Zur Erinnerung: Das Winterberger Oversum, auf Lügen gebaut?

Oversum
Gefragt: Duchblick beim Oversum in Winterberg (archiv: zoom)

Westfalenpost vom 6.3.2012

“Das 35-Millionen-Euro-Leuchtturmprojekt „Oversum Vital Resort“ im Kurpark soll den Gesundheitstourismus in der Ferienwelt Winterberg ankurbeln. Spatenstich war im April 2010. Zum Richtfest im vergangenen Juli kam Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr. Projektentwickler und Investor ist die s.a.b. Gruppe aus Friedrichshafen.

Die Stadt Winterberg steuert als Projekt-Partner einmalig 4,5 Millionen Euro und einen jährlichen Betriebskostenzuschuss von 600 000 Euro dazu. …”

Westfalenpost vom 6.9.2013

„…finanziell kostet das Bad trotz Schließung immer noch rund 600.000 Euro jährlich. Mit diesem Geld werden aufgenommene Kredite für den Bau der Erbpachtfläche des Oversum, also u.a. das Sportbad, die Fitness-, Wellness- und Saunabereiche, die Tourist-Info und das MVZ, bedient. Klar ist also, würde die Stadt das Bad in Zukunft selbst übernehmen und betreiben, kämen zusätzliche Betriebskosten hinzu.  “ (Herv. d. Verf.)

FAZIT: Was den Winterbergern als Betriebskostenzuschuss verkauft wurde, war tatsächlich der Betrag zur Tilgung eines Kredits. Dieser Unterschied muss den Verantwortlichen 2012 bekannt gewesen sein. Klar ist somit, dass die Winterberger (bewusst?) in die Irre geführt wurden.

Pressemitteilung der aquasphere Winterberg GmbH vom 02.05.2013 zum Projekt Oversum Winterberg

In unserem BriefkastenIm Folgenden veröffentlichen wir im Wortlaut die heutige Pressemitteilung der aquaspere Winterberg GmbH zum Projekt Oversum in Winterberg.

Die Mitteilung macht deutlich auf welcher Argumentationsgrundlage die aquasphere in die kommenden zu erwartenden rechtlichen Auseinandersetzungen mit der Stadt Winterberg gehen wird. Die Tatsache der Veröffentlichung bedeutet nicht, dass wir uns deren Argumentation zu eigen machen. Sie dient allein und ausschließlich der Information.

Die Pressemeldung im Wortlaut (hier die Pressemitteilung als PDF ):

Klare Worte zum Projekt Oversum Winterberg

Die Initiative für das Projekt Winterberg legte die Stadt Winterberg mit der ersten Ausschreibung im Jahr 2005 und zuletzt der europaweiten Ausschreibung Ende 2007. Darin gab die Stadt Winterberg u.a. vor, dass das Hallenbad für Schul- und Vereinsschwimmen geeignet sein müsse ( 25 m x 12,5 m x 0,9 m auf 3,4 m ansteigend mit 1m Sprungbrett) und dass es zukünftig durch die Stadt Winterberg für 45 Stunden wöchentlich genutzt werde.

Phase I: Entwicklung, Planung und Bau
Vor Umsetzung des Projekts bestimmte die Stadt, mit welchen konkreten Einrichtungen das Hallenbad ausgestattet sein müsse, das sie später für den Zweck der Durchführung des Schul- und Vereinsschwimmens mieten werde. Diese Einrichtungen sind:
• Schwimmerbecken
• Lehrschwimmbecken
• Zubehör wie Startsockel, Schwimmbadleinen, Bodenmarkierungen
• Sammelumkleiden jeweils für Damen und Herren
• Sanitäre Einrichtungen
Entsprechend dieser Vorgaben entwickelte, plante und baute die aquasphere Winterberg GmbH als alleiniger Investor und reine Besitzgesellschaft das Projekt Oversum. Die Stadt Winterberg war über ihre interfraktionelle Arbeitsgruppe vollen Umfangs und laufend in das Geschehen miteinbezogen.

In dieser Phase wurde das Projekt von sämtlichen Beteiligten und Außenstehenden gelobt. Es bekam Preise für Stadtentwicklung und viel Anerkennung von Politikern wie z.B. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans, Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr.

Phase II: Betrieb
Nach Fertigstellung der Bauarbeiten ging das Projekt Oversum im Mai 2012 in Betrieb. Hierfür vermietete die Besitzgesellschaft aquasphere Winterberg GmbH die einzelnen Mietobjekte (s.u. Schaubild). Die Mieter sind einzelne und finanziell voneinander unabhängige Gesellschaften.

Schaubild Organigramm
Quelle: aquasphere GmbH

Wie üblich verpflichtete sich jeder Mieter dazu, eine Kaltmiete zu zahlen und natürlich auch seine Betriebskosten. Nur die Verantwortlichen der Stadt Winterberg haben für das Hallenbad keine Betriebskosten entrichtet. Mittlerweile betragen die Schulden der Stadt mehr als 300.000 Euro. Die Stadt Winterberg hat – aus für uns nicht verständlichen Gründen – über die WTW ihre eigene Betriebsgesellschaft, die Vitalresort Winterberg GmbH, in die Insolvenz geschickt.

Bezüglich des öffentlichen Schwimmens für die Bürger von Winterberg haben Bürgermeister Werner Eickler und seine Helfer keine Vereinbarung getroffen.

Aufgrund der zuvor dargestellten Situation musste das Hallenbad geschlossen werden.
Die aquasphere Winterberg GmbH bedauert den Unmut der Badegäste.

aquasphere Winterberg GmbH
Geschäftsführer Manfred Wolff
Ansprechpartner: Thomas Krall
E-Mail: tk@asap-real.de

Die letzte Bahn ist geschwommen. Die Handtücher sind schon wieder trocken. Vielen Dank an die freundlichen MitarbeiterInnen.

Oversum Schwimmbad geschlossen
Das war’s. Die letzte Bahn ist geschwommen. (fotos: zoom)

Das war’s. Die letzte Bahn ist geschwommen. Um kurz vor acht war ich im Wasser, um exakt 20.45 Uhr als letzter Schwimmer wieder raus. Auf Twitter liest sich das so:

Ich musste dann aber doch noch kämpfen, um am letzten Tag des Schwimmbads vor der der Pleite als letzter aus dem Wasser zu steigen.

Die Umkleiden.
Der letzte Gang.

Auf meinen Schlussbahnen tauchten noch exakt ein Schwimmer und danach eine Schwimmerin ins Wasser ein.

Es herrschte wirklich keine Arschbombenstimmung, sondern große Traurigkeit. Die Mitabeiterinnen, die an diesem Abend Dienst hatten, machten auf mich einen geknickten Eindruck.

Überhaupt die MitarbeiterInnen. In der ganzen Zeit meiner sechs(?) Zehnerkarten habe ich ein sehr hilfsbereites, freundliches Personal erlebt.

Schade jetzt, und Danke dafür!

Das Schwimmbad ist nach meiner Kenntnis ab jetzt komplett geschlossen, auch für die Hotelgäste des Oversum.

Denen bleibt allerdings noch das Bewegungsbecken hinter der Glasscheibe.

Schulschwimmen? Noch nicht klar.

Packt die Badehosen ein und schwimmt heute Abend eure letzten Bahnen. Oversum Schwimmbad ab 1. Mai für unbestimmte Zeit geschlossen.

Oversum-Schwimmbad geschlossen
Oversum-Schwimmbad. Heute anscheinend noch bis 21 Uhr geöffnet. Ab 1. Mai geschlossen

Der Betreiber „Vitalresort Winterberg GmbH“ geht in die Insolvenz, der Oversum-Projektbetreiber „aquasphere Winterberg  GmbH“ übernimmt das Bad und handelt.

Das Oversum-Schwimmbad bleibt ab morgen auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Ob das Schulschwimmen denn weiter gesichert sei, habe ich die Mitarbeiter hinter dem Tresen gefragt. Sie seien von der Optisport GmbH und gäben keine Auskunft.

Heute Abend sei das Schwimmbad aber noch geöffnet. Ich hatte nachgefragt, weil der Kassenautomat heute um 17 Uhr schon geschlossen war.

Zwei Punkte sind noch auf meiner Zehnerkarte. Ich werde versuchen, sie heute Abend abzuschwimmen.

Droht Winterberg ein ähnliches Schicksal wie Dorsten? Die „Legende vom kostenlosen Heimfall des Freizeitbades“

Auf der Website „Dorsten transparent“ haben wir heute einen atemberaubenden Artikel über die verschlungene Finanzierung des PPP-Projekts „Atlantis“ in der Stadt Dorsten gelesen. (Vielen Dank an @Marker für den Hinweis)

Durch eine verschleiernde Informationspolitik der Stadt Dorsten habe sich, so der Autor, die Legende vom kostenlosen Heimfall des Freizeitbades „Atlantis“ verbreitet.

Um diesen sogenannten „Heimfall“ ist es ja unter anderem auch auf der Bürgerversammlung der Stadt Winterberg am vergangenen Donnerstag gegangen. Die Kosten dieses Heimfalls wurden vom Bürgermeister Werner Eickler nicht beziffert. Vielleicht weiß er heute schon, warum. Die Dorstener Bürgerinnen und Bürger jedenfalls ahnen, was auf sie zukommt:

Zitat:

„Die Stellungnahme der Verwaltung dazu vom 7. Juli 2010 beginnt so:

„Nachdem […] das Bad durch Ausübung des Heimfallanspruchs aus dem Erbbaurechtsvertrag kostenlos auf die Stadt Dorsten überging ….“.

Dort steht wahrhaftig: kostenlos! Die Stadt Dorsten hätte das „Atlantis“ demnach geschenkt bekommen? Bis dahin war nur vom entschädigungslosen Heimfall die Rede. Jetzt also war er sogar kostenlos. Diese Falschbehauptung ist der Höhepunkt einer Legende, derzufolge das Freizeitbad ohne finanzielle Belastungen für die Stadt an diese gefallen wäre. Sie dient dem einzigen Zweck, die Öffentlichkeit darüber zu täuschen, dass das „Atlantis“ in Wahrheit mit dem Geld der Stadt Dorsten und ihrer Bürger gebaut wurde.“ … alles lesen.

Wenn nur ein Teil der Entwicklungen des PPP-Projekts in Dorsten analog zu Winterberg gelaufen ist, dann droht dem Steuersäckel der Stadt ein Desaster und dann muss man vermuten, dass die Ratsherren und -damen der Stadt um dieses Desaster wussten und wissen, denn sie waren und sind ja nach Aussagen des BM auf der Bürgerversammlung über alle Verträge und deren Eckpunkte informiert worden.

Der Artikel liest sich wie ein kleiner Wirtschaftskrimi. Mir als Winterberger Bürger wäre es lieber, wenn die dort beschriebenen Tatsachen und Zusammenhänge auf uns Bürger, unseren Rat und unsere Stadt nicht zuträfen. Sicher bin ich mir nicht.

Der Artikel ist lang, aber es lohnt … lesen!

Leimener Gemeinderat empfiehlt: Hände weg von solchen PPP-Konstrukten.

Gefragt: Duchblick beim Oversum in Winterberg (archiv: zoom)
Gefragt: Duchblick beim Oversum in Winterberg (archiv: zoom)

Als Gemeinderat, der in Leimen das alles auch schon erlebt hat, muss ich sagen, dass mir das alles [der Ablauf in Winterberg] sehr bekannt vorkommt, auch die nachgelieferten Entschuldigungen.

(Gastbeitrag von Ralf Frühwirt, Fraktionssprecher der GALL-Leimen im Gemeindrat. Zum sab-Engagement in Leimen und dem dortigen Ablauf und Scheitern des  PP-Projekts siehe insbesondere die informative Website der GALL.)

Einerseits kann ich die Kollegen von der Winterberger SPD sehr gut verstehen. Auch in Leimen hat sich die Mehrheit des Gemeinderates nicht nur auf den OB verlassen, sondern auf renommierte Wirtschaftsprüfer (Ernst&Young), die finanzierende Bank, das Regierungspräsidium. Alle haben den Daumen gehoben. Ist es einem ehrenamtlich tätigen Rat da zu verdenken, wenn er den Wirtschafts- und Finanzexperten Glauben schenkt?

Fakt ist, dass so komplexe Konstruktionen wie PPP-Verträge von Freizeitpolitikern nicht (oder nur in Ausnahmen) ganz durchschaut werden können, und da man keine eigenen Experten hinzu ziehen darf (wegen Vertraulichkeit), muss man solche Konstrukte grundsätzlich ablehnen.

Denn andererseits kann man auch von Kommunalpolitikern erwarten, dass sie ihre Grenzen kennen und nicht Dinge entscheiden, von denen sie keine Ahnung haben, dass sie sich von sogenannten Leuchtturmprojekten nicht blenden lassen, dass sie sich immer die Frage „cui bono?“ stellen und natürlich, dass sie bereit sind, auch mal gegen den Strom zu schwimmen.

Wie man das besser macht, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Altstätten/Schweiz, wo es auch um eine Schwimmbadsanierung geht. Dort gab es verschiedene Optionen, vom Ausbau (mittels PPP) bis zur Schließung. Die Stadt hat eine sogenannte Vernehmlassung (entspricht etwa einer Bürgerbefragung) gestartet, die Bürgermeinungen ausgewertet und dann hat der Stadtrat eine Entscheidung getroffen (http://www.altstaetten.ch/de/aktuelles/aktuellesinformationen/?action=showinfo&info_id=205851). Die starken Vorbehalte der Bürger gegen PPP haben den Stadtrat veranlasst, diese Option auszuschließen.

Die PPP-Variante kam übrigens von der s.a.b.

Die Grün-Alternative Liste Leimen versucht das „Firmengeflecht der s.a.b. in Leimen“ zu beschreiben.

Auf der Website der GALL-Leimen wird versucht, die Geschichte der Auseinandersetzungen um das PPP-Projekt in Leimen auch an Hand des „Firmengeflecht(s) der s.a.b. in Leimen“ zu beschreiben.

Die s.a.b. habe in Leimen ein PPP-Bad gebaut und betrieben, bis es an die Stadt Leimen rückübertragen worden sei.

Seither sei die Stadt mit der s.a.b. im Rechtsstreit über die Abwicklung des Geschäfts und die Übernahme der Kosten.

Ganz einfach sei die Kooperation mit der s.a.b. allerdings nicht. PPP-Projekte, so die GALL-Leimen, seien grundsätzlich auch dadurch gekennzeichnet, dass Projektgesellschaften gegründet würden, die das PPP-Projekt abwickelten.

Alles lesen auf der Website der GALL-Leimen.

PPP-Leuchtturm-Projekte – eine Spur des Scheiterns

Das PPP-Projekt "Oversum" in Winterberg wird demnächst eröffnet: Ratssitzungen und Verträge sind geheim. (foto: zoom)
Erfolg oder Scheitern? Das PPP-Projekt „Oversum“ in Winterberg wird demnächst eröffnet: Ratssitzungen und Verträge sind geheim. Beurteilung nicht möglich. (foto: zoom)

Das PPP-Projekt „Oversum“ in Winterberg ist eines von unzähligen Public-Private-Partnership Unternehmungen in Deutschland. Die Grundlagen des Projekts kann die allgemeine Öffentlichkeit nicht beurteilen, da Verträge, Ratsprotokolle und sogar die Ratssitzungen, auf denen Entscheidungen über die Investitionsbeteiligung der Stadt Winterberg beschlossen wurden, geheim sind. Sie sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Ratsvertreter, die an den Sitzungen teilgenommen haben, dürfen nichts verraten.

Da wir keinen Zugriff auf die „harten“ Informationen und Fakten haben, können wir das Projekt nicht ausreichend beurteilen. Wir sind auf Mutmaßungen angewiesen. Top oder Flop? Keine Ahnung.

Was das „Oversum“ angeht, warten wir also einfach ab, bis entweder die ersten Risse in der Mauer des Schweigens aufbrechen oder „irgendwo ein paar Dokumente vom Lastwagen fallen“.

Unsere Überlegungen und Argumente sind hier im Blog in zahlreichen Artikeln nachzulesen. Die Rolle der lokalen Medien, insbesondere der Westfalenpost, haben wir hier angesprochen.

Auf der Website „Gemeingut in BürgerInnenhand“ dokumentiert Werner Rügemer zwölf PPP-Projekte des neuen Jahrtausends beginnend 1999/2000 bis 2011 als „eine Spur des Schreckens“.

Im Jahr 2008 findet sich bemerkenswerterweise mit dem „Gesundheits- und Badepark Leimen“ auch der Investor s.a.b. des Winterberger „Oversum“ unter den gescheiterten Projekten.

Die Gesamtbilanz von Rügemer lautet:
„Zwölf Jahre lang hat man uns mit Versprechungen zu PPP überschüttet. Länder und Gemeinden haben wie im Rausch in hunderten von PPP-Projekten das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verprasst. Heute, im Jahr 2012, ist das Erwachen böse. PPP sei schneller, effizienter, nachhaltiger – nichts davon hat sich bewahrheitet. Es gibt exorbitante Baukostensteigerungen wie bei der Hamburger Elbphilharmonie. Laufende Kosten stellen sich als weit überhöht heraus wie bei den 90 Schulen im Landkreis Offenbach. Schon nach einem Jahr bröckeln Straßenbeläge wie bei der A1 zwischen Hamburg und Bremen. Wir dokumentieren für die vergangenen 12 Jahre pro Jahr exemplarisch ein PPP-Projekt. Einige davon waren Pilotprojekte, andere ‚Leuchttürme, dritte erhielten den „PPP-Innovationspreis“. Die Erfahrungen mit diesen „herausragenden PPP-projekten stehen für die das Scheitern des Prinzips PPP, aber sie belegen auch konkret wie dieses Scheitern aussieht und wie es das Gemeinwohl schädigt.“

Es wird einfach nicht besser: s.a.b. und Oversum verursachen bei mir immer noch Bauchschmerzen.

Das Public Private Partnership Projekt "Oversum" wächst in Winterberg. (foto: chris)
Das Public Private Partnership Projekt „Oversum“ wächst in Winterberg. (foto: chris)

Wir haben in unserem Blog schon oft das Thema „Oversum“ in Winterberg angesprochen und uns darüber beklagt, dass weder  in der lokalen Presse noch in den Veröffentlichungen der Stadt, sowie der angeschlosssenen PR-Maschinerie wesentliche Informationen zum Millionen-schweren PPP Projekt in Winterberg zu finden sind.

Komisch, es geht um riesige Beträge, für die letztendlich der Steuerzahler gerade stehen muss, und die Informationspolitik ist auf Null oder Nebel getunet.

Welche Vermutungen und Anzeichen für ein kommendes Desaster gibt es?

Die Google Suche nach dem Investor s.a.b. scheint von negativen Einträgen gereinigt zu sein.

Im Hotelbereich ist ein niederländisches Unternehmen abgesprungen, ohne dass die Gründe den Bürgern bislang erklärt worden wären: „War zunächst das holländische Unternehmen Sandton Hotels vorgesehen, wird nun das Unternehmen Concordia Wellness & SPA Hotel aus Oberstaufen nicht nur das 4 Sterne S-Hotel betreiben.“

Dieses Zitat aus einem Westfalenpost-Artikel hatte uns veranlasst, die Sandton Hotels um eine Erklärung zu bitten. Die Antwort steht noch aus.

Über das PPP Projekt wurde in zwei ganztägigen Ratssitzungen abgestimmt. Diese Sitzungen selbst tauchen im Ratsinformationssystem anscheinend nicht auf. Normal wäre es gewesen, den Termin wie alle Ratssitzungen zu veröffentlichen, mit dem Zusatz in der Art: Tagesordnung „PPP Projekt Oversum“ –  nichtöffentlich.

Wir haben bislang kaum verdeckte Informationen aus der verschlossenen Auster Winterberg zugespielt bekommen. Das ist an sich auch schon ein Hinweis auf sehr große Anstrengungen, die Reihen geschlossen zu halten.

Die größte Oppositionspartei der Stadt Winterberg, die SPD, schweigt.

Bei Werner Rügemer, Heuschrecken m öffentlichen Raum, Bielefeld 2011, lesen wir über den Investor s.a.b. auf Seite 193:

„Der Bäderbetreiber s.a.b. verlangte schon nach einem Jahr statt der vereinbarten jährlichen Miete von 450.000 Euro das Doppelte. Als die Stadt nicht zahlte, schickte der Investor seine Projektgesellschaft in die Insolvenz. Die Stadt  muss nach langwierigen und teuren Verhandlungen mit einer zusätzlichen Kostenbelastung neu anfangen.“

Ich habe bislang noch nicht gehört, dass es eine einstweilige Verfügung gegen diese Behauptung gegeben hätte.

Die Leimener Vorgänge waren zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse in Winterberg bekannt. Die bürgerliche Badische Allgemeine Zeitung schreibt beispielsweise im Oktober 2008:

“ … warum es mit dem PPP-Vertrag nicht geklappt hat, könnten sich andernorts die Verantwortlichen in den Hintern beißen, dass sie sich auf ein solches Geschäft eingelassen haben. In Leimen sehen sich zwei Jahre nach Inbetriebnahme eines neuen Bades die Stadtväter vor die Alternative gestellt, dem privaten Betreiber statt der ursprünglich vorgesehenen knapp halben Million Euro eineinhalb Million Euro zu zahlen oder die Schließung in Kauf zu nehmen und auf einer halben Million Zinsverpflichtung sitzen zu bleiben. Dabei trägt das vereinbarte Modell durchaus auch am Hochrhein bekannte Züge: Laufzeit 30 Jahre, jährlich steigende Belastung, nur dass der Partner nicht Interspa, sondern die Firma s.a.b. /Friedrichshafen ist, die mit einer viel höheren Besucherzahl kalkuliert hat  …“

Auf der Website von Attac heißt es zum Verhalten der Politiker:

“ … Angesichts leerer Kassen, unterstützt durch das gerade erlassene Schuldenbegrenzungsgesetz, fühlen sich die Politiker in die Ecke gedrängt, denn sie dürfen nicht zu viele Schulden machen. Mit PPP ist scheinbar mit einem Schlag das gesamte Problem lösbar: die Miete ist zwar ein versteckter Kredit und damit Schulden, wird aber im Haushaltsplan nicht als solcher ausgewiesen – ein übler Trick. Eine mit PPP renovierte Schule scheint schöner und effizienter und die Parteien können sich die kurzfristige Ausgabenersparnis auf die Fahnen schreiben, mit denen sie in den kommenden Wahlkampf ziehen. Der Weg in die kommunale Schuldenfalle ist nur eine der negativen Spätfolgen von PPP. Und noch nicht einmal die schlimmste …“

Im Mai hatten wir einen sehr informativen Artikel über PPP-Projekte, darüber hinaus auch schon über die Rolle der s.a.b. veröffentlicht.

Zur Überschrift stehen wir noch heute:

Über die Risiken von Public-Privat-Partnership. Den Winterbergern bleibt zu wünschen, dass ihr PPP-Projekt „Oversum“ gut funktioniert.

P.S. Wir benötigen in diesem Fall keine bauchgesteuerten Meinungen, selbst wenn es Zustimmungen sein sollten, sondern Fakten 😉 Jedes noch so klitzekleine Faktum zählt! Es geht immerhin um sehr viel Geld.

Fluch oder Segen? Das Oversum in Winterberg.

Das Public Private Partnership Projekt "Oversum" wächst in Winterberg. (foto: chris)
Das Public Private Partnership Projekt „Oversum“ wächst in Winterberg. (foto: chris)

Aus dem Mitteilungsblatt der Stadt Winterberg: „Bürgermeister Eickler berichtet, dass das Projekt OVERSUM Vital Resort Winterberg mit dem PPP-Innovationspreis ausgezeichnet worden sei. Bei der diesjährigen Preisverleihung seien 7 Projekte aus 30 Vorschlägen ausgezeichnet worden.“

Wie ich an anderer Stelle schon erwähnte ist mir das ganze Projekt noch nicht ganz klar. Darum habe habe ich mir heute zwei Bücher besorgt. Eines ist ein Sammelband von Public Private Partnership (PPP) Befürwortern, das andere ein Einzelwerk von einem vehementen Gegner.

Fangen wir mal bei den Befürwortern an. Das Werk heißt „Public Private Partnership in Deutschland“, wird herausgegeben von Frank Baumgärtner, Thomas Eßer und Rudolf Scharping, F.A.Z.-Institut für Management-, Markt. und Medieninformationen GmbH, erschienen 2009 in Frankfurt am Main, 78 Euro.

An diesem Werk haben 36 Autorinnen und Autoren mitgewirkt, das heißt einzelne Beiträge geschrieben.

Es handelt sich um eine sehr illustre Schar. Ich mache mal ein wenig „name-dropping“:

  • Roland Koch
  • Petra Roth
  • Thilo Sarrazin
  • Rudolf Scharping
  • Peer Steinbrück

Weniger bekannt sein dürften unseren Blog-LeserInnen Andrea Stöhr und Wolfram Wäscher.

Die beiden sind allerdings für uns Winterberger interessant, da sie zur s.a.b. gmbh & co. kg, Friedrichshafen „gehören“, die als Investor für das „Oversum“ verantwortlich ist, sie als Justiziarin und Prokuristin, er als Gesellschafter und Geschäftsführer.

Wäscher und Stöhr haben den 10-seitigen Beitrag „Bürger brauchen Bäder“ verfasst.

Ich empfehle den Sammelband der FAZ zumindest kursorisch  zu lesen. Am Ende des Buchs findet sich ein Register „Alle relevanten PPP-Projekte in Deutschland auf eine Blick“. Sollte mensch sich ebenfalls angucken.

Als Antithese zum vorgenannten PPP-Sammelband ist Werner Rügemer, Heuschrecken im öffentlichen Raum, Public Private Partnership. Anantomie eines globalen Finanzinstruments, in der 2. Auflage von 2011 für 18,80 Euro  ein unbedingtes Muss. Rügemer entfaltet die gesamte Geschichte der PPP von der Finanzmetropole London bis hin in die deutschen Provinzen und wenn Rügemer nur ein wenig Recht hat, könnte Winterberg in Zukunft ein Problem bekommen.