Heute haben wir Nachrichten von der Grün-Alternativen Liste Leimen erhalten. Auf der Website der GALL wird ganz frisch die „Chronik PPP-Schwimmbad in Leimen und s.a.b.-Bodensee Aktivitäten anderswo“ fortgeschrieben.
Die jüngsten Einträge lauten:
11.12.2012
Auch in Siegburg wird über ein Ende des s.a.b. Engagements beim Oktopus nachgedacht, es sei denn (wie fast immer), die Stadt zahlt ordentlich drauf. Auch hier sind die Ähnlichkeiten zu Leimen nicht zu übersehen, obwohl Herr Wäscher 2008 doch so vollmundig verkündete: „In Siegburg muss sich niemand Sorgen machen, dass wir den Vertrag nicht einhalten oder plötzlich mehr Geld haben wollen.“ Mehr zu den neuen Entwicklungenim Kölner Stadtanzeiger.
15.12.2012
Und wieder einmal hat es die s.a.b. fertig gebracht, ein auf 30 Jahre ausgelegtes PPP-Projekt innerhalb nur weniger Jahre zu einem vorzeitigen Ende zu bringen. Einvernehmlich trennte man sich, das Bad wird rückübertragen, weil die s.a.b. wieder einmal nicht in der Lage war, ein Bad zu den von ihr versprochenen Kosten zu betreiben und Nachforderungen stellte. Fast ein Hohn, dass Herr Wäscher dort weiterhin beratend tätig sein darf. Trotz des Scheiterns bestes Einvernehmen, wie geht das denn??? Mehr zum Ausstieg:Siegburg aktuell, Gemeinsame Presseerklärung, Rhein-Sieg Rundschau.
Müssen sich die Winterberger Ratsherren jetzt schon ein Ausstiegsszenario der s.a.b. beim Oversum überlegen?
Ich kann es nicht beurteilen, weil die Stadt Winterberg die Verträge mit der s.a.b. sowie die beratenden Ratssitzungen zum Oversum weiterhin geheim hält.
Als Ratsherr oder Ratsfrau würde ich mich allerdings zunehmend unwohl fühlen.
Das PPP-Projekt „Oversum“ in Winterberg ist eines von unzähligen Public-Private-Partnership Unternehmungen in Deutschland. Die Grundlagen des Projekts kann die allgemeine Öffentlichkeit nicht beurteilen, da Verträge, Ratsprotokolle und sogar die Ratssitzungen, auf denen Entscheidungen über die Investitionsbeteiligung der Stadt Winterberg beschlossen wurden, geheim sind. Sie sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Ratsvertreter, die an den Sitzungen teilgenommen haben, dürfen nichts verraten.
Da wir keinen Zugriff auf die „harten“ Informationen und Fakten haben, können wir das Projekt nicht ausreichend beurteilen. Wir sind auf Mutmaßungen angewiesen. Top oder Flop? Keine Ahnung.
Was das „Oversum“ angeht, warten wir also einfach ab, bis entweder die ersten Risse in der Mauer des Schweigens aufbrechen oder „irgendwo ein paar Dokumente vom Lastwagen fallen“.
Unsere Überlegungen und Argumente sind hier im Blog in zahlreichen Artikeln nachzulesen. Die Rolle der lokalen Medien, insbesondere der Westfalenpost, haben wir hier angesprochen.
Im Jahr 2008 findet sich bemerkenswerterweise mit dem „Gesundheits- und Badepark Leimen“ auch der Investor s.a.b. des Winterberger „Oversum“ unter den gescheiterten Projekten.
Die Gesamtbilanz von Rügemer lautet:
„Zwölf Jahre lang hat man uns mit Versprechungen zu PPP überschüttet. Länder und Gemeinden haben wie im Rausch in hunderten von PPP-Projekten das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verprasst. Heute, im Jahr 2012, ist das Erwachen böse. PPP sei schneller, effizienter, nachhaltiger – nichts davon hat sich bewahrheitet. Es gibt exorbitante Baukostensteigerungen wie bei der Hamburger Elbphilharmonie. Laufende Kosten stellen sich als weit überhöht heraus wie bei den 90 Schulen im Landkreis Offenbach. Schon nach einem Jahr bröckeln Straßenbeläge wie bei der A1 zwischen Hamburg und Bremen. Wir dokumentieren für die vergangenen 12 Jahre pro Jahr exemplarisch ein PPP-Projekt. Einige davon waren Pilotprojekte, andere ‚Leuchttürme, dritte erhielten den „PPP-Innovationspreis“. Die Erfahrungen mit diesen „herausragenden PPP-projekten stehen für die das Scheitern des Prinzips PPP, aber sie belegen auch konkret wie dieses Scheitern aussieht und wie es das Gemeinwohl schädigt.“
Wir veröffentlichen an dieser Stelle einen Beitrag von Georg Blum. Der Autor setzt sich auch mit unserer Kritik an sogenannten PPP-Projekten auseinander und warnt vor naivem Fundamentalismus.
Hallo zoom,
in Deinem Blog wird ja gern über Public Private Partnership – Projekte (PPP) gelästert, an prominenter Stelle durch Dich selbst. Ohne Zweifel trifft Kritik an gemischt öffentlich-rechtlichen und privaten Geschäftsmodellen oft ins Schwarze – wenn es sich z.B. um bloße Finanzgeschäfte, Buchhaltungstricks und Steuersparmodelle handelt, bei denen der private Partner ohne Risiko hohe Transaktionshonorare kassiert (Sale and lease back, Cross-Border-Leasing).
Oder wenn sich die private Seite durch verschwiegene Kumpanei mit Lokalpolitikern Vorteile gegenüber Wettbewerbern erschleicht und öffentlicher Raum, Grundstücke und sonstiges öffentliches Eigentum ohne Gegenleistung einer privaten Verwertung überlassen werden. Oder wenn die öffentliche Hand erhebliche Anteile des operativen Geschäftsrisikos übernimmt und damit erpressbar wird (wie es bei pompösen Gewerbeparks, Freizeitsport-, Bezahlkultur oder Gastronomieprojekten häufig der Fall ist).
Nur: Bestechlichkeit, Vetternwirtschaft, geschäftliche Dummheit und tölpelhafte Vertragsgestaltung ist im öffentlichen Bereich nicht erst mit PPP-Projekten entstanden. Das gibt es dort seit jeher. Den öffentlichen Bereich zu heiligen und Rekommunalisierung um jeden Preis zu fordern, ist ebenso naiver Fundamentalismus wie die unverdrossen neoliberale Haltung der Monopolkommission des Bundes, die kürzlich alle öffentlich-rechtlichen Stadtwerksbetriebe in Bausch und Bogen als ineffizient, der Privatwirtschaft unterlegen und ordnungspolitisch unerwünscht abkanzelte. Ob links- oder rechtsherum – auf jeden Fall muss man hier tiefer bohren.
Öffentliche Daseinsvorsorge unterliegt einem historischen Wandel
Wichtig ist zunächst die Erkenntnis, dass öffentliche Daseinsvorsorge einem historischen Wandel unterliegt. Nicht alles, was einmal als staatliches Handlungsfeld definiert worden ist, muss zwingend auf ewig ein solches Handlungsfeld bleiben. Kommunale Schlachthöfe standen einmal am Beginn der öffentlichen Wirtschaft und spielen heute in Rekommunalisierungsdebatten keine Rolle mehr. Hier hat der Markt den einstigen Bedarf hinreichend gedeckt. Andererseits entstehen auf der Basis neuer Technologien und neuer gesellschaftlicher Verhältnisse immer auch neue Bedarfslagen für gemeinwohlorientiertes stattliches Wirtschaften. Vielleicht brauchen wir bald kommunale Internetcafes, um die rapide Kommerzialisierung der Netznutzung abzufedern und allen sozialen Gruppen die Teilhabe an dieser existenziellen Kommunikationsplattform zu sichern? Mir sind heute gute öffentlich- rechtliche Kindergärten wichtiger als öffentlich-rechtlicher Strom.
Rolle rückwärts in die goldene Epoche der Kommunalwirtschaft unmöglich
Hinzu kommt, dass eine einfache Rolle rückwärts in die goldene Epoche der Kommunalwirtschaft nicht nur nicht mehr in jedem Fall sinnvoll, sondern sowieso unmöglich geworden ist. Das gutverdienende Stadtwerk, das mit vollen Händen defizitäre Sektoren wie Nahverkehr oder die gern erwähnten Schwimmbäder quersubventionieren konnte, war unauflöslich mit der früheren Monopolwirtschaft bei Strom und Gas verbunden. Die regierenden Volksparteien SPD und CDU genehmigten den großen Energiekonzernen großzügig saftige Monopolpreise, weil sie im Windschatten dieser Preise ähnliche Margen für die öffentlichen Strom- und Gasversorger in ihren kommunalen Hochburgen sichern konnten.
Kommunale Energieversorger haben sich weitgehend an marktüblichen Kostenstrukturen ausgerichtet
Heute haben sich die kommunalen Energieversorger, neoliberal gesprochen, weitgehend an marktüblichen Kostenstrukturen ausgerichtet. Es war dies der Preis für ihre Weiterexistenz in liberalisierten Märkten. Das mochte regionale Arbeitsplätze im Energiebereich gerettet haben, aber damit ist zugleich der Geldfluss für die anderen kommunalwirtschaftlichen Branchen – kostenintensive und besonders preissensible Branchen wie Nahverkehr, Entwässerung, Abfallentsorgung – versiegt.
PPP kann zum Ausweg werden
In dieser Situation kann PPP zum Ausweg werden, der neben den eingangs erwähnten Risiken auch Chancen beinhaltet. Was etwa wäre gegen ein Stadtwerk XY zu sagen, das als 100% kommunale Holding hoheitliche Aufgaben wie Restmüll oder Entwässerung selber anbietet und für die liberalisierten Märkte Energie bzw. sonstige Abfälle PPP-Gesellschaften gründet, in denen das Stadt seine Altanlagen als 51% einbringt und jeweils einen mittelständischen Partner aus der jeweiligen Branche mit 49 % zusätzlichen Geschäftsanteilen dazugeholt. Das erhält die kommunale Steuerung, mobilisiert privates Kapital für notwendige Modernisierungs- und Ausbauinvestitionen, verbessert durch Größenvorteile die Kostenstrukturen und erschließt zusätzliche Marktkompetenz. Schlaue Kommunen haben solche Stadtwerke längst gegründet, und sie arbeiten gut.
Schlechte PPP ist kein zwingendes Schicksal – sie entsteht im Kleingedruckten des Gesellschaftsvertrags
PPP ja oder nein – das beantwortet sich immer im Einzelfall, und zwar je nach Branche, Produkt, Marktordnung, gesellschaftsrechtlichem Rahmen und politischer Beschlusskulisse. Schlechte PPP ist kein zwingendes Schicksal – sie entsteht im Kleingedruckten des Gesellschaftsvertrags, speziell in der Bewertung eingebrachter Geschäftsanteile und in der Formel für die Risikoaufteilung. Es hängt letztlich daran, ob ggf. vorhandene dumme oder korrupte Verhandlungsführer auf der öffentlichen Seite unkontrolliert handeln können. Das zu verhindern, sollte möglich sein.
Am 15. und 16. Oktober 2011 findet in Düsseldorf das bundesweite Treffen der PPP- und Privatisierungs-kritikerInnen und Antiprivatisierungsinitiativen statt.
Anmeldungen bitte an info@gemeingut.org
Das Programm (Änderungen möglich) sieht folgendermassen aus:
Tag 1., Sa. (15.10.2011):
10:00 – 11:00 Anfang:
– Begrüßung und Vorstellungsrunde
– Vorstellung des Ablaufs
11:00 – 13:30 Thematischer Input: „PPP: Stand der Entwicklungen: Akzeptanz und Skepsis in der Politik, Bewertung der Projekte (durch Rechnungshöfe, PolitikerInnen, WissenschaftlerInnen etc.).“ Mit einer kleinen Kaffeepause um 12:00-12:15.
13:30 – 14:30 Mittagessen
14:30 – 16:30 Auswertung der Lage: Wo sind unsere „Fenster der Möglichkeiten“ – die Wackelpunkte bei den PPP-Projekten. Welche sind Akteure, mit denen wir kooperieren können, deren Argumentation und Arbeitsschwerpunkte. Offene Fragen.
16:30 – 16:45 – Kaffeepause
16:45 – 19:00 Planungsphase: Was wollen wir inerhalb eines Jahres machen/erreichen? Unsere Termine. Unsere Zielgruppen, wie wollen wir unsere KooperationspartnerInnen erreichen (Ideen und Material). Im Anschluß Aufteilung, welche AGs es am So. geben wird (Weiterarbeit an den Ideen am nächsten Tag in der AG-Phase)
Ab 19:00 Uhr Ende. Gemeinsames Abendessen und Zeit für den Austausch über die laufenden Aktivitäten (wer was gerade macht)
Tag 2., So. (16.10.2011):
09:00-09:30 – Anfang und Vorstellung (für neu Dazugekommenen), Vorstellung des Ablaufs (evtl. Rückblick zu gestern)
09:30-11:00 – AG-Phase: Weiterarbeit an den Ideen von gestern. (z.B. Material für unsere Zielgruppen)
11:00 – 13:00 – Vorstellung der Ergebnisse und gemeinsame Sicherung der weiteren Schritte (Zeitschiene, Aufteilung der Aufgaben etc.).
Morgen startet das Winterberger Schützenfest. Die Feierlichkeiten werden in der alten Stadthalle unterhalb des Kreuzbergs stattfinden. Doch die Tage des Gebäudes sind gezählt.
Bald muss auch, wie in vielen anderen Orten Deutschlands, im Zelt gefeiert werden, denn die Halle wird abgerissen. In die ganze Angelegenheit ist in Winterberg die s.a.b involviert, die auch für das sogenannte Oversum im früheren Kurpark verantwortlich ist. Im Protokoll der diesjährigen Generalversammlung der Schützengesellschaft Winterberg heißt es unter anderem (Hervorhebungen von uns):
„Im Anschluss wurde das Schützenfest der Zukunft ab 2013 im Festzelt im Kurpark diskutiert. Der Versammlung wurde in diesem Zusammenhang ein Schreiben der Stadt Winterberg an die Schützengesellschaft Winterberg wörtlich vorgelesen. Gleiches galt für ein Schreiben des Investors des Projekts Oversum, der s. a. b. GmbH an die Stadt Winterberg.
Bürgermeister Werner Eickler schilderte daraufhin die Historie des nunmehr realisierten Projekts Oversum im Kurpark der Stadt Winterberg. Zu Beginn der 10-jährigen Planungen wurde allen Beteiligten klar, dass man sich in Winterberg von den dezentralen Strukturen wie Kurmittelhaus, Eissporthalle, Stadthallenbad, Bäder trennen muss, um eine wetterunabhängige, zentrale Freizeitinfrastruktureinrichtung im Kurpark der Stadt Winterberg zu errichten. Die s. a. b. GmbH war von Anfang an der beste Investor. Viele Investoren hätten beim Thema Schützenfest im Kurpark ihr Angebot zurückgezogen; alleine die s. a. b. GmbH hat mit der vorgelagerten Ausstellungsfläche, auf der das Festzelt errichtet wird, die Bedingungen aus der Ausschreibung umgesetzt, so Eickler. Im Übrigen ist es auch möglich, auf der Ausstellungsfläche beispielsweise eine mobile Eisfläche zu errichten.
Der geschäftsführende Vorstand ist immer in einem frühen Planungsstand mit einbezogen worden, die Zusammenarbeit war durchweg sehr vertraulich. Der Bierlieferant steht zum heutigen Tage noch nicht fest, die Entscheidung wird voraussichtlich im Sommer/Herbst diesen Jahres fallen.
Bürgermeister Eickler bot schon jetzt die Unterstützung der Stadt bei den Verhandlungen der Schützen mit dem zukünftigen Bierverleger an. Im Falle einer möglichen Umsetzung der Vogelstange sicherte Eickler den Schützen eine finanzielle Unterstützung zu. Auf die Frage, was nach dem Ablauf des Vertrages mit dem Investors, also nach 30 Jahren passiert, teilte Eickler mit, dass auch dann weiterhin ein Festzelt, ggf. durch die Stadt Winterberg, zur Verfügung gestellt wird.“
In unserem Blog sind einige PPP-kritische Artikel und Hinweise erschienen, ohne dass es uns je gelungen wäre, die Rolle der s.a.b in Winterberg wirklich zu erhellen.
Einsicht in die Briefe der Stadt Winterberg und der s.a.b haben wir bisher nicht erhalten. Die örtliche Presse hat, soweit uns bekannt, lediglich die Pressemeldungen der s.a.b bzw. der Schützengesellschaft nachvollzogen, ohne den Inhalt der beiden Briefe zu veröffentlichen.
Wer mit Hilfe der Suchmaschine Google kritische Artikel über die s.a.b sucht wird kaum fündig, denn die meisten Ergebnisse weisen auf PR-Artikel. Dies ist merkwürdig, da es in Deutschland inzwischen viele Vorbehalte gegen Public Private Partnership Projekte gibt.
In Königswinter war im letzten Jahr wohl ebenfalls die s.a.b involviert. Ein Abgeordneter der Linken weigerte sich damals, an einer Vorbesprechung teilzunehmen:
„… vielen Dank für Ihre Einladung zur heutigen Fraktionsvorsitzendenbesprechung im Haus Bachem.
Ich werde an dieser Besprechung und weiteren Besprechungen dieser Art nicht teilnehmen.
Bereits bei der damals von Ihnen geplanten Zusammenarbeit mit der sab Bodensee GmbH und den damit beabsichtigten Schließungen der Lemmerz Bäder hatte ich die Existenz dieser Fraktionsvorsitzendenrunde im Rahmen der damaligen Diskussion scharf kritisiert und halte die Art und Weise der Vorabinformation einzelner Ratsmitglieder in einem kleinen nicht öffentlichen Kreis für bedenklich …“
„Bei Public Private Partnership (PPP) überlassen die verschuldeten Kommunen ihre Infrastruktur privaten Unternehmen und diese vermieten die Infrastruktur wieder an die Kommunen zurück. Dies zeitigt jedoch aufgrund der absurd einseitig formulierten Vertragsbedingungen Zugunsten der Investoren genau den gegenteiligen Effekt, die geplante Entschuldung führt zu einem Anstieg der Verschuldung, weswegen auf die Kommunen noch mehr Druck ausgeübt wird, weitere Teile ihrer Infrastruktur zu veräußern, mit katastrophalen sozialen und politischen Folgen.“
Leider liegen uns zu Winterberg nur ungenügende Informationen vor und so müssen wir uns uns dem Motto unseres Mai-Artikels anschließen:
„Es mag auch positive Beispiele von PPP geben, an entsprechenden Informationen bin ich trotz meiner grundsätzlichen Kritik interessiert. Winterberg bleibt zu wünschen, dass ihr PPP-Projekt gut funktioniert.“
„Kritische Bewertungen erfuhr diese Öffentlich Private Partnerschaft nur von politischen Gegnern, die wenig Interesse für die Fakten, aber viel Engagement für die öffentliche Beschädigung eines zukunftsweisenden Geschäftsmodells aufbrachten.“
Public-Privat-Partnership (kurz: PPP), eine projektbezogene Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und öffentlicher Hand ist heute in aller Munde. Für klamme Kommunen jedoch ein höchst riskanter Weg, sich in der Haushaltssicherung vermeintlichen Spielraum zu erschließen.
Es gibt Risiken von PPP, die nicht zu unterschätzen sind. Ein wesentlicher Knackpunkt sind Folgekosten.
Die Kommune trägt das Risiko
Sind die Kosten des privaten Anbieters falsch kalkuliert, trägt allein die Kommune das Risiko. Dies ist besonders problematisch mit Blick auf die langen Laufzeiten von PPP-Verträgen über 20 oder 30 Jahre.
Einige konkrete Fälle
Nachstehend erläutere ich einige konkrete Fälle, in denen PPP für Kommunen eher nachteilig war (siehe dazu auch die Informationen der Bürgerinitiative in Hechingen). Mein Anliegen ist, den PPP Trend kritisch zu überprüfen mit Blick auf Nutzen und Risiken, für heute und für die Zukunft. Dabei sehe ich nicht nur Verwaltung und Politik in der Verantwortung, sondern auch Bürger und Bürgerinnen, die in ihrem eigenen Interesse und dem ihrer Kinder sich ebenfalls verantwortlich fühlen sollten.
Das Freibad Amecke und die s.a.b. GmbH & Co KG
PPP steht jetzt auch dem Freibad Amecke in Sundern ins Haus: Das Ergebnis der Europa weiten Ausschreibung für Bau und Betrieb habe zu einem einzigen ernsthaften Interessenten geführt, so erklärte Bürgermeister Detlef Lins in einer Ratssitzung(2010). Dabei handele es sich um das Friedrichshafener Unternehmen s.a.b. GmbH & Co KG, dessen Angebot derzeit noch geprüft werde (aktueller: siehe auch hier).
Das Oversum in Winterberg als Referenz?
Das Unternehmen habe „sehr gute Referenzen“, so Lins weiter. Wirklich? Hat die Verwaltungsspitze das selbst nachgeprüft oder übernimmt sie dieses positive Urteil aus Winterberg, wo s.a.b. die Verantwortung übertragen bekommen hat für Bau und Betrieb des 35-Millionen-Euro-schweren Projektes Oversum Vitalresort Winterberg?
Negativbeispiele
Denn Negativbeispiele zeichnen ein anderes Bild: Einige Kooperationen von Kommunen mit s.a.b. sind entweder vertraglich abgeändert oder vorzeitig von Seiten der Kommunen aufgekündigt worden, jedoch immer zu Lasten der Kommune. So z.B. in Leimen, Misburg, Lüdinghausen und Lingenau.
Misburg und Leimen
Beispiel Misburg und Leimen: Misburg geht auf die Forderungen von s.a.b. ein, den jährlichen Zuschussbedarf um 100.000 Euro zu erhöhen, um nicht selbst das von s.a.b. und dem holländischen Partner opti gemeinsam betriebene Bad wieder zurück nehmen zu müssen. Dahingegen ging Leimen zähneknirschend den anderen Weg: Die Gemeinde nahm den von s.a.b. betriebenen Sport- und Bäderpark vorzeitig zurück, da der verlangte Zuschussbedarf an s.a.b. unkalkulierbar war, letztlich aufgrund fehlerhafter Wirtschaftlichkeitsberechnung von s.a.b.. Aber es gab auch Probleme bei der Betreuung des Sport- und Bäderparks.
Die Leimener Ratsprotokolle und die s.a.b.
In einem Ratsprotokoll der Stadt Leimen heißt es: „Die s.a.b. Muttergesellschaft verdiene ihr Geld mit einem ‚Geschäftsmodell Schwimmbad‘, bei dem man eine Betreuung zusage, ohne diese einzuhalten“ (Sondersitzung des Gemeinderates der Stadt Leimen, 15.05.2008).
Die Tücke liegt im Detail
Die bei PPP übliche Vertragsform „Forfaitierung mit Einredeverzichtserklärung“ hat einige Tücken. „Forfaitierung“ bei PPP geht so: Der öffentliche Auftraggeber, also die Gemeinde, finanziert ein öffentliches Bauvorhaben nicht selbst, sondern überträgt Planung, Bau und Betrieb, ggf. auch nur den Betrieb, einem privaten Investor, der als Gegenleistung während eines festgelegten Zeitraumes ein jährliches Entgelt (als Miete oder gestundeter Werklohn) erhält.
Forfaitierung mit Einredeverzichtserklärung
Statt die erforderlichen Mittel durch Darlehensaufnahme zu beschaffen, kann der private Investor zur Refinanzierung die Forderungen an die Kommune als Forfaitist durch einen Forfaitierungsvertrag an eine Bank verkaufen. Die Gemeinde nimmt somit formal nicht selbst einen Kredit auf, zahlt real doch einen Kredit zurück, nämlich den vom Investor aufgenommenen. Die öffentliche Hand verschuldet sich auf diesem Umweg doch. Für den privaten Investor liegt der Vorteil in den Konditionen, die ähnlich die der Kommunalkredite sind.
Kommune kann keine Einwendungen gegenüber der Bank geltend machen
Die Ergänzung der „Forfaitierung“ um den „Einredeverzicht“ bedeutet: Die Kommune verpflichtet sich, der finanzierenden Bank das mit dem Privaten vertraglich vereinbarte PPP-Entgelt bedingungslos zu zahlen, die Kommune kann keine Einwendungen gegenüber der Bank geltend machen und ihr gegenüber Zahlungen nicht wegen Schlechtleistungen reduzieren, d.h. die Kommune kommt alleine für Risiken auf.
Winterberg bleibt zu wünschen, dass ihr PPP-Projekt gut funktioniert
Es mag auch positive Beispiele von PPP geben, an entsprechenden Informationen bin ich trotz meiner grundsätzlichen Kritik interessiert. Winterberg bleibt zu wünschen, dass ihr PPP-Projekt gut funktioniert.
Redaktionelle Anmerkung: die hier dargelegten Argumente und Sachverhalte beruhen auf einem Leserbrief der Autorin vom November vergangenen Jahres und beziehen sich in Teilen auf das Freibad Amecke, gehen aber in weiten Teilen über dieses eine lokale PPP-Projekt hinaus. Wir freuen uns deswegen, dass die Autorin ihre Gedanken auch bei uns im Blog veröffentlicht.
Schon wieder ein Thema, in das man sich einarbeiten muss, damit man bei der Diskussion über das Für und Wider nicht refexhafte Ablehnungs- oder Zustimmungstarre verfällt:
„Der finanzielle Anteil der Stadt Winterberg beträgt einmalig 4,5 Mio Euro. Diese Summe liegt in einer Sonderrücklage bereit und wurde gespeist aus den Erlösen des Holz-Sonderhiebs nach Kyrill. Hinzu kommen jährlich 700 000 Euro an Betriebskosten und Nutzungsrechten. „Würde die Stadt Hallenbad, Sauna, Wellness, Stadthalle und Tourist-Info selber neu bauen, müssten zwischen 14 bis 17 Mio Euro investiert werdenâ€, betonte Bürgermeister Werner Eickler. Die Verträge mit den Investoren laufen über 30 Jahre. „Wir haben versucht, für die Stadt größtmögliche Sicherheiten einzubauen.
Ganz risikolos geht es aber nichtâ€, so Eickler. Beispiel: Sollte der Bad-Betreiber in Insolvenz gehen, würde die Stadt Eigentümerin des Schwimmbad-Bereichs. Das Risiko, einen Betreiber zu finden oder das Bad selbst zu betreiben, würde dann bei der Stadt liegen.“
Übernimmt man die Zahlen 1:1 scheinen die Kosten, falls es nicht noch versteckte Posten gibt, für die Stadt bei
(4,5 + 30 * 0,7) Mio Euro = 25,5 Mio Euro zu liegen.
Wäre die Stadt selbst der Investor müsste sie nach eigenen Angaben 14 bis 17 Mio Euro investieren, dazu kämen eventuelle Kosten, die durch die Besucherzahl nicht gedeckt wären, außerdem natürlich die Zinsen für Darlehen, die die Stadt aufnehmen müsste, um 14 Mio Euro in die Hand zu bekommen.
Als einziges Risiko erwähnt der Artikel die Betreiber-Insolvenz. Leider wird dieses Risiko nicht in Euro beziffert und bleibt daher schwammig.
Das Wort „Beispiel“ impliziert, dass weitere Risiken bestehen. Doch welche?
Es wird nichts darüber ausgesagt, worin denn die „größtmöglichen Sicherheiten“ bestehen.
Weiterhin:
Wer bezahlt, wenn sich im Nachhinein Bau- oder Sicherheitsmängel herausstellen? Wer haftet? Wer bezahlt?
Wer haftet für Subunternehmer, wenn dieses Pleite gehen?
Wie wirkt es sich in Ziffern = Euro aus, wenn die erwarteten Besucherzahlen um 10%, 20%, 30%, … hinter den Erwartungen zurückbleiben?
Als Einstieg in die Thematik ein Zitat und der Link aus eine Frontal21 Sendung vom 15. Juli 2008:
Öffentlich-private Partnerschaften gelten in Zeiten knapper Haushaltskassen für viele Kommunen als eine Art Allheilmittel beim Bau und Erhalt öffentlicher Einrichtungen. Dabei erweist sich das „Public Private Partnership“-Modell (PPP) immer häufiger als finanzieller Flop – zu Lasten der Bürger. … alles lesen
Garantiert gegen PPP-Projekte eingestellt ist die attac-AG „Privatisierung“, auch wenn es dort recht „links“ zugeht, ist der ehemalige CDU Generalsekretär Heiner Geißler Mitglied bei attac.
Zitat:
Von privaten Beratern durchgeführte Wirtschaftlichkeitsvergleiche weisen Kosteneinsparungen von bis zu 25% aus.
Die Erfahrung mit allen bisher durchgeführten Projekten ist jedoch: Die „Effizienzvorteile“ sind Luftschlösser und alles wird sehr viel teurer als bei einer Finanzierung durch die öffentliche Hand. Ein drastisches Beispiel: die Berliner Wasserbetriebe (siehe Berliner Wassertisch). lesen
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