Leimener Gemeinderat empfiehlt: Hände weg von solchen PPP-Konstrukten.

Gefragt: Duchblick beim Oversum in Winterberg (archiv: zoom)
Gefragt: Duchblick beim Oversum in Winterberg (archiv: zoom)

Als Gemeinderat, der in Leimen das alles auch schon erlebt hat, muss ich sagen, dass mir das alles [der Ablauf in Winterberg] sehr bekannt vorkommt, auch die nachgelieferten Entschuldigungen.

(Gastbeitrag von Ralf Frühwirt, Fraktionssprecher der GALL-Leimen im Gemeindrat. Zum sab-Engagement in Leimen und dem dortigen Ablauf und Scheitern des  PP-Projekts siehe insbesondere die informative Website der GALL.)

Einerseits kann ich die Kollegen von der Winterberger SPD sehr gut verstehen. Auch in Leimen hat sich die Mehrheit des Gemeinderates nicht nur auf den OB verlassen, sondern auf renommierte Wirtschaftsprüfer (Ernst&Young), die finanzierende Bank, das Regierungspräsidium. Alle haben den Daumen gehoben. Ist es einem ehrenamtlich tätigen Rat da zu verdenken, wenn er den Wirtschafts- und Finanzexperten Glauben schenkt?

Fakt ist, dass so komplexe Konstruktionen wie PPP-Verträge von Freizeitpolitikern nicht (oder nur in Ausnahmen) ganz durchschaut werden können, und da man keine eigenen Experten hinzu ziehen darf (wegen Vertraulichkeit), muss man solche Konstrukte grundsätzlich ablehnen.

Denn andererseits kann man auch von Kommunalpolitikern erwarten, dass sie ihre Grenzen kennen und nicht Dinge entscheiden, von denen sie keine Ahnung haben, dass sie sich von sogenannten Leuchtturmprojekten nicht blenden lassen, dass sie sich immer die Frage „cui bono?“ stellen und natürlich, dass sie bereit sind, auch mal gegen den Strom zu schwimmen.

Wie man das besser macht, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Altstätten/Schweiz, wo es auch um eine Schwimmbadsanierung geht. Dort gab es verschiedene Optionen, vom Ausbau (mittels PPP) bis zur Schließung. Die Stadt hat eine sogenannte Vernehmlassung (entspricht etwa einer Bürgerbefragung) gestartet, die Bürgermeinungen ausgewertet und dann hat der Stadtrat eine Entscheidung getroffen (http://www.altstaetten.ch/de/aktuelles/aktuellesinformationen/?action=showinfo&info_id=205851). Die starken Vorbehalte der Bürger gegen PPP haben den Stadtrat veranlasst, diese Option auszuschließen.

Die PPP-Variante kam übrigens von der s.a.b.

10 Gedanken zu „Leimener Gemeinderat empfiehlt: Hände weg von solchen PPP-Konstrukten.“

  1. Jemand hat mich gerade gefragt, wie denn der Investor an einem Projekt verdient, wie man sich das genau(!) vorzustellen hat. Wie werden Gewinne realisiert? Nur in der Projektabwicklungsphase oder auch in den 20-30 Jahren nach Errichtung der Gebäude?

    Werden diese Gewinnentnahmen irgendwo verbucht? Wenn ja, wo?

    Ich stochere da zur Zeit auch ein wenig im Nebel.

    Gerade noch dies hier gelesen: http://www.impulse.de/unternehmen/:impulse-exklusiv–Wer-von-PPP-Projekten-wirklich-profitiert/1027187.html

  2. Ich kann mir vorstellen, dass das von Fall zu Fall durchaus unterschiedlich sein kann, je nach Konstruktion der Verträge, die man ja leider wegen der Geheimhaltung kaum je vergleichen kann.
    In Leimen war es so, dass die s.a.b. (Muttergesellschaft) als Generalunternehmer in der Bauphase ganz massiv verdient hat, da sie sich diese „Leistung“ gut hat bezahlen lassen. Ohne die Bilanzen der s.a.b. zu kennen, bin ich der Meinung, dass das der Muttergesellschaft zumindest so lange gereicht hat, bis sie den nächsten Kunden am Haken hatte.
    Darf man den Zahlen vertrauen, die die s.a.b.-Leimen (Tochter) uns vorgelegt hat, so hat sie nur Miese gemacht. Eventuelle Verträge zwischen Mutter und Tochter sind hier nicht bekannt, aber nicht außerhalb jeder Vorstellungskraft.
    Da gibt es meiner Ansicht nach viele Möglichkeiten. So könnte zum Beispiel – und hier spreche ich ganz allgemein und nicht bezogen auf die s.a.b. – ein Tochterunternehmen Dienstleistungs- oder Beraterverträge mit dem Mutterunternehmen abschließen, was der Tochter rote Zahlen, der Mutter aber einen Zusatzverdienst beschert. Schließlich wird in PPP-Verträgen oft vereinbart, dass der öffentliche Partner bei Gewinnen (der Tochter) beteiligt wird, was es aus Sicht des privaten Partners sinnvoll erscheinen läßt, solche Gewinne nicht anfallen zu lassen.
    Eine Gewinnentnahme (im steuerrechtlichen Sinn) kann es meiner Ansicht nach nicht geben, wenn aber doch, dann muss sie in den Bilanzen der Tochtergesellschaft aufgeführt sein.

  3. @rf: Danke schon mal. Der Nebel lichtet sich.

    Was aber ist ab Projekt-Ende? Könnten dann noch Gelder/Gewinne aus der Betreiber GmbH und Co KG raus an den Investor, der ja auch irgendwie nur wieder eine GmbH und Co KG oder AG ist!?

    Konkret: Ist die sab jetzt in Leimen komplett raus? Oder muss ihr die Stadt irgendeinen berechneten „Verdienstausfall“ für die Jahrzehnte auf die der Vertrag angelegt war zahlen?

    Angenommen der Investor ginge bei Komplett-Heimfall sang- und klanglos raus -was ich für eher unwahrscheinlich halte, müsste die Stadt doch den Betrieb plus die offenen Forderungen der Subunternehmen plus die Kreditrückzahlung an die Kreditgeber(Banken?) plus die anfallenden Zinsen bezahlen!?

    Und irgendwo gibt es dann noch außer den ganzen Rechtskonstrukten und Gesellschaften als Wirtschaftssubjekte: Menschen aus Fleisch und Blut!

    Oder bin ich jetzt komplett auf dem Holzweg?

    Ziemlich mager und eher WischiWaschi sind die Projektangaben zum Oversum in der ÖPP-Datenbank: http://www.oepp-plattform.de/projektdatenbank/offentlicher-hochbau/hochbau-projekte-nach-bundesland/hochbau-nordrhein-westfalen/_/artikel/hallen-und-freibad-winterberg/

  4. Laut Überzeugung der s.a.b. Mutter ist sie in Leimen komplett raus, damit sie möglichst nicht für die Tochter einstehen muss. Mit dem Betrieb hatte sie nichts zu tun, das wäre auch schlecht für sie, da man sie dann mit haftbar machen könnte.
    Verdienstausfall kann sie nicht beanspruchen, da sie ja in den Betrieb nicht involviert war. Was bei euch in Winterberg wohl anders läuft als in Leimen ist die Tatsache, dass ihr mit der Betreibergesellschaft in die Insolvenz gegangen seid, während wir um eine vorübergehende Schließung zu vermeiden, der Rückübertragung zugestimmt haben. Bei uns gehen die Meinungen immer noch auseinander, ob eure Variante nicht die Bessere gewesen wäre, da wir durch die Rückübertragung auch gewisse Pflichten von der Betreibergesellschaft übernommen haben, die wohl bei einer Insolvenz nicht auf uns zu gekommen wären. Allerdings hat man uns gewarnt, dass sich eine Schließung ziemlich lange hin ziehen kann, was wir mit Rücksicht auf unsere Bürger vermeiden wollten.
    Daher ist es für mich jetzt spannend die Entwicklung bei euch zu beobachten.
    Die Freude eures Bürgermeisters wieder Herr im eigenen Haus zu sein, könnte allerdings dadurch geschmälert werden, dass das Haus in einem ziemlich verheerenden Zustand ist (vor allem hinter den Kulissen). Auf den Kosten dies wieder in Ordnung zu bringen bleibt man als Kommune dann sitzen.
    Bei der Insolvenz der Betreibergesellschaft, muss der Insolvenzverwalter versuchen die offenen Forderungen von Subunternehmern zu bedienen, wenn diese an die Betreibergesellschaft gerichtet sind. Damit hat die Stadt erst einmal nichts zu tun (natürlich immer abhängig von den Verträgen). Leidtragende wären hier die Subunternehmer, da haben auch in Leimen einige in die Röhre geschaut. Damit habt ihr aber auch das Problem, dass ihr Baumängel gegenüber den Subunternehmern kaum geltend machen könnt. In Leimen wird darum immer noch gestritten, aufwändige Beweissicherungsverfahren, Gutachten sind nötig und der Informationsfluss von seiten der s.a.b. (Mutter), die bei uns ja Generalunternehmer war, ist ziemlich dürftig, sodass es häufig schwierig ist, Mangelleistungen überhaupt einem Unternehmen zuzuordnen.
    Was natürlich klar ist, ist dass an die Bank mit Zins und Tilgung bezahlt werden muss (bei Forfaitierung mit Einredeverzicht, was bei PPP üblich ist). Deshalb gibt es auch keine Bank, die ein PPP-Projekt negativ beurteilt (so weit ich weiß), da sie nie verlieren kann, zumindest solange Kommunen nicht pleite gehen können.
    Bei den Menschen aus Fleisch und Blut ist mir im Moment nicht klar, wie das gemeint ist.

  5. „Menschen aus Fleisch und Blut“ meint, dass das Geld ja nicht in abstrakten Gebilden landet, sondern letztendlich in den Taschen von Menschen.

    Danke für die ausführlichen Erläuterungen.

    In die Insolvenz ist ja erst einmal eine „Untergesellschaft“ nämlich die Vitalresort Winterberg GmbH gegangen. Die Mutter „aquasphere Winterberg GmbH und Co KG“ werkelt noch weiter. Herr Wäscher ist dort ja auch aus der Geschäftsführung raus und durch einen Herrn Wolff (Singapur) ersetzt worden. Allerdings soll er als Prokurist bzw. mit einer anderen Beteiligungsgesellschaft wiederum drin stecken. „GmbH und Co KG“ sind ja ein weites Feld der Möglichkeiten.

    Ich hoffe ja auch, dass die Stadt diese Verschachtelungen aufdecken kann.

    Ein Leser mutmaßte und fragte Folgendes:

    „Mich würde zum Beispiel mal interessieren, mit wie viel Kapital die beteiligten Gesellschaften (GmbHs) ausgestattet wurden? Das gesetzliche Stammkapital für eine GmbH beträgt 50.000 €.

    Wir haben es hier mit drei GmbHs zu tun:

    1. Aquasphere Winterberg GmbH / Eigentümerin der Immobilie ohne Grund und Boden, weil Erbbaugrundstück und gleichzeitig Verpächterin

    – Geschäftsführer: Manfred Wolff

    – Berater: Thomas Krall seit November 2012

    – Möglicher Gesellschafter ist die sab AG / Vorstandsvorsitzender: Herr Wolfram Wäscher

    Mindest-Stammkapital 50.000 € ? / Reicht das aus für ein Vorhaben von 35 Mio. Euro?

    2. Oversum Hotel GmbH / Pächter / Betreiber von Hotel, Gastronomie und Kongresszentrum

    – Geschäftsführer: Gerhard Huber

    – Wer sind hier eigentlich die Gesellschafter?

    – Mindest-Stammkapital: 50.000 € ?

    3. Vital Resort Winterberg GmbH / Pächter / Betreiber von Bad, Wellness, Fitness, Sauna,

    In Pfalzen 8, 87534 Oberstaufen

    AG Kempten, HRB 11304

    – Vertreten durch die Gesellschafter:

    – Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH, Am Kurpark 4, 59955 Winterberg

    – Geschäftsführer: Michael Beckmann

    und

    – Oversum Hotel GmbH, Am Kurpark 6, 59955 Winterberg

    – Geschäftsführer: Gerhard Huber

    Nur bei der Vital Resort Winterberg GmbH stehen die Gesellschafter fest. (Winterberger Touristik und Wirtschaft GmbH und Oversum Hotel GmbH)

    Das Stammkapital dieser Gesellschaft wird man sich wahrscheinlich geteilt haben. Jeder 25.000 €.

    Anmerkung zu den Gesellschaftsverhältnissen

    Aus allen bisherigen Zeitungsberichten und sonstigen Informationen konnte ich bisher die Gesellschafter der Aquasphere Winterberg GmbH und der Oversum Hotel GmbH nicht erkennen. Interessant wäre auch mal zu erfahren, aus welchen Mitteln (Eigen- und Fremdmittel) die 35 Mio. Euro finanziert wurden? Haben die bisher unbekannten Gesellschafter die GmbH´s über Gesellschafterdarlehen zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt oder wurde alles fremdfinanziert?

    Finanzierung des Oversums aus städtischer Sicht:

    Bisher bekannte Investitionen der Stadt

    – Zurverfügungstellung eines Erbbaugrundstücks / Verzicht auf Kaufpreiserlös / Welcher Grundstückswert wurde hier für welchen Erbbauzins dem Investor zur Verfügung gestellt?

    – Diese Vertragsdetails wurden der Öffentlichkeit bisher vorenthalten. / Ab wann muss dieser Erbbauzins bezahlt werden? Ist dieser Erbbauzins marktgerecht?

    – Auch die Laufzeit des Erbbaurechts ist der Öffentlichkeit bisher unbekannt geblieben. In der Regel 99 Jahre, aber das muss nicht sein.

    – 4,5 Mio. Euro Baukostenbeteiligung / Dieser Zuschuss wurde durch Holz- und Grundstücksverkäufe erzielt. / Welche Grundstücke wurden zu welchem Preis verkauft?

    – Wurden möglicherweise auch Stadtgrundstücke unter Marktwert verkauft? Welche Verluste sind hier entstanden, um das „Eickler-Denkmal“ zu finanzieren?

    – Objekt verteuerte sich bisher um 1,2 Mio. Euro, davon trägt die Stadt Winterberg einmalig 0,4 Mio. Euro.

    – Laufender jährliches Zuschuss in Höhe von 600.000 € bzw. 700.000 € für die Bäderabteilung

    – Laufzeit des Zuschusses: 30 Jahre

    Mit diesen Zuwendungen hat sich die Stadt Winterberg Rechte eingekauft:

    – An 40 Std. pro Woche findet im abtrennbaren Sportbad der Schwimmunterricht städtischer Schulen statt.

    – An 30 Tagen im Jahr darf die Stadt die Kongresshalle für ihre eigenen Veranstaltungen kostenfrei nutzen.

    – Außerdem bekommt die Stadt Winterberg noch für das jährlich stattfindende Schützenfest für 30 Jahre ein Festzelt kostenlos zur Verfügung gestellt.

    Insolvenz / Vital Resort Winterberg GmbH

    Die Stadt Winterberg hat sich gegenüber dieser GmbH verpflichtet, einen jährlichen Betriebskostenzuschuss von 600.000 bzw. 700.000 € zu zahlen. Geht eine solche Firma in die Insolvenz, dann ist sie in der Regel überschuldet und damit der Fortgang des Bäderbetriebes nicht mehr gesichert. Wenn solche Vertragsverletzungen eintreten, dann tritt gemäß §§ 2-4 und 32-33 ErbbauRG der Heimfall ein. Dies ist gesetzlich geregelt und stellt kein besonderes Sicherungsinstrument der Stadt Winterberg dar, wie man von Herrn Eickler in öffentlichen Stellungnahmen immer wieder hört.

    Wenn die Vital Resort Winterberg GmbH wegen Überschuldung ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, dann muss die Stadt Winterberg auch keine Zuschüsse mehr bezahlen. Und damit bricht das Kartenhaus zusammen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Eigentümerin der Immobilien ihre Kreditbelastung ohne die Pachtzahlung der Vital Resort Winterberg GmbH erbringen kann, zumal sie noch offene Millionenschulden hat, die nicht finanziert sind.

    Heimfall

    Wenn es so kommt, dass auch die Eigentümerin Aquasphere Winterberg GmbH kippt, dann tritt der Heimfall für das gesamte Objekt ein und damit hat die Stadt Winterberg den Klotz mit all seinen Verpflichtungen am „Bein“. Tolle Aussichten! Und Herr Eickler spielt das alles in der Öffentlichkeit herunter, weil er die Situation nicht mehr überschaut. Spricht sogar noch von wertvollen Sicherungsinstrumenten, die er angeblich in die Verträge eingebaut hat. Dabei ist das alles mit dem Heimfall gesetzlich geregelt. / Siehe Erbbaurechtsgesetz

    Und dann gibt es da ja noch die Sparkasse Hochsauerland, wie er betont. Klar, die schreiben zugunsten ihres Gewährträgers und das ist die Stadt Winterberg, die entstandenen Forderungsverluste ab und schon ist die „Kiste“ saniert. Besser geht´s doch kaum.

    Und was macht die Sparkasse Hochsauerland mit ihrem Verlust?

    Sie kassiert ihre Kunden ab. Sparer bekommen weniger Zinsen auf ihre Geldanlagen gutgeschrieben und die Kreditnehmer zahlen höhere Zinsen. (Dispokredit, Konsumentenkredit, Baukredit, Firmenkredit)

    Das Ende vom Lied:

    Die Dummen sind die Kunden der Sparkasse Hochsauerland und dazu zählen auch viele Winterberger Bürger und Firmen. „

  6. Tja, welche Menschen sich da die Taschen gefüllt haben, das bleibt wohl im Dunkeln, ich möchte da auch nicht spekulieren.
    Und wer, wann, wie bei euch den Bach runter geht, kann ich natürlich ohne Kenntnis der Winterberger Verträge auch nicht sagen.
    Aber vielleicht noch ein paar Worte zu den Fragen des Lesers:
    Wie hoch die Stammkapitale der GmbHs sind, hängt auch vom Verhandlungsgeschick eurer Verwaltung ab. Wenn Herr Eickler (oder wer auch immer) gut verhandelt hat, dann kann die Summe deutlich höher sein.
    Zur Frage der Investitionen der Gesellschaften. Die wären schön blöd (aus ihrer Sicht), wenn sie eigenes Geld rein gesteckt hätten. Zumindest wenn bei euch die Finanzierung so wie bei PPP üblich über Forfaitierung mit Einredeverzicht gelaufen ist. Da finanziert die Bank mit Freuden alles, weil sie weiß, dass die Stadt immer zahlt. Wieso sollte da eine Gesellschaft das Risiko eingehen eigenes Geld zu verheizen?
    Und wenn eure Sparkasse sich nicht ganz dumm angestellt hat, und diesen üblichen Finanzierungsweg mit gegangen ist, dann sind die Winterberger, so sie Sparkassenkunde sind fein raus. Als Winterberger Bürger allerdings…na ja.

  7. Es ist zwar ein Rückschritt im Erkenntnisfortschritt, aber das grundsätzliche PPP-Schema sei noch einmal erläutert, damit auch die neuen Leser die Winkelzüge der Geheim-Demokraten im Fichtenweg nachvollziehen können:

    Zentrales Element eines PPP-Vertrags ist die Vereinbarung der Forfaitierung mit Einredeverzicht. Diese Vereinbarung unterliegt regelmäßig der absoluten Geheimhaltung. Ihre Offenlegung hätte eine Klage wegen Verrats von Betriebsgeheimnissen und Geschäftsschädigung zur unmittelbaren Folge. Volle Transparenz ist mithin von der Verwaltung nicht zu erwarten, Bürgerversammlung hin oder her.

    Die FmE-Vereinbarung dürfte aus den üblichen, standardisierten Formulierungen hochspezialisierter Juristen bestehen, so dass sich ein approximatives Bild ergibt:
    Nach Unterschrift des BM hat der Investor einem „heimischen Geldinstitut“, sicherlich der über Verwaltungsrat und Sparkassenzweckverband zugänglichen Sparkasse, den Zahlungsstrom aus dem konkreten Vertrag (vermutlich Baukostenbeteiligung und jährlicher Zuschuss über 30 Jahre) verkauft. Die Bank zahlte den um Zins-, Risiko- und Provisions-Abschläge verringerten (forfait, französisch: Pauschale) Tageswert des Zahlungsstroms an den Investor aus. Der für den Investor selbst aus dem Projekt resultierende Zahlungsstrom ist also „front loaded“, es besteht erhebliches Interesse an einer Minimierung der Baukosten nach Vertragsabschluss (was der Bauqualität sicherlich nicht förderlich ist).

    Die Stadt zahlt nicht an den Investor sondern an die Sparkasse. Zur Zahlung ist sie unabhängig davon verpflichtet, ob der Investor bei Bau und Betrieb mangelhaft arbeitet oder gar in die Insolvenz geht (sog. Einredeverzicht). De facto zahlt die Stadt also einen Kredit zurück, den der Investor aufgenommen hat, weswegen realiter eine verdeckte Kreditaufnahme der Stadt vorliegt, und zwar zu im Vergleich zur direkten Kommunalkreditaufnahme überhöhten Kosten (es profitieren immerhin Investor, Gutachter, Anwälte etc.). Zudem übernimmt die Stadt den Standardformulierungen zufolge alle Risiken des Investors bis hin zu dessen Insolvenz.

    Banken verkaufen die Forderungen aus PPP üblicherweise als Asset Backed Securities am Kapitalmarkt, so dass im worst case-Szenario Abschreibungsbedarf in den Büchern der Sparkasse möglicherweise gar nicht entsteht. Die Gefahr für den Steuerzahler/Bürger sehe ich insofern eher im Heimfall, genauer in den Kostenstrukturen eines über Jahrzehnte nur defizitär betreibbaren Objekts.

    Nota bene: Wie rf richtig begründet spielt das Stammkapital der GmbHs eine vernachlässigbare Rolle. Vermutlich wurde sie jeweils mit 25 Tsd. dotiert, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Es ist kaum davon auszugehen, dass die Vertreter der Stadt das Droh- und Sanktionspotential hoher Stammeinlagenbeiträge der Investorenseite erkannt und für eine weniger übervorteilende Vertragsgestaltung genutzt haben.

  8. @Interessierter Bürger:

    „Es ist zwar ein Rückschritt im Erkenntnisfortschritt, aber das grundsätzliche PPP-Schema sei noch einmal erläutert“

    Absolut richtig. Sie haben meine Gedanken und Wünsche gelesen 😉

    In vielen Gesprächen habe ich gemerkt, dass man die Grundzüge der PPP-Projekte doch immer wieder neu erklären muss. Gar nicht so einfach. Daher vielen Dank für diese Erläuterungen.

    Hatte mir auch Ihren Tipp „Holger Mühlenkamp, Ökonomische Analyse von … PPP, 2010“ zu Herzen genommen. http://192.124.238.248/fbpdf/dp-055.pdf Habe das Script allerdings noch nicht vollständig durchgearbeitet: ersten Teil überflogen und das Fazit dafür zwei Mal gelesen.

  9. Ich habe Mühlenkamps Analyse im Rahmen meiner Recherchen auch schon einmal gelesen (leider war da das Leimener Deaster schon geschehen) und kann ihm nur voll zustimmen, auch bewundere ich, nach all den Fakten, die er zusammen getragen hat, die wissenschaftliche Neutralität seines Fazits.
    Ein bisschen hat mich das an ein Buch aus einem ganz anderen Zusammenhang erinnert. Da ging es um Hexerei (ausgehendes Mittelalter) und der Autor sagt im Vorwort, dass es natürlich außer Zweifel steht, dass es Hexen gibt, und dass sie viel Böses anrichten (er wäre wohl selbst auf dem Scheiterhaufen gelandet, wenn er das nicht gesagt hätte). Im ganzen Rest des Buches widerlegt er alle damals gängigen „Beweise“ für Hexerei und hatte wohl mit seinem Buch einen gewissen Einfluss auf das Ende der Hexenverbrennungen in Mittleuropa.
    Auch Mühlenkamp belegt eigentlich (ohne es ausdrücklich zu sagen), dass PPP für öffentliche Partner völliger Unsinn ist. Im Grunde reicht schon ein Satz aus seinem Fazit: „Eine Voraussetzung dafür (damit sind Effizienzsteigerungspotentiale durch PPP gemeint) ist die Grundverantwortung eines Privaten für mehrere verbundene oder alle Wertschöpfungsstufen eines Projekts über dessen gesamten Lebenszyklus.“
    Da – ob großes oder kleines Projekt – immer Projektgesellschaften mit geringem Eigenkapital gegründet werden, trägt nie die private Muttergesellschaft, egal ob sie HochTief, Bertelsmann oder s.a.b. heißt das Risiko, sondern immer der öffentliche Partner, da dieser sich nicht so einfach aus dem Projekt verabschieden kann. Den immer wieder so groß angepriesenen Lebenszyklusansatz gibt es also bei genauem Hinschauen gar nicht.

  10. rf bringt es mit seinem Beitrag gekonnt auf den Punkt. Selbst würde ich es, obwohl Freund von Privatisierungen und Marktlösungen, so zuspitzen:

    Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht ist die Existenz von PPP nicht positiv zu begründen:
    Die Neue Institutionenökonomik erkennt in den komplexen Vertragsbeziehungen hohe Informations-, Transaktions- und Koordinationskosten sowie zum Nachteil des Steuerzahlers gedeihende hold up-Konstellationen, die in summa jegliche kolportierten Effizienzvorteile vernichten müssen.

    Auch aus finanzwirtschaftlicher Sicht sind keinerlei Vorteile erkennbar, da Wertsteigerungseffekte durch financial engineering angesichts sowieso geringster Fremdkapitalkosten der öffentlichen Hand unmöglich sind.

    Einziger Existenzgrund von PPP sind damit erstens die Aushebelung der Haushaltshoheit durch entdemokratisierende und re-feudalisierende Politiker und zweitens (vor allem) die Korruption. PPP ist insoweit ein Irrweg.

    Addendum zum Stammkapital der GmbHs:
    Es wurde wie vermutet mit dem Minimalbetrag dotiert. Quelle Bundesanzeiger:
    aquasphere Winterberg Gmbh: Gezeichnetes Kapital 25 Tsd. zum Geschäftsjahresende 2010. Außerdem: Sachanlagen 7,4 Mio, Forderungen 1,6 Mio, Verbindlichkeiten 6,7 Mio.
    Oversum Hotel GmbH: Gezeichnetes Kapital 25 Tsd. zum Geschäftsjahresende 2011. Außerdem: Unterbilanz, d.h. ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 70 Tsd. Den aber bitte noch nicht überbewerten und den Jahresabschluss 2012 abwarten.

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