angela Merkel und ihre Partei möchten ja gar keine substanziellen Veränderungen bei wichtigen Zukunftsthemen. Ich zitiere aus dem neuesten „Greenpeace-Magazin“ die Bundeskanzlerin, welche auf die Kritik am Klimapaket sagte: „Das unterscheidet Politik von Wissenschaft und auch von ungeduldigen jungen Menschen. Politik ist das, was möglich ist.“

Für den betreffenden Autor im GPM „ein Schlag ins Gesicht.“ Er hält das „für eine politische Bankrotterklärung. Denn die Regierung hat den Auftrag, die Basis unseres Überlebens zu sichern. Und das soll nicht möglich sein? Politik muß das Notwendige möglich machen, indem sie die nötigen Mehrheiten gewinnt – durch Begeisterung, demokratische Beteiligung, und ja, auch durch unbequeme Entscheidungen.“

Die Halbzeitbilanz der Groko ist desaströs. Verhielte es sich anders, hätte man nicht die Bertelsmann-Stiftung damit beauftragen müssen, der zu Unrecht hochgelobten Arbeit in Berlin ein gutes Zeugnis auszustellen.

Die Realität ist eine ganz andere: Schwarz-Rot stehen für politischen Stillstand beim Klima- und Artenschutz, in der Verkehrs- und Landwirtschaftspolitik und ebenso in der Außen-, Europa- und Entwicklungspolitik.

Ihr Markenzeichen war immer schon: Viel reden, nichts tun, unverbindliche Absichtserklärungen formulieren, alles auf den St. Nimmerleinstag verschieben. Das ist Politik a la Merkel: Die Kunst des Möglichen.

Dazu paßt auch folgende Meldung, ebenfalls im GPM nachzulesen: Helen Clark, die ehemalige neuseeländische Ministerpräsidentin, war auf Einladung der Bundesregierung mit einer internationalen Expertenkommission nach Berlin gekommen, um die deutschen Nachhaltigkeitsziele zu überprüfen.

Die Überprüfung ergab ein verheerendes Urteil. Deutschland tritt in vielen Bereichen auf der Stelle. Bei der Reduzierung des CO²-Ausstoßes im Verkehr und beim privaten Konsum tue sich seit Jahren nichts, bemängelte Clark. Der Rückgang der Artenvielfalt sei „ein riesiges Problem“, das Grundwasser „in Gefahr“.

Merkel bedanke sich beinahe trotzig. Natürlich wolle man „die 17 Ziele der Agenda 2030 auch tatsächlich erreichen“, aber man müsse bei all der „Kraftanstrengung“ auch bedenken: „Nachhaltigkeit gegen große Teile der Gesellschaft geht nicht.“

Der Autor des Beitrags, Fred Grimm, schreibt dazu: „Es ist das ewige Mantra der deutschen Politik. Wir würden gern, könnten auch, aber wir trauen uns nicht. Das vermeintliche Gegeneinander von Nachhaltigkeit und vermeintlichen Sachzwängen blockiert die überfällige Wende.“

Was die Bundeskanzlerin hier wieder von sich gibt, paßt exakt in das Persönlichkeitsbild, das sich jeder interessierte Bürger seit ihrem Amtsantritt vor 14 Jahren gemacht hat. Ihre Worte sind an Peinlichkeit nicht zu übertreffen. Sie klingen nicht nur zynisch, sie provozieren geradezu bekannte Vorurteile, nach denen es sich Politiker so bequem wie möglich machen, daß sie nämlich nur für ihre Klientel da sind.

Den „normalen“ Bürgern, insbesondere den nachfolgenden Generationen, wird jede Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft genommen. Ich sehe in den Aussagen von Merkel das offene Eingeständnis des Scheiterns, der Regierungsunfähigkeit und Unwilligkeit. Wer seinen Regierungsauftrag so versteht, hat als oberste Dienstherrin im Kanzleramt nichts verloren.

Als gestandener Sozialdemokrat mit Ehrgefühl wäre ich mir zu schade, einer Kanzlerin wie Frau Merkel zu dienen. Selbst für ein Bündnis, das auf gegenseitigem Respekt beruht, sehe ich keine Basis.

Man kann der SPD nur den dringenden Rat geben, endlich Nägel mit Köpfen zu machen und sich nicht länger als Juniorpartner vorführen zu lassen, wird die Partei doch nur noch benötigt, dieser nichtsnutzigen Kanzlerin mitsamt ihrem Gefolge die Machtbasis zu sichern.

Auf keinen Fall darf die SPD der Versuchung erliegen, falschen Ratgebern aus den eigenen Reihen auf den Leim zu gehen. DGB-Chef Sommer, Franz Müntefering, Martin Schulz, S. Gabriel und natürlich Altkanzler Schröder plädieren erwartungsgemäß für einen Verbleib in der Groko. Sogar Prominente nahmen Einfluß auf den Entscheidungsprozess der Basis, ganz im Sinne von Olaf Scholz.

Besonders Schröder und Schulz sollten sich mit ungebetenen Ratschlägen zurückhalten. Der Altkanzler trägt maßgeblich Schuld am Niedergang der einstmals großen Volkspartei.

Auch der niedersächsische Landesfürst Stefan Weil, ein notorischer Schönredner, hatte keine Skrupel Saskia Esken zu kritisieren, weil ihm deren Meinung nicht gefiel. Das war auch nichts anderes als der verzweifelte Versuch, im Sinne von Scholz und Geywitz Einfluß auf die Abstimmung an der Basis zu nehmen.

Enormen Handlungsbedarf gibt es auf allen Feldern. Bleiben wir zunächst beim Thema Klimaschutz. Was dazu Schwarz-Rot präsentiert hatte, ist ein völlig wert- und wirkungsloses Gefälligkeitspapier, das lt. Expertenmeinung selbst den Minimalanforderungen an konsequenten Klimaschutz, an das, was sofort passieren müßte, in keiner Weise gerecht wird.

Deshalb muß die neue SPD-Führung alles daransetzen, um das Klimapäckchen in vielen Punkten nachzuschärfen. Borjans und Esken schwebt ein CO²-Preis von 40,– € statt den geplanten 10,– € pro Tonne vor (Anm.: Auch 40 Euro ist als Einstieg viel zu wenig!). Sie verlangen weiterhin, den Kohleausstieg auf das Jahr 2030 vorzuverlegen, ferner einen um 20 Prozent höheren Mindestlohn, die Wiedereinführung der Vermögensteuer, sowie Investitionen in die Infrastruktur von 450 – 500 Mrd. Euro, etwa in die Reparatur von maroden Straßen, in Schulen, Kindergärten usw..

Außerdem soll nach deren Vorstellungen die so g. „schwarze Null“ gestrichen werden. Kaum gerieten diese Vorschläge an die Öffentlichkeit, waren sie auch wieder vom Tisch und sind nur noch in abgespeckter Form ein Thema.

Mit der Union ist so etwas – wie bereits erwähnt – wohl nie umzusetzen. Und Finanzminister Scholz, in die Koalitionsdisziplin eingebunden -, wird – falls überhaupt – nur sehr widerstrebend bereit sein, große Zugeständnisse zu machen und die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung zu stellen. In der Frage eines allgemeinen Tempolimits, über dessen Einführung der Bundestag unlängst abzustimmen hatte, votierte die SPD aus Koalitionsräson mit Nein, überraschenderweise. Das halte ich für schizophren. Damit stimmte sie gegen ihre eigene Position.

Erinnern wir uns: Bereits in den 80er Jahren forderte die Partei zusammen mit den Grünen eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 auf Autobahnen, 80 auf Landstraßen und 30 km/h in Wohngebieten. Daß man von dieser Forderung heute nichts mehr wissen will, zeigt überdeutlich, was die Bekenntnisse zum Klimaschutz wert sind. Dabei könnten durch ein Tempolimit nach seriösen Berechnungen ca. 5 Mio. Tonnen Treibhausgase jährlich eingespart werden, kostenlos – und mit sofortiger Wirkung. Ein wahres Sprichwort von Laothse sei den Sozis ins Ohr geflüstert: „Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man unterläßt!°

Bis heute konnten die Sozialdemokraten keinen Erfolg für sich verbuchen, zumindest nicht in Reinform, oder was langfristig Bestand hätte. Alle von der SPD eingebrachten Vorschläge oder Gesetzesentwürfe stehen unter Unionsvorbehalt. Da soll sich keiner Illusionen machen.

Auch die kürzlich beschlossene Grundrente entpuppt sich bei näherem Hinsehen nicht als großer Wurf. Statt wie zugesagt 3 Mio. kommen jetzt nur 1,5 Mio. Bürger in den Genuß dieser Rente. Berücksichtigt wird nicht das gesamte Vermögen, sondern nur Mieteinnahmen, Kapitalertragsteuer und Betriebsrenten. Wer 35 Jahre gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt hat, ist anspruchsberechtigt. Wer darunter bleibt, geht leer aus. 30 Jahre müßten eigentlich ausreichen.

Das Kernproblem bleibt indes erhalten. Viele Rentner sind unverändert gezwungen zur Tafel zu gehen. Oder sich müssen sich noch einen Job suchen, um über die Runden zu kommen. Es führt kein Weg an der Einsicht vorbei, daß allen benachteiligten Menschen in diesem Land auskömmliche Gehälter gezahlt werden müssen. Dann brauchten wir keine Arbeitsverhältnisse auf Billiglohnbasis, keine „Aufstocker“, keine Lohnzuschüsse oder Lohnbeihilfen usw. Viele Probleme würden mit einem Schlage gelöst. Hier sind Unternehmer und Staat in der Verantwortung. Notwendig ist eine Umverteilung von oben nach unten. Bevor Gerhard Schröder im Jahre 1998 Bundeskanzler wurde, hat die SPD genau diese Forderung stets erhoben. Aber zu jener Zeit konnte sich die Partei noch zu 100 Prozent sozialdemokratisch nennen. Meiner Ansicht nach war das ausgehandelte, jetzt vorliegende Konzept für die Grundrente ein schlechter Kompromiss. Alles in allem hat sich die Union mit ihren Vorstellungen durchgesetzt.

Mein abschließendes Fazit lautet: Wenn sich die SPD unter ihren neuen Vorsitzenden nicht sehr bald zu einer klaren Entscheidung durchringt, ob sie also die Zusammenarbeit mit der Union in Berlin fortsetzen wollen oder nicht, wird der Absturz in die Bedeutungslosigkeit nicht mehr aufzuhalten sein. Eine lange Oppositionszeit nach der BTW 2021 wird der Partei in jedem Fall bevorstehen.

Karl Josef Knoppik, 9. Dezember 2019

Klimawandel und Artensterben wirksam bekämpfen heißt: Raubbaumentalität überwinden – durch Selbstbeschränkung und Wachstumsverzicht

Es gehe um wesentlich mehr als um diesen Schmetterling in Willebadessen, meint unser Autor Karl Josef Knoppik (archivfoto: zoom)

Der alarmierende Bericht des Weltbiodiversitätsrats ist die Schreckensbilanz einer noch immer auf Wachstum getrimmten Politik, und das weltweit. Die ständige Heranziehung des Wortes „Klimaschutz“ oder „Klimapolitik“ halte ich allerdings für zu zu platt und zu simpel.

Alles auf den Begriff „Klima“ zu reduzieren, wird der Dimension der Herausforderungen nicht gerecht. Es handelt sich um eine unangemessene sprachliche Vereinfachung. In Wahrheit geht es doch um viel mehr, nämlich um ethische Fragen, also Ökosystem-, Natur- und Biodiversitätsschutz, Tier- und ebenso Verbraucherschutz.

Der Ausbau erneuerbarer Energien ist nur ein, wenn auch sehr wichtiger Aspekt. Vorrangig muß aber die drastische Reduktion des Ressourcenverbrauchs angegangen werden. Die Vereinbarkeit zwischen dem forcierten Ausbau regenerativer Energieträger und der Bewahrung der natürlichen Umwelt bedarf einer sorgfältigen Überprüfung bzw. Abwägung der Vor- und Nachteile. Bei der Auswahl der Erneuerbaren muß also selektiv vorgegangen werden. Welche Energieform ist überhaupt als „ökologisch“ oder „nachhaltig“ zu bezeichnen?

Eines ist jedenfalls klar: Alle Versuche, nur mit Hilfe der Technik die Probleme lösen zu wollen, werden scheitern. Es ist ein Irrglaube, daß alles so bleiben kann, wie es ist, wenn wir nur andere Techniken einsetzen. „Das reicht nicht, weil, so Dr. Reinhard Loske, ehemaliger „grüner“ Senator in Bremen, die permanenten Wachstumseffekte die Effizienzgewinne wieder auffressen. Was nutzt eine Halbierung des Spritverbrauchs, wenn sich die Anzahl der Autos verdoppelt?“ Eine noch so intelligente, ausgefeilte Technik stößt irgendwann an ihre Grenzen. Ohnehin knappe Ressourcen werden dadurch noch schneller verbraucht, bis irgendwann nichts mehr da ist. Und der Zeithorizont dafür wird immer kürzer, wenn alles so weiterläuft.

Wir müssen, ob wir wollen oder nicht, eines zur Kenntnis nehmen: Auf unserem Planeten leben zu viele Menschen. Diese verbrauchen zu viel Energie, zu viele Rohstoffe und zu viele Lebensmittel. R. Behrend von der Organisation „Rettet den Regenwald“ bringt es auf den Punkt: „ Seit Jahrzehnten drücken sich die Regierungen davor, unsere Umwelt durch Gesetze zu schützen. Stattdessen sagen sie uns: Keine Sorge, wir legen einfach Kriterien fest, um unseren Verbrauch als ökologisch oder nachhaltig zu bezeichnen. Dann kommt noch ein Siegel wie „Bio“ oder „FSC“ drauf und schon können alle weiter konsumieren, was das Zeug hält. Es reicht eben nicht aus bewußt zu konsumieren; wir müssen auch weniger verbrauchen.“ Natürlich wird uns da etwas abverlangt. „Aber ohne Veränderung verlieren wir in nicht allzu ferner Zukunft auch die letzte Handlungsoption.“

Beispiel Sand: Der Raubbau an diesem begehrten Rohstoff (zur Herstellung von Zement) hat bereits heute dazu geführt, daß man gezwungenermaßen nach Alternativen, sofern es die gibt, Ausschau hält. Dieses Beispiel macht deutlich: Nur mit eiserner Sparsamkeit, Wiederverwendung und Wiederverwertung, den Prinzipien der Natur, wird es gelingen, auch künftigen Generationen noch einen nachhaltigen Lebensstil zu ermöglichen. Daß ein fester, unerschütterlicher (Irr)Glaube an das Wunder der Technik nicht die Lösung sein kann, beweist das auch von Umweltverbänden hochgejubelte Elektroauto. Einmal ganz abgesehen davon, daß sich kaum ein „Normalbürger“ ein solches Gefährt leisten kann, ist hier ist die Technik sogar Teil des Problems. E-Mobilität ist weder umweltfreundlich noch klimaneutral. Sie führt auch nicht zum Rückgang des Straßenverkehrs, wie die ständig steigenden Zulassungszahlen von Autos und die zunehmende Verstopfung von Straßen zeigen. Wir brauchen effektive Verkehrskonzepte, die Mensch und Natur zugutekommen: Auf Schusters Rappen, per Fahrrad, mit Bus und Bahn.

E-Mobilität benötigt enorme Mengen elektrischer Energie, dessen umweltfreundliche Erzeugung nicht gesichert ist, meint auch die Organisation „Rettet den Regenwald“. Sehr überzeugende Argumente, die nicht zu widerlegen sind.

Die Fertigung von E-Autos erweist sich als höchst problematisch, weil sie einen enormen Rohstoffeinsatz erfordert. Diese Rohstoffe, bekannt als „seltene Erden“, kommen aus Staaten, in denen oft menschenunwürdige Arbeitsbedingungen herrschen. 80 Prozent des Kobalts im Kongo werden industriell abgebaut. 2/3 der weltweiten Kobaltproduktion stammen aus dem afrikanischen Land. Das Kobalterz wird aus dem Felsen gekratzt, wobei hochgiftige Stäube entstehen, welche zu Lungenerkrankungen führen. Die Lithiumgewinnung, ebenfalls für die Produktion von E-Autos erforderlich, benötigt gigantische Mengen Grundwasser. Folge: Der Grundwasserspiegel sinkt dramatisch ab. Und für die Kupfergewinnung wird der Regenwald abgeholzt. Fazit: Die Förderung der Rohstoffe für Akkus ist menschenverachtend und ruiniert die Umwelt.

Außerdem ist man nach aktuellem Stand noch sehr weit vom Einstieg in eine Massenproduktion von Elektrofahrzeugen entfernt. Viele Voraussetzungen dafür sind noch längst nicht erfüllt. Um E-Mobilität konkurrenzfähig zu machen, wären auch veränderte Rahmenbedingungen notwendig, wie z. B. eine Abschaffung des Steuerprivilegs für herkömmlich betriebene Fahrzeuge. Andere Staaten, die klug und vorausschauend denken, setzen aus guten Gründen mittlerweile auf Wasserstofftechnologie mit Brennstoffzelle. Ob das allerdings eine realistische Option sein kann, muß sorgfältig analysiert werden.

Als umweltfreundliche Übergangslösung kämen noch für einen längeren Zeitraum Erdgasautos (CNG) in Frage; sie sollten auf jeden Fall stärker gefördert werden. Dazu bräuchte es freilich ein dichteres Netz von Tanksäulen. Ca. 3 Jahre ist es her, daß die Bundesregierung verkünden ließ, sie beabsichtige mit VW u.a. Firmen eine „Erdgasoffensive“ zu starten.

Jedenfalls bin ich der Auffassung, daß die E-Mobilität unter dem Aspekt einer nachhaltigen und ökologisch orientierten Verkehrspolitik nicht zukunftsfähig ist – aus den o.a. Gründen. Im Moment stellt sich deren Situation chaotisch und kompliziert dar: Mehrere Tankstellen mit verschiedenen Anbietern sind erforderlich, die Reichweite ist zu gering, Ladeinfrastruktur völlig unzureichend, also zu wenige Ladesäulen, private Ladestationen? Für Batterien ist Miete zu zahlen. Alles zusammen ergibt eine sehr schlechte Ökobilanz. Und woher soll – wie gesagt – der ganze Strom kommen?

Umwelt-, Natur-, Klima- und Verbraucherschutz sind zwar schon seit Jahrzehnten Bestandteil der Politik. Aber Lobbyinteressen bestimmen nach wie vor, wo`s langgeht. Innovative Entwicklungen kommen – wenn überhaupt – nur zögerlich voran; sie werden von der Regierung eher behindert als gefördert. Andere Staaten sind uns da meilenweit voraus. In dieser Republik wird nach wie vor das so genannte Wachstum als Allheilmittel beschworen. Bleibt es aus oder stagniert auch nur, ertönt ein Aufschrei in Politik und Wirtschaft. An der Börse herrscht Krisenstimmung. Der Wille, die vordringlichen Aufgaben endlich entschlossen anzupacken, besteht offenbar nicht. Dazu fehlt es in diesem Staat auch massiv an Intelligenz. Große Defizite sind überall sichtbar. Die Fähigkeit ganzheitlich zu denken und Zusammenhänge zu begreifen, ist entweder nicht vorhanden oder längst abhandengekommen, auch unter Journalisten.

Der plötzliche Sinneswandel der Altparteien als Reaktion auf die Demonstrationen der weltweit vernetzten „Fridays for Future“-Bewegung, eine heftig geführte Klimadebatte, die scharfe Kritik von YouTubern oder das Erstarken der Grünen beruht keineswegs auf der Einsicht, daß man in Zukunft nicht mehr so weitermachen kann wie bisher. Sonst müßten diese Herrschaften ja einen radikalen Kurswechsel ihrer wachstumsfixierten Globalpolitik einleiten. Anders als mit den hohen Umfragewerten der Grünen läßt sich auch das überraschende Wendemanöver des bayerischen Ministerpräsidenten Söder nicht erklären. Und ob die Erfolgsaussichten des auf ÖDP-Initiative zustande gekommenen Volksbegehrens in Bayern zur Rettung der Artenvielfalt so positiv zu bewerten sind, muß sich erst noch herausstellen. Für ihre Forderung nach Reduktion des Flächenverbrauchs ernten Grüne und Umweltverbände im Freistaat bereits Widerspruch. Die Kommunen betrachten gesetzliche Vorgaben als Entwicklungshemmnis; sie möchten weiter expandieren, sich in ihrer Bautätigkeit nicht einschränken lassen. Blindes Wachstum ohne Rücksicht auf Verluste!

Natürlich können sich die Organisatoren über das bisher Erreichte freuen. Skepsis ist jedoch – wie immer – angebracht. Die CSU hätte aus ökologischer Einsicht ein Naturschutzthema nie ganz oben auf ihre Agenda gesetzt.

Daß Kanzlerin Merkel und Minister Scheuer ein vitales Interesse daran haben, mehr Klimaschutz unter allen Umständen zu verhindern, dafür ist auch das Verkehrsressort ein Paradebeispiel.

Beispiel LKW-Maut: Die daraus erzielten Einnahmen in Höhe von 7,7 Mrd. Euro sollen komplett in den Fernstraßenneu- oder Ausbau fließen. Kein einziger Cent wird der maroden und extrem sanierungsbedürftigen Bahn zugutekommen, so das ARD-Magazin „Kontraste“. Das ist nicht nur kontraproduktiv; es dokumentiert die wahre Umweltgesinnung einer zum Handeln total unfähigen Regierung.

Wenigstens 1,7 von den 7,7 Mrd. müßten in das umwelt- und klimafreundliche Verkehrsmittel Bahn fließen.

Nun hat öffentlicher Druck bewirkt, daß Berlin dem heruntergewirtschafteten Staatsunternehmen ab 2020 mit zusätzlichen 86 Mrd. € unter die Arme greifen will. Das würde jedoch nach Meinung von „Allianz pro Schiene“ gerade einmal ausreichen, um nur die wichtigsten Aufgaben zu bewältigen.

Entscheidend wird letztendlich sein, ob die bislang stets auf Rekordniveau verharrenden Straßenbauinvestitionen um den Milliardenbetrag gekürzt werden. Nur dann könnte man mit gewisser Berechtigung von einer ökologischen Verkehrswende sprechen.

Ob aber die C-Parteien wirklich bereit sind, den über Jahrzehnte hinweg verschlafenen Richtungswechsel in der Verkehrspolitik zu vollziehen, bleibt abzuwarten.

Neuerdings schreiben aber auch Freunde des großen Geldes wie F. Merz, eine „gesunde und lebenswerte Umwelt“ auf ihre Fahnen. CDU-Mann Merz gehört ganz sicher nicht zu denjenigen, die man mit dem Schutz von Natur und Umwelt in Verbindung bringt. Umweltaktivisten, Grüne, Linke oder Friedensgruppen, denen Ökologie und Soziales ein Grundanliegen ist, werden von den so genannten „Konservativen“ dagegen immer noch als Fortschrittsverweigerer verunglimpft, die nichts anderes im Sinn haben als den Bürgern vorschreiben zu wollen, was sie zu tun und zu lassen haben. Union und FDP setzen unverändert auf das Prinzip des freiwilligen Handelns, wohl wissend, daß sie damit jedes Mal gescheitert sind.

Grundsätzlich gilt: Ohne feste Regeln, Gebote und Verbote kann ein harmonisches Zusammenleben in der Gesellschaft nicht funktionieren. Wo der Freiheitsbegriff so interpretiert wird, daß er als Narrenfreiheit missverstanden werden kann, wo Rücksichtnahme zur Einbahnstraße wird und jeder um sein Recht kämpfen muß, ist ein auf Konsens bedachtes Miteinander unmöglich.

Der zum Himmel stinkende Diesel-Skandal zeigt deutlich, wohin es führt, wenn Recht und Ordnung nur Worthülsen bleiben. Anstatt die Verursacher hart zu bestrafen, wird die Deutsche Umwelthilfe (DUH) für ihre erfolgreiche Aufklärungsarbeit an den Pranger gestellt, obwohl sie nur die hochkriminellen Machenschaften der Autobosse ans Tageslicht befördert hatten. Zum Glück scheiterte der Versuch, der DUH ihre Gemeinnützigkeit zu entziehen. Im Fall der Bürgerbewegung Campact und des globalkritischen Netzwerks Attack urteilten die Richter des BGH dagegen anders. Unserer Demokratie wurde so ein Bärendienst erwiesen.

Beim Klimaschutz kommt man derweil nicht einen Millimeter voran. Die PKW-Maut erwies sich als Schlag ins Wasser. 53,1 Mio. € Steuergelder wurden für dieses von seiner Konzeption her völlig sinnlose Projekt verpraßt. Nun drohen von den beteiligten Firmen Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe – und zusätzlich für entgangene Gewinne.

Man will alles – und erreicht am Ende nichts. Auch das misslungene Experiment mit den E-Tretrollern, – die Zahl schwerer Unfälle nimmt zu -, fällt in die Verantwortung eines CSU-Ministers, der darin einen Beitrag zum Klimaschutz in den Städten sieht. Ich finde, daß gewöhnliche Fahrräder die eindeutig bessere Alternative für umwelt- und klimafreundliche Mobilität sind. Außerdem ist für den Radverkehr in den Städten immer noch viel zu wenig Platz vorhanden. Darüber hinaus sind die Radwege zu schmal.

Ein weiterer Flop: Die EU konnte sich unlängst nicht auf konkrete Klimaziele bis 2050 einigen. Von einer Gemeinschaft zu sprechen, ist jedoch nur dann korrekt, wenn die EU-Staaten solidarisch handeln. Und die Merkel-Regierung hat sich i. S. Klimaschutz noch nie mit Ruhm bekleckert. Andere Staaten sind da innovativer und uns nicht nur auf diesem Sektor meilenweit voraus.

Obwohl das Thema derzeit in aller Munde ist, werden in gewohnter Manier alle notwendigen Schritte blockiert und auf den Tag X verschoben. Ich habe Angela Merkel, weder als Umweltministerin noch während ihrer Kanzlerschaft als Vorreiter i. S. Umwelt- und Klimaschutz wahrgenommen. Das ist eine Erfindung der Unionsparteien und regierungsfreundlicher Journalisten oder irgendwelcher Boulevard-Zeitschriften, die offenbar jede Mühe scheuen, solche in Umlauf gebrachten Lobeshymnen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Was man bei den Journalisten häufig vermißt, ist eine sorgfältige, kritische Analyse. Stattdessen werden Wahrheiten vertuscht oder verschwiegen. Das liegt aber auch daran, daß heutzutage fast jeder mit jedem irgendwie verbandelt ist und daher die notwendige kritische Distanz fehlt. Wenn Medienvertreter, wie bspw. Elisabeth Niejahr von der „Wirtschaftswoche“ eine Biografie über Ursula von der Leyen herausgeben, ist die journalistische Unabhängigkeit nicht mehr garantiert.

Deutschland wird auf allen Gebieten Schlußlicht bleiben, falls man sich nicht endgültig zusammenreißt. Es sieht aber momentan zumindest so aus, daß doch immer mehr Menschen nicht länger warten wollen, bis die Politik zur Tat schreitet. So haben Teile der Bevölkerung und auch jene der Wirtschaft inzwischen das Heft selber in die Hand genommen. Man will langfristig klimaneutral werden. Viele Unternehmen haben den Willen zu Veränderungen. Bisher getroffene Maßnahmen reichen aber noch nicht aus. Deshalb muß „Schwarz-Rot“ endlich die notwendigen Rahmenbedingungen für umwelt- bzw. klimafreundliches Wirtschaften festlegen.

Immer mehr Bürger haben vom dem jahrzehntelangen Stillstand, den nicht eingelösten Versprechungen, dem „Weiter so“ die Nase voll.
Alle Hoffnungen ruhen jetzt auf der heranwachsenden Generation. Die erfreulichen Schülerproteste mit ihren Fridays for Future – Demonstrationen haben ihre Wirkung auf Politik und Öffentlichkeit nicht verfehlt. Deren Einsatz macht Mut und läßt hoffen. Greta Thunberg und ihre Mitstreiter(innen) sind auch die Wähler von morgen. Sie zeigen Flagge, wollen zurück zu den Werten, die besonders von den C- und F-Parteien nach wie vor mit Füßen getreten werden.

Zuweilen gewinnt man den Eindruck, als habe das Auto unter jungen Menschen seine Bedeutung als Statussymbol verloren zugunsten des Fahrrads. Einen Führerschein zu haben, ist vielen Jugendlichen nicht mehr so wichtig. Geld ist nicht alles. Dem Mammon hinterherzulaufen, gehört (hoffentlich) der Vergangenheit an. Man nimmt sich mehr Zeit für Familie und Freunde, was automatisch zu einer höheren Lebensqualität führt. Das Bewußtsein für die Wertschätzung von Lebensmitteln steigt wieder. Man bewahrt sie vor der Vernichtung. Solidarische Landwirtschaft oder Foodsharing stehen hoch im Kurs. Auch dafür engagieren sich immer mehr junge Leute. Und bei den „Fridays for Future“- Veranstaltungen demonstrieren Angehörige, Eltern, Geschwister, Oma und Opa an der Seite ihrer Kinder. Sie suchen den Schulterschluss auch mit anderen Organisationen, wie „Ende Gelände“ und machen Front gegen den Braunkohletagebau Garzweiler. Es bedarf neuer Formen des Protests. Nur am Straßenrand Aufstellung nehmen und Fähnchen schwingen, reicht längst nicht mehr. Dem Protest des zivilen Ungehorsams aber von vornherein die Seriosität absprechen zu wollen, weil eventuell gewalttätige Auseinandersetzungen drohen, für die Politiker wegen ihrer Tatenlosigkeit verantwortlich sind, ist völlig absurd.

Die ökologische Überlebensfrage ist zur Existenzfrage der Menschheit geworden und in der Mitte der Bevölkerung angekommen. Ob die Menschen aber auch mehrheitlich zum Umdenken bereit sind und Konsequenzen für ihr eigenes Handeln ziehen und ihren ökologischen Fußabdruck erheblich zu verkleinern, ist eine ganz andere Frage. Der Protest auf der Straße allein genügt nicht. Wenn man viele junge Leute danach fragt, was sie selbst zu tun bereit sind, um ihren Lebensstil den Herausforderungen von Umweltzerstörung und Klimaerwärmung anzupassen, sind die Vorstellungen noch ziemlich realitätsfern. Umweltorientiertem Handeln, so ist manchen Äußerungen zu entnehmen, fehlt häufig die Ernsthaftigkeit. Man betrachtet konsequent ökologisches Handeln wohl eher als Teil der Spaßgesellschaft. Mit ein bisschen Umweltschutz, z. B. weniger Fliegen, oder Mülltrennung, Recyclingpapier verwenden usw., ist es bei weitem nicht getan. Man wird sich von lieb gewordenen Gewohnheiten verabschieden müssen. Wer seinen Beitrag leisten möchte, um wirklich etwas zu verändern, muß schon erhebliche Anstrengungen auf sich nehmen.

Politik mit dem Einkaufskorb ist z. B. eine sehr wirksame Waffe, die jeder Bürger einsetzen kann, um ökologisch erwünschte Entwicklungen auf vielen Feldern in die richtige Richtung zu lenken und die Macht der Konzerne zu brechen.

Fakt ist: Auch hierzulande werden die Bürger zunehmend von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sein.

Weil diese Koalition in Berlin aber auf nichts vorbereitet ist, fehlt etwa bis heute ein Masterplan, der jedem einzelnen Bürger etwas an die Hand gibt, um die Folgen der globalen Erwärmung leichter bewältigen zu können. Städte und Gemeinden müssen umfangreiche Maßnahmen ergreifen, damit sie gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels besser gewappnet sind. Andere Länder sind uns auch hier voraus. Die Stadt Paris hat bereits 2015 eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel verabschiedet sowie Maßnahmen zum Schutz seiner Anwohner.

Unsere Lebensbasis bröckelt überall auf der Erde, sie hält dem Druck des ökonomischen Überbaues immer weniger stand. Man wünscht sich, daß die neue Protestbewegung ähnlich bedeutende Kämpfernaturen hervorbringen möge wie in den 70er Jahren Persönlichkeiten vom Range eines Horst Stern, Heinz Sielmann, Frederic Vester, Hubert Weinzierl und anderen Vorkämpfer der Umweltbewegung.

Greta Thunberg, jung, strebsam und dynamisch, ist so eine Persönlichkeit, die es fertiggebracht hat, daß sich rund um den Erdball zahlreiche Menschen zusammentun, um für ein gemeinsames Ziel zu kämpfen! Ich glaube, nur mit spektakulären Aktionen läßt sich das Steuer noch herumreißen.

Der Protest der „Fridays for Future“-Bewegung wird, um es noch einmal zu bekräftigen, nur dann erfolgreich sein, wenn alle mit gutem Beispiel vorangehen. Selbiges gilt für Politiker der Grünen, die lt. Statistik im Jahre 2018 am häufigsten das Flugzeug in Anspruch nahmen. „Und ausgerechnet die wollen mir was erzählen“, sagen sich dann viele Menschen zu Recht.

Es führt kein Weg an der Einsicht vorbei, daß nur derjenige etwas bewirken kann, der auch selber glaubwürdig bleibt. Ansonsten unterscheidet ihn nichts von den Sonntagsreden der „Volksvertreter“. Natürlich muß auch in Berlin schnellstmöglich eine andere Koalition das Zepter übernehmen.

Parlamentarisch durchsetzbar ist eine radikal-ökologische, den inneren und äußeren Frieden sichernde Politik m. E. ausschließlich in einem Bündnis aus Grünen, Linkspartei und Sozialdemokraten, letztere allerdings mit einem völlig erneuerten Personaltableu und einer zeitgemäßen Programmatik. Ich sehe – wie schon damals im Jahre 2013 – weit und breit keine andere Alternative!

Bedauerlich ist, daß die ÖDP, – sie hat inzwischen eine Steigerung ihrer Mitgliederzahl um 18,5 % zu vermelden), nie den Einzug in die Parlamente geschafft hat und bis heute lediglich in Bayern und Baden-Württemberg eine nennenswerte politische Kraft ist (im neuen Europaparlament stellt sie jedoch immerhin einen Abgeordneten). Sonst wäre die ehemalige Partei von Herbert Gruhl als vierte im Bunde mit hohem Regierungsanspruch ein bedeutender Faktor der ökologisch-sozial motivierten Politikwende.

Und die SPD muß erst mal wieder sozialdemokratische Politik machen, statt für Konzerne und Superreiche. Auch die Grünen sollen sich nicht der Illusion hingeben, daß in schwarz-grüner Konstellation ein echter Politikwechsel möglich ist. Den Klimawandel stoppt man nicht mit der Lobby für Reiche und Konzerne, die unsere Umwelt natürlich stärker schädigen als Menschen mit kleinem Geldbeutel.

Dazu Bernd Riexinger und L. G. Beutin (LINKE) „Ökologische Modernisierungsprozesse sollen zusammen mit der Wirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit fördern. „Grüner Kapitalismus“ mit marktfreundlichem CO²-Emissionshandel und Ökosteuer zementieren die Illusion, daß Profitstreben und Umweltschutz Hand in Hand gehen können. Mehr Produktion, mehr Wachstum, niedrige Energie-, Rohstoff- und Lohnkosten: Dem wird im Kapitalismus alles andere untergeordnet. LINKE Klimapolitik legt sich mit den mächtigsten Konzernen der Welt an, die alles daran setzen, um weiter am fossilen Turbo-Kapitalismus zu verdienen.“ An internationale Verträge zum Schutz von Umwelt und Klima hält sich ohnehin niemand, am wenigsten die deutsche Regierung. Sie betätigt sich mit steigender Tendenz wie nie zuvor als Handlanger der Wirtschaft. Nur was den Lobbyisten in den Kram paßt, hat eine Chance auf Realisierung. Der rein ökonomisch motivierte Emissionshandel hat bisher nicht gefruchtet. Um das CO²-Problem an der Wurzel zu packen, müßten alle Staaten ihr Reduktionspotential voll ausschöpfen. Das unwürdige Gefeilsche um den Kauf bzw. Verkauf von Verschmutzungsrechten sollte deshalb endlich der Vergangenheit angehören. Auch bei dem vorliegenden Konzept für eine CO²-Steuer sind die Anreize zur Vermeidung des Klimagases CO² viel zu gering. Reiche und Wohlhabende juckt eine solche Steuer kaum, obwohl sie klimaschädlicher leben, i.d.R. spritfressende Autos besitzen, luxuriös wohnen, teure Hobbys ausüben etc..

Wir benötigen in der Verkehrspolitik einen in jeder Hinsicht attraktiven und flächendeckenden ÖPNV mit kundenfreundlichen Angeboten. Doch ohne Tabus und Verbote wird effizienter Klimaschutz nie funktionieren. Es müßte z. B. Vorschrift werden, daß sich die Leute nur noch per Bus, Bahn oder Fahrrad in die Städte begeben dürfen. Ärmeren Menschen sollte es gestattet werden, die öffentlichen Verkehrsmittel gratis zu nutzen. An dem nötigen Geld mangelte es weiß Gott nicht. Zum Vergleich: Ökologisch schädliche Subventionen in sechsstelliger Höhe werden bis heute ungefragt zum Fenster hinausgeworfen.

Meiner Ansicht nach muß das Maßnahmenbündel zur Durchsetzung einer ökologischen Verkehrspolitik ebenso Fahrverbote (1mal pro Monat an Sonn- oder Feiertagen) enthalten: Damit sich auch Privilegierte in unserer Gesellschaft und diejenigen, denen ohnehin alles egal ist, ihrer Verantwortung für Umwelt- und Klimaschutz nicht entziehen können.

Ein sehr krasses Beispiel für die Macht des Großkapitals und dessen politische Erfüllungsgehilfen ist auch das Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Staatenbund „Mercosur“. Dieses Abkommen dient allein dem Zweck, die Wirtschaft weiter zu mästen. M. E. geht es vorrangig darum, eine angeschlagene Autoindustrie zu retten, deren Absatz zu steigern, weil Importzölle größtenteils wegfallen. Im Gegenzug winken den europäischen Vertragspartnern billige Nahrungsmittelimporte, also Rindfleisch Geflügel, Zucker und Ethanol, letzteres für eine fragwürdige, nicht nachhaltige Mobilität, sowie genverändertes Soja – natürlich unter hohem Pestizideinsatz angebaut. Schon jetzt stirbt alle zweieinhalb Tage in Brasilien ein Mensch an den Folgen des Chemieeinsatzes!

Merkel besorgt mal wieder das Geschäft der mächtigen Interessensverbände und liefert dadurch die deutschen Bauern ans Messer. Um ihre wahren Absichten zu verschleiern, behauptet sie trotzig, daß die Motorsäge keinen einzigen Baum im Regenwald weniger verschont, falls das FH-Abkommen nicht ratifiziert wird. Die Realität ist allerdings eine ganz andere: Importe aus den südamerikanischen Mercosur-Staaten werden dazu führen, daß sich der Niedergang des Amazonas-Waldes durch die benötigten Weide- und Anbauflächen nochmals erheblich beschleunigen wird. Die EU opfert ihre Umwelt- und Klimaziele den Interessen der Wirtschaft und paktiert mit Leuten, wie dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, dem Begriffe wie Menschenrechte, Menschenwürde, Natur- und Klimaschutz – milde ausgedrückt – ein Dorn im Auge sind. Kein Problem für Merkel. Sie, P. Altmaier und Heiko Maas würden sich auch mit dem Teufel verbünden und Verträge abschließen. Hauptsache, der Industrie beschert es reichlich Profite.

Heuchlerisch klingen die lobenden Worte der Kanzlerin für Greta Thunberg. Frau Merkel ist die letzte, der es zusteht, das vorbildliche Engagement der jungen Schwedin zu loben, solange sie selbst, Merkel, Klimaschutz im eigenen Land und in der EU verhindert und mit Bolsonaro Handel treibt, der keine Skrupel hat, den Amazonas-Regenwald im Interesse der Agrar-, Holz- und Bergbaulobby einer totalen Zerstörung preiszugeben. Klimatisch und ökologisch ein unvorstellbares Desaster!

Man erstarrt regelrecht in Ehrfurcht, wenn bekannt wird, daß der Amazonas-Urwald ca. 100 Mrd. Tonnen Kohlenstoff speichert und ca. 500 Mrd. Bäume in ihm wachsen. Er ist für das Erdklima von überragender Bedeutung! Die grüne Lunge unseres Planeten kann riesige Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid aufnehmen. Pro Jahr verbleiben knapp 1,4 Mrd. Tonnen CO² in dem größten zusammenhängenden, mehr als 5 1/2 Mio. km² umfassenden Regenwaldgebiet, das sind etwa 12 % der weltweit von Böden aufgenommenen Menge. Der darin enthaltene Kohlenstoff wird in den Pflanzen und im Erdreich gespeichert. Der Amazonas-Urwald, er  übertrifft die EU deutlich an Flächenausdehnung, gilt auch als die größte Klimaanlage der Welt! Die Sonne läßt riesige Mengen Wasser aus dem Regenwald verdunsten.  Ein einziger Baum kann am Tag bis zu 1.000 Liter Wasser abgeben. Bis zu 85 Prozent der gesamten Wassermenge befinden sich ständig im Umlauf. Nachdem dieses Wasser von der Oberfläche der Blätter und Gewässer verdunstet ist, bildet es über dem Wald neue Regenwolken, die für Kühlung der Atmosphäre sorgen. Der Tropische Regenwald produziert das feuchte Klima, das seinen Nährstoffkreislauf und damit seine Existenz ermöglicht, also weitgehend selbst!

Zwar enthält „Mercosur“ die Verpflichtung auf Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens, den Erhalt der biologischen Vielfalt und eine Reduktion der Entwaldung. Aber solche schönen Worte sind kein Papierfetzen wert, da auch nicht einklagbar. So kann die EU gegen Verstöße des Vertragstextes, zu denen es unweigerlich kommen wird, nichts unternehmen.

Zwischenzeitlich kündigte D. Trump an, mehr US-Rindfleisch in die EU exportieren zu wollen. Damit befriedet er seine potenzielle Wählerklientel, die Großfarmer. Auch hierzu keine Einwände von der EU. So sichert man die Wiederwahl Trumps. Der Präsident denkt trotzdem nicht daran, seine Drohung, Kfz-Importe aus der EU mit Strafzöllen zu belegen, aufzugeben. Und jederzeit ist damit zu rechnen, daß er weitere Zugeständnisse erpresst. Importe von billigem US-Rindfleisch würde heimische Bauern zusätzlich in ihrer Existenz bedrohen.

Auch vor diesem Hintergrund wird es höchste Zeit für einen Regierungswechsel in Deutschland.

Der Erfolg der Grünen bei der Europawahl und die anhaltend erfreulichen Umfragewerte trafen besonders die C-Parteien völlig unvorbereitet; sie verfielen regelrecht in eine Schockstarre. Werden wir im Jahre 2021 nach der Bundestagswahl vielleicht einen grünen Kanzler bekommen? Es liegt an dem Führungspersonal um A. Baerbock und R. Habeck, die wachsende Zustimmung in glaubwürdige Politik umzusetzen. Die Ökopartei muß jetzt liefern. Sie steht unter hohem Erwartungsdruck.

Eines können sich A. Baerbock, R. Habeck, Anton Hofreiter und Parteifreunde in Zukunft auf keinen Fall mehr leisten, nämlich ihre Glaubwürdigkeit zugunsten des Weiterregierens leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Das JA von Umweltminister Remmel vor ein wenigen Jahren zur Rodung des Hambacher Waldes, der einst viel größer war, für den weiteren Braunkohletagebau, war so ein berüchtigter Fall aus jener Zeit, als man mit der SPD regierte. Die eigene Überzeugung dem Machterhalt opfern, läßt heutzutage kein ernstzunehmender, kritischer Bürger mehr durchgehen. Man kann es nur hoffen.

Kein Wunder, daß den Grünen heute, wo man Seite an Seite mit BI und Umweltverbänden den Hambacher Wald verteidigt, dieses unsägliche Verhalten permanent auf die Füße fällt. Grüne Politiker verweisen auf das Vorkommen seltener Tierarten in dem ökologisch hochbewerteten Waldstück, z. B. das Vorkommen der Bechsteinfledermaus. Vertreter dieser z. T. stark gefährdeten Tiergruppe werden aber auch immer häufiger zu Opfern überdimensionierter Windkraftanlagen; außerdem zahllose Insekten. Lt. einem Bericht der „Welt“ vom 26.3. 19 könnten solche Mühlenmonster pro Tag 5,3 Mrd. von ihnen töten. Sollte das stimmen, wären die Konsequenzen für die Energiewende nicht auszudenken. Die Grünen müssen sich wegen ihrer Einstellung zur Windkraft zu Recht fragen lassen, ob sie zwischen „guten“ und „schlechten“ Fledermäusen unterscheiden.

Das ist keine zukunftsfähige und verantwortbare Energiepolitik, kein Ausweg aus dem selbst verschuldeten Dilemma, in das sich der Mensch hineinmanövriert hat. Für sämtliche Lebensbereiche gilt: Das überzogene Anspruchsdenken muß überwunden werden. Die Frage, die sich jeder stellen muß, lautet: Wann habe ich eigentlich genug? Welche Dinge sollten Priorität haben? Je weniger die Menschen künftig bereit sind ihren Lebensstil Schritt für Schritt radikal zu ändern, desto weniger wird am Ende übrigbleiben, was das Leben auf dieser uns anvertrauten Erde für kommende Generationen noch lebenswert machen könnte.

Alles Reden hat doch bis heute nichts gebracht. Trotz einer Fülle an Informationen aus Internet, Presse, Rundfunk und Fernsehen – und trotz umfangreicher Aufklärungsarbeit durch Umweltverbände, Wissenschaftler und sachkundige Bürger ist das Bewußtsein vieler Menschen für die Notwendigkeit einer intakten Lebenswelt noch sehr unterentwickelt. Wie, das zeigt ein sehr interessanter Beitrag des Politmagazins PANORAMA vom 1.8.19: „Klima kippt – Kreuzfahrt boomt“. Dümmlich und hirnlos, nenne ich die Aussagen von Passagieren, angesprochen auf ihr persönliches, nicht klimakonformes Verhalten. Man versucht sich selber reinzuwaschen, indem man die Probleme verniedlicht und darauf verweist, daß andere Formen der Mobilität auch umweltschädlich sind. Und Vertreter der Tourismusbranche leugnen die katastrophalen Auswirkungen des Betriebes von Kreuzfahrtschiffen auf Umwelt und Klima oder reden sie klein.

Auch der letzte unbelehrbare Bürger, ob arm oder reich, wird früher oder später – milde formuliert – sein blaues Wunder erleben, falls er weiterhin unbekümmert in den Tag hineinlebt – gemäß der Devise: Natur für mich – Naturschutz für die anderen!

Deshalb: Unverzüglicher Stopp des Raubbaus an der ökologischen Substanz dieser Erde! Sofortiger Abschied vom Mantra des ewigen Wirtschaftswachstums! Das ist alternativlos, um mit der Kanzlerin zu sprechen. Es gibt auf diesem Planeten keine Ausweichräume mehr!

Kürzlich veröffentlichte der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) besorgniserregende Fakten. Allen Regierungen auf dieser Welt einschließlich derjenigen Menschen, die auch heute noch so naiv sind und glauben, alles sei Panikmache und die Situation sei womöglich doch nicht so dramatisch, sollten die nachstehend aufgeführten Fakten eine letzte Warnung sein. Die Auswirkungen des Klimawandels werden uns bei weiterer Untätigkeit teuer zu stehen kommen:

1 Millionen Tier- und Pflanzenarten werden die Grundlagen für ein langfristiges Überleben genommen. Falls sich nichts ändere, könnten sie schon in den nächsten Jahrzehnten aussterben!

Das hat dramatische Folgen für die Menschheit selbst. Das Zurückgehen der Artenvielfalt gefährde die Sicherheit von Nahrung und Wasser, die Gesundheit und den sozialen Zusammenhalt. Arme Länder hätten die Hauptlast zu tragen.

Weltweit haben 2,1 Mrd. Menschen immer noch keinen Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser. 4,3 Mrd. Menschen fehlt es an menschenwürdigen sanitären Anlagen. Gleichzeitig gefährden die zunehmende Übernutzung und Verschmutzung von Wasser sowie der fortschreitende Klimawandel die Verfügbarkeit und Qualität von Wasser in vielen Teilen der Welt.

Lt. UN könnte bis zum Jahr 2050 die Hälfte der Weltbevölkerung an Wassermangel leiden. Wir wollen, daß der Zugang aller Menschen zur lebensnotwendigen Ressource Wasser gesichert ist. Doch darüber wird auch schon lange geredet ohne daß wesentliche Verbesserungen bis heute erreicht wurden.

  • 75 Prozent der Naturräume auf den Kontinenten werden vom Menschen bereits erheblich verändert, in den Meeren 66 Prozent.
  • 28 Prozent der Landfläche weltweit befindet sich im Besitz der indigenen Bevölkerung und/oder wird von ihr bearbeitet.
  • 60 Mrd. Tonnen erneuerbarer und nicht erneuerbarer Ressourcen werden pro Jahr weltweit der Erde entnommen, ein Anstieg von fast 100 Prozent seit 1980.
  • 85 Prozent der im Jahr 1700 vorhandenen Feuchtgebiete existierten im Jahre 2000 nicht mehr.
  • 8 Mio. Tier- und Pflanzenarten leben Schätzungen zufolge auf der Erde, einschließlich 5,5 Mio. Insektenarten.
  • Bis zu 1 Mio. Arten sind vom Aussterben bedroht, viele davon innerhalb der nächsten Jahrzehnte.
  • Um 300 Prozent stieg die Nutzpflanzenproduktion seit 1970 an.
  • 23 Prozent der Landflächen haben durch Bodendegradation bereits Produktivitätsverluste.
  • 33 Prozent der Fischbestände in den Meeren wurden 2015 überfischt.
  • Mehr als 55 Prozent der Meeresfläche wird industriell befischt.
  • Um 45 Prozent nahm die Rohholzproduktion seit 1970 zu.
  • 50 Prozent der Ausdehnung der Landwirtschaft fand auf Kosten der Wälder statt.
  • Um mehr als 100 Prozent wuchsen städtische Gebiete seit 1992.
  • 41 % der Wildbienenarten sind mehr oder weniger stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht! 70 Wiesentypen gibt es mit über 3.000 Tier- und Pflanzenarten!
  • 25 Millionen Km Straßen sollen bis 2050 gebaut werden, 90 Prozent in Entwicklungsländern.
  • Seit dem Jahre 1970 stieg die globale Bevölkerung um 105 Prozent – von 3,7 auf 7,6 Mrd. Menschen.
  • 70 Prozent der Krebsmedikamente sind natürliche Produkte oder synthetische nach Vorbildern der Natur.
  • 17 Prozent der Infektionskrankheiten werden durch Tiere übertragen. Mehr als 700.000 Menschen sterben jährlich daran.

Fünf Massensterben gab es in den vergangenen 500 Mio. Jahren in der Erdgeschichte. Das zurzeit ablaufende, anthropogen verursachte Artensterben ist das Schlimmste. Das Tempo des Aussterbens vollzieht sich 10 bis 100 Mal schneller als im Durchschnitt der vergangenen 10 Millionen Jahre.

580 Mrd. US-Dollar Ernteausfälle pro Jahr drohen durch den Ausfall der Insekten, also wenn es keine Insekten mehr gibt.

Karl Josef Knoppik, 18. August 2019

Klima- und naturschutzgerechter Waldumbau müssen angesichts zunehmender Witterungsextreme oberste Priorität haben

„Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, daß sich die Wälder von selbst stabilisieren können.“

Die prekäre Lage der Wälder, bezeichnenderweise muß man ja von Forsten sprechen, hat tiefer liegende Ursachen: Eine Überfrachtung der Wälder mit Schadstoffen aus den Bereichen Verkehr und Landwirtschaft, Überdüngung, auch durch Stickstoffverbindungen ( z. B. Ammoniak), weiterhin Monokulturen und Trophäenjagd.

(Der Beitrag von Karl Josef Knoppik ist auch als Leserbrief an den Sauerlandkurier versandt worden.)

Einem ganzen Cocktail von Umwelteinflüssen ist unsere „grüne Lunge“ ausgesetzt. Man macht es sich aber zu einfach, die Schäden bzw. Ausfallerscheinungen in unseren Wäldern allein dem Klimawandel zuzuschreiben. Dessen Auswirkungen sind infolge der genannten massiven Eingriffe (direkt oder indirekt) natürlich umso schlimmer.

Nun rächt sich eine über Jahre und Jahrzehnte hinweg praktizierte naturwidrige Waldbehandlung durch eine am Renditedenken orientierte Forstwirtschaft.

Zwar sind auch Schäden in Laubholzbeständen zu beklagen. Diese sind jedoch darauf zurückzuführen, daß auch solche Wälder mit ihrer einheitlichen, undifferenzierten Struktur, etwa monokulturelle Eichenplantagen, häufig nicht als naturnah oder gar naturgemäß anzusprechen sind. Dadurch wird es „Schädlingen“, wie z. B. dem Schwammspinner, enorm erleichtert, sich explosionsartig auszubreiten.

Ökologisch intakte, natürlichen Prinzipien entsprechende Eichenwälder, vergesellschaftet mit Hainbuchen im Unterstand, die den Boden beschatten, entziehen den „Schädlingen von morgen“ ihre Lebensmöglichkeiten. Unentbehrlich sind auch Begleitbaumarten, wie Birke, Espe, Salweide oder Vogelbeere.

Als erstes müssen naturferne Fichten- und Kiefernforste unverzüglich in naturnahe Laubmischwälder umgewandelt werden. „Vorhandene Erfolge wie in den Wäldern um Berlin, dem brandenburgischen Stadtwald Treuenbrietzen oder dem Nürnberger Stadtwald zeigen lt. BUND, daß solche Waldumbaumaßnahmen die Waldbrandgefahr verringern.“ Damit der Umbau gelingt, sind die Schalenwildpopulationen (Reh- und Rotwild) auf ein für die Verjüngung des Waldes erforderliches Maß zu reduzieren.

Nadelbäume sollten nur noch in Beimischung oder gruppenweise angepflanzt werden, wobei die schattentolerante Weißtanne, die im Vergleich zur Fichte Wetterextremen, wie Stürmen, Trockenheit und Hitze weitaus mehr entgegenzusetzen hat, besonders zu fördern ist.

Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, daß sich die Wälder von selbst stabilisieren können. Deshalb heißt das Gebot der Stunde: Ökologisch verträgliche Bewirtschaftung. Sie ist auch deshalb nötig, weil so mehr Feuchtigkeit im Wald verbleiben kann. Entwässerungen müssen ab sofort tabu sein. Dichtes Unterholz schützt den Waldboden vor dem Austrocknen.

Ein Wald kann nur dann viel Wasser speichern, wenn tief wurzelnde Bäume und Bodenlebewesen ein weit verzweigtes Hohlraumsystem schaffen, das dem Waldboden die Eigenschaften eines Schwamms verleiht. Er kann Wasser aufsaugen und gefiltert wieder abgeben.

Außerdem muß der bei der Holzernte viel rücksichtsvoller vorgegangen werden. Insbesondere große Erntemaschinen, wie Harvester, welche den empfindlichen Waldböden enorm zusetzen und zu Verdichtungserscheinungen führen, die das Bodenleben verarmen lassen und eine Infiltration des Waldbodens verhindern, dürfen nicht mehr zum Einsatz kommen. Im Interesse einer bodenschonenden Bewirtschaftung, die angesichts der dramatischen Situation in unseren Wäldern dringend erforderlich ist, sollten in verstärktem Maße auch so genannte Rückepferde diese Aufgabe übernehmen. Eine entsprechende finanzielle Förderung durch die Länder ist unabdingbar.

Parallel dazu ist auch mehr qualifiziertes Personal bereitzustellen, was allerdings voraussetzt, daß die infolge der Zusammenlegung bzw. Ausweitung der Forstreviere entstanden ineffizienten Strukturen rückgängig gemacht und wieder in kleinere, überschaubare Einheiten überführt werden.

Von der Forst- und Holzlobby wird quasi als Wunderwaffe gegen die zunehmenden Witterungsextreme die Einbringung exotischer, vermeintlich klimaresistenter Baumarten (Douglasie, Roteiche, Schwarzkiefer usw.) angepriesen. Das wäre aber aus Naturschutzgründen nicht zu verantworten und würde der ohnehin stark gefährdeten Biodiversität in unseren Wäldern endgültig den Garaus machen.

Karl Josef Knoppik, Meschede

Der Naturgarten: Kleinod der biologischen Vielfalt – Refugium für die heimische Tier- und Pflanzenwelt

Der Ökogarten von Norden aus gesehen. In der Bildmitte ist der Feldahorn zu sehen; er eignet sich für kleinere Gärten. (sämtliche Fotos in diesem Beitrag: Karl-Josef Knoppik)

Durch konsequent ökologische Gartengestaltung können trotz oftmals beschränkter Größe wahre Refugien für heimische Tier- und Pflanzenarten entstehen.

In unserer zunehmend homogenisierten Landschaft entstehen hier mit ein wenig Ideen wichtige Trittsteinbiotope. Letztgenannte sind inselartige, mehr oder weniger regelmäßig verteilte Biotope, denen die Aufgabe zukommt, die durch Zerstörung bzw. Entwertung naturnaher Habitate verlorengegangenen Verbindungsstrukturen zwischen noch weitgehend intakten Kern-Lebensräumen zu ersetzen.

Solche Trittsteinbiotope leisten sowohl einen Beitrag zur Arterhaltung als auch zur Neubesiedelung von Tier- und Pflanzenarten. Darüber hinaus sorgen sie dafür, daß der genetische Austausch zwischen den Tierpopulationen möglichst aufrechterhalten wird.

Gast im Naturgarten und nicht selten zu beobachten: Der Buntspecht

Je mehr Fläche ein Naturgarten aufweist und je vielfältiger das Angebot an naturnahen Lebensraumtypen ist, desto günstiger stehen die Aussichten, daß sich eine artenreiche Fauna und Flora einstellt. Der alles entscheidende Faktor ist also die Bereitstellung von geeigneten Habitaten für die heimische Tier- und Pflanzenwelt.


Amphibien wie der Grasfrosch bevorzugen Teich und Wiese in unmittelbarer Nachbarschaft.

Ausdrücklich gewarnt werden muß vor dem Aussetzen von Tierarten, seien es Fische, Kriechtiere oder Amphibien, von Exoten ganz zu schweigen, um auf diese Weise eine schnelle Besiedelung des Gartens zu ermöglichen. Das würde zu bösen Überraschungen führen. Die Fischfauna liefert dafür ein abschreckendes Beispiel: Würde man davon bestimmte Arten in einen Gartenteich einsetzen, machten die sich, solange der Vorrat an kleinen Beutetieren reicht, z. B. über die darin lebenden Molche her, bis die Nahrungsbasis schließlich aufgezehrt ist. Zudem belasten die Exkremente der Fische das stehende Gewässer mit Nährstoffen, so daß diese Organismen irgendwann selbst mangels Nahrung zugrunde gehen.

Feuchtbiotop im Frühjahr

Also bleibt folgendes festzuhalten: Entscheidend ist, daß die Lebensvoraussetzungen stimmen. Ist das gewährleistet, wandern diverse Tierarten je nach Biotopansprüchen schon ganz von selber ein. Für die meisten Arten, z. B. Vögel, dient der Ökogarten als Rast- und Nahrungshabitat. Nicht wenige anpassungsfähige, doch auch seltenere Arten, soweit man sie in der näheren oder weiteren Umgebung erwarten kann, nutzen das Biotop vor der eigenen Haustür manchmal sogar zum Brüten.

Hatten bis vor wenigen Jahrzehnten viele Arten in einer biologisch intakten Kulturlandschaft ein sicheres Zuhause, so finden sie heute keinen Lebensraum mehr. Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung halte ich es für dringendst erforderlich, ohne Wenn und Aber mindestens 10 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Areale als ökologische Vorrangflächen für den Naturschutz auszuweisen, in denen sowohl jeder Chemieeinsatz als auch die Beseitigung naturnaher Landschaftselemente zu unterbleiben hat. Solange aber daraus nichts wird und infolge des Strukturwandels im ländlichen Raum die biologische Vielfalt immer stärker unter Druck gerät (Hecken, Feldgehölze, Kleingewässer, blütenreiche Wegränder, extensiv bewirtschaftetes Grünland), gewinnen Ökogärten als Oasen für Tiere und Pflanzen ständig mehr an Bedeutung!

Korbiniansapfel, alte Sorte, knackig, saftig, süß-säuerlich, wenig schorfanfällig

Dabei genügt es nicht Wildobst bzw. beerentragende Sträucher und Bäume anzupflanzen. Ökologisch bewußte Gärten sollten auch eine Vielzahl an Wildkräutern („Unkräutern“) aufweisen, deren energiereiche Samen als Nahrung dienen. Blühende Wildpflanzen oder am Boden belassenes Laub locken Insekten an, was wiederum für die Aufzucht von Jungvögeln unentbehrlich ist. Denn von Früchten und Beeren allein können Vogelarten nicht existieren. Sie brauchen für eine gedeihliche Entwicklung auch Nähr- und Aufbaustoffe, die früher in der kleinparzellierten Agrarlandschaft en masse vertreten waren.

Manche Experten empfehlen aufgrund des Nahrungsmangels in der Stadt und auf dem Land eine ganzjährige Fütterung. Ich meine, daß man unseren gefiederten Freunden am besten dadurch hilft, wenn man vor der eigenen Haustür aktiven Naturschutz betreibt und die entsprechenden Lebensbedingungen schafft.

Herbstliche Farbenpracht mit Haselnußstrauch, Felsenbirne (Bildmitte) und Kornelkirsche (rechts). Sie stellt eine erste wichtige Bienennahrung dar und darf in keinem Naturgarten fehlen!

Übrigens empfiehlt es sich mehr einheimische Heckensträucher und weniger Bäume anzusiedeln, da eine nicht allzu hohe Hecke aus Büschen und Sträuchern mehr Brutmöglichkeiten für Vögel bietet. In unserem Garten findet man eine ganze Palette aus heimischen Sträuchern, wie Schlehe, Weiß- und Sauerdorn, Haselnuß, Wildrosen (Hagebutte), Quitte, Gemeiner Schneeball Mirabelle und Felsenbirne. Baumartige Sträucher, wie Kornelkirsche und Salweide stellen neben anderen eine wichtige Bienennahrung dar.

Zum Baumarteninventar zählt natürlich die Eberesche (Vogelbeere), weiterhin die nahverwandte, aber seltene, Trockenheit ertragende Elsbeere, außerdem der Feldahorn und die Hainbuche.

Bedauerlicherweise prägen zu Tode gepflegte Grünanlagen mit hochgezüchteten Blumen und exotischem Gesträuch nach wie vor die bundesdeutsche Gartenlandschaft. Immer mehr Hausgärten werden in kurzgeschorene Rasenflächen umgewandelt, wo selbst Gänseblümchen das Überleben schwerfällt. Und auch dieses monotone Einheitsgrün wird zunehmend in „pflegeleichte“, aber lebensfeindliche Stein- und Geröllwüsten umgewandelt.

Quadratisch und steril sollen diese Gärten sein, mit möglichst wenig Arbeit verbunden. In Wirklichkeit rückt man akribisch jedem natürlichen Aufwuchs mit einem Instrumentarium an Gerätschaften und Chemie zu Leibe und verwendet unendlich viel Mühe darauf, alle nicht erwünschten standortgemäßen Blütenpflanzen und Kräuter vom Grundstück fernzuhalten.

Solche genormten Gärten wie aus der Retorte sind ein Spiegelbild unseres technokratischen Lebensstils und des Deutschen Vorstellung von Gründlichkeit, gerade so als handelte es sich um eine Wohnungseinrichtung. Mittlerweile sind lt. NABU die pflegeleichten Splitt- und Steingärten geradezu eine Plage geworden. „Gärten des Grauens“ werden sie auch vom Naturschutzbund Deutschland genannt.

Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem Naturverständnis, das den Betrachter im Urlaub beim Anblick von Wildnis und Wildwuchs ins Schwärmen geraten läßt und dem ökologisch nicht konformen Verhalten im eigenen Garten, in dem der naturwidrige Ordnungssinn tonangebend ist. Die Folgen für die Natur sind überall sichtbar. Exotische Gehölze, kahle Betonmauern in regelmäßiger Langweiligkeit, schnurgerade Wege (gepflastert), öde Koniferenanpflanzungen und – wie bereits erwähnt – kurz gehaltene Rasenflächen, die selbst einem herrschaftlichen Golfplatz noch alle Ehre machen, sind unverändert die Regel, wenngleich gesagt werden muß, daß auch ein Trend zu naturnäheren Formen der Gartengestaltung zu beobachten ist. Hier hält die Natur natürlich Ordnung. Wer weder Garten noch Balkon hat, kann unserer bedrohten Tierwelt (Vögeln, Insekten usw.) dadurch helfen, indem er die biologische Landwirtschaft unterstützt, denn auf ökologisch bewirtschafteten Flächen leben weitaus mehr Tierarten der Feldflur als auf konventionellen.

Ökogärten sind das Gegenteil von durchgestylten Kunstgebilden, wie man sie auch heute noch überall „bewundern“ kann, die nur dem eigenen Hang zum Perfektionismus dienen. Sie tragen entscheidend dazu bei, die Lebensqualität des Wohnumfeldes zu erhöhen und schärfen das Interesse und das Bewußtsein für die Zusammenhänge in der Natur. Sie sind aber nicht allein Studienobjekt, sondern auch Ort der Besinnung, der Ruhe und Erholung.

Balkongarten u.a. mit Schlangen- und Gewürzgurken, Tomaten, Paprika, Winterheckenzwiebeln, Basilikum u.v.a. Wer nicht über den notwendigen Platz verfügt, kann sich einen Balkongarten einrichten. Ein Dutzend Pflanzen gedeihen prachtvoll hier in Töpfen, dem Schneckenfraß entzogen. Nur Saatgut aus Ökolandbau verwenden!

Was macht Artenvielfalt eigentlich so wertvoll? Leben braucht Vielfalt. Der Reichtum an Lebensformen garantiert, daß sich das Leben an eine sich ändernde Umwelt anpassen kann. Davon profitieren Tiere, Pflanzen und Menschen gleichermaßen.

Exotische Pflanzenarten aus fernen Ländern haben im heimischen Ökoparadies grundsätzlich nichts zu suchen. Sie lassen die einheimische Flora und Fauna nur weiter verarmen und führen ebenso zu einem Verlust an genetischer Vielfalt. Einheimische Pflanzen sind robust gegenüber Witterungsextremen, wie Trockenheit und Frösten. Mehrmaliger Standortwechsel je nach Art und Bodenbeschaffenheit erhöht die Widerstandskraft. So genannte „Schädlinge“ wie „Nützlinge“ haben im Naturgarten ihre volle Berechtigung. Die Natur kontrolliert Ökosysteme, indem sie sie durch Artenvielfalt stabilisiert. Eingriffe erweisen sich so als überflüssig. Man vertraut am besten den natürlichen Regulationsmechanismen und kann nebenbei auch noch viel Geld für allerlei Hilfsmittel sparen, an denen sich nur die Gartenbaufirmen mehrere „goldene Nasen“ verdienen – mit dem „Erfolg“, daß die Natur vor der eigenen Haustür mit einem ganzen Cocktail giftiger Substanzen ausgerottet wird.

„ Betriebsunfälle“, sprich Vitalitätseinbußen, die bis zum Totalverlust einer Pflanze reichen können, etwa Mehltau und andere Krankheiten, gibt es auch im Ökogarten. Doch bitte nicht nervös werden; Geduld und Gelassenheit sind gefragt. Unsere heimische Pflanzenwelt erholt bzw. regeneriert sich schneller als manch einer denkt. Wichtig ist, daß man folgendes beachtet: Befallene Exemplare, ich denke z. B. an die Himbeerrutenkrankheit, dürfen nicht auf den Kompost, sondern gehören in die Mülltonne.

Was versteht man nun unter heimischen Pflanzen? Als solche gelten jene, die in Mitteleuropa bis zur Entdeckung Amerikas im Jahre 1492 bei uns zu Hause waren oder nach der letzten Eiszeit einwanderten. Sie sind optimal an die hier herrschenden klimatischen Verhältnisse angepaßt. Sie führen zu einer lebendigen Vielfalt, die nicht nur Amseln und Honigbienen in den Garten locken, sondern auch spezialisierten Insekten und Vogelarten eine Heimat bieten. Im Naturgarten wird durch ein umfassendes Pflegekonzept die Lebensgrundlage für viele heimische Tiere wiederhergestellt. Als Erweiterung zu einheimischen Pflanzen bieten spezielle Gärtnereien, die sich dem Anbau von Wildstauden und Wildgehölzen verschrieben haben, ein Sortiment von Sorten an. Diese Sorten unterscheiden sich gegenüber den Wildarten durch Blütenfarbe, Blattfärbung oder Blattform, Wuchsverhalten und Fruchtgröße und –farbe.

Wie entstehen solche Pflanzen?

Durch natürliche Mutation in der Natur kommt es zu spontanen Veränderungen in der Erbanlage. Diese Erscheinungen können dann durch den Gärtner und somit für die Gartengestaltung erhalten werden. Die Nachkommen dieser Pflanzen schlagen i. d. R. wieder in die reine Wildart zurück. Aber auch durch gärtnerische Auslese, z. B. bei der Aussaat von Pflanzen, findet man immer wieder Arten, die sich von der ursprünglichen Art durch Blütenfarbe und Wuchshöhe unterscheiden. Selektiert man diese Arten über einen längeren Zeitraum aus, entstehen Sorten, die dann samenecht fallen. (www.gaertnerei-strickler.de)

Lavendel, es gibt von ihm 50 Arten; enthält wie der Salbei ätherische Öle; gedeiht auf steinigen Böden unter starker Sonneneinstrahlung, zieht viele Insekten an; analog dem Oregano (wilder Majoran) sehr bienenfreundlich. Auch Salbei, Rosmarin und andere Gewürzpflanzen besitzen eine magische Anziehungskraft auf zahlreiche Insekten inklusive Schmetterlinge!

In den letzten 20 Jahren stellte sich zunehmend heraus (und das gilt erst recht für die kommenden Jahrzehnte), daß Trockenspezialisten unter den Blütenpflanzen infolge des fortschreitenden Klimawandels immer bessere Bedingungen vorfinden, auch im einst so regenreichen Sauerland. Solche Spezialisten der mageren Standorte sind z. B. Ästige Graslilie, Frühlings-Adonisröschen, Küchenschelle, Steinkraut, Heide- und Kartäusernelke, Natternkopf oder verschiedene Malven (Wegmalve, Moschusmalve, Sigmarskraut), Golddistel, Goldhaaraster, Diptam usw. welche durch Intensivlandwirtschaft oder Überdüngung bzw. Stickstoffzufuhr aus der Luft immer stärker in Bedrängnis kommen.

Frühlings-Schlüsselblume (Primelgewächse)

Aber nicht nur die freie Landschaft ächzt unter zuviel Stickstoffeinwirkung aus der Luft. Auch im Hausgarten wird sehr häufig gesündigt. Man schätzt, daß die meisten Vorgärten hoffnungslos überdüngt sind. Zum Einsatz gelangen allerlei chemische Dünger, wie etwa das sog. „Blaukorn“ u.a., die aufgrund ihres Salzgehaltes für zahlreiche Bodenlebewesen tödlich sind. Mineralischer Stickstoff und ein Zuviel an künstlich zugeführten Nährstoffen (Eutrophierung) macht die Pflanzen jedoch anfällig für Krankheiten, ist stark wasserziehend und bringt wenig schmackhaftes Gemüse hervor. Aus diesen und allgemeinen Umweltschutzgründen sollten diese Stoffe auf keinen Fall im Garten eingesetzt werden.

Ein erfreulicher Anblick: Maikäfer im Naturgarten (Das Foto entstand zu Beginn der 2000er Jahre)

Es gibt allerdings auch Arten, z. B. unter den Schmetterlingen, wie Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge oder Admiral, die vom Überangebot an Nährstoffen profitieren. Sie sind eine Art Krisengewinner, da ihre Raupen auf Brennnesseln als Futterpflanze angewiesen sind. Ihnen geht es auf den stickstoffreichen, nährstoffgesättigten Böden prächtig. Das gilt z. B. auch für Weg- und Kratzdistel, die dem Distelfalter als Nahrungsquelle dient und einem alten Wildgemüse, dem Guten Heinrich, oder Dorfgänsefuß genannt, welcher früheren Generationen eine wohlschmeckende Mahlzeit bescherte. Jeder Gartenbesitzer sollte deshalb in seiner Grünanlage unbedingt mehrere Bereiche einplanen, in denen sich Wildwuchs ohne die „ordnende Hand“ des Gärtners ausbreiten kann. Läßt sich für die anpassungsfähigen Schmetterlingsarten aus heutiger Sicht noch eine relativ gute Zukunft vorhersagen, sehen Fachleute andere, ohnehin seltene Schmetterlinge, wie Schwalbenschwanz, Waldbrettspiel oder Brombeerzipfelfalter weiter auf dem Rückzug. Deren Lebensräume, artenreiche Magerwiesen, Trockenrasen, Feuchtwiesen, Moore und Kiesbänke fallen immer öfter der Zerstörung anheim; oder der Klimawandel zwingt sie dazu in höhere Regionen auszuweichen (Dukatenfalter).

Bei jeder Gartenplanung ist grundsätzlich folgendes zu beachten:

Nie ausschließlich Mutterboden als Substrat verwenden. Dieser ist viel zu nährstoffreich. „Unkräuter“, die zunächst einmal unerwünscht sind, können nämlich in Massen durchstarten. Der Mutterboden muß deshalb frei sein von keimfähigen Unkrautsamen. Optimal ist eine Mischung aus Kies und sterilem Kompost. Sinnvoll ist auch die Beimischung eines gewissen Anteils von Sand. Das ermöglicht und begünstigt den Aufwuchs derjenigen Pflanzen, die nur wenig Nährstoffe (und Wasser!) benötigen. Da die Bedingungen im Garten aber nicht den natürlichen Verhältnissen entsprechen, benötigen auch trockenheitsliebende bzw. trockenheitsresistente Pflanzen in der Anwuchsphase eine bestimmte Menge an Substrat.

Derartige auf magere Standorte spezialisierte „Hungerkünstler“ sind auf sonnige Standorte angewiesen; sie verfügen über ein ausgedehntes und tiefreichendes Wurzelwerk. Ihre Blattoberfläche ist klein. Außerdem haben sie dicke Zellwände und Stützgewebe: Die sorgen dafür, daß nicht viel Wasser verdunstet.

Für alle übrigen Arten gilt:

In Zeiten der fortschreitenden Klimaveränderungen wird es immer wichtiger auf trockenresistente Pflanzen zurückzugreifen, mithin solche Arten, die den extremen Witterungsverhältnissen der Zukunft besser angepaßt sind. Das heißt natürlich nicht, daß nun Exoten zum Zuge kommen müssen; die sind für unsere heimische Tierwelt ohnehin wertlos. Unsere heimische Flora hält eine große Palette an Pflanzenarten bereit, die den hier lebenden Insekten auch bis weit in den Herbst ausreichend Nahrung bieten. In wenigen Fällen trifft das allerdings auch auf Arten zu, die im Mittelmeerraum heimisch sind. Diese können dann eventuell vorhandene Lücken im Artenspektrum schließen und die hier etablierten Arten sinnvoll ergänzen und durchaus eine Bereicherung der vorhandenen Blütenpracht darstellen.

Übrigens nehmen Wildstauden für ein optimales Gedeihen von Nutzpflanzen eine bedeutende Funktion ein: Sie erschließen nämlich mit ihren Wurzeln tiefere Bodenschichten und machen die dort befindlichen Spurenelemente und Mineralien für jene verfügbar.

Bei Trockenstreß nimmt eine Pflanze nicht so viel Wasser auf wie sie verdunstet. Die Störung des Gleichgewichts führt dazu, daß sich kleinere Blätter bilden, Triebe vertrocknen, Blätter oder Nadeln vergilben und abfallen. Damit erreicht die Pflanze, daß sie nicht mehr so viel Feuchtigkeit verdunstet.

Bei lange andauernder Trockenheit besteht die Möglichkeit, das Erdreich im Garten mit Bentonit anzureichern. Diese Substanz enthält spezielle Tonmineralien. Sie verklumpen mit Humusstoffen zu Krümeln und bilden eine Wasser bindende Struktur. Eine intakte Humusschicht, gebildet aus Mulch und Kompost mit richtiger, standortgemäßer Bepflanzung, puffert Klimaextreme ab und kann so helfen, mit Dürre oder Starkregen besser fertig zu werden. Und: Beim Humusaufbau wird der Atmosphäre viel CO² entzogen!

Beim Gießen werden lt. der bayerischen Baumschule Brenninger in Steinkirchen bei Erding (wird biologisch bewirtschaftet) die meisten Fehler gemacht. Man meint es zu gut und gießt viel zu viel. In der Folge davon verschlämmt, ja versauert der Boden, stockt die Wurzelbildung.

Viele Baumschulen können aus Erfahrung sagen, daß mindestens 8 von 10 nicht angewachsenen Pflanzen durch Bodenverdichtung und zu viel Wässern eingegangen sind. Die wichtigen Sauerstoffbakterien sterben ab. Und die ohne Sauerstoff lebenden Fäulnisbakterien vernichten in kurzer Zeit die Faserwurzeln der Pflanzen. Das beste Wachstum erhält man bei normaler Erdfeuchte.

Niemals in einen verdichteten Boden pflanzen. In einem durch schwere Baumaschinen verdichteten Boden kann eine Pflanze nur schlecht anwachsen. Luft und Wärme ist für die Wurzeln und das Bodenleben ebenso wichtig wie Wasser und Nährstoffe. Der Boden sollte jedes Frühjahr aufgelockert werden, niemals graben! Die natürliche Bodenschichtung muß beibehalten werden. Die Bodenlebewesen benötigen Dunkelheit, Feuchtigkeit und organisches Material.

Die Pflanzgrube muß groß genug sein. Wenn die Pflanze mit ihrem Wurzelwerk gerade Platz hat, ist die Pflanzgrube zu klein. Sie muß so breit und tief sein, daß die sich neu bildenden Wurzeln überall lockeres Erdreich vorfinden. Stoßen sie nämlich auf hartes, nicht gelockertes Erdreich, so führt das unweigerlich zu Wachstumsstockungen. Die Sohle der Pflanzgrube bitte lockern! Auf vernässten Standorten kann es von Vorteil sein auf die Sohle eine Schicht Kies einzubringen.

Den Bodenlebewesen hilft man, indem man die Pflanzfläche gut mit der Grabgabel lüftet und somit Sauerstoff und Wärme in den Boden bringt. Häufiges Gießen bewirkt oberflächliche Wurzelbildung, während der Verzicht aufs Gießen die Pflanzen abhärtet. Die Wurzeln wachsen dem Wasser entgegen, suchen sich das kostbare Nass.


Feuchtbiotop mit Kuckuckslichtnelken und Trollblumen

Ein Feuchtbiotop sollte in keinem Ökogartengarten fehlen. Ideal ist – je nach vorhandenem Platz – ein Naturteich, der mindestens 90 cm, besser 1 m tief sein sollte. So kann das Wasser nicht bis zum Grund durchfrieren. Bei abnehmender Tiefe zieht sich das Wasser zusammen, verringert also sein Volumen, bis es 4 Grad C erreicht hat. Bei dieser Temperatur ist die größte Dichte des Wassers erreicht. Bei weiter sinkender Temperatur dehnt es sich weiter aus. Es gefriert zuerst an der Oberfläche, dehnt sich somit dort aus, während es sich in tieferen Schichten des Teiches zusammenzieht. Auf diese Weise entsteht ein Luftpolster zwischen der Eisdecke und dem Wasser darunter. Das wirkt isolierend.

Eine Flachwasserzone ist natürlich ebenso einzuplanen, damit Amphibien, wie z. B. Erdkröten und Grasfrösche einwandern bzw. ablaichen können. Auch anderen Teichbewohnern kommt die unterschiedliche Wassertiefe zugute. Besonnte und beschattete Bereiche sorgen dafür, daß sich das Wasser nicht zu stark erwärmt und durch zuviel Algenbewuchs mit Nährstoffen überfrachtet wird. Sinnvoll ist es in unmittelbarer Nachbarschaft zum Feuchtbiotop eine (Mager)-wiese anzulegen, in die sich Frösche und Kröten zurückziehen können.

Blumenwiese in den 90er Jahren (Mai)

Ein solche Wiese sollte nur 2-mal pro Jahr gemäht werden. Nachdem die Samen ins sorgfältig vorbereitete bzw. „unkrautfrei“ gemachte Erdreich eingestreut wurden, ist nach einer gewissen Zeit ein so genannter Schröpfschnitt erforderlich, um hoch wachsende, nährstoffreiche Pflanzen kurz zu halten – bis zu deren Verschwinden. Erst danach kann sich die Vielfalt an nährstoffarmen Pflanzenarten durchsetzen. Manche Arten benötigen zudem Frost, um im Frühjahr darauf die Keimsperre durchbrechen zu können. Soviel hierzu.

Das Mähgut erst 1 bis 2 Tage nach dem Mähvorgang abtransportieren, damit sich die Samen verbreiten können. Darüber hinaus bereichern Holzstapel bzw. Reisig- und Steinhaufen die Biotopvielfalt. Hier verkriechen sich gerne Teich- und Fadenmolch. In der Trockenmauer finden solitär lebende Wildbienen Unterschlupf. So genannte Insektenhotels können die oben erwähnten, natürlicherweise vorkommenden bzw. zu schaffenden Biotopstrukturen ergänzen. Wenn der Garten naturnah gestaltet wird, finden wirbellose Tierarten, zu denen bspw. auch Hornissen zählen, ausreichend Lebensmöglichkeiten.

Gewöhnlicher Natternkopf, ein echter Trockenspezialist, beansprucht sonnige Lagen, besiedelt auch Steinbrüche und Kiesgruben

Fazit: Im Ökogarten auf die natürlichen Regulationsmechanismen vertrauen. Das ist zugleich die beste Prävention gegenüber so genannten „Schädlingen“ und diversen Krankheiten und spart darüber hinaus viel Geld. Eingriffe beschränken sich auf unumgängliche Maßnahmen, wie Rückschnitt von Gehölzen oder das Entfernen von übermäßigem Algenwuchs im Teich. Werden die Schnecken zu zahlreich, woran der Klimawandel ebenso seinen Anteil hat, ist auch hier Gelassenheit vonnöten. Es gibt ein Bündel von Abwehrmaßnahmen, die mittlerweile jedem Naturgartenbesitzer hinreichend bekannt sind. Als letztes und wirksamstes Mittel hat sich jedoch das Absammeln der „Plagegeister“ bewährt. Die großen Gehäuseschnecken stehen übrigens unter Naturschutz!