Wladimir Putin, der russische Präsident führt den Westen seit vielen Jahren an der Nase herum. Er ist kein Politprofi, sondern von Hause aus Agent des sowjetischen Geheimdienstes KGB, heute FSB.
Seine Charaktermerkmale: Unberechenbar, hinterlistig, schlitzohrig, ausgefuchst. Was er sagt, ist das eine, was er tut, das andere. Wie der durch ihn vom Zaun gebrochene Krieg gegen ein souveränes Land, die Ukraine, auch enden mag: Putin wird als Verlierer, als Geschlagener vom Platz gehen.
Auslöser für seine Invasion war die angestrebte Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO: Er sah in solchen Plänen die Sicherheitsinteressen Rußlands in Gefahr, sprach von einer unmittelbaren Bedrohung durch die Ausweitung des westlichen Militärbündnisses, ganz so, als stünde ein Angriff auf sein Land zur Diskussion. In Wirklichkeit ist es ihm ein Dorn im Auge, daß sich immer mehr Staaten des Ostens nach Westen hin orientieren. Und das stört den Kreml-Chef. Aber die Bürger in den Nachbarländern sehnen sich nach Demokratie, nach Freiheit; sie wollen nicht unter der Knute eines Diktators leben. Der Freiheitswille ist ungebrochen. Putin muß gleichzeitig mit ansehen, wie sein russisches Imperium ständig kleiner wird.
Es gab aus dem Kreml während der vergangenen Jahre wiederholt Sticheleien gegen den Westen, Cyber-Attacken, z. B. auch gegen Hillary Clinton, die ehemalige Präsidentschaftskandidatin der Demokraten. Man beobachtete Verletzungen des Luftraums über der Ostsee und den baltischen Staaten. Innenpolitische Widersacher Putins wurden eliminiert oder inhaftiert. Dann kam der Abschuß des niederländischen Flugzeugs MH 17 über der Ukraine im Jahre 2014. Auch hinter diesem Anschlag vermuteten Fachleute Putin persönlich oder ihm nahestehende Kreise. Im selben Jahr erfolgte die Annexion der Halbinsel Krim – und damit einhergehend die Besetzung von Teilen der Ostukraine.
Trotz dieser fortgesetzten Aggressionen konnte Wladimir Putin schalten und walten, wie es ihm beliebte. Die westlichen Staaten, besonders auch die deutsche Regierung unter Angela Merkel, schaute diesem Treiben tatenlos zu, als ginge sie das nichts an. Alle hatten nur das Wohl der Wirtschaft im Auge. Was Bände spricht: Nordstream 2 wurde unmittelbar nach der Belagerung der Krim in den Stiel gestoßen. Der russische Präsident führte Krieg in Syrien, Tschetschenien und Georgien. Im Fall Georgien war es das Ziel, eine NATO-Mitgliedschaft um jeden Preis zu verhindern. Und in Belarus ging Staatschef Lukaschenko brutal gegen oppositionelle Demonstranten vor, die ihre demokratischen Rechte lautstark einforderten. Dabei hatte er stets die volle Rückendeckung Putins, von dem Belarus wirtschaftlich stark abhängig ist.
Sämtliche Bundesregierungen, – der frühere US-Präsident Obama eingeschlossen, haben sich Putins Expansionspolitik nicht entgegengestellt. Man war zu naiv und gierig, hat ihn falsch eingeschätzt. Im Februar versicherte der russische Präsident seinem Gesprächspartner Scholz, er wolle keinen Krieg in Europa. Aber schon zu diesem Zeitpunkt bestand der begründete Verdacht, daß Putin einen Überfall auf die Ukraine plante.
Truppenaufmärsche an der Grenze zur Ukraine wurden bereits im November registriert. Kanzlerin Merkel, der ukrainische Präsident Poroschenko und der damalige französische Präsident Hollande handelten 2014 das Minsker Abkommen aus. Unterzeichnet wurde es am 12.2. 2015. Um die Einhaltung dieses Abkommens hat sich daraufhin niemand gekümmert. Auch nicht Frau Merkel.
Unterdessen erntet die Ex-Regierungschefin für ihre Unterlassungen und Fehlleistungen von allen Seiten harsche Kritik, selbst aus der eigenen Partei. Also für Putin erst recht kein Grund, diese Vereinbarung zu respektieren. Er verfährt nach der Devise: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern. Alle Telefonate und Gespräche mit Vertretern des Westens haben nicht verhindert, daß es zum Überfall auf die Ukraine kam.
Der russische Staatschef hat seinen brutalen Angriffskrieg wahrgemacht. Nichts kann ihn bis heute besänftigen und von seinen Zielen abbringen. Daran hat wohl auch der Trip des Altkanzlers G. Schröder nach Moskau nichts geändert. Schröder hat meiner Ansicht nach die Flucht nach vorn angetreten. Das Treffen zwischen ihm und Putin, weder mit der Bundesregierung noch der SPD-Parteispitze abgesprochen, diente offenbar nur einem Zweck, nämlich seinen Ruf zu retten, einen drohenden Parteiausschluß, das Außerkraftsetzen von diversen Ehrenmitgliedschaften u.v.m. in letzter Minute abzuwenden. Wie erst heute (13.3. 22) bekannt geworden ist, soll er 6 Stunden lang mit seinem Freund Putin gesprochen haben. Herausgekommen ist dabei nichts.
Weshalb sollte der mächtigste Mann im Kreml plötzlich von seiner Linie abrücken? Rußlands Interessen stehen nicht zur Disposition. Unter solchen Voraussetzungen machen weitere Verhandlungsrunden aber keinerlei Sinn. Solange die russische Seite auf ihren Kernforderungen beharrt, sind alle diplomatischen Bemühungen umsonst. Und doch darf man den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen. Diplomatie muß weiterhin Vorrang haben. Denn was wäre die Alternative?
W. Putin hat es in der Hand, den Krieg sofort zu beenden. Doch das ist – trotz wachsender Proteste im eigenen Land – nicht zu erwarten. Allein die russische Bevölkerung könnte das Imperium des Wladimir Putin zu Fall zu bringen. Aber Rußland ist ein Riesenkontinent, sehr dünn besiedelt. Demonstrationen mit hunderten von Menschen konzentrieren sich auf die Großstädte. Freilich ist zu bedenken, daß auf dem Land die Menschen noch heute so leben, wie sie es seit Jahrzehnten und Jahrhunderten gewohnt sind. Anders verhält es sich in den zahlreichen Metropolen: Hier sind die Segnungen des westlichen Wohlstands längst angekommen.
So ist es sehr fraglich, ob sich die Menschen durch Sanktionen diesen Wohlstand noch nehmen lassen (Soziale Medien, Hightech etc.). Einen flächendeckenden Volksaufstand, der Putins immer noch gefestigte Machtposition ernsthaft ins Wanken bringen könnte, halte ich jedoch aus heutiger Sicht für wenig wahrscheinlich. Und was würde denn ein Militärputsch bewirken? Um damit Erfolg zu haben, müßte sich die gesamte Armeeführung gegen ihren Präsidenten verschwören, ihm die Gefolgschaft verweigern. Doch was danach käme, weiß niemand.
Es hat den Anschein, als hätten Putin und seine Regierung Angst vor der Wahrheit. Angst davor, daß ihre Lügenpropaganda, mit der sie den Krieg rechtfertigt, die eigene Bevölkerung erreicht. Warum sonst schränkt er die Meinungsfreiheit drastisch ein und läßt protestierende Bürger und Journalisten verhaften, denen 15 Jahre Gefängnis drohen, wenn sie offen aussprechen, daß Russland in der Ukraine Krieg führt. Allerdings muß auch hinterfragt werden, ob die ukrainische Seite es mit der Wahrheit immer genau nimmt. Auf der anderen Seite könnten die Inhaftierung des Regimekritikers Nawalny, die Einschränkung der Pressefreiheit, das Verbot aller NGO`s, die W. Putin als terroristische Organisationen einstuft, Vorboten einer Revolte sein.
Und noch etwas kommt hinzu: Warum sieht sich Putin genötigt, selbst den Oligarchen ihr Vermögen entziehen zu wollen. Das hatte er zumindest angekündigt. All jenes läßt darauf schließen, daß sein Rückhalt im Land schwindet, auch und besonders unter den jungen Leuten. Der Abstieg des russischen Staatschefs hat vielleicht schon begonnen. Sein Image ist bereits jetzt ramponiert. Möglicherweise soll der Einmarsch in die Ukraine nur davon ablenken, daß er bei seinem Volk nicht mehr als unumstritten gilt. Den Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion hat er nie akzeptiert.
Die militärische Intervention in das Nachbarland hat also viel mit seiner Person zu tun. Sein Angebot zu Verhandlungen ist m. E. nicht ernst zu nehmen, nur ein Scheingefecht. In Wirklichkeit geht es für Putin allein darum Zeit zu gewinnen, immer neue Fakten zu schaffen, um seinen mörderischen Krieg ungestört fortsetzen zu können. Das ist reine Zermürbungstaktik. Er führt ganz bewußt den Eindruck herbei, als ginge es ihm um eine friedliche Beilegung des Konflikts auf diplomatischem Wege. Aber eben nur zu seinen Bedingungen. Denn die Verantwortung für den Verlauf des Krieges, der immer mehr Tote und Verletzte fordert, – man muß ja von einem Völkermord sprechen-, liegt lt. dem Kreml-Chef bei der Ukraine. Er betrachtet Rußland als Opfer, die Ukraine als Täter. Das ist seine bewährte Taktik. Damit will er gleichzeitig ein Exempel statuieren und seine Gegner warnen. Auch die Separatisten in der Ostukraine, es handelt sich um pro russische Aktivisten, sind bekanntlich das Werk Putins.
Der Kreml-Führer sieht sein Land und die Ukraine, obwohl es sich um 2 Staaten handelt, kulturell, politisch und gesellschaftlich als eine Einheit. Sie gehören für ihn zusammen. Die russische Minderheit stellt einen Teil der Bevölkerung. Dieses Argument halte ich für vorgeschoben. In Wirklichkeit interessieren ihn die Menschen doch gar nicht. Sonst würde er diesen brutalen Angriffskrieg nicht führen und dabei den Tod sehr vieler Zivilisten in Kauf nehmen. Die Grausamkeiten nehmen zu. Wie schon gesagt, möchte die ukrainische Bevölkerung nicht unter der Knute eines W. Putin leben; sie wollen sich ihr Recht auf Selbstbestimmung nicht nehmen lassen. Und das russische Volk will dies auf Dauer ebenso wenig.
Menschenrechte, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit spielten für die westlichen Staaten nie eine führende Rolle. Bis heute sind nicht sie das Maß aller Dinge, sondern die Wirtschaft rangiert an erster Stelle. Man ist mit Rußland ins Geschäft gekommen und hat geglaubt, wenn die Ökonomie auf Hochtouren läuft, funktioniert auch die Demokratie.
Dasselbe gilt für unser Verhältnis zu China. Die Volksrepublik forderte maximale Zurückhaltung im Ukraine-Konflikt, warnt vor einer weiteren Zuspitzung der Lage. Aus nachvollziehbarem Grund: Peking möchte sich seine Handelsbeziehungen mit dem Westen nicht kaputtmachen lassen. Sehr wahrscheinlich hat China auch viele Kredite an Rußland vergeben. Wenn die Russen zahlungsunfähig werden, müssen die Chinesen um die Rückzahlung dieser Kredite fürchten. Der asiatische Wirtschaftsriese ist der größte Geldgeber für zahlreiche Staaten, bspw. die USA und Afrika. Er unterhält seit langem sehr enge Wirtschaftsbeziehungen zu westlichen Ländern. Würde China die russische Aggression befürworten, ginge es das hohe Risiko ein, seine Position als weltweit führende Industrienation zu verlieren und hätte auch mit westlichen Sanktionen zu rechnen.
Diese Tatsache zeigt auch unsere fatale Abhängigkeit sowohl von Rußland als auch von China. Kanzlerin Merkel hat uns mit Haut und Haaren an beide verkauft; zugleich vernachlässigte sie unsere elementaren Sicherheitsinteressen. Dazu zitiere ich die Organisation „Rettet den Regenwald“: „Rußland ist kein Einzelfall, auch anderen diktatorischen und menschenverachtenden Regime wie China und Saudi-Arabien spült der Verkauf von Rohstoffen und billigen Industrieprodukten an uns jährlich Hunderte Milliarden Euro in die Kassen. China knebelt seine Bevölkerung, betreibt Völkermord an der Minderheit der Uiguren und droht offen mit der Annexion von Taiwan, einem demokratischen Land, das sich 1949 von China abgespalten hatte. Auch Saudi-Arabien tritt die Menschenrechte mit Füßen, finanziert Fanatiker und führt einen blutigen Krieg im Nachbarland Jemen.“
Das Verhältnis der Regierung Merkel zu diesen Staaten blieb von alledem unberührt. Der Ex-Kanzlerin ging es immer nur um ihre Person, das eigene Image ständig aufzupolieren. Dafür nutzte sie die Außenpolitik als Bühne. In der weltweiten Presse wurde sie zum wiederholten Male zur „mächtigsten Frau der Welt“ gekürt. Ein Ehrendoktorhut nach dem anderen fiel ihr in den Schoß. Wofür eigentlich? Bleibende Verdienste hat sich diese Kanzlerin nicht erworben. In den Geschichtsbüchern großer bedeutender Politiker steht ihr deshalb auch kein Platz zu. Was hat Merkel in den 16 Jahren geleistet? Nichts, was dieses Land einen Schritt vorangebracht hätte. Dazu passt auch diese kürzlich bekannt gewordene TV-Schlagzeile: Die Ukraine soll gegenüber Cyber-Angriffen besser gewappnet sein als Deutschland. Fakt ist: Unter Merkel hat Deutschland jahrzehntelang seine eigenen Interessen viel zu wenig – wenn überhaupt – wahrgenommen. Stattdessen haben wir uns auf den vermeintlichen Erfolgen ausgeruht. Politiker und Wirtschaftsfunktionäre bildeten sich etwas auf unsere Stärke als „Exportweltmeister“ ein. Die ging aber stets auf Kosten der Empfängerländer und ihrer Binnenmärkte, die man damit zerstörte.
Apropos Sicherheit: Hier ein zerstrittener Kontinent Europa, dort ein schwaches Amerika: Das hat sich Wladimir Putin zunutze gemacht, indem er ständig versuchte, einen Keil zwischen beide Blöcke zu treiben. Inzwischen muß er einsehen, daß seine Rechnung nicht aufgegangen ist. Der verstorbene frühere Bundespräsident Herzog wandte sich damals in einem leidenschaftlichen Appell an die deutsche Bevölkerung. Er forderte, daß „ein Ruck durch Deutschland gehen müsse.“ Im Angesicht der Bedrohung durch den russischen Einmarsch in die Ukraine und die Folgen, die der Krieg auch für den Westen haben kann, geht der Ruck mittlerweile durch die ganze Welt. Wladimir Putin hat sich offenbar gründlich verkalkuliert. Er hat das Gegenteil von dem erreicht, was er eigentlich wollte. Nato und EU, inklusive der östlichen Mitgliedsstaaten, zeigen Härte, beschließen Sanktionen, die weh tun. Es braucht seine Zeit, bis diese ihre Wirkung entfalten. Der russische Präsident hat die Reaktionen auf seinen verbrecherischen Krieg, die von allen Seiten auf ihn einhagelten, offenbar völlig unterschätzt. Das betrifft auch den Widerstand der ukrainischen Armee gegen die Besatzer. Man darf gespannt sein, wie lange die Ukrainer noch in der Lage sind, sich der russischen Übermacht zu erwehren. Und das ohne Wasser, Heizung und Strom.
Im Vergleich zur katastrophalen Situation, in der sich das ukrainische Volk befindet, sind unsere Wehklagen über hohe Energie- und Rohstoffpreise kaum eine Silbe wert. Lt. Institut für Weltwirtschaft heißt es zur Abhängigkeit Deutschlands von russischem Erdgas (55 %), Erdöl und Steinkohle (die Gewinnung letzterer produziert erhebliche Umweltverseuchungen und gesundheitliche Folgeschäden), daß es für uns kurzfristig teuer würde. Man müßte sofort einige Maßnahmen ergreifen – Ersatzlieferungen aus anderen Ländern, mehr LNG-Flüssiggas-Lieferungen, Umrüstung von Kraftwerken (Quelle: ARD-Magazin Monitor vom 3.3. 22). Allerdings wäre der Bau von Flüssiggas-Terminals mit erheblichen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden.
Im Hinblick auf Ersatzlieferungen ist zu bemerken, daß Norwegen uns noch eine Weile mit Erdgas versorgen könnte. Aber auch in dem skandinavischen Land gehen die Vorräte langsam zur Neige. Und die Niederlande haben wenig dazu beizutragen, um die Engpässe zu beheben. „Doch Fracking- und Flüssiggas aus den USA und Katar, mehr Erdöl aus Ländern wie Lybien oder Kasachstan, mehr Kohle aus Australien oder Kolumbien sind für die Menschen in den Fördergebieten, die Umwelt und das Weltklima keine Lösung.“ (Quelle: Rettet den Regenwald).
Und damit sind wir beim Sparen als umweltfreundlichste Strategie der Nachhaltigkeit. Wirtschaftsminister Habeck von den Grünen meint daher zu Recht: „Wer Putin schaden will, muß Energie einsparen.“ In Einsparung steckt ein riesiges Potenzial, das wir nutzen müssen. Privathaushalte sind aufgefordert, ihren Energieverbrauch zu überdenken. Jeder sollte genau überlegen, was er im Rahmen seiner Möglichkeiten dazu beitragen kann. Zuallererst muß das verwöhnte deutsche Volk in seiner großen Mehrheit Abschied nehmen von gewohnten Bequemlichkeiten. Dazu zählt die Unsitte, Essen einfach achtlos wegzuwerfen. Auf welche (nicht notwendigen) Fahrten mit dem Auto können wir verzichten; zu Hause die Heizung herunter drehen, um nur wenige Beispiele zu nennen. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur liegt in Europa die durchschnittliche Raumtemperatur bei über 22 Grad. Reduziert man die Temperatur um 2 Grad, lassen sich etwa 12 % Energie einsparen.
Es gibt bestimmt nach wie vor zu viele Menschen (leider), die aus eigener Kraft Energiepreissteigerungen, wenn sie ein bestimmtes Niveau überschreiten, nicht schultern können. Diesen Menschen muß der Staat zur Hilfe eilen. Das dürfte keineswegs schwer sein, denn für etliche andere, oft sinnlose Dinge, werden wie selbstverständlich horrende Beträge verprasst, über die kaum jemand auch nur ein Wort verliert. Tatsache ist aber auch: Wir Deutschen sind zu lange verschwenderisch mit den kostbaren, begrenzt vorhandenen natürlichen Ressourcen umgegangen, ganz so, als gäbe es kein morgen mehr. Ein allgemeines Tempolimit wurde hierzulande noch von jeder Bundesregierung abgelehnt. Und ein ideologisch verbohrter und in seinem Denken rückwärtsgewandter Verkehrsminister von der FDP hat sich mit seiner Position gegen Grüne und SPD durchgesetzt. Dabei würde eine Geschwindigkeitsbegrenzung mit 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen und 30 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften sowohl Unmengen an Treibstoff einsparen, nach Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wären das 3,7 Mrd. Liter, als auch bis zu 9 Mio. Tonnen Kohlendioxid (CO²) pro Jahr vermeiden, ohne daß es uns auch nur 1 Cent kostet! Und wenn wir nicht ununterbrochen eine so falsche und klimafeindliche Verkehrspolitik betrieben hätten, die absolut nichts dafür getan hat, daß z. B. deutlich weniger LKWs Straßen und Autobahnen verstopfen, könnten wir auf dem Weg in ein Zeitalter ohne fossile Energieträger schon einen Riesenschritt vorangekommen sein. Greenpeace fordert in dem Zusammenhang u.a. auch ein Verbot von Inlandsflügen und Fahrverbote an Wochenenden und Feiertagen. Keine Maßnahme darf tabuisiert werden.
Die fatale Abhängigkeit Deutschlands und Europas von Erdgas, Erdöl und Steinkohle zeigt: Wir haben unsere Hausaufgaben nicht gemacht, haben jahrzehntelang geschlafen in der Hoffnung, daß schon alles so bleibt wie es ist. Wenn die USA und Europa fortan keine Rohstoffe mehr aus Rußland importieren würden, zu denen auch große Mengen Eisen und Stahl, Aluminium, Kupfer, Nickel, Platin, viele weitere Metalle und außerdem große Mengen Holz gehören, würde das Rußlands Wirtschaftskraft erheblich schwächen. Übrigens: Nur 3 % der Weltwirtschaft entfallen auf Rußland. Auf mittlere Sicht muß der Anteil erneuerbarer Energieträger sozial- und naturschutzverträglich maßvoll erhöht, die Energiewende forciert und so der Klimaschutz entscheidend gestärkt werden. Völlig verfehlt wäre es, den Ausstieg aus der Braunkohle noch weiter hinauszuschieben, denn der Klimawandel macht keine Pause; er schreitet lt. IPCC unvermindert fort. Das Ausmaß der Bedrohung nimmt immer gefährlichere Formen an. Ebenso verhält es sich in Bezug auf eine Renaissance der Atomkraft, der man auf die Schnelle einen grünen Anstrich verpassen will. Das wäre ein Rückfall in schlimmste Zeiten, die wir längst hinter uns geglaubt haben. Zu den Erneuerbaren schreibt die Organisation „Rettet den Regenwald“: „ Auch Wind- und Solarenergie sind nicht frei von Problemen: Der Bau von Wind- und Solarparks belegt Flächen an Land und im Meer, verursacht ökologische Schäden und verursacht Konflikte mit den Anwohnern. Außerdem werden für die Anlagen große Mengen an Rohstoffen benötigt. Deren Abbau, Abtransport und Weiterverarbeitung zerstört die Umwelt und verursacht klimaschädliche Emissionen. Deshalb sollten wir auch mit erneuerbarer Energie so sparsam wie möglich umgehen.“
Eines steht auch fest: 100 Mrd. Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr ausgeben zu wollen, sowie umfangreiche Waffenlieferungen für die Ukraine, ist auch keine Lösung, wird das unsägliche Leid der Bevölkerung nicht mindern. Kanzler Scholz hat diesen Schritt Hals über Kopf im Alleingang beschlossen und hat – wie eine deutsche Tageszeitung vermutet – den Koalitionspartner Grüne womöglich übergangen. Teile der grünen Basis und vor allem die Linkspartei reagierten entsetzt. Zweifellos muß aus der Bundeswehr eine in jeder Hinsicht gut ausgerüstete, defensiv ausgerichtete Truppe werden. Da liegt seit langem sehr vieles im Argen. Es fehlt so ziemlich an allem, einschließlich warmer Kleidung. Ich gebe aber zu bedenken, daß für den Wehretat schon jetzt mehr als 50 Mrd. Euro bereitgestellt wurden. Das sollte eigentlich genügen.
Und wie ist es in Deutschland um den Zivilschutz bestellt, sollte es tatsächlich einmal zum Ernstfall kommen? Wären wir für den Tag X gerüstet? Wohin sollten die Menschen fliehen? Zu dieser Frage hüllt man sich in Schweigen.
Es gibt scheinbar keinen echten Ausweg aus diesem Konflikt, solange Rußland nicht einlenkt. Untätig bleiben und zuschauen bringt nichts. Wir müssen weiterhin humanitäre Hilfe leisten. Allerdings sollte nicht immer nur der Aspekt im Vordergrund stehen, wie wir helfen können, nämlich in Form von Geld oder Sachspenden, sondern wir sollten einmal überlegen, wie ich als Bundesregierung mein Verhalten ändern kann, damit es zu so schrecklichen Ereignissen erst gar nicht kommt. Gigantische Summen für die Aufrüstung der Streitkräfte locker zu machen, ist eindeutig die falsche Antwort. Lt. Der Partei Die Linke gab die NATO in letzter Zeit 18 mal so viel für Rüstung aus wie Rußland. Das hat nichts mit Friedenspolitik zu tun, sondern fördert nur neue Gewalt. Nicht auszudenken, daß ein größenwahnsinniger Diktator wie Putin neben atomaren auch zu biologischen und chemischen Kampfstoffen greifen könnte.
Deshalb: Jede weitere militärische Einmischung von außen, sprich ein Eingreifen der NATO in den Krieg, würde eine brandgefährliche Zuspitzung der Lage heraufbeschwören. Was das bedeutete, kann sich jeder ausmalen. Putins Zorn auf die Nato könnte sich bis zum Äußersten steigern und ihn zu Maßnahmen greifen lassen, die man sich hierzulande nicht vorzustellen vermag. Und zusätzlich würde das eine neue, nie da gewesene Rüstungsspirale in Gang setzen. Man darf also nicht den großen Fehler machen und Putin noch mehr unnötig provozieren. Das betrifft auch die Forderung Ursula von der Leyens, ausgerechnet zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen Beitritt der Ukraine zur EU ins Spiel zu bringen. Das ist völlig unangemessen. Die sachlich begründeten Einwände gegen eine Aufnahme der Ukraine in die EU bestehen ja unverändert fort. Der EU-Rechnungshof hatte Kiew schon vor längerer Zeit ein miserables Zeugnis ausgestellt, was die Macht der Oligarchen oder das Engagement gegen Korruption und für rechtsstaatliche Reformen betrifft. Nennenswerte Fortschritte hat es bis dato auch unter Selenskij nicht gegeben.
Glaubt man Politikwissenschaftlern, eingefleischten Rußlandkennern und Militärfachleuten, will Putin die alte Sowjetunion zumindest in Teilen wieder auferstehen lassen, und zwar in den Grenzen von vor 1997, als die östlichen Staaten noch nicht alle der NATO beigetreten waren. Dieses Vorgehen ist zu vergleichen mit dem Imperialismus zur russischen Zarenzeit. Es war und ist sein Bestreben, Europa zu spalten und den Einfluß Amerikas zurückzudrängen, ja mehr noch auf einem Abzug der US-Streitkräfte zu beharren. Dabei ist die Ukraine wahrscheinlich nur ein Teil seiner Eroberungsstrategie, nur ein Mosaikstein in dem Puzzle, daß sich der Kreml-Chef nach seinen Vorstellungen zurechtgelegt hat. Seine Drohung, notfalls auch Atomwaffen einzusetzen, halte ich für reine Kampfrethorik. Dennoch darf man solche martialischen Töne nicht auf die leichte Schulter nehmen. Putin ist zu allem fähig. Man hat diesen Despoten, solange er regiert, von Anfang an falsch eingeschätzt und geglaubt, daß er es immer beim Reden belässt, so wie es allen voran Deutschland bis heute tut. Sanktionen der EU blieben wirkungslos. Während der 16 Jahre Amtszeit von Merkel gab diese Kanzlerin lediglich 4 Regierungserklärungen zur nationalen Sicherheit ab. Früher, zu Zeiten des „kalten Krieges“, als sich die Staatschefs der kommunistisch regierten Sowjetunion und der USA noch gegenübersaßen, wurde hart und ernsthaft verhandelt – mit dem Ziel, eine für beide Seiten tragfähige Lösung zur Abrüstung zu erzielen. Man respektiert sich gegenseitig; und es entstand im Laufe der Zeit eine gewisse Vertrauensbasis. Niemand war daran interessiert, ein erneutes Aufleben militärischer Gewalt durch unbedachte Äußerungen zu provozieren. Heute besteht an dem Thema Rüstungskontrolle offensichtlich kein vitales Interesse mehr, von niemandem. So ist Krieg überall auf dieser Welt leider wieder wahrscheinlicher geworden. Überall brechen Konfliktherde auf, gibt es bewaffnete Auseinandersetzungen. Dabei ist der selbstmörderische Krieg, den die Menschheit gegen die Natur führt, noch gar nicht eingerechnet.
Längst sprechen diverse Hilfsorganisationen von der größten Flüchtlingsbewegung seit Ende des 2. Weltkrieges. Es klingt zynisch, ist aber nicht abwegig: Putin verursacht mit seinem Angriffskrieg gigantische Flüchtlingsströme in Richtung Westeuropa und zielt damit ganz bewußt auf eine Destabilisierung Europas ab, deren Staaten sich bei der Bewältigung dieser Herkulesaufgabe schon heute überfordert sehen. Erinnerungen werden wach an die seinerzeit in der syrischen Stadt Aleppo heftig tobenden Kämpfe. Dort wurde ein wahres Massaker an der Bevölkerung angerichtet. Rußland beteiligte sich an der Seite des verbündeten Machthabers Assad an massiven Luftangriffen, mit denen der für Frieden demonstrierende, in Opposition zu Assad stehende Teil der Bevölkerung „ausgemerzt“ werden sollte. Eine vereinbarte Waffenruhe wurde nie eingehalten, sondern für ein verstärktes Bombardement genutzt. Folge: Die syrische Großstadt glich einem riesigen Trümmerfeld, sie wurde mit einem Schlage entvölkert, und die Menschen flohen zu hunderttausenden.
Ja, wer stoppt die Despoten, Autokraten, Gewaltherrscher, Unterdrücker und Kriegstreiber dieser Welt?
Es muß ganz sicher noch eine Menge passieren, bevor die Weltgemeinschaft zur Tat schreitet.
Karl Josef Knoppik, 15. März 2022
Lieber Herr Knoppik,
ich kann Ihnen eigentlich nicht widersprechen, sondern an den meisten Stellen nur zustimmend nicken.
Ich hoffe, dass dieser Krieg in der Mitte Europas bald endet, und zwar nicht mit der Besetzung der Ukraine.
Neben anderen Aspekten, fällt es mir schwer, die Rolle Chinas einzuschätzen.
Schon vor und selbst ohne den Krieg wäre es schon längst dringend nötig gewesen, die Energiewende voranzubringen.
Mir graut vor der Zukunft, wenn ich sehe, dass die Ampel-Koalition selbst einfache wirksame Maßnahmen wie Tempo 130 auf den Autobahnen nicht durchsetzen kann.
Lieber Herr Schiebener, ja Sie haben recht, wenn Ihnen vor der Zukunft graut. Der Bereich Verkehr war schon immer ein besonders dunkles Kapitel deutscher Politik. Stellvertretend für die Handlungsunfähigkeit- und unwilligkeit steht die permanente Weigerung sämtlicher bisheriger Bundesregierungen, auf deutschen Straßen eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung einzuführen. Damit sind wir weltweit nahezu das einzige Land, in dem weiterhin nach Herzenslust gerast werden darf. Die Grünen haben schon im Zuge der Sondierungen gegenüber der FDP kapituliert,indem sie es ohne großen Widerspruch einfach hingenommen haben, daß ein sehr wichtiger Eckpfeiler ökologischer Verkehrspolitik in Windeseile vom Tisch gefegt wurde. Das einzige, was der „Ökopartei“ nicht nur dazu einfällt, lautet entweder „Wir konnten uns nicht durchsetzen, oder wir hätten uns mehr gewünscht.“ Wie armselig! Das Riesenproblem der SPD und vor allem der Grünen ist, daß sich beide den falschen Partner ausgesucht haben. Denn die FDP ist nach wie vor eine reine Klientelpartei und hat sich nie gescheut, das umwelt- und energiepolitisch überfällige Tempolimit als „ideologisch“ abzuqualifiieren. Ich werde demnächst auf dieses Thema noch ausführlich eingehen, wenn es an der Zeit ist, eine erste Bilanz der Regierungsarbeit der „Ampel“ zu ziehen.
Ein interessanter Kommentar in der Washington Post: