Wasservorräte schwinden weltweit in atemberaubendem Tempo.

Eine Fortsetzung der jetzigen Wasseraustreibungspolitik und -verschwendung bedeutet das Todesurteil für Menschen und Ökosysteme

Aus Verdunstung (Seen, Bäche, Flüsse) werden 176 Mrd. m³ Wasser umgewälzt und dann als Regen in die Meere geleitet. Wir Deutschen nutzen 20 Mrd. = 11 %. 760 Mio. m³ Wasser verloren wir seit 2002. Zum Vergleich: Der berühmte Königssee in den Berchtesgadener Alpen speichert 511.785.000.00 m³ Wasser. (Foto: Karl J. Knoppik, 1997)

Auch wenn wir uns derzeit über reichlich Regen freuen können, ist das dennoch kein Grund sich beruhigt zurückzulehnen. Dies wäre naiv und kurzsichtig. Zwar gab es in dem Zeitraum von vor einem Jahr bis heute gerechnet in NRW ¼ mehr Niederschlag; aber es besteht nach wie vor ein Defizit, woran die extreme Dürre besonders in den Jahren 2018 und 2019 Schuld trägt.

Die Grundwasserstände sind immer noch zu niedrig. Obwohl man angesichts zunehmender Witterungsextreme durch den Klimawandel damit rechnen muß, daß die nächste Dürre früher oder später unweigerlich kommen wird, geht der Raubbau an den Wasserressourcen durch Naturzerstörung und Naturausbeutung auf globaler Ebene unvermindert weiter. Verantwortlich für dieses deprimierende Fazit ist das auch im Jahre 2023 ungebrochene starrsinnige Festhalten an dem von politischen Parteien und Lobbyverbänden abgöttisch verehrte wirtschaftliche Wachstum.

Die Privatisierung des Wassers führt z. B. in Ländern der so genannten 3. Welt dazu, daß sich eine reiche privilegierte Minderheit, z. B. Großgrundbesitzer, den Zugang zu den Trinkwasservorkommen sichert, und die große Mehrheit der in Armut lebenden Bevölkerung muß das immer knapper werdende Lebenselixier teuer bezahlen und dafür nicht selten weite Strecken auf sich nehmen.

Der Ressourcenverbrauch durch wohlstandsverwöhnte Urlauber aus reichen Industriestaaten ist deshalb aus meiner Sicht heute nicht mehr verantwortbar. Schon in den Mittelmeerländern stellt sich die Lage dramatisch dar. Beispiel Spanien: Der Anbau von Tomaten erfolgt dort in riesigen Plantagen; das begehrte Gemüse wird unter massivem Dünger- und Pestizideinsatz bewirtschaftet und erfordert enorme Mengen an Wasser. Die gesamte Ernte ist für den Export bestimmt.

Profitgier zu Lasten der Natur und der Menschen, welche in diesen Plantagen als Tagelöhner schuften – mühsam ihren Lebensunterhalt verdienen, sind auf unserem Planeten an der Tagesordnung, wohin man auch blickt. Und Trockenheit ist in den südlichen Ländern noch viel mehr ein Thema als bei uns. Wesentlich verschärfend wirkt sich der Klimawandel aus.

Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagt: „Wir müssen uns sicher auch in Deutschland von der Gewissheit verabschieden, daß Wasser immer und überall in scheinbar unbegrenzter Menge zur Verfügung steht.“ Fakt ist, daß wir zu den Ländern weltweit gehören, die am meisten Grundwasser verlieren. Der Grundwasserspiegel sinkt rasch und kontinuierlich. Erstmals hat „Correctiv“ Daten von 6.700 Meßstellen aus den vergangenen 3 Jahrzehnten analysiert. Die Auswertung liefert erschreckende Befunde. An knapp der Hälfte aller ausgewerteten Orte ist das Grundwasser in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 auf den tiefsten Stand seit 1990 gefallen.“ Forst- und landwirtschaftliche Monokulturen, intensive Bebauung, Zerstörung von Feuchtgebieten und der Tagebau für die Kohleförderung haben an diesen skandalösen Befunden entscheidenden Anteil.

Siehe: https://correctiv.org/aktuelles/kampf-um-wasser/2022/10/25/klimawandel-grundwasser-in-deutschland-sinkt/

So geht auch in diesem Land die Bodenfeuchte überall zurück. Diese resultiert aus Temperatur, Niederschlag und Verdunstung. Die höhere Verdunstungsrate ergibt sich wiederum aus der beschleunigten globalen Erwärmung. Selbst wenn es regnet, bringt das kaum Entspannung und schon gar keine Entwarnung. 2023 bescherte uns den 27. zu warmen Sommer seit den 1990er Jahren in Folge. Und seit 2014 gab es kein einziges Jahr, in dem die Böden nicht ungewöhnlich trocken blieben. Landwirtschaftliche Maschinen und in der Forstwirtschaft zum Einsatz kommende so genannte Harvester verdichten die Böden. Ein Mähdrescher wiegt fast 30 Tonnen. Dadurch wird erreicht, daß die Bodenpartikel dichter zusammengefügt werden, und zwar so sehr, daß Regenwasser und Wasseransammlungen nicht mehr richtig versickern. „Steigende Temperaturen und Wetterextreme führen dazu, daß sich Grundwasserspeicher nicht mehr füllen. Gleichzeitig steigt der Wasserkonsum an, vor allem im Sommer, wie Claudia Pahl-Wostl, Professorin für Ressourcenmanagement am Institut für Umweltsystemforschung der Universität Osnabrück, erklärt. „Starkregenfälle nehmen zu, so daß weniger Niederschlag in der Landschaft gespeichert und stattdessen oberflächlich abgeführt wird. Gleichzeitig benötigen Landwirtschaft und Haushalte in den Hitzeperioden mehr Wasser.“

Der Schauspieler Hannes Jaenicke engagiert sich seit Jahren für den Umwelt- und Klimaschutz. Bei der Eröffnungsfeier des Klimabüros im Ahrtal fordert er ein radikales Umdenken – und teilt kräftig gegen das Mindset der Deutschen aus. Er sagt, in Deutschland stoppe die Bürokratie viele innovative Ideen und äußert weiter: „Der Deutsche muß immer das Rad neu erfinden.“ Er stellt die Frage: „Warum denken vor allem ausländische Städte, wie Amsterdam, Barcelona und Kopenhagen das Thema Mobilität in Städten weiter als Deutschland?“ „Wir müssen dafür einfach mal Delegationen in andere Länder schicken und uns anschauen, wie die das machen“, forderte er. Um wirklich etwas zu ändern, müssen wir aber auch Verzicht lernen. „Denn Verzicht, so Jaenicke, seit in Deutschland schon fast ein Schimpfwort geworden. Alle Politikerinnen und Politiker machen große Versprechungen, daß sich niemand in Verzicht üben müsse. „Das ist Bullshit“, kritisiert er. „Natürlich müssen wir verzichten. Das müsse aber nicht zwingend ein Verlust sein – eine autofreie Innenstadt ist ein Gewinn, weil diese eine gesündere Stadt sei. Das sei auch auf der internationalen Bühne spürbar: Deutschland steht allein da, weil die anderen weiterdenken“, sagt der Schauspieler – und nennt die skandinavischen Länder als Beispiel, zum Teil auch die USA

Quelle: https://www.focus.de/earth/news/bueroeroeffnung-im-ahrtal-hannes-jaenicke-5-dinge-die-sich-deutschland-im-ausland-abschauen-muss_id_230586277.html

Was es heißt, wenn dieser Rohstoff, ohne den kein Leben möglich ist, in Deutschland knapp wird und die Böden austrocknen, hat sich spätestens im Sommer 2022 gezeigt: Ein historischer Tiefststand im Rhein, riesige Waldbrände in Sachsen und Brandenburg, ausgedorrte Felder und Gemeinden, die den Notstand ausriefen und ihre Bevölkerung zum Wassersparen aufforderten.

Nicht nur die Klimaveränderung läßt die Wasserreserven sinken. Auch unser tägliches Trinkwasser und der große Bedarf der Industrie sind für den Rückgang verantwortlich.

Hier soll einmal Deutschlands durchschnittlicher Wasserverbrauch mit Zahlen unterlegt werden: Insgesamt werden täglich 130 Liter pro Haushalt verbraucht. Ca. 5 Liter entfallen auf das Kochen, 25 Liter gehen auf das Konto Geschirr spülen und Wäsche waschen, 82 Liter für Duschen, Baden und Toilettenspülung (Quelle: ZDF – „Trocknet Deutschland aus?“ vom 15.08. 2023). In dieser Sendung hieß es eingangs wortwörtlich: „Deutschland ist ursprünglich ein wasserreiches Land. Ohne die globale Erderhitzung regnete es so viel, daß wir zu den süßwasserreichsten Ländern der Erde gehören. Aber reicht das in Zeiten der Klimakrise?“ (Anm.: In Wahrheit handelt es sich ja um eine Menschheitskrise) Ich beantworte diese Frage mit einem klaren Nein. Deutschland ist nicht im entferntesten auf den Klimawandel vorbereitet. Wenn nicht einzelne Kommunen von sich aus diesbezüglich tätig geworden wären, sehe die Lage noch dramatischer aus, denn die Politik handelt genau entgegengesetzt. Auch vor dem Hintergrund, daß eine Partei, die sich „grün“ nennt, seit nunmehr 2 Jahren in einer Berliner Koalition mitregiert und somit die Möglichkeit hätte, eine konsequent ökologische, soziale und auf Frieden und Entspannung ausgerichtete Globalpolitik durchzusetzen, haben wirtschaftliche Interessen z. Zt. noch nie so Priorität genossen wie unter der „Ampel“. Das betrifft sämtliche Ressorts. Natur und Umwelt sind offenbar nur noch Verfügungsmasse.

Schwarzes Moor im Biosphärenreservat Bayerische Rhön – Intakte Moore bestehen zu 95 % aus Wasser. Obwohl Moore nur 3 % der Erdoberfläche bedecken, speichern sie etwa doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Erde zusammen. (Foto: Doris Knoppik)

Wie viel Wasser Energiekonzerne für die Tagebaue nutzen, hat „Correctiv“ in einer vorherigen Recherche öffentlich gemacht. So pumpt der Essener Kohlenriese RWE für die Trockenlegung seiner Tagebaue rd. 500 Mio. m³ Wasser jährlich aus dem Boden. Wird der Tagebau geschlossen, steigt das Wasser nach und nach wieder an – allerdings werden die ursprünglichen Wasserstände bei weitem nicht erreicht.

„Besonders in Norddeutschland sowie in NRW, Thüringen und Bayern fallen die Grundwasserstände. In NRW, Thüringen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sinkt es sogar an jeder dritten Meßstelle. Hauptverursacher des Rückgangs ist in vielen Regionen der Mensch.“ (2022).

71 % der Erdoberfläche ist mit Wasser bedeckt. Die enormen Energiemengen, welche die Ozeane aufnehmen, werden an die Luft abgegeben und führen zur Erwärmung.

In gesättigten Luftmassen, so lehrt es uns die Physik, nimmt die Menge an Wasserdampf pro Grad Erwärmung um 7 % zu, schneller als der Wassernachschub durch Verdunstung. Dadurch werden Starkregenereignisse häufiger, und Tage mit geringem Niederschlag nehmen tendenziell ab. Perioden ohne Niederschlag dauern länger an und werden extremer (Quelle: Prof. Dr. Stefan Rahmstorf in dem Buch „3 Grad mehr“ – Oekom-Verlag). Dürren und Starkniederschläge liegen somit nah beieinander. So trocken wie zuletzt war es in Europa seit Jahrhunderten nicht. Dürre und Hitze verändern aber nicht nur die Menge des zur Verfügung stehenden Wassers, sondern auch die Qualität!

Wie stark sich der Klimawandel auf der ganzen Erde mittlerweile auswirkt, wird exemplarisch am Beispiel des Tropischen Regenwaldes im Amazonasbecken deutlich. Bekanntlich ist der Amazonas-Urwald das größte Regenwaldgebiet der Erde. 15 % der weltweiten Photosyntheseleistung liefert allein dieser Regenwald.

Die Anzahl der Zu- und Nebenflüsse des Amazonas beläuft sich auf etwa 10.000. Sie machen die Amazonasregion zum größten Flußgebiet und transportieren ein Fünftel des gesamten Süßwassers der Erde. Es ist ein sich selbst erhaltendes System.

70 % des Regens kommen aus der Verdunstung, ausgehend von Bäumen und Pflanzen.

Wenn es dort trockener wird und immer weniger Wasser zur Verfügung steht, die Bodenfeuchte abnimmt, fällt auch immer weniger Regen. Ein Teufelskreis! Der (noch) riesige Urwald am Amazonas hat direkten Einfluß auf das Wetter aller Regionen Südamerikas.

Von der Kohlenstoffsenke zur Kohlenstoffquelle: 1 Mrd. Tonnen CO2 emittiert der Amazonas-Wald als größter Tropenwald der Erde inzwischen. Es wurde also schon sehr viel zerstört. 34 % der Fläche dieses gigantischen Waldkomplexes sind bereits von Dürre betroffen.

(Quellen: „Rettet den Regenwald“ – Report 1/23 und Dipl.-Met. Karsten Schwanke, WDR-Wetterredaktion).

Karl Josef Knoppik, 02.11. 2023