Alle drei Monate lässt sich der Niedergang des Lokaljournalismus am Beispiel der Westfalenpost bei der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) in Zahlen ablesen.
Seit langem verliert unsere heimische Lokalzeitung jährlich um die fünf Prozent Abonnenten. In anderen Städten sind die Verluste noch fürchterlicher.
Die sogenannte ePaper sind in den Verlusten schon eingepreist, das heißt sie retten die Westfalenpost auch nicht.
Ich weiß nicht, was für die Funkemedien-Gruppe wirtschaftlich tragbar ist. Wahrscheinlich werden viele seriöse Titel durch die erfolgreichen Produkte der Regenbogensparte quersubventioniert.
Bleibt das Internet. Da werden Erträge durch Klicks generiert. Bei der Westfalenpost beobachte ich, dass die Leser:innen durch sogenannte Click-Bait-Schlagzeilen (Bait=Köder) auf die Bezahlartikel gelockt werden sollen.
In den Titeln steht nicht mehr, wie früher im seriösen Journalismus üblich, komprimiert das Allerwichtigste, sondern beispielsweise:
„Olaf Scholz: Nachbarn wühlen im Müll – und werden fündig“
Boäh – bin ich jetzt neugierig und kann mich kaum zurückhalten, ein Abo abzuschließen.
Im Ernst: Nein! Mich interessieren die Klick-Ködereien nicht, ganz im Gegenteil fühle ich mich abgestoßen, zumal ich weiß, dass die eigentlichen Artikel meist langweilige, oft lieblos zusammengekloppte Texte sind, der Aufregung nicht wert. Eine klassische Titel-Hui – Artikel-Pfui Schere.
Und wenn mensch das als Leser:in mehrfach erlebt, wendet man sich angewidert ab oder fühlt sich zumindest veräppelt.
Ich denke, dass bei den Menschen hier im Hochsauerland trotzdem ein Bedürfnis nach Lokaljournalismus besteht.
Die Papierzeitung Westfalenpost wird allerdings immer unwichtiger. Todesanzeigen und Pressemitteilungen bekommt man auch über die kostenlosen Reklamezeitungen. Den Rest an Infos stoppeln sich die Leute über Stammtische, Mitteilungsblätter, Gerüchte, Facebook, WhatsApp, Telegram, Instagram, Tiktok & Co selbst zusammen.
Das ist die Illusion von Lokaljournalismus und gerade in unübersichtlichen Krisenzeiten sehr gefährlich, weil eine orientierende Instanz fehlt, die das Welt- und Lokalgeschehen einordnet und bewertet. Menschen ziehen sich in sogenannte Blasen zurück, machen sich ihre eigene Welt und werden leichte Opfer von Verschwörungsideolog:innen.
Wir brauchen den Lokaljournalismus. Westfalenpost, gibt es einen Plan?