Züschen hat Probleme – ein Fall für die Westfalenpost: leider ungelöst.

Ein Plus für Züschen: hier beginnt der Radweg nach Hallenberg auf der (leider) stillgelegten Bahntrasse nach Hallenberg/Frankenberg. (foto: zoom)
Ein Plus für Züschen: hier beginnt der Radweg nach Hallenberg auf der (leider) stillgelegten Bahntrasse nach Hallenberg/Frankenberg. (foto: zoom)

In der gestrigen Ausgabe der Westfalenpost lese ich einen langen Artikel mit dem Titel „Ihr Dorf liegt den Züschern am Herzen“. Aufhänger ist eine Bürgerbefragung, die im vergangenen Jahr im Winterberger Stadtteil Züschen durchgeführt wurde. Gefragt hat eine ‚Arbeitsgruppe engagierter Bürger‘ in Zusammenarbeit mit dem Stadtmarketingverein.

Gastbeitrag: Unser Autor möchte nicht genannt werden, da er im eng gewebten Sozialraum des Hochsauerlandes Nachteile befürchtet. Das Foto hat ihm der Herausgeber spendiert.

Züschen hat Probleme

Im Artikel werden gravierende Problem Züschens wie zunehmende Leerstände von Wohnhäusern, ein Bevölkerungsrückgang um 10% in den vergangenen Jahren und die daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung der Infrastruktur genannt. Ziel soll es sein, die „Menschen für das Leben in den Dörfern (zu) begeistern und (zu) versuchen, neue Menschen für das Leben in der Region zu gewinnen.“

Wege aus der Krise?

Folgende Wege will Züschen gehen, um die Menschen für das Leben im Dorf zu begeistern: Die Weiterentwicklung des Tourismus, denn Gäste bringen Kaufkraft. Die Profilierung Züschens als „Dorf der Sinne“. Die bessere Information über Angebote im Dorf und schließlich die Vermittlung eines positiv besetzten Heimatgefühls bei der Jugend, um diese an die Region zu binden.

Wer hat den Text geschrieben?

Bei dem Text scheint es sich nicht um einen redaktionellen Artikel der WP zu handeln. Er ist weder namentlich gezeichnet, noch wird der Fotograf genannt. Kann ich also daraus schließen, dass der Verein für Stadtmarketing den Artikel selbst schrieb und der WP außerdem das Bild zur Verfügung stellte? Eine redaktionelle Sicht auf die Auslassungen des Winterberger Vereins finden sich im Text jedenfalls nicht.

Was fehlt: Arbeit, Frauen, Gleichberechtigung

Die Überlegungen des Vereins für Stadtmarketing greifen meines Erachtens zu kurz: Die Menschen wählen ihren Wohnsitz doch meist dort, wo sie Arbeit finden. Ohne Arbeit genügt keine Identifikation, kein Wohlfühlen und kein „Dorf der Sinne“, um sich in Züschen anzusiedeln.

Die Landflucht insbesondere von gut ausgebildeten jungen Frauen erwähnt der Stadtmarketingverein ebenfalls mit keinem Wort. Bisher wird diese Entwicklung in der Region kaum thematisiert. Dabei könnte das Sauerland an Ausstrahlung gewinnen, wenn es sich die gleichberechtigte Einbeziehung von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen zur Aufgabe machen würde.

Fazit: ein im Grunde genommen spannendes lokalpolitisches Thema wird leider nicht professionell – journalistisch, sondern als billige Abschreibe verschenkt.

Winterberg: Der Wald ist voller Schnee – Joggen für Eingeweihte

Heute war der Wald mit Schnee "verstopft". Laufen nur noch auf Winterwanderwegen. (foto: zoom)
Heute war der Wald mit Schnee "verstopft". Laufen nur noch auf Winterwanderwegen. (foto: zoom)

Heute war es soweit. Der Schnee verstopfte die Waldwege in den Winterberger Gemeinden und reduzierte meine Laufstrecken auf ein Minimum.

Fast immer „geht“ die Strecke „Winterberg – Siedlinghausen“ abseits der Landstraße 740, die als Winterwanderweg für Touristen frei geschoben wird.

Verwehungen um die Himmelskrone, aber perfekte Laufbedingungen durch den kleinen Ort Silbach Richtung Winterberg.

Begegnungen während der 65-minütigen Laufzeit: drei Herrchen, drei Hunde. Alle friedlich. Eines der Pärchen (Herr und Hund) kannte ich schon, die anderen beiden Paare habe ich laufend kennengelernt.

Über die Gespräche bewahre ich Stillschweigen.

Haushaltsrede von Lutz Wendland (MbZ): „Fracking, eine gefährliche Methode der Gasförderung, die nach dem Willen einiger Konzerne auch in Meschede angewandt werden soll.“

Lutz Wendland, MbZ (foto: wendland)
Lutz Wendland, MbZ (foto: wendland)
Lutz Wendland, Fraktionsvorsitzender von Meschede braucht Zukunft (MbZ) im Stadtrat, hat am Donnerstag, den 9. Februar eine in vielen Punkten interessante Haushaltsrede gehalten. Wir greifen hier den Punkt „Fracking“ heraus.

Nach den Haushaltsreden hielt Dipl.‐Ing. Robert Dietrich von der Hochsauerlandwasser GmbH einen Vortrag zum Thema Fracking.

Bei den Ausführungen von Lutz Wendland zum Thema Fracking, hatte die CDU im Stadtrat noch abfällig gelächelt.

Als allerdings Ingenieur Dietrich fast deckungsgleiche Argumente in seinem Vortrag verwandte, sollen die Mienen, so ein Beobachter, „versteinert“ sein.

Lutz Wendland: „Herr Dietrich sprach von einem „Chemie-Cocktail“, bei mir heißt es „Wasser-Sand-Chemie-Cocktail“. Herr Dietrich sprach sich für Windenergie statt Fracking aus, das habe ich auch in meiner Rede genau so formuliert.  Herr Dietrich wünscht sich wie wir von der MbZ eine Sensibilisierung der Landes- und Bundestagsabgeordneten für das Thema, das habe ich auch so in meiner Rede.“

Hier aber nun der Abgeordnete  Wendland (MbZ) in seiner Haushaltsrede:

Ein weiteres Thema ist ein besonders brisantes und heißt „Fracking“. Alle hier im Rat Anwesenden kennen diesen Begriff. Es kann jedoch sein, dass einige Bürgerinnen und Bürger dieses merkwürdige Wort noch gehört haben.

Wir wissen, „Fracking“ ist eine gefährliche Methode der Gasförderung, die nach dem Willen einiger Konzerne auch in Meschede, angewandt werden soll. Durch das Hineinpressen eines Sand-Wasser-Chemie-Coctails in Schiefergestein soll sogenanntes unkonventionelles Erdgas gewonnen werden.

Aus den USA, hören wir von Negativ-Folgen: Verseuchtes Wasser, austretende Radioaktivität, Gefahr von Erdbeben. In Frankreich ist „Fracking“ aus diesen Gründen verboten. Im Münsterland haben sich Bürgerinitiativen gegen „Fracking“ gegründet.

Wir in Meschede müssen uns fragen: „Wollen wir diese Gefährdung für Menschen und Umwelt? Wollen wir, dass die Menschen wegen dieser Gefahr aus dem Sauerland fort ziehen? Wollen wir, dass hier bald viele Immobilien leer stehen, weil hier niemand mehr wohnen und Urlaub machen möchte? Wollen wir, dass Meschede keine Zukunft hat?

Vor einigen Wochen hat der Stadtrat mit einer Resolution die ersten richtigen Schritte gegen „Fracking“ eingeleitet. Allerdings wünschen wir uns, dass die großen Fraktionen im Stadtrat ihre Landtags und Bundestagsabgeordneten für dieses Thema noch mehr sensibilisieren, sodass Bundes- undLandespolitiker entsprechende Gesetzesänderungen zügig verabschieden.

Gift haben wir schon zu Genüge im Sauerland und in Meschede. Denken wir nur an PFT und RoundUp auf Weihnachtsbaumflächen und im Wasser. Mit Sorge beobachte ich, wie in letzter Zeit der Weihnachtsbaumanbau auch in Meschede, z.B. rund um  Stockhausen und Wennemen, ausufert und wie alles Leben rund um die Tannen tot gespritzt ist. Wie groß ist die Umweltschädigung?

Auch hier gilt: „Gewinne werden privatisiert“ und die Lasten, z.B. für eine aufwändigere Trinkwasseraufbereitung, werden  sozialisiert weil wir alle diese Kosten tragen!

Meschede braucht kein „Fracking“ und nicht Tausende von Chemie-Weihnachtsbäumen, sondern andere Ideen und Maßnahmen. Ideen, wie wir dem viel beschriebenen „demographischen Wandel“ entgegen wirken können.

In Meschede hat sich der Bevölkerungsrückgang beschleunigt. Minus 2,8 % betrug er im Zeitraum vom 30.06.2010 bis zum 30.06.2011. Im Jahr zuvor lag das Minus bei „nur“ 1,1 %. Unsere Nachbargemeinde Eslohe verlor in dieser Zeit deutlich weniger Einwohner und zwar 0,8 % bzw. 0,3 %.

Überheblichkeit hat noch niemandem geholfen. Eine Erwiderung auf Dr. Patrick Sensburg

Dirk Wiese (Vorsitzender der Briloner SPD u. stv. Vors. der SPD im Hochsauerlandkreis)
Dirk Wiese (Vorsitzender der Briloner SPD u. stv. Vors. der SPD im Hochsauerlandkreis)

Der Briloner Sozialdemokrat Dirk Wiese erwidert in einem Leserbrief den Alleinstellungsanspruch der CDU für Südwestfalen und blickt dabei kritisch auf das Handeln seiner eigenen Partei im Ruhrgebiet zurück. Obwohl Wiese von einem parteipolitischen Standpunkt aus argumentiert, enthält sein Leserbrief wichtige Momente, die über die aktuellen täglichen Rangeleien der etablierten Parteien des Hochsauerlandkreises hinausweisen. Ein Grund für uns die Gedanken von Dirk Wiese hier im Blog zu veröffentlichen.

In seinem aktuellen Newsletter (Ausgabe Nr. 3/ 2012) stellt der Bundestagsabgeordnete Dr. Patrick Sensburg die CDU als alleinige Partei für Südwestfalen dar. Er schreibt dies in einem kurzen Bericht über die gerade erfolgte Einrichtung einer Arbeitsgruppe der CDU im Deutschen Bundestag zu ländlichen Räumen, in dem er wörtlich ausführt: „Nur die CDU ist bei uns im Sauerland stark vor Ort und die einzige Partei für Südwestfalen.“

Als stellvertretender Vorsitzender der SPD im Hochsauerlandkreis finde ich diese Aussage sehr befremdlich. Die CDU ist im Hochsauerlandkreis und in Südwestfalen gut aufgestellt. Keine Frage. Viele engagierte Mitglieder der CDU leisten täglich gute Arbeit für das Hochsauerland und die Region Südwestfalen. Aber Südwestfalen ist für die anderen Parteiten keine Diaspora.

Auch SPD, Grüne und FDP, sowie auf kommunaler Ebene zahlreiche Bürgerzusammenschlüsse sind in Südwestfalen und im Hochsauerlandkreis zu Hause und leisten täglich engagierte und ehrliche Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort für eine starke, tolerante und weltoffene Gesellschaft, sei es als Mitglied im Kreistag oder im Stadtrat, als Sachkundiger Bürger oder als Ortsvorsteher, alleine für die SPD im Hochsauerlandkreis weit über 100.

Denn Politik lebt von der Vielfalt der Interessen und Perspektiven. Dies spiegelt sich in den Wahlergebnissen bei den Kommunalwahlen auf unterschiedlichste Weise wider. 100 % bekommt die CDU – auch wenn Dr. Sensburg dies vielleicht für gut befinden würde – nirgendwo.

Denn Alleinregierungen bzw. absolute Mehrheiten für einen langen Zeitraum sind aus meiner Sicht nicht gut für den demokratischen Wettbewerb. Gerade aus den Erfahrungen als junges Ratsmitglied in meiner Heimatstadt Brilon kann ich sagen, dass es gut ist, dass die beiden großen Parteien bei uns fast gleich stark sind. Beide Parteien können sich nicht ausruhen und die Hände in den Schoß legen, sondern müssen eine gute und verantwortungsvolle Politik für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort machen und immer wieder aufs Neue mit frischen Ideen um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler werben.

Ich möchte allerdings in diesem Zusammenhang nicht verschweigen, dass vor 20 oder 30 Jahren in einigen Städten des Ruhrgebiets ähnlich überheblich mit der politischen Konkurrenz umgegangen wurde. Aber auch hier gab es die Quittung: Oder hätte sich jemand vorstellen können, dass heute einige frühere „SPD-Hochburgen“ von CDU-Bürgermeistern regiert werden? Unwahrscheinlich, ja ausgeschlossen ist dies auch in umgekehrter Form im Hochsauerland nicht.

Peru-Deutschland-Peru: Von den Schwierigkeiten einer Familie zusammenzukommen.

Eine peruanisch-deutsche Familie wartet auf Zusammenführung (foto: schulte-huermann)ermann)
Eine peruanisch-deutsche Familie wartet auf Zusammenführung (foto: schulte-huermann)ermann)

Wir hatten hier schon mehrfach über die Kompliziertheit des deutschen Visarechts berichtet, das viele Menschen und Familien vor unüberwindbare und unverständliche Schranken laufen läßt. Matthias Schulte-Huermann von den Grünen in Sundern berichtet über einen neuen Fall im Hochsauerlandkreis.

Vor ein paar Tagen fand im Ausländeramt in Meschede eine Besprechung über ein seit langem laufendes Visumverfahren statt: Ein Deutscher mit Wohnsitz im Hochsauerlandkreis hatte im Juni 2010 eine Frau aus Peru geheiratet und lebt nun mit ihr zusammen in Marsberg. Die peruanische Frau hat aus erster Ehe 2 Kinder, die in Lima bei der kranken Oma leben. Der leibliche Vater kümmert sich nicht um die Kinder.

Das deutsch-peruanische Ehepaar hatte daher im Oktober 2010 für die Kinder einen Visumantrag gestellt, um die Kinder zu sich nach Deutschland zu holen. In dem Verfahren gab der Hochsauerlandkreis gegenüber der Botschaft Lima eine negative Stellungnahme ab. Hauptgrund war, dass der Kreis der Meinung war, der Unterhalt für die Kinder sei nicht gesichert. Die Botschaft Lima lehnte daraufhin den Visumantrag ab.

Im Laufe des Verfahrens wandte sich der Ehemann an die Grünen Sundern.

Matthias Schulte- Huermann stellte über MdL Sigrid Beer eine Petition beim Landtag NRW für die Kinder, da die jetzige Situation sowohl für die Kinder als auch für das Ehepaar ein unhaltbarer Zustand ist und ein Härtefall vorliegt. Zudem sind wir der Meinung, dass das feste Einkommen des Ehemanns für die Familie vollkommen ausreichend ist und die Wohnsituation gesichert ist.

Auf Grund der unhaltbaren und extrem belastenden Situation für die Kinder ist die Ehefrau bereits Anfang 2011 nach Lima zurückgereist, da nur so sicher gestellt ist, dass sich jemand um die Kinder kümmert. Seitdem wartet die Familie vergebens auf eine Lösung des Problems.

Der Ehemann hat nun eine sogenannte Remonstration bei der Botschaft Lima gegen die Visumablehnung eingelegt.

Im heutigen Gespräch in der Kreisausländerbehörde, an dem neben dem Stief- Vater auch Klaus Korn und Matthias Schulte- Huermann teilnahmen (und vom Ausländeramt die Herren Schäfer, Vonstein und Bollermann), verdeutlichten wir noch einmal die Härtefallsituation für die Familie.

Nachdem einige Mißverständnisse ausgeräumt und neue Fakten dargelegt wurden, sagte der Hochsauerlandkreis zu , dass er die Faktenlage nach Vorlage entsprechender Unterlagen erneut zügig überprüfen wird. Wir sind der Meinung, dass die Kreisausländbehörde in dem Fall hinreichend Spielraum hat, um ein positives Votum abzugeben.

Warum will der HSK kein Sozialticket? Bürgerliste (SBL) fragt nach.

In unserem Briefkasten
Arnsberg. (presse_sbl) Warum will der HSK kein Sozialticket? – SBL fragt noch einmal nach

Ende Januar 2012 berichtete die SBL, dass der Hochsauerlandkreis im Gegensatz zu vielen kreisfreien Städten und anderen Landkreisen wie beispielsweise unsere Nachbarkreisen Unna und Siegen-Wittgenstein das Sozialticket nicht einführen will; und das, obwohl die Landesregierung 2011 eine Landesförderung für das Sozialticket beschlossen hat. Anspruch auf dieverbilligten Bus- und Bahnfahrkarten hätten Menschen mit geringem Einkommen. Laut Aussage der Kreisverwaltung wären im HSK 17.120 Personen antragsberechtigt.

Reinhard Loos, Kreistagsmitglied der Sauerländer Bürgerliste (SBL), äußert am 14.02.2012 in einer erneuten Anfrage an den Landrat sein Unverständnis darüber, dass der HSK offenbar nicht gewillt ist, das Sozialticket einzuführen. Er kritisiert, der HSK erwecke mit seinem Antwortschreiben vom 19.01.2012 den Eindruck, als resultiere die Rücknahme des Antrags u.a. daraus, dass „die Bezirksregierung unter Fristsetzung eine konkrete Begründung für die Einführung des Sozialtickets im Hochsauerlandkreis gefordert hat“.

Reinhard Loos bittet den Landrat um die Beantwortung folgender Fragen:

  • Warum sah sich der Hochsauerlandkreis nicht in der Lage, der Bezirksregierung fristgerecht eine konkrete Begründung für die Einführung des Sozialtickets im Hochsauerlandkreis zuzuleiten?
  • Weshalb kalkuliert der HSK mit nur 20% Ergebnisverbesserung bei der RLG, obwohl der RLG ein Großteil der zusätzlichen Einnahmen aus den Sozialtickets zufließen würde und kaum anzunehmen ist, dass die RLG deswegen mehr Busse einsetzen würde?
  • Worauf begründet sich die Annahme, dass von den von Ihnen mit 17.120 bezifferten Anspruchsberechtigten im HSK viel mehr als in anderen Regionen, in denen das Sozialticket bereits eingeführt wurde, das Sozialticket nutzen würden?

Die ACTA Demonstration in Dortmund – Ein persönlicher Bericht von Daniel Wagner / Piratenpartei HSK

Am 13. Februar rief die Piratenpartei im Hochsauerlandkreis zu Demonstrationen gegen ACTA in Dortmund auf und ich als Mitinitiator dieser Aktion war natürlich mit dabei.

Ein Gastbeitrag von Daniel Wagner / Piratenpartei HSK

In der Bahn nach Dortmund (alle fotos: florian otto)
In der Bahn nach Dortmund (alle fotos***: florian otto)

Dass ACTA eine ganze Horde junger, eigentlich unpolitischer Leute motiviert, auf die Straße zu gehen, konnten wir dann am Bahnhof feststellen. Drei Piraten und drei Gäste, eine gute Zahl für eine Region, in der die CDU die absolute Mehrheit hält und Bürgerbeteiligung ein Wort aus dem Dschungel ist. Oh, und noch zu bemerken: Keiner war älter als 30!

So sind wir mit unserer kleinen HSK-Truppe Richtung Dortmund gefahren, zusammen mit der gröhlenden Meute vom BVB. Eine Bahnfahrt, bei der uns viele ungläubig ansahen, und als ich die Nicht-Piraten über die Strukturen in der Piratenpartei aufklärte, spitzten die Mitfahrenden ihre Ohren und schauten mich an, als würde ich ihnen aus einer längst vergessenen Zeit erzählen. Mitbestimmung haben eben viele verdrängt …

Mit so vielen Demonstranten hatten wir nicht gerechnet
Mit so vielen Demonstranten hatten wir nicht gerechnet

Nun gut, die Bahn machte ihrem Namen alle Ehre und kam mal wieder zu spät an … Bereits von weitem waren wir überrascht von der Menge die sich auf und vor der Katharinentreppe versammelt hatte. Geschätzt waren das mit Sicherheit schon 2000 Menschen. Eine Zahl von Demonstranten, mit der ich nicht gerechnet hatte.

Piratenflaggen, Flaggen der Grünen, Antifa-Flaggen und eine Menge Protestplakate. Das war mein erster Eindruck.

ballonpiratenDa ich keine kreative Ader hatte wie andere Mitdemonstranten, habe ich mir die große Piratenpartei-Flagge umgehängt und ein paar Piratenpartei-NRW Luftballons steigen lassen.

Gegen 15:30 Uhr setzte sich dann die ganze Menge in Bewegung, am Wallring entlang. Sehr friedlich, mit Sprechgesängen, sind wir also alle Richtung GEMA und von dort aus zum Friedensplatz. Nach der zentralen Kundgebung stimmte die HSK-Meute noch zum abschließendem „Wer nicht hüpft der ist für ACTA“ an.

Ebenfalls sehr interessant war unser Heimweg. Als wir Richtung Zug liefen, kamen uns eine unzählige Menge Polizisten, wohl vom BVB Stadion, entgegen.

„Die kommen von der ACTA Demo. Ich weiß nicht mal was das ist, aber es sollen wohl eine Menge Menschen da gewesen sein…“, schnappte ich von einem der Polizisten auf.

Der Demonstrationszug bewegt sich durch Dortmund.
Der Demonstrationszug bewegt sich durch Dortmund.

Weiter hinten verteilten die Gäste „Stopp ACTA“-Flyer, bis einer der Polizisten auf sie zu kam. Einen kurzen Moment rutschte dann doch das Herz in die Hose, was wir wohl falsch gemacht haben: „Habt ihr mal einen Fleyer für mich? Mein Sohn hat da mal was mit kinox.to und ACTA erzählt.“ Erleichterung, aber auch große Verwunderung.

Auf der Rückfahrt im Zug, wieder mit der BVB-Meute, konnten wir dann noch eine Menge Aufklärungsarbeit über ACTA leisten. Wir verteilten viele Flyer und führten ausführliche Diskussionen mit BVB-Anhängern über die Freiheit im Internet.

Und dann war da noch der Unteroffizier der Bundeswehr, der plötzlich einen kleinen Hund aus dem Rucksack zog. Schönes Bild!

Wir kommen wieder. Ganz bestimmt!
Wir kommen wieder. Ganz bestimmt!

Aber weil die EU sich weiter unbeeindruckt von den Massen der Demonstranten zeigt, werden wir am 25. Februar wieder auf die Straße gehen und gegen ACTA demonstrieren. Bereits jetzt haben sich sehr viele Menschen bei mir gemeldet, die mit demonstrieren wollen, weit mehr als wir am Samstag waren.

Auch von der Piratenpartei werden wir sicherlich wieder zur Demonstration aufrufen. Freiheit statt Angst, stoppt die Zensur.

***Mehr Eindrücke und Bilder von Florian Otto sind hier zu finden.

Alle Bilder sind unter CC-Lizenz veröffentlicht.

Inklusion – neue Planungen von SPD und Grünen? Ein Bericht von Matthias Schulte-Huermann. Kritik der GEW an der Umsetzung.

Im folgenden veröffentlichen wir einen Bericht von Matthias Schulte-Huermann (Grüne Sundern) über eine Inklusionsveranstaltung zum Thema Inklusion. Angeschlossen ist die kritische Position der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zur Umsetzung der Inklusion in NRW.

Am 6. Februar fand im Düsseldorfer Landtag auf Einladung von MdL Sigrid Beer eine Informationsveranstaltung zusammen mit Schulministerin Sylvia Löhrmann zum Thema „Inklusion“ statt.

Es wurde intensiv darüber diskutiert, wie der Rechtsanspruch auf Wahlmöglichkeit der Schule, mit dem die Inklusion umgesetzt werden soll, ab dem Jahr 2013/14 verwirklicht werden kann.

Grundlage dieser Entwicklung ist die Umsetzung einer seit dem 26. März 2009 gültigen UN-Konvention über die Rechte von Behinderten.

Frau Lücke-Deckert, Schulamtsdirektorin aus dem Kreis Wesel, verdeutlichte ihre Erfahrungen aus dem Flächenkreis Wesel in der Umsetzung: Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen würden durch den Elternwillen überflüssig, während der Förderschwerpunkt Sprache erhalten bliebe. Erhebliche Schwierigkeiten gäbe es beim integrativen Unterricht mit Schwererziehbaren.

Der Schulleiter einer Förderschule aus Ennigerloh zeigte auf, dass seine Schule die schrittweise Selbstauflösung beschlossen habe. Während früher 100 Schüler in der Schule waren seien es jetzt noch 50 mit weiter abnehmender Tendenz. Die Lehrer seiner Schule verrichten einen zunehmenden Anteil ihrer Arbeitszeit in anderen Schulen.

Die Veranstaltung zeigte erheblichen Diskussionsbedarf. Während einem Teil der Teilnehmer die Inklusion nicht schnell genug ging, forderten andere behutsame und langsame Umsetzung.

Es wurde auf die personellen und bisher nicht gelöste organisatorische Probleme verwiesen, die mit dem Aufeinanderprallen verschiedener Systeme vorprogrammiert seien.

Insbesondere von grünen Kommunalpolitikern wurde deutlich gemacht, dass die Inklusion erhebliche Kosten verursachen würde, die die Kommunen vor Ort ohne Landesmittel nicht leisten könnten.

Die Schulministerin forderte hier allerdings mehr „Fantasie“ der Handelnden vor Ort um die räumlichen Problem zu lösen. Geld sei dabei nicht unbedingt das, was notwendig sei.

In der vergangenen Stadtratssitzung hatte Bürgermeister Lins ein Schreiben des Landrats und der Bürgermeister im Hochsauerlandkreis zum Thema „Inklusion“ und deren Umsetzung an die Schulministerin verteilt. Darin wird ein *konnexitätsrechtlicher Ausgleich des Landes* für die erheblichen Folgekosten eines inklusiven Schulsystems gefordert. Erhebliche Investitionen für den Umbau von Schulgebäuden seien notwendig, Zudem hättet der Hochsauerlandkeis gerade erst neue Förderschulgebäude errichtet, die bei einer vollständigen Inklusion nicht mehr benötigt würden.

In einer Stellungnahme vom 12. Februar äußert sich die GEW Nordrhein-Westfalens folgendermaßen:

Wir lesen in dem berühmten Kaffeesatz: Am vergangenen Freitag sollte es – so war zu hören – eine Pressekonferenz der beiden die Regierung tragenden Fraktionen zum Thema ‚Inklusion‘ geben. Es sollte – ohne Zustimmung bzw. Unterschrift der CDU – ein neues Eckpunktepapier zur schulischen Inklusion präsentiert werden, dessen Inhalte in den wesentlichen Punkten durchgesickert sind.

Die drei zentralen Punkte:

  • Rechtsanspruch auf einen Platz in „allgemeinbildenden Schulen“ für die Klassen 1 und 5 ab 2013;
  • kein Termin für das „Auslaufen“ von Förderschulen bestimmter Förderschwerpunkte;
  • keine eindeutige landeseinheitlich definierte und gesteuerte Ressourcenzuweisung.

Obwohl man ja in der Politik bekanntlich nie sicher sein kann, dass letztlich auch umgesetzt wird, was angekündigt wird, hat die GEW NRW ihre Kritik an den rot/grünen Planungen in dieser Woche öffentlich gemacht.

Der Kernsatz lautet: „Die von den Landtagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten ‚Eckpunkte für den Weg zur inklusiven Schule in NRW‘ werden dem eigenen Anspruch bestmöglicher Qualität der Bildung und Erziehung aller Kinder im gemeinsamen Unterricht nicht gerecht und werden von der GEW zurückgewiesen.“

Pressemitteilung der GEW NRW:
http://www.gew-nrw.de/index.php?id=2378

Weblog der schulpolitischen Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer:
http://www.gruene.landtag.nrw.de/blog/07-02-2012/%E2%80%9Emit-dem-bekenntnis-zur-inklusion-den-schulen-haben-wir-nrw-einen-einmaligen-prozess